26.08.2014 16:20 Uhr in Kultur & Kunst von Stiftung Universität Hildesheim
Rolle von Kultur in Konflikten / Weltkongress der Kulturpolitik erstmals in Deutschland
Kurzfassung: Rolle von Kultur in Konflikten / Weltkongress der Kulturpolitik erstmals in DeutschlandWelche Rolle Künstler in Konflikten einnehmen und wie Dokumentarfilmer, Graffiti-Künstler, Schauspieler und Aut ...
[Stiftung Universität Hildesheim - 26.08.2014] Rolle von Kultur in Konflikten / Weltkongress der Kulturpolitik erstmals in Deutschland
Welche Rolle Künstler in Konflikten einnehmen und wie Dokumentarfilmer, Graffiti-Künstler, Schauspieler und Autoren in politischen Umbrüchen arbeiten, untersucht eine Forschergruppe an der Universität Hildesheim. Im September 2014 richten sie den Weltkongress für Kulturpolitikforschung aus. Die Forscher am UNESCO-Lehrstuhl "Cultural Policy for the Arts in Development" (Kulturpolitik für die Künste innerhalb gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse) arbeiten mit Künstlern aus Ländern wie Algerien, Ägypten, Jemen, Jordanien, Libanon, Libyen, Mauretanien, Marokko, Syrien und Tunesien zusammen und bilden Künstler im Bereich Kulturpolitik und Kulturmanagement in arabischen Ländern fort. Darunter sind Mitglieder der "Arab Cultural Policy Group", die auch an der Konferenz teilnehmen. "Die politischen Umwälzungen seit 2011 haben in den meisten Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens dazu geführt, dass über kulturpolitische Rahmenbedingungen, die Freiheit der Künste und die Verbindung von Kulturszene und gesellschaftspolitischer Gestaltung neu nachgedacht wird", sagt Kulturpolitikprofessor Wolfgang Schneider. Dies geschieht gerade außerhalb von Regierungsinstitutionen durch Akteure der Zivilgesellschaft.
"Seit dem ersten Tag der Revolution waren Künstler dort draußen, in Tahrir Square, Bourguiba Street, Sahat al-Taghyir und den anderen ikonischen Orten des Aufstands. Die meisten Künstler waren zuvor dem großen Publikum unbekannt. Sie waren keine Stars der kommerziellen Filmindustrie und sie wurden von Arbeit, Medienauftritten und Reisen ausgeschlossen, die das Kulturministerium so lange nur einem bestimmten Teil der Kunstszene ermöglichte", sagt Basma El-Husseiny vom ägyptischen Kulturforschungsinstitut Al Mawred Al Thaqafy. Sie spricht auf der Konferenz in Hildesheim zur Eröffnung.
"Die Situation ist schizophren, während heftige Kämpfe in Syrien stattfinden, laufen die Oper und das Orchester in Damascus", sagt Jumana Al-Yasiri, syrische Künstlerin. Sie forscht über das Verhältnis von Kunst und Politik in Syrien, lebt derzeit in Frankreich und nahm an einem Forschungsatelier des Hildesheimer UNESCO-Lehrstuhls im Frühjahr in Berlin teil. "Künstler, die in Syrien geblieben und gegen das Regime sind, werden beobachtet, gefoltert oder stecken in Haft. Die meisten Künstler, die nun im Ausland leben, haben wirkliche Schwierigkeiten in ihren Aufnahmeländern zu arbeiten, etwa weil sie die Sprache nicht sprechen und die Produktionsbedingungen nicht kennen. Syrische Musik und Literatur zu hören und zu lesen, ist für viele Menschen, die Syrien verlassen müssen, ein Weg um ihre Identität zu erhalten." Mittlerweile werden soziale Online-Netzwerke zu den wichtigen öffentlichen Plätzen für den Ausdruck der eigenen Meinung. "Video und Audio-Künstler verbreiten ihre Werke über Facebook und Youtube. Ich würde sagen, das Internet ist die dominante gegenwärtige Plattform für syrische Künstler. So entstand etwa ein virtuelles Archiv der syrischen Revolution mit Literatur, Audios, Karikaturen, Graffitis, Theater und Musikbeiträgen", sagt Al-Yasiri. Die Künste hätten in Syrien zurzeit nicht die Priorität, wie sie einen Stellenwert in Deutschland einnehmen. "Es finden heftige Kämpfe statt. Aber die Künste sind ein Antreiber, die syrische Kunstszene boomt. Es ist ein Weg, um die Katastrophe zu überleben, Erinnerung zu bewahren, Hoffnung zu geben, den Einzelnen und das Land wieder aufzubauen. Ein Kunstwerk kann ein breites Publikum erreichen." Tammam Azzams Freedom-Graffiti zeige dies eindrucksvoll, Klimts Kuss' auf zerstörten Mauern erreichte auf digitalem Weg Massen.
