09.09.2014 14:44 Uhr in Gesellschaft & Familie von Human Rights Watch Verein zur Wahrung der Menschenrechte e.V.
Israel: Tausende müssen das Land verlassen
Kurzfassung: Israel: Tausende müssen das Land verlassenFlüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan für unbegrenzte Zeit inhaftiertDie israelischen Behörden haben fast 7.000 Eritreer und Sudanesen rechtswidrig zur Rà ...
[Human Rights Watch Verein zur Wahrung der Menschenrechte e.V. - 09.09.2014] Israel: Tausende müssen das Land verlassen
Flüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan für unbegrenzte Zeit inhaftiert
Die israelischen Behörden haben fast 7.000 Eritreer und Sudanesen rechtswidrig zur Rückkehr in ihre Heimatländer gezwungen, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. Einige Betroffene wurden nach ihrer Rückkehr in den Sudan gefoltert, willkürlich verhaftet und des Hochverrats angeklagt, weil sie nach Israel eingereist sind. Auch Flüchtlinge aus Eritrea, die in ihr Heimatland zurückkehren, befinden sich in großer Gefahr.
Der 83-seitige Bericht "Make Their Lives Miserable: Israels Coercion of Eritrean and Sudanese Asylum Seekers to Leave Israel" dokumentiert, wie komplizierte Richtlinien verhindern, dass Asylsuchende aus Eritrea und dem Sudan in Israel so geschützt werden, wie es ihnen unter israelischem und internationalem Recht zusteht. Die israelischen Behörden bezeichnen die Geflüchteten als "Bedrohung", brandmarken sie als "Eindringlinge" und verweigern ihnen den Zugang zu einem fairen und effizienten Asylverfahren. Den daraus resultierenden, unsicheren rechtlichen Status benutzen sie als Vorwand dafür, die Betroffenen widerrechtlich und für unbegrenzte Zeit zu inhaftieren. So zwingen die Behörden Tausende dazu, das Land wieder zu verlassen.
"Menschen in eine Ecke zu drängen und ihnen die Hoffnung auf Schutz zu nehmen, um dann zu behaupten, sie würden Israel freiwillig verlassen, ist eindeutig eine Verletzung von Menschenrechten", sagt Gerry Simpson, Flüchtlings-Experte von Human Rights Watch und Autor des Berichts. "Flüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan haben in Israel die Wahl, in ständiger Angst zu leben, den Rest ihres Lebens in einer abgelegenen Hafteinrichtung zu verbringen oder, unter dem Risiko dort verhaftet und gefoltert zu werden, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren."
Seit dem Jahr 2006 sind sehr viele Menschen über die ägyptische Sinai-Halbinsel nach Israel gekommen, weil sie vor schweren Menschenrechtsverletzungen in Eritrea und dem Sudan geflüchtet sind. Als Israel seine Grenze zu Ägypten im Dezember 2012 praktisch geschlossen hat, waren bereits etwa 37.000 Menschen aus Eritrea und 14.000 aus dem Sudan in das Land gekommen.
In den vergangenen acht Jahren haben die israelischen Behörden zahlreiche Zwangsmaßnahmen ergriffen, um den Flüchtlingen das Leben "zu erschweren" und die "Illegalen dazu zu ermutigen, wieder zu gehen", wie es der ehemalige Innenminister Eli Yishai beziehungsweise sein Nachfolger Gideon Saar ausdrückte. Diese Maßnahmen umfassen zeitlich unbegrenzte Inhaftierung, Hürden im Zugang zum Asylverfahren, die Ablehnung von 99,9 Prozent aller Asylgesuche, widersprüchliche Richtlinien darüber, ob die Betroffenen arbeiten dürfen, und einen stark eingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Seit Juni 2012 haben die israelischen Behörden Tausende Personen aus Eritrea und dem Sudan für unbegrenzte Zeit inhaftiert, die irregulär, also nicht an einem offiziellen Grenzübergang, in das Land gekommen sind. Das israelische Oberste Gericht urteilte im September 2013, dass derartige Inhaftierungen rechtswidrig sind. Daraufhin benannten die israelischen Behörden ihre Inhaftierungspolitik um und begannen, Eritreer und Sudanesen zwangsweise in einem "Wohnzentrum" in Holot unterzubringen. Es befindet sich in der abgelegenen Negev-Wüste, und die Lebensbedingungen entsprechen denen in einem Gefängnis, obwohl die Einrichtung anders bezeichnet wird.
