Signalverarbeitung mit Lichtfrequenzen

Kurzfassung: Signalverarbeitung mit LichtfrequenzenLicht könnte die heutige Elektronik um das 100.000fache beschleunigen. Diese Vision beschreiben Prof. Ferenc Krausz vom Labor für Attosekundenphysik (LAP) am Ma ...
[Max-Planck-Institut für Quantenoptik - 12.03.2014] Signalverarbeitung mit Lichtfrequenzen
Licht könnte die heutige Elektronik um das 100.000fache beschleunigen. Diese Vision beschreiben Prof. Ferenc Krausz vom Labor für Attosekundenphysik (LAP) am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und sein Kollege Prof. Mark Stockman von der Georgia State University (GSU) in Atlanta in einem Übersichtsartikel im Fachmagazin Nature Photonics (14. März 2014). In ihrem Szenario verwendet man die elektrischen Felder von Laser-Lichtwellen um den Fluss von Elektronen in Halbleitermaterialien zu kontrollieren. Das würde bedeuten, dass man künftig elektronische Schaltkreise mit Lichtfrequenzen schalten könnte. Sichtbares Licht schwingt rund eine Million Milliarden Mal pro Sekunde. Ebenso schnell könnte die Signalverarbeitung werden. Da sowohl Elektronen als auch Licht Träger von Daten sind, könnte innovative optoelektronische Technologien die Geschwindigkeit der Informationsübermittlung erheblich beschleunigen. Das würde eine neue Ära in der Informationstechnologie einläuten. Die Autoren erläutern in ihrem Artikel die neuen Techniken der Attosekundenphysik, die wahrscheinlich eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der lichtgesteuerten Signalverarbeitung einnehmen.
Licht könnte der Strom- und Datenschalter der Zukunft sein. Der Gedanke liegt nahe, denn die elektromagnetischen Felder des Lichts beeinflussen Elektronen. Elektronen sind der Stoff aus dem unser Strom besteht. Sie sind auch Träger von Daten und damit für die Informationstechnologie essentiell. Könnte man die Elektronen mit Licht kontrollieren, würde das eine neue Ära in der Technik einläuten: die Lichtwellen-gesteuerte Elektronik. Mit ihr wären rund eine Million Milliarden Schaltvorgänge pro Sekunde denkbar. Denn etwa so oft schwingt eine Lichtwelle in einer Sekunde.
Voraussetzung, dass ein Strom- und Datenschalter aus Licht eines Tages Realität wird, ist eine perfekte Kontrolle über Lichtwellen, beschreiben Ferenc Krausz und sein Kollege. der amerikanische Festkörperphysiker Mark Stockman, ihre Gedanken und Visionen in Nature Photonics. Die Grundlage für diese Überlegungen bilden erste theoretische und experimentelle Untersuchungen, die gezeigt haben, dass das oszillierende elektrische Feld des Lichts elektrische Ströme kontrollieren kann (Nature, doi:10.1038/nature11567). Diese Kontrolle bildet die technische Grundlage für die Attosekundenphysik, die erstmal die Echtzeitbeobachtung von atomaren Elektronenbewegungen mittels Attosekunden-langen Lichtblitzen ermöglicht hat. Eine Attosekunde dauert ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde. Solche Attosekunden-Lichtblitze lassen sich nur wunschgemäß formen, wenn man die Lichtwellen der zu ihrer Produktion notwendigen Laserpulse perfekt steuern kann. Krausz und Stockmann beschreiben in ihrem Artikel die Techniken, die dies erlaubten. Eine ausführlichere Geschichte der Attosekundenphysik ist in englischer Sprache auf der Homepage des Labors für Attosekundenphysik (http://www.attoworld.de/Mainpages/Attoworld/index.html#279) beschrieben.
