Beschluss des SPD-Präsidiums: Deutschland braucht einen dauerhaften Energiekonsens!Grundlagen und Bedingungen der SPD

  • Pressemitteilung der Firma SPD, 11.04.2011
Pressemitteilung vom: 11.04.2011 von der Firma SPD aus Berlin

Kurzfassung: Das SPD-Präsidium hat in seiner heutigen Sitzung folgenden Beschluss gefasst: Deutschland braucht einen dauerhaften Energiekonsens, der dauerhaft zum Ausstieg aus der Atomenergie zur Stromerzeugung zurückkehrt und den Umstieg auf erneuerbare ...

[SPD - 11.04.2011] Beschluss des SPD-Präsidiums: Deutschland braucht einen dauerhaften Energiekonsens!Grundlagen und Bedingungen der SPD


Das SPD-Präsidium hat in seiner heutigen Sitzung folgenden Beschluss gefasst:

Deutschland braucht einen dauerhaften Energiekonsens, der dauerhaft zum Ausstieg aus der Atomenergie zur Stromerzeugung zurückkehrt und den Umstieg auf erneuerbare Energien, mehr Energieeffizienz und moderne Kraftwerke beschleunigt. Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, vor allem aber auch die mittelständische Wirtschaft, die deutsche Industrie und auch die Energielieferanten brauchen endlich wieder sichere Rahmenbedingungen und Planungssicherheit. Die hektischen Veränderungen der Energiepolitik durch CDU/CSU und FDP und die weiter existierende Unklarheit über die Zukunft der Atomenergie schaden dem Wirtschaftsstandort Deutschland und verunsichern unsere Bevölkerung.

Der Energiekonsens, den die SPD in ihrer Regierungszeit im Jahr 2002 mit Bundeskanzler Gerhard Schröder erreicht hatte, ermöglichte einen schrittweisen Umstieg von der Atomenergie zu den erneuerbaren Energien. Schritt für Schritt sollten dabei in weniger als 20 Jahren Versorgungssicherheit, neue Technologie, Arbeitsplätze und auch bezahlbare Strompreise miteinander verbunden werden. Durch die Zerstörung dieses Energiekonsenses und die jetzige Kehrtwende durch CDU/CSU und FDP werden die Kosten für eine Energiewende jetzt drastisch höher ausfallen. Die SPD wird dabei darauf achten, dass weder die Stromverbraucher noch die mittelständische Wirtschaft oder die Industrie in Deutschland in unverträglicher Weise belastet werden. Alle wollen bei der Energiewende mitmachen. Die Aufgabe der SPD ist es dafür zu sorgen, dass auch alle mitmachen können!

Die SPD bietet ausdrücklich ihre Zusammenarbeit bei einem neuen Energiekonsens an. Die SPD will die Erneuerung des Energiekonsenses, den wir bereits 2002 einmal erreicht hatten. Aber es gibt für diese Zusammenarbeit auch Voraussetzungen:

I. Die Abschaltung der acht ältesten und gefährlichsten sieben Atomreaktoren muss dauerhaft erfolgen und nicht lediglich für drei Monate. Das AKW Krümmel muss dazu kommen. (Das entspricht 8321 Megawatt und ca 41 Prozent der Gesamtleistung der Stromerzeugung durch Atomenergie.) Eine Laufzeitübertragung auf andere Kernkraftwerke darf nicht stattfinden.

II. Alle verbleibenden Atomkraftwerke müssen auf der Grundlage moderner Sicherheitsstandards überprüft werden. Dies ist mit dem Auftrag einer sechswöchigen Beratung an die Reaktior-Sicherheitskommission nicht zu erreichen.

