Nur mit Tabletten, ohne Interferone: Neue Medikamente heilen auch schwierige Hepatitis C-Fälle

Kurzfassung: Nur mit Tabletten, ohne Interferone: Neue Medikamente heilen auch schwierige Hepatitis C-FälleNeue Wirkstoffe verändern derzeit die Therapie von chronischer Hepatitis C enorm: Sie ermöglichen, dass ...
[Medizinische Hochschule Hannover - 28.07.2014] Nur mit Tabletten, ohne Interferone: Neue Medikamente heilen auch schwierige Hepatitis C-Fälle

Neue Wirkstoffe verändern derzeit die Therapie von chronischer Hepatitis C enorm: Sie ermöglichen, dass künftig fast alle Patienten, die diese Medikamente bekommen, von dieser Virusinfektion geheilt werden können - sogar, wenn sie die am schwierigsten zu behandelnde Hepatitis C-Form haben. Und das geschieht in kürzerer Zeit als bisher und mit deutlich weniger Nebenwirkungen. "Die Therapien entwickeln sich mit atemberaubender Geschwindigkeit. Es handelt sich bei Hepatitis C nun um die erste chronische Virusinfektion, die heilbar ist. Dies ist eine unglaublich seltene Erfolgsgeschichte, sie wird die Medizin verändern", sagt Professor Dr. Michael Manns, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Er hat mit seinem Team zwei der Studien zur Zulassung dieser neuen Medikamente geleitet. Die Ergebnisse der ersten Studie veröffentlichte die angesehene Fachzeitschrift "The Lancet" am 4. Juni 2014, die Resultate der zweiten Studie wird das Magazin am 28. Juli 2014 publizieren, dem Welt-Hepatitis-Tag.
Die bisher übliche Therapie der chronischen Hepatitis C besteht aus der Kombination von drei Medikamenten: Interferon, Ribavirin und entweder einem Protease- oder einem Polymerase-Hemmer. Die Behandlungen dauern bis zu einem Jahr und basieren auf regelmäßigen Spritzen. Der Erfolg hängt unter anderem von Begleiterkrankungen und vom Genotyp des Virus ab, wobei es Typ 1 bis Typ 6 gibt. Typ 1 gilt als schwer behandelbar, es ist der häufigste Typ in Europa, den USA, Nord-Asien, Australien und Südamerika. Die Heilungserfolge bei Genotyp 1 lagen bis zu Anfang dieses Jahres mit Interferon und Ribavirin allein bei 40 bis 50 Prozent und mit einem zusätzlichen Protease-Hemmer (der ersten Generation) bei 65 bis 75 Prozent. Oft bringt diese Therapie starke Nebenwirkungen mit sich, die viele Patienten nicht vertragen, zum Beispiel Blutarmut. Das liegt auch daran, dass die Medikamente in das Immunsystem eingreifen und die roten Blutkörperchen beeinflussen können.
Neue Arzneien hemmen Vermehrung oder Reifung der Viren
Nun gibt es neue Medikamente, die 90 Prozent und mehr der Patienten von den Viren befreien können. Sie hemmen die Vermehrung oder Reifung der Viren in den Leberzellen sehr wirkungsvoll und haben wesentlich weniger Nebenwirkungen. Die Therapie mit diesen Arzneimitteln ist deutlich verkürzt und besteht ausschließlich aus Tabletten.
Im Januar 2014 wurde das erste dieser neuen Medikamente zugelassen: Der Polymerase-Hemmer Sofosbuvir, Handelsname Sovaldi. Er hemmt das für die Viren notwendige Enzym RNA-Polymerase. Die Studien wurden überwiegend in den USA durchgeführt und geleitet; an den in Europa durchgeführten Studien war die MHH beteiligt. Der Wirkstoff muss nur über zwölf Wochen gegeben werden - und bei Patienten mit dem HCV-Genotyp 2 oder 3 reicht er in Kombination mit Ribavirin (ohne Interferon) aus.
Professor Manns leitet Zulassungsstudien für Semeprevir und Daclatasvir
Im Mai konnte ein weiterer Wirkstoff zugelassen werden: Simeprevir, Handelsname Olysio. Er hemmt das von den Viren benötigte Enzym Protease. Professor Manns leitete eine der drei Zulassungsstudien für dieses Medikament, in der die Wirksamkeit von Simeprevir in Kombination mit Interferon und Ribavirin getestet wurde. Die Studie (QUEST-2) veröffentlichte die renommierte Fachzeitschrift "The Lancet" am 4. Juni 2014. Sie wurde für bisher unbehandelte Patienten mit dem Genotyp 1 mit beiden auf dem Markt befindlichen Interferonen durchgeführt.
Professor Manns leitete darüber hinaus eine der Zulassungsstudien für ein weiteres Medikament namens Daclatasvir, welches im August in Europa, Amerika und weiteren Ländern zugelassen werden soll und in Japan am 7. Juli bereits zugelassen worden ist. In der Studie HALLMARK-DUAL wird Daclatasvir, ein NS 5A-Inhibitor, mit Asunaprevir, einem Protease-Hemmer der zweiten Generation, kombiniert. Sie umfasst rund 650 Patienten und bezieht sich auf den Genotyp 1b. "Die Behandlung ist viel wirkungsvoller, sicherer und ärmer an Nebenwirkungen für diese Patienten als die Standardtherapie, vor allem für bisher schwer behandelbare Formen. 90 Prozent der zuvor unbehandelten Patienten konnten von den Viren befreit werden", erläutert Professor Manns. "The Lancet" veröffentlicht diese Ergebnisse am 28. Juli 2014.
"Es bilden sich kaum Resistenzen aus"
Weitere Medikamente werden voraussichtlich noch in diesem Jahr zugelassen. Sie müssen miteinander kombiniert beziehungsweise gemeinsam mit Interferon oder Ribavirin verabreicht werden. "Die Kombination der Wirkstoffe hat auch den Vorteil, dass sich kaum Resistenzen herausbilden, weil die Wirkstoffe an unterschiedlichen Schaltstellen des viralen Lebenszyklus angreifen", beschreibt Professor Manns. Auch im Jahr 2015 sind weitere Zulassungen geplant - für Therapien, die kein Interferon und Ribavirin mehr beinhalten und so kaum noch Nebenwirkungen haben werden.
Neue Therapie werden zu weniger Lebertransplantationen führen
Die neuen Therapieoptionen werden sich auch auf Transplantationen auswirken: "Heutzutage geschieht jede vierte bis fünfte Lebertransplantation der westlichen Welt wegen einer Hepatitis C-Virusinfektion bedingten Lebererkrankung. Mit Hilfe der neuen Therapien wird es in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren möglich sein, Lebertransplantationen deutlich zu reduzieren", sagt Professor Manns.
Therapiekosten noch sehr hoch
Die Arzneimittelkosten sind ein deutliches Hindernis, da die neuen Medikamente derzeit noch sehr teuer sind: Eine zwölfwöchige Therapie kostet bis zu 60.000 Euro pro Medikament. Professor Manns hofft, dass die Preise zukünftig sinken werden.
Allein in Deutschland bis zu einer halben Million Betroffener
Hepatitis C ist eine vom Hepatitis C-Virus verursachte Infektion, die sehr häufig chronisch wird und dann zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Das Virus wird durch Blut übertragen, eine Impfung ist bisher nicht möglich. Weltweit sind 130 bis 180 Millionen Menschen mit Hepatitis C infiziert, in Deutschland 400.000 bis 500.000. Das Hepatits C-Virus wurde vor 25 Jahren entdeckt.
Die MHH-Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie mit ihrer Hepatitis-Studienambulanz und ihren Forschungslabors ist Teil des Deutschen Zentrums für Infektionskrankheiten (DZIF). Die Geschäftsstelle der deutschen Leberstiftung mit Sitz an der MHH in Hannover ist Partner des DZIF und stellt mit seinem Hep-Net Study House die Plattform für klinische Studien des DZIF.
Weitere Informationen erhalten Sie von Privatdozent Dr. Markus Cornberg, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Telefon: (0511) 532- 3305, cornberg.markus@mh-hannover.de.

