24.07.2014 12:54 Uhr in Gesundheit & Wellness von TU München
Stammzelleigenschaften von T-Zellen erstmals nachgewiesen
Kurzfassung: Stammzelleigenschaften von T-Zellen erstmals nachgewiesenDas Immunsystem erkennt und bekämpft Krankheitserreger und baut eine lebenslange Erinnerung auf, um eine erneute Erkrankung zu verhindern. Die ...
[TU München - 24.07.2014] Stammzelleigenschaften von T-Zellen erstmals nachgewiesen
Das Immunsystem erkennt und bekämpft Krankheitserreger und baut eine lebenslange Erinnerung auf, um eine erneute Erkrankung zu verhindern. Die Mechanismen, die dem immunologischen Gedächtnis zugrunde liegen, sind jedoch noch nicht vollständig bekannt. Seit 2001 stützen verschiedene Forschungsansätze übereinstimmend die Hypothese, dass die Langlebigkeit des immunologischen Gedächtnisses auf einem Reservoir von Immunzellen mit stammzellähnlichen Eigenschaften basiert. Bisher gab es dafür keinen eindeutigen Beweis, vor allem weil die Experimente nur mit Zellenpopulationen durchgeführt werden konnten und nicht mit einzelnen Zellen. Die Wissenschaftler konnten jetzt die Stammzellhypothese des immunologischen Gedächtnisses genauer testen, weil sie das Schicksal einzelner T-Zellen und ihrer Nachkommen über mehrere Generationen hinweg nachverfolgen konnten.
Die hierfür notwendigen experimentellen Voraussetzungen wurden im Rahmen einer langfristigen Zusammenarbeit zwischen Forschern in München und Seattle (USA) entwickelt, bei der es um die klinische Aufbereitung und Reinigung von Zellen geht. Seit 2009 bringen die Arbeitsgruppen von Prof. Dirk Busch an der Technischen Universität München (TUM) und von Prof. Stanley Riddell am Fred Hutchinson Cancer Research Center (Fred-Hutchinson-Krebsforschungszentrum) in Seattle ihre technologische Kompetenz und klinische Expertise unter der Federführung des TUM Institute for Advanced Study zusammen. Die Universität Heidelberg, die Universität Düsseldorf, das Helmholtz Zentrum München, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) waren ebenfalls an dieser Studie beteiligt.
Den Stammzelleigenschaften von T-Zellen auf der Spur
Nachdem die TUM-Forscher Patricia Gräf und Veit Buchholz experimentell eine Immunantwort bei Labortieren ausgelöst hatten, isolierten sie antigen-spezifische CD8+ T Zell-Populationen, die aus verschiedenen Arten (Subgruppen) von so genannten 'T-Killerzellen' bestehen. Sie sind an der Abwehr von akuten oder wiederauftretenden Infektionen beteiligt. Von diesen übertrugen sie einzelne Zellen von einem auf einen anderen Organismus und untersuchten die hieraus entstehenden Immunantworten detailliert. Entscheidend war hierbei, dass die Wissenschaftler die Nachkommen einzelner T-Zellen über mehrere Generationen hinweg identifizieren und charakterisieren konnten.
Die Forscher stellten zunächst fest, dass eine bestimmte Unterpopulation, die sogenannten zentralen T-Gedächtniszellen, ein hohes Potenzial zur Vermehrung und Differenzierung zeigten - unabhängig von ihrem Herkunftsort wie zum Beispiel dem Knochenmark, aus Lymphknoten oder der Milz. Das stützte die Annahme der Forscher, dass es sich bei zentralen T-Gedächtniszellen tatsächlich um adulte Stammzellen handeln könnte - war aber noch kein Beweis dafür. Durch weitere Experimente, bei denen T-Gedächtniszellen und sogenannte naive T-Zellen - also T-Zellen, die noch keinen Kontakt mit ihrem Antigen hatten - verglichen wurden, konnten die Wissenschaftler die Ursache immer weiter auf die stammzellähnlichen Eigenschaften eingrenzen.
Schritt für Schritt bestärkten die Ergebnisse die Hypothese, dass die Langlebigkeit des immunologischen Gedächtnisses auf den Stammzelleigenschaften einer T-Zell-Untergruppe, den zentralen T-Gedächtniszellen, beruht: Einzelne zentrale T-Gedächtniszellen erwiesen sich als "multipotent". Das bedeutet, dass sie unterschiedliche Typen von Zellnachkommen bilden können, die eine Infektion bekämpfen und sich an ihren "Gegner" erinnern. Darüber hinaus erneuern sich diese einzelnen T-Zellen selbst zu neuen T-Gedächtniszellen, die ebenfalls wieder auf der Einzelzellebene multipotent sind. Sogar einzelne Nachkommen von sekundären T-Gedächtniszellen mit einem zentralen T-Gedächtniszell-Phänotyp sind in der Lage, eine normale Immunreaktion vollständig wiederherzustellen.
