19.08.2014 09:40 Uhr in Gesundheit & Wellness von Klinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Ein molekularer Entzündungskomplex als Ursache für diabetische Nierenschäden entdeckt
Kurzfassung: Ein molekularer Entzündungskomplex als Ursache für diabetische Nierenschäden entdeckt Rund 40 Prozent aller Fälle von chronischem Nierenversagen sind auf schwere Nierenschäden durch Diabetes zurà ...
[Klinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg - 19.08.2014] Ein molekularer Entzündungskomplex als Ursache für diabetische Nierenschäden entdeckt
Rund 40 Prozent aller Fälle von chronischem Nierenversagen sind auf schwere Nierenschäden durch Diabetes zurückzuführen. Wissenschaftler der Universitätskliniken Magdeburg und Heidelberg haben nun entdeckt, dass ein Entzündungskomplex, von dem bisher vermutet wurde, dass er hauptsächlich in Entzündungszellen aktiv ist, lokal im Nierengewebe bei Menschen und Mäusen mit Diabetes aktiviert wird. Das Team konnte aufklären, dass im Podozyten, eine Zelle, die wichtig für die Filterfunktion der Niere ist, das Inflammasom aktiviert wird und Entzündungsmediatoren bilden kann, die den Nierenschaden verursachen. Auch konnten die Wissenschaftler die Ursache dafür klären. Ursächlich für diese Entzündungaktivierung sind die bei diabetischer Nephropathie vermehrt vorhandenen Zellgifte, die Sauerstoffradikale aus den Mitochondrien, den Energiekraftwerken der Zelle. Verhinderten die Wissenschaftler im Mausexperiment die Entstehung der Zellgifte oder schalteten das Inflammasom genetisch aus, konnte die Entstehung des diabetischen Nierenschadens verhindert werden. Basierend auf diesem Konzept, testeten die Wissenschaftler bei Mäusen ein Medikament aus, das klinisch zur Entzündungshemmung bei Rheuma eingesetzt wird und das Inflammasom angreift. Zu ihrer Überraschung erwies sich das Medikament als hocheffektiv zur Verhinderung und Umkehrung des Nierenschadens. Mit Hilfe der Ergebnisse, die jetzt online in "Kidney International" erschienen sind, könnte das Inflammasom als neues Angriffsziel in Zukunft klinisch erprobt werden.
Die Nieren filtern täglich circa sieben volle Badewannen Blut. Der bei Diabetes erhöhte Zuckergehalt im Blut schädigt daher ganz besonders und schwerwiegend die Nierenzellen, die wesentlich an der Blutfilterung beteiligt sind, die Podozyten und Endothelzellen. Nach einigen Jahren wird der Filter durchlässig und die Niere büßt schließlich ihre Filterfunktion ein. Das ist einer der häufigsten Gründe für endgültiges Nierenversagen. Die Patienten müssen dann häufig an die aufwendige und kostenintensive Dialyse. Bis zu 50% aller dialysepflichtigen Patienten sind Diabetiker. Bisher gibt es keine effektiven Therapien, um das chronische Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten oder gar zu heilen. Ärzte können durch ein genaues Einstellen des Stoffwechsels und des Blutdrucks das Voranschreiten häufig nur hinauszögern.
