Mikropartikel als Proteinfänger

Kurzfassung: Mikropartikel als ProteinfängerSieben der zehn weltweit meistverkauften Arzneimittel waren im Jahr 2012 Biopharmazeutika. Die biotechnologische Produktion liegt weiter voll im Trend. Ein großes Prob ...
[Austrian Centre of Industrial Biotechnology (ACIB) - 20.05.2014] Mikropartikel als Proteinfänger
Sieben der zehn weltweit meistverkauften Arzneimittel waren im Jahr 2012 Biopharmazeutika. Die biotechnologische Produktion liegt weiter voll im Trend. Ein großes Problem dabei ist die Reinigung der mit diversen Zelllinien hergestellten Produkte. In der Reinigung werden häufig mehr als 80% der gesamten Herstellungskosten aufgewendet. Das Austrian Centre of Industriel Biotechnology (acib) hat ein Verfahren auf Basis von Mikropartikeln entwickelt, das fünf Verfahrensschritte vereint; eine Revolution im Reinigungsprozess von Biopharmazeutika.
"Bei unserem Mikropartikel-Projekt geht es um ein neues Reinigungsverfahren vor allem für Proteine (also Eiweißstoffe) mit medizinischem Einsatzgebiet, die mit Mikroorganismen produziert werden. Höchste Qualität und damit auch Reinheit sind in der Herstellung von Biopharmazeutika die wesentlichen Parameter. Damit wird der Herstellungsprozess zum Beispiel von Biopharmazeutika qualitativ besser und schneller", erklärt Prof. Bernd Nidetzky, wissenschaftlicher Leiter (CSO) des acib (Austrian Centre of Industrial Biotechnology). Das neue Verfahren entstand im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit dem acib-Industriepartner Boehringer Ingelheim RCV in Wien.
"Fünf auf einen Streich"
"Die wirtschaftliche Relevanz dieses neuen Verfahrens liegt vor allem in der Einfachheit und Schnelligkeit. So können wir fünf Verfahrensschritte zu einem einzigen kombinieren", erläutert Georg Klima, Leiter Prozessentwicklung Biopharma bei Boehringer Ingelheim RCV in Wien. "Zusätzlich erwarten wir eine noch bessere Qualität, da das Produkt durch die Mikropartikel gezielt aus der Zelle aufgenommen wird. So erhalten wir ein deutlich reineres Produkt als mit konventionellen Verfahren." Ein zentraler Punkt war der Technologietransfer von den Forschungs- in die Unternehmenslabors, der in wenigen Wochen abgeschlossen war. Georg Klima: "Aus gemeinsamen Projekten wissen wir um die Wichtigkeit des Technologietransfers. Das ist einer der Gründe, warum die Zusammenarbeit mit dem acib so gut läuft."
Details zur Mikropartikel-Technologie
Derzeit nutzt man zur Proteinreinigung die Chromatographie. Dazu werden die Mikroorganismen zuerst "aufgeknackt". Anschließend fließen die Zellüberstände über ein in Säulen verpacktes Chromatographiematerial, wo die Zielproteine vom Rest abgetrennt werden. Das funktioniert nur in der Theorie einfach. In der Realität kämpft man mit langsamen Bindungsvorgängen, verstopften oder wegen des notwendigen hohen Drucks beschädigten Trägermaterialien, Produktverlusten und anderen Hindernissen.
Das neue acib-System funktioniert anders: Anstatt einen Träger in Säulen zu verpacken, haben die WissenschafterInnen winzige Mikropartikel mit einer Größe von ein bis zwei Mikrometern hergestellt. "Diese Partikel sind ausgezeichnete, schnelle Proteinfänger mit hoher Kapazität", erklärt Prof. Alois Jungbauer, "sie können bis zu 150 Milligramm Protein pro Gramm Partikelmaterial binden". Der gesamte Bindungsvorgang ist nach 30 Sekunden abgeschlossen. Klassische, chromatographische Reinigungsverfahren dauern Stunden. Wie diese basieren die Mikropartikel auf dem Ionenaustausch-Prinzip.
Für das neue System wurde zusätzlich ein kontinuierliches Verfahren etabliert, um die Proteinreinigung weiter zu beschleunigen. Für das Verfahren sind zwei Patente eingereicht. Diese neuartige Technologie kann die Einschränkungen in der Weiterverarbeitung wertvoller Proteine überwinden. Die acib-Partner Boehringer Ingelheim und Sandoz haben begonnen, die Mikropartikel-Technologie in ihre Produktionsprozesse zu übernehmen.
Über acib
Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) entwickelt neue, umweltfreundlichere und ökonomischere Prozesse für die Industrie (Biotech, Chemie, Pharma) und verwendet dafür die Methoden der Natur als Vorbild und die Werkzeuge der Natur als Hilfsmittel. Beim acib forschen und arbeiten rund 200 Beschäftigte an mehr als 40 Forschungsprojekten, die durchwegs darauf abzielen, industrielle Verfahren umweltfreundlicher und ökonomischer zu machen und unsere Lebensqualität zu verbessern.
Das acib zählt als internationales Forschungszentrum für industrielle Biotechnologie Standorte in Graz, Innsbruck, Tulln, Wien, Bielefeld und Hamburg (D), Pavia (I) und Barcelona (E) und versteht sich als Partnerschaft von 80+ Universitäten und Unternehmen, darunter bekannte Namen wie BASF, DSM, Sandoz, Boehringer Ingelheim RCV, Jungbunzlauer, F. Hoffmann-LaRoche, Novartis, VTU Technology oder Sigma Aldrich. Eigentümer des acib sind die Universitäten Innsbruck und Graz, die TU Graz, die Universität für Bodenkultur Wien sowie Joanneum Research.

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