27.05.2014 09:47 Uhr in Kultur & Kunst von Technische Universität Wien
Ein Wiener Zentrum für Differentialgleichungs-Forschung
Kurzfassung: Ein Wiener Zentrum für Differentialgleichungs-ForschungDas Wetter, die Bevölkerungszunahme, die Bewegung der größten Galaxien und der kleinsten Teilchen haben etwas gemeinsam: Sie lasen sich mathe ...
[Technische Universität Wien - 27.05.2014] Ein Wiener Zentrum für Differentialgleichungs-Forschung
Das Wetter, die Bevölkerungszunahme, die Bewegung der größten Galaxien und der kleinsten Teilchen haben etwas gemeinsam: Sie lasen sich mathematisch durch partielle Differentialgleichungen beschreiben. Wien ist ein internationales Zentrum der mathematischen Forschung auf diesem Gebiet, und diese starke Position soll noch weiter ausgebaut werden. Gemeinsam richten TU Wien und Universität Wien nun das "Vienna Center for Partial Differential Equations" ein, um die Zusammenarbeit zu fördern, die Forschung an beiden Universitäten zu stärken und die internationale Sichtbarkeit zu erhöhen. Eröffnet wird das Zentrum am 2. Juni im Rahmen eines wissenschaftlichen Workshops.
Gleichungen, die Veränderung beschreiben
Die Temperatur einer Herdplatte ändert sich im Lauf der Zeit, und unterschiedliche Punkte der Platte sind normalerweise unterschiedlich heiß. Zwischen räumlichen Temperaturunterschieden und der zeitlichen Temperaturänderung besteht ein mathematischer Zusammenhang - und solche Zusammenhänge werden durch partielle Differentialgleichungen beschrieben.
Ähnliche Gleichungen tauchen in allen Bereichen der Wissenschaft auf: Die physikalischen Grundkräfte werden durch Differentialgleichungen beschrieben, genau wie das Biegeverhalten eines Betonträgers oder der Verlauf einer chemischen Reaktion. Wenn sich also die Mathematik mit diesen Gleichungen beschäftigt, liefert sie allen naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen ein unverzichtbares Werkzeug.
"Wien hat eine langjährige Tradition in der Forschung an Differentialgleichungen", sagt Prof. Ansgar Jüngel, vom Institut für Analysis und Scientific Computing der TU Wien, der Leiter des neugegründeten Forschungszentrums. Dank einer Reihe von Neuberufungen in den letzten Jahren arbeiten in Wien mittlerweile mehr als ein Dutzend ProfessorInnen in diesem Bereich, dazu kommt eine große Zahl von NachwuchswissenschaftlerInnen. "Personell kann Wien mit Paris, Berlin oder Zürich mithalten und ist im internationalen Wettbewerb damit sehr gut aufgestellt", erklärt Jüngel. Das neue PDE-Zentrum soll mithelfen, Wien zum "Mathematik-Leuchtturm" zu machen.
Die Schwerpunkte: Multiskalenmodelle, Numerik, Entropie
Zu den Schwerpunkten des Forschungszentrums gehört die Modellierung von Multiskalenproblemen: Manche Fragestellungen müssen auf unterschiedlichen Größenskalen in Raum und Zeit gleichzeitig betrachtet werden - etwa, wenn man die Materialeigenschaften makroskopischer Körper untersucht und dabei die Mikroskala der Atome und Moleküle berücksichtigen muss. Daraus ergeben sich schwierige mathematische Probleme, die man nun in Wien lösen will.
Wenige Differentialgleichungen haben eine Lösung, die sich direkt als Formel hinschreiben lässt. Die meisten lassen sich nur zahlenmäßig am Computer lösen. Die Entwicklung von Computeralgorithmen zur numerischen Lösung von Differentialgleichungen (insbesondere mittels strukturerhaltender numerischer Verfahren) ist ein weiterer Schwerpunkt des Forschungszentrums.
Auf eine große Wiener Tradition kann man bei der Forschung an Entropiemethoden zurückblicken. Die Entropie ist ein Begriff aus der Thermodynamik, der vom Wiener Forscher Ludwig Boltzmann maßgeblich mitentwickelt wurde. Mittlerweile spielt Entropie auch in anderen Bereichen eine wichtige Rolle, etwa in der mathematischen Informationstheorie. Derzeit wird an Erweiterungen von Entropiemethoden gearbeitet, die zur Vorhersage langfristiger Systemevolutionen verwendet werden können.
Mathematik und Naturwissenschaft
Der Übergang zwischen dieser Form von anwendungsorientierter Mathematik und Naturwissenschaft mag fließend aussehen, aber die Herangehensweise ist trotzdem nicht ganz dieselbe: "Der Zugang in der Mathematik ist stärker durch Abstraktion geprägt. Dadurch kann man die mathematischen Methoden dann auf sehr verschiedene Probleme anwenden", sagt Ansgar Jüngel. "Die Grenze zwischen Mathematik und Naturwissenschaften besteht also weniger in der Auswahl des Themas als vielmehr in den wissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden."
Die Kick-Off-Veranstaltung, mit der das Vienna Center for Partial Differential Equations eröffnet wird, ist ein wissenschaftliches Symposium am 2. und 3. Juni an der TU Wien, zu dem auch viele Gäste aus dem Ausland erwartet werden. Ein wichtiger Grundstein der Kooperation zwischen TU Wien und Universität Wien wird auch das gemeinsame Doktoratskolleg "Dissipation and Dispersion in Nonlinear Partial Differential Equations" sein. 17 Studierende sind derzeit bereits als Mitglieder oder assoziierte Mitglieder dieses Kollegs tätig.