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Mit 41 Studierenden begannen Lehre und Forschung der MHH 1965 im Krankenhaus Oststadt. Im selben Jahr wurde auch der Grundstein für den ersten Bauabschnitt der Hochschule an der Karl-Wiechert-Alle gelegt, damals noch am Stadtrand. Bis 1978 entstanden auf einem 55 Hektar großen Areal das Zentralklinikum, die Kinderklinik, die Zahn-, Mund- und Kieferklinik, Forschungs- und Lehrgebäude, die Bibliothek, Gebäude für verschiedene Dienstleistungen, Wohnhäuser und Sportanlagen. Die Hochschule umfaßt heute im medizinischen Bereich 19 Zentren und knapp 80 Abteilungen sowie 12 Betriebseinheiten und zentrale Einrichtungen. Im Mittelpunkt steht das Zentralklinikum mit rund 1.350 Betten und den Polikliniken. Hier werden jährlich etwa 48.000 Patienten stationär und 142.000 ambulant behandelt. Über weitere Betten verfügt die MHH in anderen Krankenhäusern Hannovers, in denen einige Hochschuleinrichtungen beheimatet sind: so zum Beispiel die Frauenklinik im Krankenhaus Oststadt, die Dermatologie in der Hautklinik Linden und die Orthopädie im Annastift.
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