11.08.2014 09:30 Uhr in Gesellschaft & Familie von Amnesty International

Afghanistan: US-Militärjustiz klärt den Tod von Tausenden Zivilpersonen nicht auf

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[Amnesty International - 11.08.2014] Afghanistan: US-Militärjustiz klärt den Tod von Tausenden Zivilpersonen nicht auf

Amnesty-Bericht: Offensichtliche Hinweise auf Kriegsverbrechen von US-Soldaten wurden ignoriert
Nato- und US-Soldaten haben in Afghanistan seit 2001 Tausende Zivilisten getötet und in kaum einem Fall wurden Verfahren gegen die Verantwortlichen eröffnet. Das stellt Amnesty International in einem heute in Kabul veröffentlichten Bericht fest. Der Bericht konzentriert sich auf Luftschläge und nächtliche Razzien der US-Armee zwischen 2009 und 2013. "In keinem der von uns untersuchten Fälle wurde überhaupt ein Strafverfahren eingeleitet", sagt Selmin Çaliskan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. "Selbst offensichtliche Hinweise auf Kriegsverbrechen wurden ignoriert und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen."
Amnesty beschreibt detailliert zehn Fälle, in denen insgesamt über 140 Zivilpersonen ums Leben kamen, darunter schwangere Frauen und 50 Kinder. Für den Bericht interviewte Amnesty 125 Zeugen und Angehörige von Opfern, viele von ihnen sagen zum ersten Mal aus. Obwohl die US-Armee in den meisten Fällen Untersuchungen angekündigt hatte, wurden die Angehörigen und Augenzeugen fast nie angehört.
"Tausende Afghanen sind seit 2001 von US-Soldaten getötet oder schwer verletzt worden. Doch die Opfer und ihre Angehörigen haben kaum eine Chance auf Gerechtigkeit. Die Militärjustiz der USA versagt fast immer, wenn es darum geht, mutmaßliche Kriegsverbrechen aufzuklären", stellt Çaliskan fest. "Auch die künftige afghanischen Regierung ist in der Verantwortung: Sie muss bei bilateralen Sicherheitsabkommen mit den Natostaaten sicherstellen, dass die ungesetzliche Tötung von Zivilisten geahndet wird. Aber auch für seine eigenen Streitkräfte muss Afghanistan ein funktionierendes Justizsystem aufbauen, das Kriegsverbrechen effektiv untersucht und die Täter bestraft."
Amnesty dokumentiert in dem Bericht "Left in the Dark" auch Folter durch US-Soldaten. So berichtet Qandi Agha, der 2012 von US-Spezialkräften in Nerkh gefangen wurde, dass er mit Kabeln geschlagen und durch Schläge mit einem Holzstock gegen die Fußsohlen gefoltert wurde. Außerdem habe man ihm Elektroschocks zugefügt und unter Wasser getaucht, bis er keine Luft mehr bekam. Laut Agha waren US-Soldaten und afghanische Spezialeinheiten an der Folter beteiligt. Während seiner Gefangenschaft seien zudem acht Mitgefangene ermordet worden.
"Die USA müssen sofort die von uns dargestellten Fälle und alle anderen, in denen Zivilpersonen getötet wurden, untersuchen. Bisher entscheidet keine unabhängige Ermittlungsbehörde, ob ein Verfahren eingeleitet wird, sondern militärische Befehlshaber. Das muss sich ändern: Die US-Militärjustiz muss grundlegend reformiert werden, damit Verstößen gegen das Kriegsvölkerrecht endlich unabhängig und umfassend untersucht werden", fordert Çaliskan. "Aber auch Deutschland muss handeln. Als Truppensteller der ISAF muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass zivile Opfer und Schäden vollständig untersucht, die Betroffenen entschädigt und, wo nötig, die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden. Außerdem fordern wir Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf, den Nato-Gipfel am 4. und 5. September zu nutzen, effektive und juristisch verbindliche Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung bei Nato-Operationen zu vereinbaren."
Für Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle. Den vollständigen Bericht und weiteres englischsprachiges Material finden Sie hier.

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