09.05.2014 11:19 Uhr in Gesellschaft & Familie von Auswärtiges Amt

Rede von Staatsminister Roth vor dem deutschen Bundestag zur deutschen Beteiligung an der EU-Mission Atalanta am 08.05.2014

Kurzfassung: Rede von Staatsminister Roth vor dem deutschen Bundestag zur deutschen Beteiligung an der EU-Mission Atalanta am 08.05.2014es gilt das gesprochene WortFrau Präsidentin!Liebe Kolleginnen und Kollegen! ...
[Auswärtiges Amt - 09.05.2014] Rede von Staatsminister Roth vor dem deutschen Bundestag zur deutschen Beteiligung an der EU-Mission Atalanta am 08.05.2014

es gilt das gesprochene Wort
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Seit 2008 hält Somalia nunmehr den traurigen Spitzenplatz im Ranking der sogenannten gescheiterten Staaten, erstellt von der renommierten Denkfabrik "The Fund for Peace". Das führt uns eindrücklich vor Augen: Wir stehen in Somalia vor einer ausgesprochen schwierigen und komplexen Aufgabe. Da gibt es nichts zu beschönigen.
Trotz aller Probleme und Schwierigkeiten wäre es aber verheerend, das Land einfach verloren zu geben und seinem Schicksal zu überlassen, wie die Kolleginnen und Kollegen von der Linken dies offensichtlich beabsichtigen. Es kann nicht unser außenpolitischer Anspruch sein, anderen Staaten bei ihrem Scheitern tatenlos zuzuschauen. Vielmehr wird die Bundesregierung auch weiterhin alles daran setzen, Somalia nach Jahren der Instabilität auf seinem langen und mühseligen Weg zurück in die Gemeinschaft der handlungsfähigen Staaten zu begleiten.
Nach dem langjährigen Bürgerkrieg und dem weitgehenden Staatszerfall benötigt Somalia unsere Unterstützung vor allem beim Wiederaufbau von Justiz und Verwaltung sowie des Sicherheitssektors. Darum wollen wir uns ganz besonders kümmern; denn nur wenn Recht und Ordnung wieder Einzug halten, wird die somalische Bevölkerung mittelfristig auch wieder Vertrauen in den eigenen Staat schöpfen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Mandat für die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta, über das wir heute hier im Bundestag beraten, ist Teil dieses umfassenden Ansatzes. Es ist von der Grundüberzeugung getragen: Unser Engagement am Horn von Afrika und für Afrika insgesamt ist immer dann erfolgreich, wenn unser gesamtes außenpolitisches Instrumentarium abgestimmt zum Einsatz kommt. Dafür müssen sicherheits-, entwicklungs- und wirtschaftspolitische Aspekte stets zusammen gedacht und eng miteinander verzahnt werden. Die meisten Kolleginnen und Kollegen hier im Hause sind sich dieser Verantwortung wohl bewusst. In dieser Frage sind wir uns übrigens mit unseren europäischen Partnern einig.
Die deutsche Afrikapolitik ist auch mit Blick auf unser Engagement am Horn von Afrika fest in den EU-Rahmen eingebettet. Mit ihrem umfassenden Ansatz für Somalia verfolgt die Europäische Union ebenfalls die Idee eines integrierten Handelns: politischer Dialog, entwicklungspolitische Maßnahmen, humanitäre Hilfe und notfalls das fällt niemandem hier im Hause und auch der Bundesregierung nicht leicht auch der Einsatz militärischer Kräfte. In ihrer Gesamtheit leisten diese Aktivitäten einen entscheidenden Beitrag zu nachhaltiger politischer Stabilität und wirtschaftlicher Entwicklung in der Region.
Neben der militärischen Operation Atalanta ist die EU am Horn von Afrika bislang mit zwei weiteren Schwestermissionen unter deutscher Beteiligung engagiert, der militärischen Ausbildungsmission EUTM Somalia und der zivilen Mission EUCAP NESTOR zur Stärkung regionaler maritimer Fähigkeiten. EUTM Somalia soll die somalischen Sicherheitsorgane durch Ausbildung und Beratung langfristig in die Lage versetzen, Sicherheit und Stabilität wieder eigenverantwortlich zu gewährleisten. Auch die zivile Mission EUCAP NESTOR wird ihren Schwerpunkt zunehmend auf den Aufbau von Kapazitäten zur Stärkung rechtsstaatlicher Institutionen in den somalischen Küstengebieten legen, damit Piratennetzwerke dort nicht mehr ungestraft agieren können.
Die Operation Atalanta zeigt es ist ein mühseliger Weg; ich weiß das mittlerweile erste Erfolge. Seit dem Beginn der Operation im Jahr 2008 ist der Golf von Aden, die wichtigste Schifffahrtsroute zwischen Europa, der arabischen Halbinsel und Asien, deutlich sicherer geworden. Die durchgängige Anwesenheit von Seestreitkräften zeigt Wirkung. Die Angriffe von Piraten sind im Jahr 2013 gegenüber den Vorjahren auf einen historischen Tiefstand zurückgegangen. Noch ist die somalische Übergangsregierung allerdings sehr weit davon entfernt, die Küsten und anliegenden Seegebiete aus eigener Kraft kontrollieren zu können. Daher können wir auf den Einsatz im Rahmen der Operation Atalanta vorerst nicht verzichten und wollen sie zunächst bis Ende Mai 2015 fortführen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gilt umso mehr, da die Operation Atalanta auch das leider nach wie vor dringend benötigte humanitäre Engagement der internationalen Gemeinschaft für die notleidende Bevölkerung in Somalia absichert. Denn noch immer ist Somalia eines der größten humanitären Krisengebiete weltweit. