Ohrwurm-Geschwister versorgen sich gegenseitig

Kurzfassung: Ohrwurm-Geschwister versorgen sich gegenseitigZu der Frage, wie im Verlauf der Evolution soziales Verhalten entstanden ist, haben Wissenschaftler der Universitäten in Mainz und Basel neue Erkenntniss ...
[Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) - 11.04.2014] Ohrwurm-Geschwister versorgen sich gegenseitig
Zu der Frage, wie im Verlauf der Evolution soziales Verhalten entstanden ist, haben Wissenschaftler der Universitäten in Mainz und Basel neue Erkenntnisse aus der Beobachtung von Ohrwürmern gewonnen. "Junge Nachkommen von Ohrwürmern konkurrieren nicht nur um Futter, sondern die Geschwister teilen die Nahrung auch untereinander, vor allem wenn die Mutter abwesend ist", teilte Dr. Joël Meunier von der Abteilung Evolutionsbiologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit. Die Arbeitsgruppe des Mainzer Biologen hat zusammen mit Kollegen der Universität Basel die Interaktionen zwischen Geschwistern des Europäischen Ohrwurms (Forficula auricularia) untersucht. Die Wissenschaftler betreten damit Neuland, denn Insekten wurden, mit Ausnahme eusozialer Arten wie Bienen und Ameisen, bislang kaum im Hinblick auf kooperatives Verhalten zwischen Geschwistern untersucht. Dabei liefert der Europäische Ohrwurm, wie die Forschungsarbeit zeigt, wertvolle Hinweise auf den Ursprung sozialer Verhaltensformen.
Das Tierreich weist eine unglaubliche Vielfalt an sozialen Lebensformen auf, die von der zeitlich begrenzten Aggregation einzelner Individuen bis zu hoch arbeitsteiligen Sozialstaaten reicht. Für die Evolutionsbiologen stellt sich die Frage, wie es zu dieser Allgegenwart sozialer Lebensformen kommen konnte angesichts der damit einhergehenden "Kosten", nämlich Konkurrenz und Konflikte unter den Gruppenmitgliedern. Bei Vögeln beispielsweise ist der Konkurrenzdruck unter Geschwistern häufig so groß, dass ein Teil der jüngeren Tiere stirbt.
"Wir finden bei Ohrwürmern ein System vor, das dem anfänglichen Zustand eines Familienlebens recht nahe kommt", erklärt Jos Kramer, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Meunier. Weibliche Ohrwürmer legen im Herbst durchschnittlich 40 bis 45 Eier und überwintern mit ihnen. Die Mütter passen auf die Eier auf, halten sie sauber, indem sie zum Beispiel Schimmel ablecken, und tragen sie im Nest hin und her. Wenn die Jungen (Nymphen) geschlüpft sind, ist die Anwesenheit der Mutter nicht mehr obligatorisch für deren Überleben. Die Nymphen könnten aus dem Familienverbund aussteigen, wenn er für sie nicht mehr vorteilhaft ist, und könnten sich fortan selbst versorgen.
Diese subsoziale Lebensform bietet ein günstiges Experimentierfeld, um der Frage nachzugehen, unter welchen Bedingungen die Vorteile eines familiären Zusammenschlusses die Nachteile überwiegen. Die Wissenschaftler aus Mainz und Basel haben hierzu 125 Ohrwurm-Familien mit gefärbtem Blütenpollen versorgt und untersucht, ob und wie das Futter unter den Geschwistern geteilt wird. "Wir haben beobachtet, dass sich die Geschwister kooperativ verhalten und Futter teilen und dass dieses Verhalten noch massiver auftritt, wenn die Mutter nicht anwesend ist und die Tiere nicht selbst füttert", so Meunier. Dies könnte zumindest teilweise erklären, weshalb mobile Nachkommen trotz der damit verbundenen Nachteile in Familiengruppen bleiben. Darüber hinaus liefert die Beobachtung einen wichtigen Hinweis auf die frühe Entwicklung von sozialem Verhalten, wobei die bisher wenig berücksichtigte Geschwisterkooperation vielleicht einer der Schlüsselfaktoren für den Übergang von solitärem zu sozialem Leben ist.
Veröffentlichung:
Joachim Falk et al.
Sibling Cooperation in Earwig Families Provides Insights into the Early Evolution of Social Life
The American Naturalist, 11. Februar 2014
DOI: 10.1086/675364

Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
Saarstr. 21
55122 Mainz
Deutschland
Telefon: +49 6131 39-0
Telefax: +49 6131 39-22919
URL: http://www.uni-mainz.de
Weitere Informationen
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zählt mit rund 36.500 Studierenden aus über 130 Nationen zu den zehn größten Universitäten Deutschlands. Als einzige Volluniversität des Landes Rheinland-Pfalz vereint sie nahezu alle akademischen Disziplinen, inklusive Universitätsmedizin Mainz und zwei künstlerischer Hochschulen, unter einem Dach – eine in der bundesdeutschen Hochschullandschaft einmalige Integration. Mit 84 Studienfächern mit insgesamt 219 Studienangeboten, darunter 95 Bachelor- und 101 Masterstudiengängen sowie 6 Zusatz-, Aufbau- und Erweiterungsstudiengängen, bietet die JGU eine außergewöhnlich breite Palette an Studienmöglichkeiten. Rund 4.150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter 540 Professorinnen und Professoren, lehren und forschen in mehr als 150 Instituten und Kliniken (Stichtag: 01.12.2011, aus Landes- und Drittmitteln finanziert).Die JGU ist eine internationale Forschungsuniversität mit weltweiter Anerkennung. Dieses Renommee verdankt sie sowohl ihren herausragenden Forscherpersönlichkeiten als auch ihren exzellenten Forschungsleistungen in der Teilchen- und Hadronenphysik, den Materialwissenschaften, den Erdsystemwissenschaften, der translationalen Medizin, den Lebenswissenschaften, den Mediendisziplinen und den historischen Kulturwissenschaften.Die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird durch den Erfolg in der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder bestätigt: Die JGU gehört zu den 23 Hochschulen in Deutschland, die es geschafft haben, sowohl eine Bewilligung für ein Exzellenzcluster als auch eine Bewilligung für eine Exzellenz-Graduiertenschule zu erhalten. Ihr Exzellenzcluster PRISMA, in dem vorwiegend Teilchen- und Hadronenphysiker zusammenarbeiten, und ihre materialwissenschaftliche Exzellenz-Graduiertenschule MAINZ zählen zur internationalen Forschungselite. Bis zu 50 Millionen Euro werden bis 2017 in diese beiden Projekte fließen.Zudem bestätigen gute Platzierungen in nationalen und internationalen Rankings sowie zahlreiche weitere Auszeichnungen die Forschungserfolge der Mainzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Diese Erfolge werden u.a. durch die einzigartigen Großforschungsanlagen der JGU ermöglicht, wie den Forschungsreaktor TRIGA und den Elektronenbeschleuniger MAMI, die Forscherinnen und Forscher aus aller Welt anziehen. Die forschungsorientierte Lehre – die gezielte und frühzeitige Einbindung von Forschungsinhalten in die Curricula – ist ein weiteres Profilmerkmal.Als einzige deutsche Universität ihrer Größe vereint die JGU fast alle Institute auf einem innenstadtnahen Campus, der zudem vier Partnerinstitute der außeruniversitären Spitzenforschung beherbergt. Ebenfalls auf dem Campus angesiedelt sind studentische Wohnheime und Kinderbetreuungseinrichtungen. Die klinischen und klinisch-theoretischen Einrichtungen der Universitätsmedizin liegen nur circa einen Kilometer entfernt.Die JGU versteht sich als "offene Universität" (civic university), als integraler Bestandteil der Gesellschaft, mit der sie eng und vertrauensvoll zusammenarbeitet. Dies umfasst unter anderem das sogenannte lebenslange Lernen sowie den zügigen und umfassenden Wissens- und Technologietransfer.Zu Gutenbergs Zeiten im Jahr 1477 gegründet und nach 150-jähriger Pause 1946 von der damaligen französischen Besatzungsmacht wiedereröffnet, ist die Johannes Gutenberg-Universität Mainz dem Vorbild und dem internationalen Wirkungsanspruch ihres Namensgebers bis heute verpflichtet: innovative Ideen zu fördern und umzusetzen; Wissen zu nutzen, um die Lebensbedingungen der Menschen und deren Zugang zu Bildung und Wissenschaft zu verbessern; sie zu bewegen, die vielfältigen Grenzen zu überschreiten, denen sie täglich begegnen.
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU),
, 55122 Mainz, Deutschland
Tel.: +49 6131 39-0; http://www.uni-mainz.de
Weitere Meldungen dieses Unternehmens
Erfolgreiche Pressearbeit eBook
Pressearbeit
Eine Pflichtlektüre für mehr Sichtbarkeit durch Pressemitteilungen.
Pressekontakt

Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)

55122 Mainz
Deutschland

E-Mail:
Web:
Tel:
+49 6131 39-0
Fax:
+49 6131 39-22919
Drucken Weiterempfehlen PDF
Schlagworte
Permanentlinks https://www.prmaximus.de/102712

https://www.prmaximus.de/pressefach/johannes-gutenberg-universität-mainz-jgu-pressefach.html
Die Pressemeldung "Ohrwurm-Geschwister versorgen sich gegenseitig" unterliegt dem Urheberrecht. Jegliche Verwendung dieses Textes, auch auszugsweise, erfordert die vorherige schriftliche Erlaubnis des Autors. Autor der Pressemeldung "Ohrwurm-Geschwister versorgen sich gegenseitig" ist Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), vertreten durch .