20.08.2014 15:13 Uhr in Kultur & Kunst von -

Adamus, Evamus und Minimus - kleine Beutel für die große Not

Kurzfassung: (Mynewsdesk) Wenn Marc Collinet mit seinen kleinen Töchtern in den Urlaub fährt, gibt es auf dem Rücksitz kein Gequangel, weil eine der beiden dringend Pipi muss. „Wir sind da ganz entspannt und haben immer reichlich ,minimus’ dabei. Die sind auch nachts auf dem Campingplatz ganz hilfreich“, sagt er lächelnd.

Über das „mal müssen“ reden zu müssen, ist für den Inhaber der Halberstädter Firma adamus group inzwischen kein Tabu mehr, sondern Alltag. Vor Journalisten, ...
[- - 20.08.2014] (Mynewsdesk) Wenn Marc Collinet mit seinen kleinen Töchtern in den Urlaub fährt, gibt es auf dem Rücksitz kein Gequangel, weil eine der beiden dringend Pipi muss. „Wir sind da ganz entspannt und haben immer reichlich ,minimus’ dabei. Die sind auch nachts auf dem Campingplatz ganz hilfreich“, sagt er lächelnd.

Über das „mal müssen“ reden zu müssen, ist für den Inhaber der Halberstädter Firma adamus group inzwischen kein Tabu mehr, sondern Alltag. Vor Journalisten, Spediteuren,  Prostata-Selbsthilfegruppen, Klinikchefs und Zulieferern von Sanitätshäusern, Apotheken und Krankenhäusern führt Marc Collinet immer wieder vor, wie die mobilen Einwegurinalektionieren, die sein Unternehmen herstellt. Er wickelt „adamus“, wie der dunkelblaue Kunststoffbeutel für Herren heißt, auseinander, kippt ein Glas Wasser in die Öffnung und dreht ihn nach ein paar Sekunden um. „Schauen Sie, da tropft nichts. Der Urin wird im Inneren zu einem auslaufsicheren Gel gebunden. Sie können den Beutel jetzt einfach zusammenfalten, mit dem Etikett zukleben, ihn stundenlang transportieren und dann im Restmüll entsorgen.“

Das Prinzip „Aufmachen, reinmachen, wegschmeißen“ kann in manchen Situationen ein Segen sein: Der Kranfahrer muss nicht extra runterklettern, der Lkw-Fahrer kann sich im Stau unkompliziert Erleichterung verschaffen, Heißluftballonfahrer und Hobbypiloten haben ihr Taschen-Örtchen im Notfall griffbereit. „Auch Rollstuhlfahrer haben uns berichtet, dass das Einwegurinal ihnen Sicherheit gibt und zu mehr Lebensqualität verhilft, weil es sie unabhängiger macht“, sagt Collinet.

Als der heute 44-Jährige vor drei Jahren vom Taschen-WC „adamus“ erfuhr, war er begeistert. Dass Halberstadt zu seiner zweiten Heimat werden würde, ahnte er damals allerdings  noch nicht. Der Aachener, der viele Jahre für eine große Bank gearbeitet hatte, lernte die Vorgängerfirma als Unternehmensberater kennen. „Ich bin also nicht der Erfinder, aber der Finder. Adamus war insolvent. Die Inhaber hatten es nicht geschafft, das Produkt im medizinischen Handel zu etablieren“, erzählt Marc Collinet. Weil ihm die Idee aber gefiel und er von den Chancen des Produkts überzeugt war, kaufte er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Josef Kramer,  ebenfalls Unternehmensberater , Maschinen und Material. Die beiden gründeten die adamus group GmbH.

Inzwischen haben sie die Produktpalette um die Frauenvariante „evamus“ und das Kinderprodukt „minimus“ erweitert. Und sie haben zu spüren bekommen, wie schwer es ist, auf dem Markt einen Fuß in die Tür zu bekommen. „Der Weg zu einem gelisteten medizinischen Produkt oder Pflegehilfsmittel ist in Deutschland nicht leicht“, gibt Geschäftsführer Collinet zu. Dabei sieht er vor allem in Krankenhäusern und Pflegeheimen einen Bedarf, weil die Einwegurinale hygienisch im Vorteil sind. „Offene Bettpfannen und Urinflaschen bergen meist eine Heerschar von Keimen und Bakterien. Diese können über die Luft entweichen. Klimaanlagen verteilen sie dann ungestört in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Im schlimmsten Fall entstehen so neue Infektionen.“ Weil „adamus“ den Urin und die darin enthaltenen Keime binde, werde die Keimkette unterbrochen. Außerdem sei das Einwegurinal auch eine diskretere und angenehmere Lösung für den Patienten. „Wer mag es schon, wenn die Schwiegermutter ins Krankenzimmer kommt und die halbvolle Ente am Bett hängt?“