Deshalb muss das von CDU/CSU und FDP außer Kraft gesetzte kerntechnische Regelwerk des Jahres 2009 wieder in Kraft gesetzt werden. Das neue kerntechnische Regelwerk forderte von Atomkraftwerksbetreibern, den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik einzuhalten. Da dies für die ältesten und gefährlichsten Atomreaktoren nicht möglich gewesen wäre, hätte eine Abschaltung erfolgen müssen. Auf Druck der Atomwirtschaft hatten Bundeskanzlerin Merkel und Umweltminister Röttgen diese modernen Sicherheitsstands wieder abgeschafft und arbeiten zur Zeit mit mehr als 30 Jahre alten Regelwerken. (Kühlmittelreservoire, Rohleitungen, Auslegung der Sicherheitssysteme, Notstromreserve,. ..) Das muss sofort rückgängig gemacht werden.

III. Die Laufzeitverlängerung von CDU/CSU und FDP muss für alle Atomkraftwerke sofort und durch Gesetzesbeschluss rückgängig gemacht werden. Bis spätestens 2020 – wenn möglich früher – müssen alle deutschen Atomkraftwerke vom Netz.

IV. Zu einem Energiekonsens muss außerdem zwingend die Klärung der Endlagersuche für hochradioaktive Stoffe gehören. Das einseitige Setzen auf den Standort Gorleben ist unverantwortlich. Die dafür notwendigen Sicherheitskriterien für Endlager und für eine ergebnisoffene Standortsuche liegen bereits seit 2008 vor. Für die Endlagersuche – auch in Bayern und Baden-Württemberg – hat die SPD bereits 2006 einen Vorschlag eingebracht, der von der Bundeskanzlerin während der Großen Koalition abgelehnt wurde.

V. Um diese Voraussetzungen für die Energiewende zu schaffen, muss die Bundesregierung ihren vorgelegten Bundeshaushalt und die mittelfristige Finanzplanung korrigieren. Zur Finanzierung der notwendige Mittel, die vor allem helfen müssen, steigende Energiekosten zu verhindern und Innovationen zu fördern, muss die Bundesregierung Sparvorschläge im Haushalt vorlegen. Eine komplette Abwälzung aller Risiken auf die Stromkunden ist für die SPD nicht vertretbar. Gleichzeitig muss die Bundesregierung die Abgaben der Atomindustrie gesetzlich regeln. Die freiwilligen Abgaben der Energiewirtschaft waren an die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke gebunden. Das war von Anfang an falsch und stellt sich jetzt als erhebliches Haushaltsrisiko für die Energiewende heraus. Gegebenenfalls muss die Brennstoffsteuer gesetzlich entsprechend angehoben werden.

Die genannten Punkte sind die Voraussetzungen für einen Energiekonsens, aber noch nicht der Energiekonsens selbst. CDU/CSU und FDP haben dafür sechs Punkte vorgeschlagen. Diese Vorschläge nehmen in großen Teilen die Politik wieder auf, die von der 2005 – 2009 die Große Koalition durchgesetzt hatte, und die danach von CDU/CSU und FDP weitgehend aufgegeben, drastisch gekürzt oder ins Gegenteil verkehrt wurde (z.B. Programme für Energieeffizienz, Gebäudesanierung, Netzausbau) Die SPD macht deshalb für den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie und den beschleunigten Umstieg in die erneuerbaren Energien folgenden Vorschläge:

(1) Deutschland muss sofort eine Kampagne für Energieeffizienz starten, da wir bis zum Jahr 2020 rund 8 bis 10% des Stromverbrauchs reduzieren müssen. (Dies ist trotz des Ausbaus der Elektromobilität mit 1 Million KfZ bis 2020 möglich, da der dadurch erhöhte Stromverbrauch nur etwa 0,5 % beträgt.) In diesem Bereich der Energieeffizienz wurden bisher von CDU/CSU und FDP immer anspruchsvolle Ziele definiert, aber keinerlei konkrete Instrumente umgesetzt. Hier ist dringender Handlungsbedarf. Von besonderer Bedeutung sind dabei Förderprogramme für kleine und mittelständische Betriebe des produzierenden Gewerbes und der Industrie (mind. 10 Mio € pro Jahr) und für einkommensschwache Haushalte (50 Mio € pro Jahr), damit in diesen Haushalten alte und stromintensive Geräte ausgetauscht werden.