Ein molekularer Entzündungskomplex wird bei Menschen und Mäusen in der diabetischen Niere aktiviert
Entzündungsprozesse und die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Interleukine spielen bei Diabetes eine wichtige Rolle im Krankheitsprozess. Ein in Entzündungszellen vorhandener Entzündungskomplex, der unter anderem aus Nlrp3 und Caspase 1 besteht, sorgt für die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Interleukin1ß. Mit Anakinra, einem IL1-Rezeptor Antagonisten steht zudem ein bei Rheuma klinisch erprobtes Medikament zur Verfügung, das diesen Signalweg angreifen kann. Es ist bekannt, dass ein erhöhter Blutzucker in den Zellen die Sauerstoffradikalproduktion in den Mitochondrien, den Zellkraftwerken, erhöhen kann. Das wiederum führt zur Aktivierung des Nlrp3-Inflammasoms in Entzündungszellen. Die Forscher konnten nun zeigen, dass dieses Inflammasom auch in der Niere in den Podozyten und Endothelzellen in diabetischen Mäusen und Menschen aktiviert wird und am Nierenschaden beteiligt ist. Mäuse, bei denen einzelne Komponenten des Inflammasoms genetisch ausgeschaltet wurden, waren vor Nierenschäden geschützt. Mithilfe von Knochemarktransplantationsexperimenten konnten die Forscher zudem zeigen, dass es diese Aktivierung in lokalen Nierenzellen und nicht in den eingewanderten Entzündungszellen ist, die ursächlich für den diabetischen Schaden ist. Diabetische Mäuse, in deren Entzündungszellen das Nlrp3-Inflammasom ausgeschaltet wurde, entwickelten trotzdem Nephropathie, wohingegen Mäuse, bei denen das Inflammasom nur in lokalen Zellen nicht aber in Entzündungszellen ausgeschaltet wurde, geschützt waren. Die Forscher spekulieren daher, dass die Nierenzellen (z.B. Endothelzellen und Podozyten) ähnlich wie Entzündungszellen eine Überwachungs- und Immunfunktion haben könnten. Die genaue Ursache der Aktivierung und die therapeutische Erreichbarkeit dieser Mechanismen nahm das Team um Professor Dr. Berend Isermann, Direktor des Instituts für Klinische Chemie am Universitätsklinikum Magdeburg, dann genauer unter die Lupe.
Rheuma-Medikament und Sauerstoffradikalfänger hemmen den Entzündungskomplex im Tierversuch und lindern bereits vorhandene Nierenschäden
Die Forscher vermuten, dass der Blutzucker nur der initiale Stimulus für den Nierenschaden sei. Sei der Entzündungskomplex einmal aktiviert, würde die Signalkaskade fortwährend ablaufen und zur Poduktion von Entzündunfsmediatoren und Verschlimmerung des Nierenschadens führen. Folglich versuchten die Forscher in Experimenten an diabetischen Mäusen einerseits die intrazelluläre Ursache der Aktivierung direkt auszuschalten und andererseits den Schaden durch bereits entstandene Entzündungmediatoren wie Interleukin 1ß zu minimieren. Eine Behandlung der Mäuse mit MitoTempo, das die Mitochondrien stabilisiert und die Radikalproduktion verhindert, reduzierte demnach Inflammasom-Aktivierung und den Schaden in der Niere. In einem weiteren Schritt testeten die Forscher Anakinra, ein bei rheumatoider Arthirits erprobter Interleukin-1-Rezeptorantagonist. Tatsächlich konnte das Medikament bei diabetischen Mäusen, die entweder Typ-1- oder Typ-2-Diabetes hatten, den Nierenschaden verhindern und bereits etablierten Nierenschaden teilweise sogar rückgängig machen. Die Studie zeigt zudem, dass die Aktivierung des Entzündungskomplexes auch in der menschlichen diabetischen Niere stattfindet. Tatsächlich demonstrieren die Forscher, dass der Blutspiegel von Interleukin 1ß eng mit dem Ausmaß des Nierenschadens, gemessen als Albumin im Urin, bei Diabetikern zusammenhängt. Je höher die Albuminurie, desto höher Interleukin 1ß. Zukünftige klinische Analysen könnten nun zeigen, dass sich das Nlrp3-Inflammasom als neues dringend benötigtes Angriffsziel beim Menschen eigne. Die Forscher arbeiten nun daran den Ansatz der Inflammasom-Hemmung bei diabetischer Nephropathie weiterzuentwickeln.
