05.05.2014 09:41 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Fraunhofer Gesellschaft
Actio et Reactio
Kurzfassung: Actio et ReactioMit dem eco DESIGN Software Tool ENDAMI (Life Cycle Environmental Data Models and Interface development in Aviation), das sie gemeinsam mit der Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung am ...
[Fraunhofer Gesellschaft - 05.05.2014] Actio et Reactio
Mit dem eco DESIGN Software Tool ENDAMI (Life Cycle Environmental Data Models and Interface development in Aviation), das sie gemeinsam mit der Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung am Lehrstuhl für Bauphysik der Universität Stuttgart und dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD im Rahmen von Europas größtem Forschungs- und Innovationsprogramm im Bereich Luftfahrt Clean Sky entwickelt haben, eröffnen sie nun auch Designern und Entwicklungsingenieuren in dieser Branche einen einfacheren Zugang zur Ökobilanzierung.
Gehören Ökobilanzen in den meisten Industriezweigen bereits zum Standard, hat die Luftfahrtindustrie hier noch erheblichen Nachholbedarf. Besonders vor dem Hintergrund, dass es sich um eine kontinuierlich wachsende Branche handelt, werden Ökobilanzen im Luftfahrtbereich eine immer größere Rolle spielen, erklärt Ilg. Die Passagierzahlen sind in den vergangenen Jahren konstant angestiegen. Prognosen sagen daher ein deutliches Anwachsen der weltweit aktiven Luftfahrtflotte voraus. Sind derzeit weltweit etwa 17.740 Passagierflieger (Stand 2013) unterwegs, werden es laut der Wachstumsprognose des europäischen Flugzeugbauers Airbus bis 2032 voraussichtlich 36.560 Flugzeuge sein. Bei derartigen Wachstumsraten, muss sich etwas bewegen, um Emissionen einzusparen, sagt Ilg mit Hinblick auf die hohen Ziele, die sich die Industrie gesetzt hat. Bis 2020 will sie die Lärmbelastung um 50 Prozent reduzieren sowie den Treibstoffverbrauch und den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (jeweils minus 50 Prozent) und Stickoxiden (minus 80 Prozent) deutlich senken . Das Wachstum des Luftfahrtsektors soll sich zudem ab dem Jahr 2020 CO2-neutral gestalten.
Nicht zuletzt deshalb geht der Trend in der Luftfahrtbranche zum Einsatz immer leichterer Materialien und neuartiger Technologien. Die Einsparung von Gewicht wirkt sich beispielsweise auf den Treibstoffverbrauch aus und spricht damit sowohl den ökonomischen als auch den ökologischen Aspekt an. Doch welche Auswirkungen auf die Umwelt hat der Einsatz dieser Materialien und Technologien?
Life Cycle Assessment (LCA) nennen Experten - vereinfacht dargestellt - das systematische Erfassen der Umweltaspekte verwendeter Bauteile in einem Flugzeug. Die Analyse umfasst potenzielle Umweltwirkungen, die ein Produkt während seines kompletten Lebenszyklus erzeugt hat - von der Herstellung über die Nutzung bis zum Recycling oder zur Entsorgung. Die Grundlage dafür bildet eine umfassende Erhebung und Verarbeitung von LCA-relevanten Daten. Die bislang dazu verwendeten Computerprogramme bedienen sich jedoch zum einen an Daten, die erst nach dem Fertigungsprozess eines Flugzeuges erhoben werden; zum anderen sind die Softwaresysteme aufgrund ihrer Komplexität häufig nur LCA-Spezialisten vorbehalten. Ilg und seine Kollegen haben deshalb einen neuen Ansatz gewählt: Mit der Entwicklung von ENDAMI bekommen jetzt Designer und Entwickler Zugriff auf ein leicht zu bedienendes LCA-Programm. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ökobilanzen können nun bereits im Vorfeld von denjenigen erstellt werden, die ein neues Flugzeug konzipieren. Damit ist es schon in der Designphase möglich, die Umweltwirkungen eines Flugzeuges zu berechnen und dieses bei Bedarf zu optimieren. Wer in der Flugzeugbranche nicht frühzeitig ökobilanziert, muss die Folgen später aufwändig und teuer ausgleichen, erklärt Ilg. Vorausschauendes Planen ist daher sehr wichtig. Die Hersteller entwickeln heute die Modelle, die 2030 fliegen werden. Die frühzeitige Auseinandersetzung auch mit Fragen nach der Umweltwirkung dieser Flugzeuge ist also essenziell.