(2) Wie in der dena Netzstudie II berechnet, kann die Stromversorgung aus regenerativen Anlagen bis zum Jahr 2020 auf rund 40% gesteigert werden. Dies ist ambitioniert, aber machbar. In diesem Szenario wird unterstellt, dass wir bis 2020 rund 14.000 MW off shore Windparks bauen. Was aber auch noch verstärkt werden muss, ist die Stromerzeugung aus Biomasse. Dies kann auf der einen Seite über Biogas und BHKW erfolgen oder über feste Biomasse (Holz). Bei Holz würde sich z.B. auch eine Mitverbrennung in Kohlekraftwerken anbieten, wenigstens für einen Übergangszeitraum, bis wir die Stromnetze für die Windenergie ausgebaut haben. Wir sollten den Einsatz von Biomasse im Energiekonzept stärken, da Biomasse eine verlässliche und bedarfsgerechte Stromerzeugung ermöglicht.

(3) Für die energetische Biomassenutzung benötigen wir eine nationale Strategie, die die Nutzungskonkurrenz minimiert. Zudem benötigen wir eine Importstrategie, die den nachhaltigen Anbau von Biomasse (Holz) sichert. Wir sollten bei der Nutzung der Biomasse viel stärker auch Polen, Ukraine und Russland in Betracht ziehen, da in diesen Ländern in allen Bereichen ein großes Biomassepotential vorhanden ist.

(4) Zu dem REG-Ausbauszenario gehört aber auch der Ausbau der Stromnetzte. Hier benötigen wir einen Ausbau von rund 4500 km (dena Netzstudie I 850 km; Netzstudie II 3.600 km). Ohne diesen Ausbau schaffen wir den REG-Stromanteil nicht. Für den Ausbau müssen die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, und die Akzeptanz in der Bevölkerung geschaffen werden. Diese Akzeptant sollte erreicht werden, wenn der Bevölkerung glaubhaft versichert wird, dass der Netzausbau für den Weg in die REG-Zukunft erforderlich ist.

(5) Die Bundesnetzagentur muss in der Durchsetzung des Netzausbaus gegenüber den Netzbetreibern gestärkt werden.

(6) Darüber hinaus wird auch eine finanzielle Beteiligung der Kommunen am Netzausbau benötigt. Dafür sollten im Bundeshaushalt bis zu 500 Mio € bereit gestellt werden.

(7) Der Netzausbau für den Windausbau an der Küste sollte durch erdkabelgebundene Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstechnik (HGÜ) erfolgen, um möglichst wenig Freileitungsausbau zu benötigen. Zudem muss der Netzausbau in der Nähe von Wohngebieten in Form der Erdverkabelung erfolgen. Die Bundesnetzagentur muss dafür die Refinanzierung für die Netzbetreiber ermöglichen.

(8) Deutschland braucht zudem einen Innovationsfonds für den Netzausbau und für die Entwicklung von Speicherkapazitäten. Dafür muss der Bundeshaushalt 1 Milliarde € pro Jahr bereitstellen (500 Mio € pro Jahr für die Investitionskostenförderung innovativer Stromnetze wie z.B. erdkabelgebundener HGÜ + 500 Mio € pro Jahr für Innovationen für Speicherentwicklungen).

(9) Wir müssen auch die Europäisierung der Stromversorgung weiter ausbauen. Der hohe Anteil an regenerativer Stromerzeugung kann nicht effizient nur in Deutschland integriert werden. Deshalb benötigen wir auch einen Ausbau der europäischen Netzinfrastruktur. Neben dem Netzausbau benötigen wir perspektivisch auch eine Harmonisierung der Fördersysteme, wobei es nicht darum geht, dass die Stromerzeugung von Wind oder Sonne nur noch in bestimmten Regionen erfolgen soll. Aber gerade die offshore-Windenergienutzung in der Nord- und Ostsee und der dazu notwendige Aufbau eines offshore-Netzes, kann nur sinnvoll und effizient in Kooperation mit unseren europäischen Nachbarn erfolgen. Deshalb ist eine innovative Harmonisierung der europäischen REG-Fördersysteme erforderlich.