Regionale Arbeitsschwerpunkte am UNESCO-Lehrstuhl in Hildesheim - dem jüngsten von zehn Lehrstühlen in Deutschland - liegen im Mittelmeerraum, im südlichen Afrika und Nordafrika. Promovierende des deutsch-französischen Promotionskollegs "Kulturvermittlung" setzen an diesen Schwerpunkten an. Studierende aus Hildesheim studieren an Partneruniversitäten im Ausland (neues Studienprogramm Bachelor PLUS, Kulturpolitik im internationalen Vergleich), etwa an der Bilgi University in Istanbul in der Türkei, an der Tshwane University of Technology in Pretoria in Südafrika und an der University of Dar es Salaam in Tansania.
Weltkongress der Kulturpolitikforschung:
Die größte Konferenz für kulturpolitische Forschung macht nach Montreal, Istanbul und Barcelona im Herbst in Niedersachsen Station: Vom 9. bis 12. September 2014 richtet die Universität Hildesheim auf dem Kulturcampus, einer mittelalterlichen 650 Jahre alten Burganlage, den Weltkongress der Kulturpolitikforschung iccpr2014 aus. Am 12. und 13. September wird der Kongress in Berlin fortgeführt. 400 Experten aus rund 60 Ländern werden insgesamt erwartet. In 75 parallelen Foren diskutieren sie über Kulturpolitik und Transformationsprozesse, kulturelle Bildung und Partizipation.
Die Forscher befassen sich auf der Konferenz unter anderem mit der Rolle von Kultur in politischen Umbrüchen und welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit Künstler gesellschaftliche Wirkung erzielen können oder kulturelle Bildung in den Lebenswegen von Kindern und Jugendlichen einen Platz erhält. Wie können bei uns in Deutschland Kunst und Kultur zum Bestandteil im Alltag von Kindern und Jugendlichen werden? Besonders der Schule wird eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Das größte Modellprogramm in Deutschland ist das Projekt "Kulturagenten für kreative Schulen". Seit 2011 sollen mit dem Programm der Bundeskulturstiftung und der Stiftung Mercator langfristige Kooperationen zwischen Künstlern und Kultureinrichtungen sowie 138 Schulen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Hamburg und Thüringen aufgebaut werden. Dabei kommen fast 50 Kulturagenten zum Einsatz, die die Zusammenarbeit begleiten. Das Institut für Kulturpolitik der Hildesheimer Uni untersucht nun die Wirkung und Qualität dieser Kooperationen in einer mehrjährigen Begleitforschung. Außerdem befassen sich auf der Konferenz die Fachleute mit Strategien im Kulturmanagement, um Menschen unterschiedlicher Milieus zu erreichen. Studien zur Kulturnutzung in mehreren Ländern werden vorgestellt.
Die Konferenz wird eröffnet am Dienstag, 9. September 2014 in Hildesheim. Unter anderem sprechen Prof. Dr. Bernd M. Scherer, Direktor des "Hauses der Kulturen der Welt (Berlin) und Basma El Husseiny vom ägyptischen Kulturforschungsinstitut Al Mawred Al Thaqafy (Kario).
Programm Weltkongress (pdf):
http://www.uni-hildesheim.de/media/presse/20140820_Programm_Weltkongress_Kulturpolitik_Uni_Hildesheim.pdf
Medienkontakt:
Pressestelle der Universität Hildesheim
Isa Lange
Telefon: 05121.883-90100
Mobil: 0177.8606905
E-Mail: presse@uni-hildesheim.de
Die Forscher können auch auf kulturpolitische Entwicklungen in Niedersachsen und der Bundesrepublik eingehen, so haben sie etwa gerade eine Studie zu niedersächsischen Amateurtheatern und Kultur in der ländlichen Region sowie zur Zusammenarbeit zwischen Schulen und Künstlern erarbeitet. In Hildesheim entstand aus der Universität heraus vor 25 Jahren eines der längsten freien Theaterprojekte, das Türkisch-Deutsche Theater.