ENDAMI greift dabei auf eine umfassende Datenbank zurück, die neben den LCA-basierten Umweltinformationen verschiedener Standardbauteile auch die Parameter von Alternativbauteilen bzw. -materialien enthält. Gleichzeitig kann sie vom Nutzer auch um individuelle Informationen ergänzt werden. Da alle Stoff- und Energieströme quantifiziert werden, ist eine aussagekräftige Ökobilanz damit inzwischen nur noch wenige Klicks entfernt, so Ilg. Der Designer weiß sofort wie stark ein Bauteil belastet ist.
Ein im Flugzeugbau sehr häufig verwendetes Material ist beispielsweise Aluminium. Wenn es im Werk eines Flugzeugbauers ankommt, bringt es bereits einen so genannten Umweltrucksack mit: Durch den Abbau und die Herstellung aus Bauxit , den Transport aus Übersee sowie die Weiterverarbeitung in Europa ist dieser bei Primäraluminium mit zirka 140 Megajoule (MJ) Primärenergiebedarf gefüllt. Das entspricht fast der Energiemenge, die in vier Litern Heizöl steckt. Durch die besonders hohen Materialanforderungen im Luftfahrtsektor erhöhen sich die Umweltwirkungen der eingesetzten Bauteile im weiteren Fertigungsprozess danach noch erheblich. Die Ökobilanz-Datensätze müssen daher exakt auf die Branche zugeschnitten sein. Diese luftfahrtspezifische Komponente fehlte in den bisher verfügbaren Tools, führt Ilg aus.
Weiterer wichtiger Baustein der neuen Software sind speziell programmierte LCA-Hintergrundmodelle. Sie erlauben es dem Designer, Szenarien mit verschiedenen Bauteilen zu variieren und dabei sofort zu erkennen, wie sich unterschiedliche Materialien, Bauteilvariationen oder Prozessparameter auf die jeweilige Ökobilanz auswirken. Er muss selbst keine aufwendigen Analysen oder LCA-Modelle anfertigen und kann das entworfene Bauteil mit gespeicherten Referenzbauteilen abgleichen. Ilg: Der Flugzeugdesigner kann mit Hilfe der Software Umweltanalysen erstellen, die bislang ausgewiesenen LCA-Spezialisten vorbehalten waren. Dadurch ist es möglich, Umweltaspekte im Luftfahrtsektor bereits in einem sehr frühen - und entscheidenden - Entwicklungsstadium zu berücksichtigen. Auf diese Weise können die Entwickler bereits vor der Fertigung eines Flugzeuges eine Vielzahl von Materialien bzw. Materialkombinationen variieren, ohne das Flugzeug in Realität bauen zu müssen. In ENDAMI können - je nach Bedarf - auch unterschiedliche, individuelle Anforderungsprofile und Umweltindikatoren ausgewählt werden. Ilg: So können Firmen speziell die für sie relevanten Umweltgrößen, wie beispielsweise Treibhauseffekt, Überdüngung, Versauerung etc. auswerten.
Besonders wichtig war den Forschern und Entwicklern zudem die Benutzerfreundlichkeit des Tools. Neben einer übersichtlichen Menüführung und dem einfachen Import und Export von Daten denkt die Software auch mit: Wir arbeiten daran, dass das Programm seine Nutzer darauf hinweist, an welcher Stelle des Flugzeugs noch Optimierungspotenzial liegt, schildert Ilg.
Die Industriepartner, die mit uns gemeinsam im Rahmen von Clean Sky zusammenarbeiten, arbeiten bereits mit ENDAMI und das Programm stößt bei ihnen auf durchwegs positive Resonanz, freut sich Ilg. Mit dem Starschuss für Clean Sky 2 soll auch das Software Tool weiter entwickelt werden. Derzeit arbeiten die Wissenschaftler bereits an einer Version für mobile Endgeräte, die Designern und Entwicklungsingenieuren den Umgang mit Ökobilanzen noch einfacher machen soll.