Erkenntnisse mit Potenzial für eine klinische Anwendung
"Mit Hilfe dieser Ergebnisse können möglicherweise hoch-wirksame Immuntherapien gegen Krebs und andere Erkrankungen durch Transfer von sehr kleinen Mengen geeigneter T-Zellen erzielt werden", sagt Prof. Dirk Busch, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der TUM. "Prinzipiell kann eine einzige T-Zelle ausreichen, um einem Patienten einen wirksamen und dauerhaften Immunschutz gegen einen bestimmten Erreger oder ein Tumorantigen zu übertragen. Ist das nicht erstaunlich?"
"Diese Ergebnisse sind außerordentlich interessant und kommen zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Immuntherapie immer mehr zu einer etablierten Behandlungsmethode gegen Krebs und andere Erkrankungen entwickelt", erläutert Prof. Stanley Riddell vom Fred Hutchinson Cancer Research Center und der Universität Washington. "Unsere Ergebnisse liefern starke experimentelle Hinweise darauf, dass die langfristige Wirksamkeit von T-Zell-Immuntherapien gegen Infektionen und Krebs durch die Verwendung spezifischer T-Zell-Untergruppen verbessert werden kann."
Diese Forschungsarbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) durch den SFB TR36 (TP-B10/13) und den SFB 1054 (TP-B09), vom Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft im Rahmen der Helmholtz-Allianz zur Immuntherapie von Krebserkrankungen, vom Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) durch das e:Bio-Programm (T-Sys) sowie von der US-amerikanischen National Science Foundation unter dem Kennzeichen NSF PHY11-25915 gefördert.
Originalpublikation:
"Serial transfer of single cell-derived immunocompetence reveals stemness of CD8+ central memory T cells" Patricia Graef, Veit R. Buchholz, Christian Stemberger, Michael Flossdorf, Lynette Henkel, Matthias Schiemann, Ingo Drexler, Thomas Höfer, Stanley R. Riddell und Dirk H. Busch. Immunity, Vol. 41, Juli 2014. DOI: 10.1016/j.immuni.2014.05.018
Kontakt:
Prof. Dr. med. Dirk H. Busch
Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene
Technische Universität München
Tel: +49 89 4140 4120
dirk.busch@tum.de
www.mikrobio.med.tu-muenchen.de/
Das Immunsystem erkennt und bekämpft Krankheitserreger und baut eine lebenslange Erinnerung auf, um eine erneute Erkrankung zu verhindern. Die Mechanismen, die dem immunologischen Gedächtnis zugrunde liegen, sind jedoch noch nicht vollständig bekannt. Seit 2001 stützen verschiedene Forschungsansätze übereinstimmend die Hypothese, dass die Langlebigkeit des immunologischen Gedächtnisses auf einem Reservoir von Immunzellen mit stammzellähnlichen Eigenschaften basiert. Bisher gab es dafür keinen eindeutigen Beweis, vor allem weil die Experimente nur mit Zellenpopulationen durchgeführt werden konnten und nicht mit einzelnen Zellen. Die Wissenschaftler konnten jetzt die Stammzellhypothese des immunologischen Gedächtnisses genauer testen, weil sie das Schicksal einzelner T-Zellen und ihrer Nachkommen über mehrere Generationen hinweg nachverfolgen konnten.
Die hierfür notwendigen experimentellen Voraussetzungen wurden im Rahmen einer langfristigen Zusammenarbeit zwischen Forschern in München und Seattle (USA) entwickelt, bei der es um die klinische Aufbereitung und Reinigung von Zellen geht. Seit 2009 bringen die Arbeitsgruppen von Prof. Dirk Busch an der Technischen Universität München (TUM) und von Prof. Stanley Riddell am Fred Hutchinson Cancer Research Center (Fred-Hutchinson-Krebsforschungszentrum) in Seattle ihre technologische Kompetenz und klinische Expertise unter der Federführung des TUM Institute for Advanced Study zusammen. Die Universität Heidelberg, die Universität Düsseldorf, das Helmholtz Zentrum München, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) waren ebenfalls an dieser Studie beteiligt.
