09.04.2014 11:45 Uhr in Kultur & Kunst von Universität Erfurt
Zum Zusammenhang von Sprache und Emotion
Kurzfassung: Zum Zusammenhang von Sprache und EmotionIm ersten Experiment haben die Wissenschaftler Versuchspersonen entweder in positive oder in negative Stimmung versetzt und sie darum gebeten, sich zehn Kunstwà ...
[Universität Erfurt - 09.04.2014] Zum Zusammenhang von Sprache und Emotion
Im ersten Experiment haben die Wissenschaftler Versuchspersonen entweder in positive oder in negative Stimmung versetzt und sie darum gebeten, sich zehn Kunstwörter auszudenken und dann laut auszusprechen. Es zeigte sich, dass die Kunstwörter mehr /i:/s als /o:/s enthielten, wenn die Versuchspersonen positiv gestimmt waren, und mehr /o:/s als /i:/s, wenn sie negativ gestimmt waren. Im zweiten Experiment wurde dann die Hypothese geprüft, dass die unterschiedliche emotionale Qualität von /i:/ und /o:/ auf die mit der Artikulation dieser Vokale verbundenen Gesichtsmuskelbewegungen zurückzuführen ist.
Zum Hintergrund: Aus einem bekannten Experiment von Strack, Martin und Stepper (1988) weiß man, dass Cartoons von Versuchspersonen als lustiger beurteilt werden, wenn die Probanden, während sie die Cartoons betrachten, einen Stift nur mit den Lippen im Mund halten, als wenn sie ihn nur zwischen den Zähnen im Mund halten. Erklärt wird dies damit, dass der Zygomaticus Major Muskel (ZMM), der Gesichtsmuskel, der beim Lachen und Lächeln kontrahiert wird, auch durch das Halten des Stifts zwischen den Zähnen kontrahiert wird. Beim Halten des Stifts mit den Lippen wird hingegen ein Antagonist dieses Muskels, der Orbicularis Oris Muskel (OOM) kontrahiert, was Lächeln oder Lachen unmöglich macht und deshalb dazu führt, dass die Cartoons für weniger lustig gehalten werden. Die Autoren bezeichnen den Wirkzusammenhang als "Facial Feedback".
Das zweite Experiment basierte nun auf der begründeten Annahme, dass bei der Artikulation des Vokals /i:/ der ZMM kontrahiert wird, bei der Artikulation des Vokals /o:/ hingegen der OOM. Dies sollte, so die Hypothese, dazu führen, dass Versuchspersonen, die während des Betrachtens von Cartoons im Sekundentakt "i-i-i-i-i-i-i-…" sagen müssen, die Cartoons für lustiger halten als Versuchspersonen, die stattdessen "o-o-o-o-o-o-o-…" sagen müssen. "Unsere Befunde zeigen, dass dies in der Tat der Fall ist", erklärt Prof. Dr. Ralf Rummer. "Die Artikulation der Vokale /i:/ und /o:/ wirkt also in vergleichbarer Weise wie das Halten der Stifte."
Professor Rummer weiter: "Basierend auf diesen Befunden erscheint es uns naheliegend, die für viele Einzelsprachen belegte Häufung von /i:/ in positiv valenten Wörtern (wie in ‚Liebe) und die Häufung von /o:/ in negativ valenten Wörtern (wie in ‚Tod) durch sogenanntes Articulatory Feedback zu erklären: Sprachverwender lernen, dass die Artikulation von /i:/ mit positiven Gefühlen einhergeht und tendieren deshalb zur Verwendung von /i:/ bei der Bezeichnung positiv valenter Sachverhalte. Bei /o:/ lernen Sprachverwender hingegen, dass die Artikulation eher mit negativen Empfindungen einhergeht und tendieren entsprechend dazu, Wörter mit /o:/ zu bilden, wenn negativ valente Sachverhalte bezeichnet werden sollen. Unsere Arbeit liefert somit erstens einen experimentellen Beleg für ein Phänomen, dessen Existenz immer wieder behauptet und bestritten wurde. Zweitens bieten wir eine plausible naturwissenschaftlich begründete Erklärung für dieses Phänomen, das bisher mit sehr fragwürdigen spekulativen (und teilweise esoterischen) Erklärungen versehen oder bestritten wurde."
