09.05.2014 10:41 Uhr in Energie & Umwelt von VolkswagenStiftung
Elektrosmog verwirrt Zugvögel
Kurzfassung: Elektrosmog verwirrt ZugvögelEin Forscherteam um Prof. Dr. Henrik Mouritsen, Biologe und Lichtenberg-Professor an der Universität Oldenburg konnte erstmals nachweisen, dass der Magnetkompass von Rot ...
[VolkswagenStiftung - 09.05.2014] Elektrosmog verwirrt Zugvögel
Ein Forscherteam um Prof. Dr. Henrik Mouritsen, Biologe und Lichtenberg-Professor an der Universität Oldenburg konnte erstmals nachweisen, dass der Magnetkompass von Rotkehlchen komplett versagt, sobald elektromagnetische Störungen auf die Vögel einwirken.
Elektrosmog hat unterhalb bestimmter Grenzwerte keine Auswirkungen auf biologische Prozesse oder gar auf die menschliche Gesundheit - das galt bisher als Stand der Wissenschaft. Dieses Wissen wurde von Prof. Dr. Henrik Mouritsen und weiteren Forscher gemeinsam wiederlegt. Die VolkswagenStiftung fördert den Biologen seit 2007 im Rahmen einer Lichtenbergprofessur bei seinen Forschungen. Dabei hat er herausgefunden, dass elektromagnetische Störungen bereits im Mittelwellenbereich den Magnetkompass Vögel, anhand dem sie sich orientieren, negativ beeinflussen - selbst wenn die Signale nur ein Tausendstel des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als unbedenklich eingestuften Grenzwerts betragen. Die von den neun Oldenburger Wissenschaftlern gemeinsam mit Prof. Dr. Peter J. Hore von der University of Oxford (Großbritannien) durchgeführten langjährigen Forschungen sind jetzt unter dem Titel "Anthropogenic electromagnetic noise disrupts magnetic compass orientation in a migratory bird" (Von Menschen verursachtes elektromagnetisches Rauschen stört die Magnetkompass-Orientierung von Zugvögeln) in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature erschienen.
"Wir konnten mit unseren Versuchen einen eindeutigen und reproduzierbaren Effekt menschlich verursachter elektromagnetischer Felder auf ein Wirbeltier dokumentieren. Diese Störungen stammen nicht von Stromleitungen oder Mobilfunknetzen", betont Mouritsen. Das elektromagnetische Rauschen im Frequenzbereich zwei Kilohertz bis fünf Megahertz stamme im Wesentlichen von Elektrogeräten. "Die Auswirkungen der schwachen elektromagnetischen Felder sind bemerkenswert: Sie stören die Funktion eines gesamten sensorischen Systems bei einem gesunden höheren Wirbeltier."
Seit etwa fünfzig Jahren ist bekannt, dass Zugvögel das Magnetfeld der Erde nutzen, um im Frühjahr und Herbst ihre Zugrichtung zu bestimmen. "Wir waren daher überrascht, als wir bei unseren Versuchen feststellten, dass Rotkehlchen in Holzhütten auf dem Campus der Universität Oldenburg nicht ihren Magnetkompass nutzen konnten", erklärt Mouritsen. Daher haben die Forscher die Versuchshütten und damit auch die Orientierungskäfige mit geerdeten Aluminiumplatten abgeschirmt. Die Abschirmung ließ das für die Navigation der Vögel entscheidende statische Magnetfeld der Erde unberührt, dämpfte aber das zeitabhängige elektromagnetische Rauschen - den Elektrosmog - innerhalb der Hütten. Die Wirkung war verblüffend: Die Vögel hatten plötzlich keine Probleme mehr, sich zu orientierten, und fanden ihre Zugrichtung. "Unsere Messungen der Störungen deuteten darauf hin, dass wir per Zufall ein biologisches System entdeckt hatten, das empfindlich auf vom Menschen verursachten Elektrosmog im Frequenzbereich bis zu fünf Megahertz reagiert", sagt Mouritsen. Überraschend dabei sei gewesen: Die Intensität der Störungen lag weit unter den Grenzwerten der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) und der WHO, so der Biologe.