Literatur:
Nlrp3-inflammasome activation in non-myeloid-derived cells aggravates diabetic nephropathy. Shahzad, Bock, Dong et al: Kidney Int. 2014 Jul 30. doi: 10.1038/ki.2014.271.
http://www.nature.com/ki/journal/vaop/ncurrent/full/ki2014271a.html
Kontakt:
Professor Dr. Berend Isermann
Direktor
Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie
Universitätsklinikum Magdeburg
E-Mail: ikcp@med.ovgu.de
Fabian Bock
Universitätsklinikum Magdeburg
Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie
Tel. 0391 / 67 21023
E-Mail: fabian.bock@med.ovgu.de
Rund 40 Prozent aller Fälle von chronischem Nierenversagen sind auf schwere Nierenschäden durch Diabetes zurückzuführen. Wissenschaftler der Universitätskliniken Magdeburg und Heidelberg haben nun entdeckt, dass ein Entzündungskomplex, von dem bisher vermutet wurde, dass er hauptsächlich in Entzündungszellen aktiv ist, lokal im Nierengewebe bei Menschen und Mäusen mit Diabetes aktiviert wird. Das Team konnte aufklären, dass im Podozyten, eine Zelle, die wichtig für die Filterfunktion der Niere ist, das Inflammasom aktiviert wird und Entzündungsmediatoren bilden kann, die den Nierenschaden verursachen. Auch konnten die Wissenschaftler die Ursache dafür klären. Ursächlich für diese Entzündungaktivierung sind die bei diabetischer Nephropathie vermehrt vorhandenen Zellgifte, die Sauerstoffradikale aus den Mitochondrien, den Energiekraftwerken der Zelle. Verhinderten die Wissenschaftler im Mausexperiment die Entstehung der Zellgifte oder schalteten das Inflammasom genetisch aus, konnte die Entstehung des diabetischen Nierenschadens verhindert werden. Basierend auf diesem Konzept, testeten die Wissenschaftler bei Mäusen ein Medikament aus, das klinisch zur Entzündungshemmung bei Rheuma eingesetzt wird und das Inflammasom angreift. Zu ihrer Überraschung erwies sich das Medikament als hocheffektiv zur Verhinderung und Umkehrung des Nierenschadens. Mit Hilfe der Ergebnisse, die jetzt online in "Kidney International" erschienen sind, könnte das Inflammasom als neues Angriffsziel in Zukunft klinisch erprobt werden.
Die Nieren filtern täglich circa sieben volle Badewannen Blut. Der bei Diabetes erhöhte Zuckergehalt im Blut schädigt daher ganz besonders und schwerwiegend die Nierenzellen, die wesentlich an der Blutfilterung beteiligt sind, die Podozyten und Endothelzellen. Nach einigen Jahren wird der Filter durchlässig und die Niere büßt schließlich ihre Filterfunktion ein. Das ist einer der häufigsten Gründe für endgültiges Nierenversagen. Die Patienten müssen dann häufig an die aufwendige und kostenintensive Dialyse. Bis zu 50% aller dialysepflichtigen Patienten sind Diabetiker. Bisher gibt es keine effektiven Therapien, um das chronische Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten oder gar zu heilen. Ärzte können durch ein genaues Einstellen des Stoffwechsels und des Blutdrucks das Voranschreiten häufig nur hinauszögern.