Welche Rolle Künstler in Konflikten einnehmen und wie Dokumentarfilmer, Graffiti-Künstler, Schauspieler und Autoren in politischen Umbrüchen arbeiten, untersucht eine Forschergruppe an der Universität Hildesheim. Im September 2014 richten sie den Weltkongress für Kulturpolitikforschung aus. Die Forscher am UNESCO-Lehrstuhl "Cultural Policy for the Arts in Development" (Kulturpolitik für die Künste innerhalb gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse) arbeiten mit Künstlern aus Ländern wie Algerien, Ägypten, Jemen, Jordanien, Libanon, Libyen, Mauretanien, Marokko, Syrien und Tunesien zusammen und bilden Künstler im Bereich Kulturpolitik und Kulturmanagement in arabischen Ländern fort. Darunter sind Mitglieder der "Arab Cultural Policy Group", die auch an der Konferenz teilnehmen. "Die politischen Umwälzungen seit 2011 haben in den meisten Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens dazu geführt, dass über kulturpolitische Rahmenbedingungen, die Freiheit der Künste und die Verbindung von Kulturszene und gesellschaftspolitischer Gestaltung neu nachgedacht wird", sagt Kulturpolitikprofessor Wolfgang Schneider. Dies geschieht gerade außerhalb von Regierungsinstitutionen durch Akteure der Zivilgesellschaft.
"Seit dem ersten Tag der Revolution waren Künstler dort draußen, in Tahrir Square, Bourguiba Street, Sahat al-Taghyir und den anderen ikonischen Orten des Aufstands. Die meisten Künstler waren zuvor dem großen Publikum unbekannt. Sie waren keine Stars der kommerziellen Filmindustrie und sie wurden von Arbeit, Medienauftritten und Reisen ausgeschlossen, die das Kulturministerium so lange nur einem bestimmten Teil der Kunstszene ermöglichte", sagt Basma El-Husseiny vom ägyptischen Kulturforschungsinstitut Al Mawred Al Thaqafy. Sie spricht auf der Konferenz in Hildesheim zur Eröffnung.
"Die Situation ist schizophren, während heftige Kämpfe in Syrien stattfinden, laufen die Oper und das Orchester in Damascus", sagt Jumana Al-Yasiri, syrische Künstlerin. Sie forscht über das Verhältnis von Kunst und Politik in Syrien, lebt derzeit in Frankreich und nahm an einem Forschungsatelier des Hildesheimer UNESCO-Lehrstuhls im Frühjahr in Berlin teil. "Künstler, die in Syrien geblieben und gegen das Regime sind, werden beobachtet, gefoltert oder stecken in Haft. Die meisten Künstler, die nun im Ausland leben, haben wirkliche Schwierigkeiten in ihren Aufnahmeländern zu arbeiten, etwa weil sie die Sprache nicht sprechen und die Produktionsbedingungen nicht kennen. Syrische Musik und Literatur zu hören und zu lesen, ist für viele Menschen, die Syrien verlassen müssen, ein Weg um ihre Identität zu erhalten." Mittlerweile werden soziale Online-Netzwerke zu den wichtigen öffentlichen Plätzen für den Ausdruck der eigenen Meinung. "Video und Audio-Künstler verbreiten ihre Werke über Facebook und Youtube. Ich würde sagen, das Internet ist die dominante gegenwärtige Plattform für syrische Künstler. So entstand etwa ein virtuelles Archiv der syrischen Revolution mit Literatur, Audios, Karikaturen, Graffitis, Theater und Musikbeiträgen", sagt Al-Yasiri. Die Künste hätten in Syrien zurzeit nicht die Priorität, wie sie einen Stellenwert in Deutschland einnehmen. "Es finden heftige Kämpfe statt. Aber die Künste sind ein Antreiber, die syrische Kunstszene boomt. Es ist ein Weg, um die Katastrophe zu überleben, Erinnerung zu bewahren, Hoffnung zu geben, den Einzelnen und das Land wieder aufzubauen. Ein Kunstwerk kann ein breites Publikum erreichen." Tammam Azzams Freedom-Graffiti zeige dies eindrucksvoll, Klimts Kuss' auf zerstörten Mauern erreichte auf digitalem Weg Massen.