Um den beobachteten Effekt sicher zu beweisen, hat Mouritsen mit seinem Team über sieben Jahre hinweg zahlreiche Experimente durchgeführt und belastbare Beweise gesammelt, unter anderem in Form von Doppelblindversuchen über mehrere Generationen von Studierenden. Und es zeigte sich: Sobald die Erdung entfernt wurde oder das elektromagnetische Breitbandrauschen absichtlich innerhalb der abgeschirmten und geerdeten Holzhütten erzeugt wurde, büßten die Vögel ihre Fähigkeit zur magnetischen Orientierung wieder ein.
Die Wissenschaftler konnten zudem nachweisen: Die Störeffekte werden durch elektromagnetische Felder hervorgerufen, die einen viel breiteren Frequenzbereich in einer weit geringeren Intensität abdecken, als frühere Untersuchungen vermuten ließen. Dieses elektromagnetische Breitband-Rauschen ist im urbanen Umfeld allgegenwärtig. Es entsteht überall dort, wo Menschen elektrische Geräte benutzen. Erwartungsgemäß ist es in ländlicher Umgebung deutlich schwächer. Und tatsächlich: Anders als auf dem Campus der Universität funktionierte der Magnetkompass der Rotkehlchen in Orientierungskäfigen, die ein bis zwei Kilometer vor den Toren der Stadt aufgestellt wurden, auch ohne Abschirmung und Erdung. "Natürlich sind die Auswirkungen des Elektrosmogs auf den Vogelzug somit lokal begrenzt. Dennoch sollten uns diese Ergebnisse zu denken geben - sowohl was die Überlebenschancen der Zugvögel als auch was mögliche Effekte für den Menschen angeht, die es noch zu untersuchen gilt", so Mouritsen.
Hintergrund der Förderinitiative
Mit den Lichtenberg-Professuren fördert die VolkswagenStiftung seit 2003 herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in innovativen Lehr- und Forschungsfeldern. Für fünf bis - im Falle einer positiven Zwischenevaluation - maximal acht Jahre stellt die Stiftung Mittel zur Verfügung. Voraussetzung ist, dass die aufnehmende Hochschule die Übernahme erfolgreich evaluierter Professuren garantiert. Bislang konnte die Stiftung mit insgesamt rund 56 Millionen Euro 41 Professuren implementieren.
VolkswagenStiftung
Kastanienallee 35
30519 Hannover
Deutschland
Telefon: 0511 / 83 81-0
Telefax: 0511 / 83 81-344
Mail: mail@volkswagenstiftung.de
URL: http://www.volkswagenstiftung.de
Ein Forscherteam um Prof. Dr. Henrik Mouritsen, Biologe und Lichtenberg-Professor an der Universität Oldenburg konnte erstmals nachweisen, dass der Magnetkompass von Rotkehlchen komplett versagt, sobald elektromagnetische Störungen auf die Vögel einwirken.
Elektrosmog hat unterhalb bestimmter Grenzwerte keine Auswirkungen auf biologische Prozesse oder gar auf die menschliche Gesundheit - das galt bisher als Stand der Wissenschaft. Dieses Wissen wurde von Prof. Dr. Henrik Mouritsen und weiteren Forscher gemeinsam wiederlegt. Die VolkswagenStiftung fördert den Biologen seit 2007 im Rahmen einer Lichtenbergprofessur bei seinen Forschungen. Dabei hat er herausgefunden, dass elektromagnetische Störungen bereits im Mittelwellenbereich den Magnetkompass Vögel, anhand dem sie sich orientieren, negativ beeinflussen - selbst wenn die Signale nur ein Tausendstel des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als unbedenklich eingestuften Grenzwerts betragen. Die von den neun Oldenburger Wissenschaftlern gemeinsam mit Prof. Dr. Peter J. Hore von der University of Oxford (Großbritannien) durchgeführten langjährigen Forschungen sind jetzt unter dem Titel "Anthropogenic electromagnetic noise disrupts magnetic compass orientation in a migratory bird" (Von Menschen verursachtes elektromagnetisches Rauschen stört die Magnetkompass-Orientierung von Zugvögeln) in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature erschienen.