Ein 21-Jähriger aus Eritrea, der als einer der ersten in Holot inhaftiert wurde, berichtete im Januar 2014: "Das Leben in Holot ist genau wie in [der israelischen Hafteinrichtung] Saharonim, wo ich die letzten 14 Monate festgehalten wurde. Sehr viele Leute hier haben psychische Probleme, weil sie schon so lange in Haft sind. Ich habe große Angst, dass ich auch welche bekomme. Ich bin schon zu lange im Gefängnis."
Ende August 2014 waren knapp 2.000 Personen aus Eritrea und dem Sudan in Holot, darunter mehr als 1.000, die Asylanträge gestellt haben. In Saharonim lebten knapp 1.000. Die übrigen 41.000 Menschen aus Eritrea und dem Sudan müssen ständig befürchten, nach Holot gebracht zu werden.
Die Inhaftierungen in Holot verletzen das völkerrechtliche Verbot willkürlicher Haft, weil Menschen an einem bestimmten Ort festgehalten werden, an dem sie nicht ihren normalen beruflichen und sozialen Aktivitäten nachgehen können. Darüber hinaus dient die Inhaftierung keinem legitimen Zweck. Stattdessen werden die Betroffenen unter dem Vorwand einer Einwanderungsbestimmung für unbegrenzte Zeit festgehalten. Die israelischen Behörden begründen ihre Entscheidung, eine Person zu inhaftieren, nicht auf der Basis des Einzelfalls. Die Betroffenen haben praktisch keine Möglichkeit, ihre Inhaftierung anzufechten.
Nur Personen, die als Flüchtlinge anerkannt werden, können die Hafteinrichtungen verlassen. Allerdings verweigern die israelischen Behörden Schutzsuchenden aus Eritrea und dem Sudan systematisch den Zugang zu einem fairen und effizienten Asylverfahren. Bis Ende des Jahres 2012 weigerten sich die Behörden, diese Asylanträge überhaupt anzunehmen, weil die Geflüchteten angeblich als geschützte Gruppe in Israel toleriert würden. Diese Politik wendet die Regierung gegenüber Menschen aus bestimmten Ländern an.
Im Februar 2013 gestattete Israel einer bedeutenden Zahl von Menschen aus Eritrea und dem Sudan, Asyl zu beantragen. Aber bis zum März 2014 haben die Behörden nur etwas mehr als 450 Anträge von inhaftierten Personen geprüft. Israelischen Anwälten von Flüchtlingen zufolge gibt es keine Hinweise darauf, dass auch nur ein einziger Antrag von einer Person geprüft wurde, die in einem Dorf oder in einer Stadt in Israel lebt. Knapp 100 Prozent der Anträge wurde abgelehnt.
All diese Maßnahmen stellen Flüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan vor die Wahl, lebenslang in Israel inhaftiert zu sein oder in ein Land zurückzukehren, in dem sie verfolgt werden oder auf andere Art in Gefahr sind.
Sieben Flüchtlinge, die in den Sudan zurückgekehrt sind, berichteten, dass sie Israel aus Angst vor endloser Haft verlassen haben. In der sudanesischen Hauptstadt Khartum wurden sie verhaftet und verhört. Drei von ihnen wurden über einen langen Zeitraum festhalten. Einer wurde gefoltert, ein anderer in Einzelhaft gesteckt und der Dritte wegen Hochverrats angeklagt.
Ein sudanesisches Gesetz schreibt vor, dass die Einreise nach Israel mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet wird. Aus diesem Grund haben sudanesische Staatsbürger in Israel einen so genannten Sur Place-Asylanspruch - ihre begründete Angst vor Verfolgung resultiert aus Ereignissen oder Handlungen nach ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsland.
Über das Schicksal der Menschen, die nach Eritrea zurückgekehrt sind, liegen keine Informationen vor. Allerdings ist erwiesen, dass die Behörden in Eritrea in der Vergangenheit Personen misshandelt haben, die aus anderen Ländern zurückgekehrt sind.
Menschen aus Eritrea befürchten aus guten Gründen, verfolgt und bestraft zu werden, wenn sie den zeitlich unbegrenzten Kriegsdienst umgehen. Deswegen und wegen anderer Menschenrechtsverletzungen haben dem UN-Flüchtlingskommissariat zufolge im Jahr 2013 weltweit 83 Prozent aller Asylsuchende aus Eritrea eine Form von Schutz erhalten. Diese Zahl steht im starken Kontrast zu den 0,1 Prozent in Israel.