Kontakt:
Fraunhofer-Gesellschaft
Hansastraße 27 c
80686 München
Deutschland
Telefon: +49 (89) 1205-0
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Mit dem eco DESIGN Software Tool ENDAMI (Life Cycle Environmental Data Models and Interface development in Aviation), das sie gemeinsam mit der Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung am Lehrstuhl für Bauphysik der Universität Stuttgart und dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD im Rahmen von Europas größtem Forschungs- und Innovationsprogramm im Bereich Luftfahrt Clean Sky entwickelt haben, eröffnen sie nun auch Designern und Entwicklungsingenieuren in dieser Branche einen einfacheren Zugang zur Ökobilanzierung.
Gehören Ökobilanzen in den meisten Industriezweigen bereits zum Standard, hat die Luftfahrtindustrie hier noch erheblichen Nachholbedarf. Besonders vor dem Hintergrund, dass es sich um eine kontinuierlich wachsende Branche handelt, werden Ökobilanzen im Luftfahrtbereich eine immer größere Rolle spielen, erklärt Ilg. Die Passagierzahlen sind in den vergangenen Jahren konstant angestiegen. Prognosen sagen daher ein deutliches Anwachsen der weltweit aktiven Luftfahrtflotte voraus. Sind derzeit weltweit etwa 17.740 Passagierflieger (Stand 2013) unterwegs, werden es laut der Wachstumsprognose des europäischen Flugzeugbauers Airbus bis 2032 voraussichtlich 36.560 Flugzeuge sein. Bei derartigen Wachstumsraten, muss sich etwas bewegen, um Emissionen einzusparen, sagt Ilg mit Hinblick auf die hohen Ziele, die sich die Industrie gesetzt hat. Bis 2020 will sie die Lärmbelastung um 50 Prozent reduzieren sowie den Treibstoffverbrauch und den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (jeweils minus 50 Prozent) und Stickoxiden (minus 80 Prozent) deutlich senken . Das Wachstum des Luftfahrtsektors soll sich zudem ab dem Jahr 2020 CO2-neutral gestalten.
Nicht zuletzt deshalb geht der Trend in der Luftfahrtbranche zum Einsatz immer leichterer Materialien und neuartiger Technologien. Die Einsparung von Gewicht wirkt sich beispielsweise auf den Treibstoffverbrauch aus und spricht damit sowohl den ökonomischen als auch den ökologischen Aspekt an. Doch welche Auswirkungen auf die Umwelt hat der Einsatz dieser Materialien und Technologien?
Life Cycle Assessment (LCA) nennen Experten - vereinfacht dargestellt - das systematische Erfassen der Umweltaspekte verwendeter Bauteile in einem Flugzeug. Die Analyse umfasst potenzielle Umweltwirkungen, die ein Produkt während seines kompletten Lebenszyklus erzeugt hat - von der Herstellung über die Nutzung bis zum Recycling oder zur Entsorgung. Die Grundlage dafür bildet eine umfassende Erhebung und Verarbeitung von LCA-relevanten Daten. Die bislang dazu verwendeten Computerprogramme bedienen sich jedoch zum einen an Daten, die erst nach dem Fertigungsprozess eines Flugzeuges erhoben werden; zum anderen sind die Softwaresysteme aufgrund ihrer Komplexität häufig nur LCA-Spezialisten vorbehalten. Ilg und seine Kollegen haben deshalb einen neuen Ansatz gewählt: Mit der Entwicklung von ENDAMI bekommen jetzt Designer und Entwickler Zugriff auf ein leicht zu bedienendes LCA-Programm. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ökobilanzen können nun bereits im Vorfeld von denjenigen erstellt werden, die ein neues Flugzeug konzipieren. Damit ist es schon in der Designphase möglich, die Umweltwirkungen eines Flugzeuges zu berechnen und dieses bei Bedarf zu optimieren. Wer in der Flugzeugbranche nicht frühzeitig ökobilanziert, muss die Folgen später aufwändig und teuer ausgleichen, erklärt Ilg. Vorausschauendes Planen ist daher sehr wichtig. Die Hersteller entwickeln heute die Modelle, die 2030 fliegen werden. Die frühzeitige Auseinandersetzung auch mit Fragen nach der Umweltwirkung dieser Flugzeuge ist also essenziell.