Regionale Arbeitsschwerpunkte am UNESCO-Lehrstuhl in Hildesheim - dem jüngsten von zehn Lehrstühlen in Deutschland - liegen im Mittelmeerraum, im südlichen Afrika und Nordafrika. Promovierende des deutsch-französischen Promotionskollegs "Kulturvermittlung" setzen an diesen Schwerpunkten an. Studierende aus Hildesheim studieren an Partneruniversitäten im Ausland (neues Studienprogramm Bachelor PLUS, Kulturpolitik im internationalen Vergleich), etwa an der Bilgi University in Istanbul in der Türkei, an der Tshwane University of Technology in Pretoria in Südafrika und an der University of Dar es Salaam in Tansania.
Weltkongress der Kulturpolitikforschung:
Die größte Konferenz für kulturpolitische Forschung macht nach Montreal, Istanbul und Barcelona im Herbst in Niedersachsen Station: Vom 9. bis 12. September 2014 richtet die Universität Hildesheim auf dem Kulturcampus, einer mittelalterlichen 650 Jahre alten Burganlage, den Weltkongress der Kulturpolitikforschung iccpr2014 aus. Am 12. und 13. September wird der Kongress in Berlin fortgeführt. 400 Experten aus rund 60 Ländern werden insgesamt erwartet. In 75 parallelen Foren diskutieren sie über Kulturpolitik und Transformationsprozesse, kulturelle Bildung und Partizipation.
Die Forscher befassen sich auf der Konferenz unter anderem mit der Rolle von Kultur in politischen Umbrüchen und welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit Künstler gesellschaftliche Wirkung erzielen können oder kulturelle Bildung in den Lebenswegen von Kindern und Jugendlichen einen Platz erhält. Wie können bei uns in Deutschland Kunst und Kultur zum Bestandteil im Alltag von Kindern und Jugendlichen werden? Besonders der Schule wird eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Das größte Modellprogramm in Deutschland ist das Projekt "Kulturagenten für kreative Schulen". Seit 2011 sollen mit dem Programm der Bundeskulturstiftung und der Stiftung Mercator langfristige Kooperationen zwischen Künstlern und Kultureinrichtungen sowie 138 Schulen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Hamburg und Thüringen aufgebaut werden. Dabei kommen fast 50 Kulturagenten zum Einsatz, die die Zusammenarbeit begleiten. Das Institut für Kulturpolitik der Hildesheimer Uni untersucht nun die Wirkung und Qualität dieser Kooperationen in einer mehrjährigen Begleitforschung. Außerdem befassen sich auf der Konferenz die Fachleute mit Strategien im Kulturmanagement, um Menschen unterschiedlicher Milieus zu erreichen. Studien zur Kulturnutzung in mehreren Ländern werden vorgestellt.
Die Konferenz wird eröffnet am Dienstag, 9. September 2014 in Hildesheim. Unter anderem sprechen Prof. Dr. Bernd M. Scherer, Direktor des "Hauses der Kulturen der Welt (Berlin) und Basma El Husseiny vom ägyptischen Kulturforschungsinstitut Al Mawred Al Thaqafy (Kario).
Programm Weltkongress (pdf):
http://www.uni-hildesheim.de/media/presse/20140820_Programm_Weltkongress_Kulturpolitik_Uni_Hildesheim.pdf
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Telefon: 05121.883-90100
Mobil: 0177.8606905
E-Mail: presse@uni-hildesheim.de
Die Forscher können auch auf kulturpolitische Entwicklungen in Niedersachsen und der Bundesrepublik eingehen, so haben sie etwa gerade eine Studie zu niedersächsischen Amateurtheatern und Kultur in der ländlichen Region sowie zur Zusammenarbeit zwischen Schulen und Künstlern erarbeitet. In Hildesheim entstand aus der Universität heraus vor 25 Jahren eines der längsten freien Theaterprojekte, das Türkisch-Deutsche Theater.
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