Die Vorteile leuchten ein, doch „adamus“ flächendeckend bekannt zu machen und an den Mann zu bringen, das ist ein langer Weg. „In den Lehrbüchern steht, ein neues Produkt einzuführen, dauere etwa drei Jahre. Ich habe gedacht, wir können das schneller. Aber es braucht tatsächlich diese Zeit“, mussten Marc Collinet und Josef Kramer lernen. Doch es geht voran: Die Taschen-WCs „adamus“ und „evamus“ aus Halberstadt sind mittlerweile bundesweit in  Apotheken bestellbar, und die Kindervariante „minimus“ hat die Drogeriekette „dm“ geordert. Der Großauftrag war eine Belastungsprobe für das kleine Unternehmen. Nicht die Produktion ist die Herausforderung – die Maschine schafft 35 Stück pro Minute, aber die bestellten „minimus“ mussten einzeln verpackt werden. Die Mitarbeiter der Diakonischen Werkstätten haben mit geholfen, und die Adamus-Mannschaft hat Sonderschichten eingelegt.

Marc Collinet ist vom Engagement seiner fünf Mitarbeiter, die sich um die Produktion, das Büro und die Vermarktung kümmern, angetan. Dass er und sein Geschäftspartner die Maschine vor drei Jahren nicht in Sachsen-Anhalt ab- und in Nordrhein-Westfalen wieder aufgebaut haben, sei eine absolut richtige Entscheidung gewesen. „In Aachen würde sich kein Mechatroniker hinsetzen und die Produkte verpacken. Der würde sagen: Das mache ich nicht, ich habe studiert. Aber hier ziehen alle an einem Strang.“

Er schwärmt von den Fähigkeiten seiner Mitarbeiter. Und auch für den Standort. „ Es lässt sich hier richtig gut arbeiten. Vom Unternehmerbüro der Stadt haben wir ganz viel Unterstützung erfahren. Sich ein Netzwerk aufzubauen, das funktioniert hier sehr gut.“ Inzwischen, so sagt Marc Collinet, sei er  „Halberstadt-Fan“.

Probieren geht über Studieren. Auf diese Formel lässt sich nicht nur die Unternehmensgründung in Sachsen-Anhalt und ein Stück Unternehmsphilosophie verkürzen, sie ist auch für die nächsten Schritte ein passender Slogan. Denn die Firmeninhaber arbeiten an der Weiterentwicklung ihrer Produkte. „Adamus“, „evamus“ und „minimus“ sollen in spätestens zwei Jahren aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden – aus Materialien, die zu einhundert Prozent biologisch abbaubar sind. „Der Kunststoff stört mich“, sagt Marc Collinet. „Unser Produkt soll man auch in Ländern ohne Entsorgungsnetz nutzen können. Dort kann man ja keine blauen Müllberge hinterlassen.“

Für den Ansatz, Bestehendes fortzuentwickeln, an neuen Ideen zu tüfteln und die Methode „Versuch und Irrtum“ als Chance zu begreifen, ist das kleine Unternehmen kürzlich ausgezeichnet worden: Mit dem Top 100-Siegel für innovative mittelständische Unternehmen. Wissenschaftler und Fernsehmoderator Ranga Yogeshwar hat den Preis übergeben. „Die Auszeichnung sehen wir als Lohn für unsere gemeinsamen Anstrengungen im Unternehmen. Aber innovativ zu sein, heißt auch, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen“, sagt Marc Collinet.

Fast genauso sehr wie über die Auszeichnung freut er sich scheinbar auf der Fahrt in den Urlaub, wenn die Töchter statt „Papa, ich muss mal“ zu jammern, freundlich „Einmal ,minimus’ aus dem Handschuhfach“ bestellen.




Autorin: Dana Toschner im Auftrag der IMG

Kontakt:
adamus group GmbH
Marc Collinet & Dr. Josef Peter Kramer
In den Langen Stücken 8
38820 Halberstadt
info@adamus-group.de



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