ENDAMI greift dabei auf eine umfassende Datenbank zurück, die neben den LCA-basierten Umweltinformationen verschiedener Standardbauteile auch die Parameter von Alternativbauteilen bzw. -materialien enthält. Gleichzeitig kann sie vom Nutzer auch um individuelle Informationen ergänzt werden. Da alle Stoff- und Energieströme quantifiziert werden, ist eine aussagekräftige Ökobilanz damit inzwischen nur noch wenige Klicks entfernt, so Ilg. Der Designer weiß sofort wie stark ein Bauteil belastet ist.
Ein im Flugzeugbau sehr häufig verwendetes Material ist beispielsweise Aluminium. Wenn es im Werk eines Flugzeugbauers ankommt, bringt es bereits einen so genannten Umweltrucksack mit: Durch den Abbau und die Herstellung aus Bauxit , den Transport aus Übersee sowie die Weiterverarbeitung in Europa ist dieser bei Primäraluminium mit zirka 140 Megajoule (MJ) Primärenergiebedarf gefüllt. Das entspricht fast der Energiemenge, die in vier Litern Heizöl steckt. Durch die besonders hohen Materialanforderungen im Luftfahrtsektor erhöhen sich die Umweltwirkungen der eingesetzten Bauteile im weiteren Fertigungsprozess danach noch erheblich. Die Ökobilanz-Datensätze müssen daher exakt auf die Branche zugeschnitten sein. Diese luftfahrtspezifische Komponente fehlte in den bisher verfügbaren Tools, führt Ilg aus.
Weiterer wichtiger Baustein der neuen Software sind speziell programmierte LCA-Hintergrundmodelle. Sie erlauben es dem Designer, Szenarien mit verschiedenen Bauteilen zu variieren und dabei sofort zu erkennen, wie sich unterschiedliche Materialien, Bauteilvariationen oder Prozessparameter auf die jeweilige Ökobilanz auswirken. Er muss selbst keine aufwendigen Analysen oder LCA-Modelle anfertigen und kann das entworfene Bauteil mit gespeicherten Referenzbauteilen abgleichen. Ilg: Der Flugzeugdesigner kann mit Hilfe der Software Umweltanalysen erstellen, die bislang ausgewiesenen LCA-Spezialisten vorbehalten waren. Dadurch ist es möglich, Umweltaspekte im Luftfahrtsektor bereits in einem sehr frühen - und entscheidenden - Entwicklungsstadium zu berücksichtigen. Auf diese Weise können die Entwickler bereits vor der Fertigung eines Flugzeuges eine Vielzahl von Materialien bzw. Materialkombinationen variieren, ohne das Flugzeug in Realität bauen zu müssen. In ENDAMI können - je nach Bedarf - auch unterschiedliche, individuelle Anforderungsprofile und Umweltindikatoren ausgewählt werden. Ilg: So können Firmen speziell die für sie relevanten Umweltgrößen, wie beispielsweise Treibhauseffekt, Überdüngung, Versauerung etc. auswerten.
Besonders wichtig war den Forschern und Entwicklern zudem die Benutzerfreundlichkeit des Tools. Neben einer übersichtlichen Menüführung und dem einfachen Import und Export von Daten denkt die Software auch mit: Wir arbeiten daran, dass das Programm seine Nutzer darauf hinweist, an welcher Stelle des Flugzeugs noch Optimierungspotenzial liegt, schildert Ilg.
Die Industriepartner, die mit uns gemeinsam im Rahmen von Clean Sky zusammenarbeiten, arbeiten bereits mit ENDAMI und das Programm stößt bei ihnen auf durchwegs positive Resonanz, freut sich Ilg. Mit dem Starschuss für Clean Sky 2 soll auch das Software Tool weiter entwickelt werden. Derzeit arbeiten die Wissenschaftler bereits an einer Version für mobile Endgeräte, die Designern und Entwicklungsingenieuren den Umgang mit Ökobilanzen noch einfacher machen soll.
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