"Wir konnten mit unseren Versuchen einen eindeutigen und reproduzierbaren Effekt menschlich verursachter elektromagnetischer Felder auf ein Wirbeltier dokumentieren. Diese Störungen stammen nicht von Stromleitungen oder Mobilfunknetzen", betont Mouritsen. Das elektromagnetische Rauschen im Frequenzbereich zwei Kilohertz bis fünf Megahertz stamme im Wesentlichen von Elektrogeräten. "Die Auswirkungen der schwachen elektromagnetischen Felder sind bemerkenswert: Sie stören die Funktion eines gesamten sensorischen Systems bei einem gesunden höheren Wirbeltier."
Seit etwa fünfzig Jahren ist bekannt, dass Zugvögel das Magnetfeld der Erde nutzen, um im Frühjahr und Herbst ihre Zugrichtung zu bestimmen. "Wir waren daher überrascht, als wir bei unseren Versuchen feststellten, dass Rotkehlchen in Holzhütten auf dem Campus der Universität Oldenburg nicht ihren Magnetkompass nutzen konnten", erklärt Mouritsen. Daher haben die Forscher die Versuchshütten und damit auch die Orientierungskäfige mit geerdeten Aluminiumplatten abgeschirmt. Die Abschirmung ließ das für die Navigation der Vögel entscheidende statische Magnetfeld der Erde unberührt, dämpfte aber das zeitabhängige elektromagnetische Rauschen - den Elektrosmog - innerhalb der Hütten. Die Wirkung war verblüffend: Die Vögel hatten plötzlich keine Probleme mehr, sich zu orientierten, und fanden ihre Zugrichtung. "Unsere Messungen der Störungen deuteten darauf hin, dass wir per Zufall ein biologisches System entdeckt hatten, das empfindlich auf vom Menschen verursachten Elektrosmog im Frequenzbereich bis zu fünf Megahertz reagiert", sagt Mouritsen. Überraschend dabei sei gewesen: Die Intensität der Störungen lag weit unter den Grenzwerten der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) und der WHO, so der Biologe.
Um den beobachteten Effekt sicher zu beweisen, hat Mouritsen mit seinem Team über sieben Jahre hinweg zahlreiche Experimente durchgeführt und belastbare Beweise gesammelt, unter anderem in Form von Doppelblindversuchen über mehrere Generationen von Studierenden. Und es zeigte sich: Sobald die Erdung entfernt wurde oder das elektromagnetische Breitbandrauschen absichtlich innerhalb der abgeschirmten und geerdeten Holzhütten erzeugt wurde, büßten die Vögel ihre Fähigkeit zur magnetischen Orientierung wieder ein.
Die Wissenschaftler konnten zudem nachweisen: Die Störeffekte werden durch elektromagnetische Felder hervorgerufen, die einen viel breiteren Frequenzbereich in einer weit geringeren Intensität abdecken, als frühere Untersuchungen vermuten ließen. Dieses elektromagnetische Breitband-Rauschen ist im urbanen Umfeld allgegenwärtig. Es entsteht überall dort, wo Menschen elektrische Geräte benutzen. Erwartungsgemäß ist es in ländlicher Umgebung deutlich schwächer. Und tatsächlich: Anders als auf dem Campus der Universität funktionierte der Magnetkompass der Rotkehlchen in Orientierungskäfigen, die ein bis zwei Kilometer vor den Toren der Stadt aufgestellt wurden, auch ohne Abschirmung und Erdung. "Natürlich sind die Auswirkungen des Elektrosmogs auf den Vogelzug somit lokal begrenzt. Dennoch sollten uns diese Ergebnisse zu denken geben - sowohl was die Überlebenschancen der Zugvögel als auch was mögliche Effekte für den Menschen angeht, die es noch zu untersuchen gilt", so Mouritsen.
Hintergrund der Förderinitiative
Mit den Lichtenberg-Professuren fördert die VolkswagenStiftung seit 2003 herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in innovativen Lehr- und Forschungsfeldern. Für fünf bis - im Falle einer positiven Zwischenevaluation - maximal acht Jahre stellt die Stiftung Mittel zur Verfügung. Voraussetzung ist, dass die aufnehmende Hochschule die Übernahme erfolgreich evaluierter Professuren garantiert. Bislang konnte die Stiftung mit insgesamt rund 56 Millionen Euro 41 Professuren implementieren.
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, 30519 Hannover, Deutschland
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