(10) Für die Systemintegration der Wind- und PV-Anlagen benötigen wir auch den Ausbau von Speicherkraftwerken. Kurzfristig müssen wir noch den Zubau von Pumpspeicherkraftwerken realisieren. Derzeit steht der Bau eines Pumpspeicherkraftwerkes in Baden Württemberg auf der Tagesordnung (1400 MW), was aber von Umweltschützern bekämpft wird. Zudem benötigen wir ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm für neue Speichertechnologien, die für die REG-Integration neben dem Netzausbau von großer Bedeutung ist.

(11) Der Ausbau von KWK- und BHKW-Anlagen ist ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Szenario. Zielgruppen sind hier insbesondere die Privathaushalte. Viele mittelständische Unternehmen haben dafür Micro-KWK entwickelt, für deren Markteinführung ca. 50 Mio € pro Jahr bereitgestellt werden sollten. Darüber hinaus muss es bei der bereits unter der Großen Koalition von der SPD durchgesetzten Förderung der industriellen Nutzung von KWK bleiben.

(12) Neben diesen genannten Punkten ist aber auch die Modernisierung von alten konventionellen Kraftwerken erforderlich. Hier geht es vor allem um das "Repowering" und den Ersatz alter Gas- und Kohlekraftwerke. Dafür müssen Mindestwirkungsgrade im Bundesimmissionsschutzgesetz festgeschrieben werden, um zu hocheffizienten Kraftwerken und zur Kraft-Wärme-Koppelung zu zwingen. Diese Modernisierung des Kraftwerksparks ist in Deutschland nach den Beschlüssen von CDU/CSU und FDP praktisch zum Erliegen gekommen. Die Bundesregierung hat den Unternehmen – insbesondere den Stadtwerken – jede Planungssicherheit und jede Wettbewerbsfähigkeit gegen die vier Atomkraftwerksbetreiber genommen. Auch deshalb muss die Laufzeitverlängerung verlässlich und endgültig zurückgenommen werden. Wir haben eine Größenordnung von 10.000 bis 12.000 MW an Gas- und Kohlekraftwerken berechnet. Diese Kraftwerke müssen wir bauen, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, die Strompreisentwicklung zu dämpfen und die CO2 Emissionen zu reduzieren (Ersatz von alten Kohlekraftwerken). Diese Kraftwerke werden wir bis 2050 benötigen, auch unter dem Aspekt der Systemstabilisierung und der Gewährleistung von Versorgungssicherheit. Der Bau neuer Kraftwerke ist aber auch für neue Anbieter interessant (Stadtwerke), die über diesen Weg in die Stromversorgung einsteigen können.

(13) Für die Optimierung des Systems müssen wir sehr schnell smart Grids auf- und ausbauen. Hier sind erste Programme angelaufen, aber nicht entsprechend der Dringlichkeit. Um die Bedeutung dieses Themas zu verdeutlichen nur folgende Zahlen: Im Jahr 1990 haben rund 1.000 Kraftwerke mit einer Leistung von über 50 MW rund 90 % der Stromversorgung erbracht. Im Jahr 2020 werden rund 2,5 Millionen REG- und KWK-Anlagen rund 60% der Stromversorgung erbringen. Diese 2,5 Millionen Anlagen werden zum großen Teil sehr dezentral betrieben (PV-Anlagen oder Mikro-BHKW im KW-Bereich), die eine starke Fluktuation aufweisen, bzw. eine nicht immer bedarfsgerechte Stromerzeugung. Wenn wir nicht sehr schnell eine intelligente Steuerung installieren, die auch noch den Verbrauch an das Angebot anpasst, dann bekommen wir erhebliche Netzprobleme. Deshalb muss dem Ausbau von Smart Systems und smart Grids höchste Priorität beigemessen werden.


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