Nähere Informationen / Kontakt:
Prof. Dr. Ralf Rummer
Tel.: 0361/737-2201
E-Mail: ralf.rummer@uni-erfurt.de
Im ersten Experiment haben die Wissenschaftler Versuchspersonen entweder in positive oder in negative Stimmung versetzt und sie darum gebeten, sich zehn Kunstwörter auszudenken und dann laut auszusprechen. Es zeigte sich, dass die Kunstwörter mehr /i:/s als /o:/s enthielten, wenn die Versuchspersonen positiv gestimmt waren, und mehr /o:/s als /i:/s, wenn sie negativ gestimmt waren. Im zweiten Experiment wurde dann die Hypothese geprüft, dass die unterschiedliche emotionale Qualität von /i:/ und /o:/ auf die mit der Artikulation dieser Vokale verbundenen Gesichtsmuskelbewegungen zurückzuführen ist.
Zum Hintergrund: Aus einem bekannten Experiment von Strack, Martin und Stepper (1988) weiß man, dass Cartoons von Versuchspersonen als lustiger beurteilt werden, wenn die Probanden, während sie die Cartoons betrachten, einen Stift nur mit den Lippen im Mund halten, als wenn sie ihn nur zwischen den Zähnen im Mund halten. Erklärt wird dies damit, dass der Zygomaticus Major Muskel (ZMM), der Gesichtsmuskel, der beim Lachen und Lächeln kontrahiert wird, auch durch das Halten des Stifts zwischen den Zähnen kontrahiert wird. Beim Halten des Stifts mit den Lippen wird hingegen ein Antagonist dieses Muskels, der Orbicularis Oris Muskel (OOM) kontrahiert, was Lächeln oder Lachen unmöglich macht und deshalb dazu führt, dass die Cartoons für weniger lustig gehalten werden. Die Autoren bezeichnen den Wirkzusammenhang als "Facial Feedback".
Das zweite Experiment basierte nun auf der begründeten Annahme, dass bei der Artikulation des Vokals /i:/ der ZMM kontrahiert wird, bei der Artikulation des Vokals /o:/ hingegen der OOM. Dies sollte, so die Hypothese, dazu führen, dass Versuchspersonen, die während des Betrachtens von Cartoons im Sekundentakt "i-i-i-i-i-i-i-…" sagen müssen, die Cartoons für lustiger halten als Versuchspersonen, die stattdessen "o-o-o-o-o-o-o-…" sagen müssen. "Unsere Befunde zeigen, dass dies in der Tat der Fall ist", erklärt Prof. Dr. Ralf Rummer. "Die Artikulation der Vokale /i:/ und /o:/ wirkt also in vergleichbarer Weise wie das Halten der Stifte."
Professor Rummer weiter: "Basierend auf diesen Befunden erscheint es uns naheliegend, die für viele Einzelsprachen belegte Häufung von /i:/ in positiv valenten Wörtern (wie in ‚Liebe) und die Häufung von /o:/ in negativ valenten Wörtern (wie in ‚Tod) durch sogenanntes Articulatory Feedback zu erklären: Sprachverwender lernen, dass die Artikulation von /i:/ mit positiven Gefühlen einhergeht und tendieren deshalb zur Verwendung von /i:/ bei der Bezeichnung positiv valenter Sachverhalte. Bei /o:/ lernen Sprachverwender hingegen, dass die Artikulation eher mit negativen Empfindungen einhergeht und tendieren entsprechend dazu, Wörter mit /o:/ zu bilden, wenn negativ valente Sachverhalte bezeichnet werden sollen. Unsere Arbeit liefert somit erstens einen experimentellen Beleg für ein Phänomen, dessen Existenz immer wieder behauptet und bestritten wurde. Zweitens bieten wir eine plausible naturwissenschaftlich begründete Erklärung für dieses Phänomen, das bisher mit sehr fragwürdigen spekulativen (und teilweise esoterischen) Erklärungen versehen oder bestritten wurde."
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