Ein molekularer Entzündungskomplex wird bei Menschen und Mäusen in der diabetischen Niere aktiviert
Entzündungsprozesse und die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Interleukine spielen bei Diabetes eine wichtige Rolle im Krankheitsprozess. Ein in Entzündungszellen vorhandener Entzündungskomplex, der unter anderem aus Nlrp3 und Caspase 1 besteht, sorgt für die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Interleukin1ß. Mit Anakinra, einem IL1-Rezeptor Antagonisten steht zudem ein bei Rheuma klinisch erprobtes Medikament zur Verfügung, das diesen Signalweg angreifen kann. Es ist bekannt, dass ein erhöhter Blutzucker in den Zellen die Sauerstoffradikalproduktion in den Mitochondrien, den Zellkraftwerken, erhöhen kann. Das wiederum führt zur Aktivierung des Nlrp3-Inflammasoms in Entzündungszellen. Die Forscher konnten nun zeigen, dass dieses Inflammasom auch in der Niere in den Podozyten und Endothelzellen in diabetischen Mäusen und Menschen aktiviert wird und am Nierenschaden beteiligt ist. Mäuse, bei denen einzelne Komponenten des Inflammasoms genetisch ausgeschaltet wurden, waren vor Nierenschäden geschützt. Mithilfe von Knochemarktransplantationsexperimenten konnten die Forscher zudem zeigen, dass es diese Aktivierung in lokalen Nierenzellen und nicht in den eingewanderten Entzündungszellen ist, die ursächlich für den diabetischen Schaden ist. Diabetische Mäuse, in deren Entzündungszellen das Nlrp3-Inflammasom ausgeschaltet wurde, entwickelten trotzdem Nephropathie, wohingegen Mäuse, bei denen das Inflammasom nur in lokalen Zellen nicht aber in Entzündungszellen ausgeschaltet wurde, geschützt waren. Die Forscher spekulieren daher, dass die Nierenzellen (z.B. Endothelzellen und Podozyten) ähnlich wie Entzündungszellen eine Überwachungs- und Immunfunktion haben könnten. Die genaue Ursache der Aktivierung und die therapeutische Erreichbarkeit dieser Mechanismen nahm das Team um Professor Dr. Berend Isermann, Direktor des Instituts für Klinische Chemie am Universitätsklinikum Magdeburg, dann genauer unter die Lupe.
Rheuma-Medikament und Sauerstoffradikalfänger hemmen den Entzündungskomplex im Tierversuch und lindern bereits vorhandene Nierenschäden
Die Forscher vermuten, dass der Blutzucker nur der initiale Stimulus für den Nierenschaden sei. Sei der Entzündungskomplex einmal aktiviert, würde die Signalkaskade fortwährend ablaufen und zur Poduktion von Entzündunfsmediatoren und Verschlimmerung des Nierenschadens führen. Folglich versuchten die Forscher in Experimenten an diabetischen Mäusen einerseits die intrazelluläre Ursache der Aktivierung direkt auszuschalten und andererseits den Schaden durch bereits entstandene Entzündungmediatoren wie Interleukin 1ß zu minimieren. Eine Behandlung der Mäuse mit MitoTempo, das die Mitochondrien stabilisiert und die Radikalproduktion verhindert, reduzierte demnach Inflammasom-Aktivierung und den Schaden in der Niere. In einem weiteren Schritt testeten die Forscher Anakinra, ein bei rheumatoider Arthirits erprobter Interleukin-1-Rezeptorantagonist. Tatsächlich konnte das Medikament bei diabetischen Mäusen, die entweder Typ-1- oder Typ-2-Diabetes hatten, den Nierenschaden verhindern und bereits etablierten Nierenschaden teilweise sogar rückgängig machen. Die Studie zeigt zudem, dass die Aktivierung des Entzündungskomplexes auch in der menschlichen diabetischen Niere stattfindet. Tatsächlich demonstrieren die Forscher, dass der Blutspiegel von Interleukin 1ß eng mit dem Ausmaß des Nierenschadens, gemessen als Albumin im Urin, bei Diabetikern zusammenhängt. Je höher die Albuminurie, desto höher Interleukin 1ß. Zukünftige klinische Analysen könnten nun zeigen, dass sich das Nlrp3-Inflammasom als neues dringend benötigtes Angriffsziel beim Menschen eigne. Die Forscher arbeiten nun daran den Ansatz der Inflammasom-Hemmung bei diabetischer Nephropathie weiterzuentwickeln.
Literatur:
Nlrp3-inflammasome activation in non-myeloid-derived cells aggravates diabetic nephropathy. Shahzad, Bock, Dong et al: Kidney Int. 2014 Jul 30. doi: 10.1038/ki.2014.271.
http://www.nature.com/ki/journal/vaop/ncurrent/full/ki2014271a.html
Kontakt:
Professor Dr. Berend Isermann
Direktor
Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie
Universitätsklinikum Magdeburg
E-Mail: ikcp@med.ovgu.de
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Tel. 0391 / 67 21023
E-Mail: fabian.bock@med.ovgu.de
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