Rückfragehinweis:
Prof. Ansgar Jüngel
Institut für Analysis und Scientific Computing
Technische Universität Wien
Wiedner Hauptstraße 8, 1040 Wien
T: +43-1-58801-10127
ansgar.juengel@tuwien.ac.at
Das Wetter, die Bevölkerungszunahme, die Bewegung der größten Galaxien und der kleinsten Teilchen haben etwas gemeinsam: Sie lasen sich mathematisch durch partielle Differentialgleichungen beschreiben. Wien ist ein internationales Zentrum der mathematischen Forschung auf diesem Gebiet, und diese starke Position soll noch weiter ausgebaut werden. Gemeinsam richten TU Wien und Universität Wien nun das "Vienna Center for Partial Differential Equations" ein, um die Zusammenarbeit zu fördern, die Forschung an beiden Universitäten zu stärken und die internationale Sichtbarkeit zu erhöhen. Eröffnet wird das Zentrum am 2. Juni im Rahmen eines wissenschaftlichen Workshops.
Gleichungen, die Veränderung beschreiben
Die Temperatur einer Herdplatte ändert sich im Lauf der Zeit, und unterschiedliche Punkte der Platte sind normalerweise unterschiedlich heiß. Zwischen räumlichen Temperaturunterschieden und der zeitlichen Temperaturänderung besteht ein mathematischer Zusammenhang - und solche Zusammenhänge werden durch partielle Differentialgleichungen beschrieben.
Ähnliche Gleichungen tauchen in allen Bereichen der Wissenschaft auf: Die physikalischen Grundkräfte werden durch Differentialgleichungen beschrieben, genau wie das Biegeverhalten eines Betonträgers oder der Verlauf einer chemischen Reaktion. Wenn sich also die Mathematik mit diesen Gleichungen beschäftigt, liefert sie allen naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen ein unverzichtbares Werkzeug.
"Wien hat eine langjährige Tradition in der Forschung an Differentialgleichungen", sagt Prof. Ansgar Jüngel, vom Institut für Analysis und Scientific Computing der TU Wien, der Leiter des neugegründeten Forschungszentrums. Dank einer Reihe von Neuberufungen in den letzten Jahren arbeiten in Wien mittlerweile mehr als ein Dutzend ProfessorInnen in diesem Bereich, dazu kommt eine große Zahl von NachwuchswissenschaftlerInnen. "Personell kann Wien mit Paris, Berlin oder Zürich mithalten und ist im internationalen Wettbewerb damit sehr gut aufgestellt", erklärt Jüngel. Das neue PDE-Zentrum soll mithelfen, Wien zum "Mathematik-Leuchtturm" zu machen.
Die Schwerpunkte: Multiskalenmodelle, Numerik, Entropie
Zu den Schwerpunkten des Forschungszentrums gehört die Modellierung von Multiskalenproblemen: Manche Fragestellungen müssen auf unterschiedlichen Größenskalen in Raum und Zeit gleichzeitig betrachtet werden - etwa, wenn man die Materialeigenschaften makroskopischer Körper untersucht und dabei die Mikroskala der Atome und Moleküle berücksichtigen muss. Daraus ergeben sich schwierige mathematische Probleme, die man nun in Wien lösen will.
Wenige Differentialgleichungen haben eine Lösung, die sich direkt als Formel hinschreiben lässt. Die meisten lassen sich nur zahlenmäßig am Computer lösen. Die Entwicklung von Computeralgorithmen zur numerischen Lösung von Differentialgleichungen (insbesondere mittels strukturerhaltender numerischer Verfahren) ist ein weiterer Schwerpunkt des Forschungszentrums.
Auf eine große Wiener Tradition kann man bei der Forschung an Entropiemethoden zurückblicken. Die Entropie ist ein Begriff aus der Thermodynamik, der vom Wiener Forscher Ludwig Boltzmann maßgeblich mitentwickelt wurde. Mittlerweile spielt Entropie auch in anderen Bereichen eine wichtige Rolle, etwa in der mathematischen Informationstheorie. Derzeit wird an Erweiterungen von Entropiemethoden gearbeitet, die zur Vorhersage langfristiger Systemevolutionen verwendet werden können.
Mathematik und Naturwissenschaft
Der Übergang zwischen dieser Form von anwendungsorientierter Mathematik und Naturwissenschaft mag fließend aussehen, aber die Herangehensweise ist trotzdem nicht ganz dieselbe: "Der Zugang in der Mathematik ist stärker durch Abstraktion geprägt. Dadurch kann man die mathematischen Methoden dann auf sehr verschiedene Probleme anwenden", sagt Ansgar Jüngel. "Die Grenze zwischen Mathematik und Naturwissenschaften besteht also weniger in der Auswahl des Themas als vielmehr in den wissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden."
Die Kick-Off-Veranstaltung, mit der das Vienna Center for Partial Differential Equations eröffnet wird, ist ein wissenschaftliches Symposium am 2. und 3. Juni an der TU Wien, zu dem auch viele Gäste aus dem Ausland erwartet werden. Ein wichtiger Grundstein der Kooperation zwischen TU Wien und Universität Wien wird auch das gemeinsame Doktoratskolleg "Dissipation and Dispersion in Nonlinear Partial Differential Equations" sein. 17 Studierende sind derzeit bereits als Mitglieder oder assoziierte Mitglieder dieses Kollegs tätig.
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