Über eine erste Nutzung von Licht als Stromschalter berichtet ein Forscherteam um Prof. Krausz, Mark Stockman und Vadym Apalkov (GSU) in der gleichen Ausgabe von Nature Photonics. Der Strom, den das elektrische Feld eines ultrakurzen Lichtpulses in einem Isolator (Siliziumoxid) generiert, liefert direkte Information über die Wellenform des Lichtpulses (Nature Photonics, 14. März 2013, doi:10.1038/nphoton.2013.348). Dies ist ein erster Schritt in Richtung eines Detektors, der Lichtwellen sichtbar macht, ähnlich wie Oszillographen Mikrowellen darstellen. Die Attosekundenphysik ist somit auf dem Weg, die Festkörper-Elektronik zumindest für die Messtechnik bis zu Lichtfrequenzen zu beschleunigen. Ob sich auch die Signalverarbeitung ähnlich beschleunigen lassen wird, ist heute noch völlig offen. "Unsere Vision ist ein Chip, mit dessen Hilfe wir Strom mit dem elektrischen Feld von Licht schalten können. Das würde bedeuten, dass man die heutige digitale Signalverarbeitung um den Faktor 100.000 beschleunigt. Schneller geht es nicht mehr", erklärt Ferenc Krausz. Noch sind die Experimente Grundlagenforschung. Doch mit ihren Erkenntnissen haben die Wissenschaftler die Grenzen der heutigen Elektronik und Photonik ein Stück aufgeweicht. Der Weg hin zu einer lichtbasierten und damit weitaus schnelleren und leistungsfähigeren Elektronik scheint geebnet. Thorsten Naeser
Abbildung: In Zukunft könnten Lichtwellen auf einen Chip treffen, mit dessen Hilfe dann wiederum Strom (grün) mit den Frequenzen der Lichtwellen geschaltet wird (bis zu Petahertz, also 1000 Billionen Schwingungen pro Sekunde). (Foto: Christian Hackenberger, MPQ, Abt. Attosekundenphysik)
Originalveröffentlichungen:
Ferenc Krausz und Mark I. Stockman
Attosecond metrology: from electron capture to future signal processing, Nature Photonics 14. März 2014, DOI: 10.1038/nphoton.2014.28
Tim Paasch-Colberg et al.
Solid-state light-phase detector, Nature Photonics 14. März 2014, DOI: 10.1038/nphoton.2013.348
Agustin Schiffrin et al.
Optical-field-induced current in dielectrics, Nature, 3. Januar 2012, DOI: 10.1038/nature11567
Martin Schultze et al.
Controlling dielectrics with the electric field of light, Nature, 3. Januar 2012, DOI: 10.1038/nature11720

Weitere Informationen erhalten Sie von:
Prof. Ferenc Krausz
Lehrstuhl für Experimentalphysik,
Ludwig-Maximilians-Universität München,
Labor für Attosekundenphysik
Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik
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E-Mail: ferenc.krausz@mpq.mpg.de
Thorsten Naeser
Munich-Centre for Advanced Photonics
Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching
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Dr. Olivia Meyer-Streng
Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Im Fokus der wissenschaftlichen Aktivitäten des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik steht die Wechselwirkung von Licht und Materie unter extremen Bedingungen. Dabei ist ein Schwerpunkt die hochpräzise Messung der Spektrallinien des Wasserstoffatoms. Hierfür wurde die Frequenzkammtechnik entwickelt, für die Prof. T.W. Hänsch 2005 den Nobelpreis für Physik erhielt. Andere Experimente zielen darauf, einzelne Photonen und einzelne Atome einzufangen und ihre Wechselwirkung miteinander zu kontrollieren und legen damit den Grundstein für zukünftige Quantencomputer. Gleichzeitig entwickeln Theoretiker am MPQ Konzepte, die auf Quantenbits gespeicherten Informationen möglichst effektiv zu übertragen. Mit den dabei entwickelten Algorithmen lassen sich geheime Nachrichten sicher verschlüsseln. Ferner werden am MPQ die bizarren Eigenschaften untersucht, die quantenmechanische Vielteilchensysteme bei extrem tiefen Temperaturen (etwa ein Millionstel Kelvin über dem absoluten Nullpunkt) annehmen können. Und schließlich werden Lichtblitze mit der unvorstellbar kurzen Dauer von einigen hundert Attosekunden (ein Milliardstel von einer Milliardstel Sekunde) erzeugt, die es z. B. ermöglichen, quantenmechanische Prozesse wie das „Tunneln von Elektronen oder atomare Übergänge in Echtzeit zu beobachten.
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