Den Stammzelleigenschaften von T-Zellen auf der Spur
Nachdem die TUM-Forscher Patricia Gräf und Veit Buchholz experimentell eine Immunantwort bei Labortieren ausgelöst hatten, isolierten sie antigen-spezifische CD8+ T Zell-Populationen, die aus verschiedenen Arten (Subgruppen) von so genannten 'T-Killerzellen' bestehen. Sie sind an der Abwehr von akuten oder wiederauftretenden Infektionen beteiligt. Von diesen übertrugen sie einzelne Zellen von einem auf einen anderen Organismus und untersuchten die hieraus entstehenden Immunantworten detailliert. Entscheidend war hierbei, dass die Wissenschaftler die Nachkommen einzelner T-Zellen über mehrere Generationen hinweg identifizieren und charakterisieren konnten.
Die Forscher stellten zunächst fest, dass eine bestimmte Unterpopulation, die sogenannten zentralen T-Gedächtniszellen, ein hohes Potenzial zur Vermehrung und Differenzierung zeigten - unabhängig von ihrem Herkunftsort wie zum Beispiel dem Knochenmark, aus Lymphknoten oder der Milz. Das stützte die Annahme der Forscher, dass es sich bei zentralen T-Gedächtniszellen tatsächlich um adulte Stammzellen handeln könnte - war aber noch kein Beweis dafür. Durch weitere Experimente, bei denen T-Gedächtniszellen und sogenannte naive T-Zellen - also T-Zellen, die noch keinen Kontakt mit ihrem Antigen hatten - verglichen wurden, konnten die Wissenschaftler die Ursache immer weiter auf die stammzellähnlichen Eigenschaften eingrenzen.
Schritt für Schritt bestärkten die Ergebnisse die Hypothese, dass die Langlebigkeit des immunologischen Gedächtnisses auf den Stammzelleigenschaften einer T-Zell-Untergruppe, den zentralen T-Gedächtniszellen, beruht: Einzelne zentrale T-Gedächtniszellen erwiesen sich als "multipotent". Das bedeutet, dass sie unterschiedliche Typen von Zellnachkommen bilden können, die eine Infektion bekämpfen und sich an ihren "Gegner" erinnern. Darüber hinaus erneuern sich diese einzelnen T-Zellen selbst zu neuen T-Gedächtniszellen, die ebenfalls wieder auf der Einzelzellebene multipotent sind. Sogar einzelne Nachkommen von sekundären T-Gedächtniszellen mit einem zentralen T-Gedächtniszell-Phänotyp sind in der Lage, eine normale Immunreaktion vollständig wiederherzustellen.
Erkenntnisse mit Potenzial für eine klinische Anwendung
"Mit Hilfe dieser Ergebnisse können möglicherweise hoch-wirksame Immuntherapien gegen Krebs und andere Erkrankungen durch Transfer von sehr kleinen Mengen geeigneter T-Zellen erzielt werden", sagt Prof. Dirk Busch, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der TUM. "Prinzipiell kann eine einzige T-Zelle ausreichen, um einem Patienten einen wirksamen und dauerhaften Immunschutz gegen einen bestimmten Erreger oder ein Tumorantigen zu übertragen. Ist das nicht erstaunlich?"
"Diese Ergebnisse sind außerordentlich interessant und kommen zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Immuntherapie immer mehr zu einer etablierten Behandlungsmethode gegen Krebs und andere Erkrankungen entwickelt", erläutert Prof. Stanley Riddell vom Fred Hutchinson Cancer Research Center und der Universität Washington. "Unsere Ergebnisse liefern starke experimentelle Hinweise darauf, dass die langfristige Wirksamkeit von T-Zell-Immuntherapien gegen Infektionen und Krebs durch die Verwendung spezifischer T-Zell-Untergruppen verbessert werden kann."
Diese Forschungsarbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) durch den SFB TR36 (TP-B10/13) und den SFB 1054 (TP-B09), vom Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft im Rahmen der Helmholtz-Allianz zur Immuntherapie von Krebserkrankungen, vom Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) durch das e:Bio-Programm (T-Sys) sowie von der US-amerikanischen National Science Foundation unter dem Kennzeichen NSF PHY11-25915 gefördert.
Originalpublikation:
"Serial transfer of single cell-derived immunocompetence reveals stemness of CD8+ central memory T cells" Patricia Graef, Veit R. Buchholz, Christian Stemberger, Michael Flossdorf, Lynette Henkel, Matthias Schiemann, Ingo Drexler, Thomas Höfer, Stanley R. Riddell und Dirk H. Busch. Immunity, Vol. 41, Juli 2014. DOI: 10.1016/j.immuni.2014.05.018
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www.mikrobio.med.tu-muenchen.de/
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