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen benötigen derzeit rund 2,7 Millionen Menschen in Somalia akute Nothilfe. Die humanitäre Hilfe durch Lieferungen des Welternährungsprogramms und anderer internationaler Hilfsorganisationen erfolgt fast vollständig auf dem Seeweg. Vor diesem Hintergrund erfüllt die Operation Atalanta auch die wichtige Aufgabe, die Lieferung von Nahrungsmitteln und weiteren wichtigen Hilfsgütern nach Somalia sicherzustellen. Die an Atalanta beteiligten Schiffe haben dafür gesorgt, dass alle im Auftrag des Welternährungsprogramms durchgeführten Schiffstransporte ihre somalischen Zielhäfen sicher erreichen konnten. Auf diese Weise wurden insgesamt mehr als 900 000 Tonnen Nahrungsmittel und andere Hilfsgüter nach Somalia gebracht. Damit hat die EU-geführte Operation dazu beigetragen, dass in den vergangenen Jahren Tausende von Menschenleben in Somalia gerettet werden konnten. Vielleicht können Sie diesen Punkt bei Ihren Überlegungen ansatzweise einbeziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion.
Als eines der größten Geberländer für humanitäre Hilfe alleine zwischen 2008 und 2013 flossen deutsche Hilfsgelder in Höhe von 313 Millionen Euro nach Somalia hat Deutschland ein besonderes Interesse daran, dass die Hilfsgüter auch dort ankommen, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Darüber hinaus geht es selbstverständlich aber auch darum, Seewege für einen funktionierenden Welthandel zu sichern. Auch das ist Teil unseres europäischen Interesses. Auch diesem Zweck dienen unsere Bemühungen zur Durchsetzung des internationalen Rechts vor der Küste Somalias. Wir teilen dieses Interesse mit allen am Seehandel teilhabenden Nationen. Gerade am Horn von Afrika zeigt sich in der alltäglichen Zusammenarbeit die verbindende Wirkung der Meere. Die Marinen der EU- und NATO-Staaten koordinieren ihre Aktivitäten im Seegebiet mit den Marinen Chinas, Russlands, Indiens, Südkoreas und vieler anderer Länder. Die sich daraus ergebenden Kontakte und Ar beitsbeziehungen sind ein weiterer, nicht zu unterschätzender Nebeneffekt des gemeinsamen internationalen Engagements am Horn von Afrika. Sie bieten uns die Möglichkeit, auf einer weiteren Ebene Gesprächskanäle aufzubauen und offenzuhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen das sage ich in Richtung meiner eigenen Fraktion , es gab in den vergangenen Jahren im Deutschen Bundestag durchaus kontroverse Diskussionen über die Operation Atalanta. Meine Fraktion hat sich daran beteiligt. Insbesondere ging es um die Ausweitung des Einsatzgebietes auf das somalische Festland. Viele hatten damals befürchtet, dass die EU-Einheiten in einen Einsatz an Land hineingezogen werden könnten. Diese Bedenken haben sich in der Praxis erfreulicherweise nicht bestätigt. Faktisch ist diese Option nur ein einziges Mal gezogen worden, auch weil die Hürden hierfür in den Einsatzregeln bewusst sehr hoch gesetzt worden sind. Deshalb kann ich uns alle nur dazu ermuntern, über jeden Militäreinsatz besonders kritisch zu diskutieren, nachzuprüfen, auch die Regierung in die Pflicht zu nehmen. Da kann manches noch besser werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die damalige kritische Kontroverse dazu beigetragen hat, dass sich die Bedenken, die von einigen geäußert wurden, eben nicht erfüllt haben. Dafür mein herzliches Dankeschön.
Derzeit laufen auf EU-Ebene noch Verhandlungen über die Anpassung der Einsatzbefugnisse der Operation Atalanta, die bis spätestens August/September 2014 abgeschlossen sein sollen. Die Bundesregierung wird sich in enger Abstimmung mit ihren europäischen Partnern um eine möglichst restriktive Regelung der Landeinsätze bemühen. Ich bin schon jetzt gespannt, welche Vorschläge uns die Kolleginnen und Kollegen aus den zuständigen Ausschüssen unterbreiten werden.
Positiv ist auch, dass mit dem neuen Mandat die personelle Obergrenze von 1 400 auf 1 200 deutsche Soldatinnen und Soldaten reduziert wird. Auch das ist ein Beleg für die ersten Erfolge bei der Eindämmung der Piraterie vor der somalischen Küste. Wenn sich diese Erfolge weiter verstetigen, gibt es die klare Perspektive einer weiteren Reduzierung der Truppenstärke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Operation Atalanta hat in der europäischen Öffentlichkeit, bei unseren internationalen Partnern und im Kreis der seefahrenden Nationen hohes Ansehen. Sie wird als weithin sichtbarer Leuchtturm einer handlungsfähigen Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wahrgenommen. Mit der Sicherung des Zugangs humanitärer Hilfe nach Somalia und dem Schutz des zivilen Schiffsverkehrs vor Piraterie erbringt sie einen wertvollen Dienst im Interesse Somalias und des internationalen Rechts. Ich bitte Sie daher im Namen der Bundesregierung um Ihre Unterstützung für unsere fortgesetzte Beteiligung an der Mission Atalanta.
Kritik ist das will ich zum Schluss noch einmal ausdrücklich unterstreichen nicht nur erwünscht, Kritik ist zwingend notwendig. Aber, liebe Kollegin, diese krude Mischung aus Halbwahrheiten, Populismus und Verschwörungstheorien wird der Verantwortung, die wir gemeinsam für unsere Soldatinnen und Soldaten, für die Sicherheitskräfte und für diejenigen, die humanitäre Hilfe leisten zu tragen haben, leider nicht gerecht.
Vielen herzlichen Dank.

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