Eritreer und Sudanesen, die aus Angst vor unbegrenzter Haft aus Israel in ihre Herkunftsländer zurückkehren, sollen als Refoulement-Opfer betrachtet werden. Refoulement ist im Völkerrecht die erzwungene Rückführung eines Flüchtlings oder Asylsuchenden, "auf welche Art auch immer", an einen Ort, an dem ihm Verfolgung droht, oder irgendeiner Person an einen Ort, an dem sie möglicherweise gefoltert oder auf andere Art unmenschlich und erniedrigend behandelt wird.
"Israelische Beamte sagen, dass sie den ‚Eindringlingen das Leben so schwer machen wollen, dass sie das Land verlassen, und behaupten dann, sie seien aus freien Stücken in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt", sagt Simpson. "Das Völkerrecht stellt klar, dass wenn Israel Eritreern und Sudanesen mit lebenslanger Haft droht, sie nicht freiwillig Israel verlassen und nicht freiwillig Gefahren in ihrem Heimatland in Kauf nehmen."
Seit dem Jahr 2008 händigen die israelischen Behörden Personen aus Eritrea und dem Sudan "vorläufige Entlassungsgenehmigungen" aus. Diese müssen alle paar Monate erneuert werden. Passiert dies nicht rechtzeitig, drohen den betroffenen Flüchtlingen Verhaftung, Inhaftierung und Verlust ihrer Arbeitsplätze, weil es mit Bußgeldern bestraft wird, Arbeitnehmer ohne Genehmigungen einzustellen. Ende des Jahres 2013 haben die Behörden den Zugang zum Verlängerungsverfahren stark eingeschränkt. Das führt zu chaotischen Zuständen, weil sehr viele Betroffene verzweifelt versuchen, ihre Genehmigungen zu erneuern. Verteter der Flüchtlinge sagten, dass dadurch entstehender Stress und der Mangel an überlebensnotwendigen Ressourcen massiv dazu beigetragen haben, dass viele das Land verlassen wollten.
Der Bericht untersucht auch die widersprüchliche und unklare Arbeitserlaubnispolitik in Israel, wegen der sehr viele Menschen aus Eritrea und dem Sudan nicht arbeiten können und in ständiger Angst leben, mittellos zu werden. Auch das hat, zusammen mit den Hürden beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, den Druck erhöht, Israel zu verlassen.
Israel soll alle Sudanesen im Land als Flüchtlinge anerkennen und Asylgesuche von Personen aus Eritrea entsprechend der UNHCR-Richtlinien prüfen.
Da es Jahre dauer würde, Zehntausende Asylgesuche fair und im Einklang mit internationalen Asylrechtsstandards zu prüfen und auf Grund der verbreiteten Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern sollen die israelischen Behörden außerdem allen Menschen aus Eritrea und dem Sudan einen sicheren, zeitlich begrenzten Aufenthaltsstatus verleihen, der alle 12 Monate erneuert werden kann. Dieser Status kann aufgehoben werden, sobald sich die Situation in den Herkunftsländern soweit verbessert hat, dass die Flüchtlinge sicher und unter Wahrung ihrer Menschenwürde dorthin zurückkehren können.
"Die israelischen Behörden sind anscheinend wild entschlossen, gewaltige Ressourcen darauf zu verwenden, Tausende widerrechtlich zu inhaftieren und die zahllosen Asylanträge nur zu prüfen, um sie alle abzulehnen", so Simpson. "Israel soll seinen Verpflichtungen nachkommen und diese Menschen schützen. Auch sollen sie in Israel arbeiten und vorübergehend dort leben dürfen."
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10178 Berlin
Deutschland
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Flüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan für unbegrenzte Zeit inhaftiert
Die israelischen Behörden haben fast 7.000 Eritreer und Sudanesen rechtswidrig zur Rückkehr in ihre Heimatländer gezwungen, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. Einige Betroffene wurden nach ihrer Rückkehr in den Sudan gefoltert, willkürlich verhaftet und des Hochverrats angeklagt, weil sie nach Israel eingereist sind. Auch Flüchtlinge aus Eritrea, die in ihr Heimatland zurückkehren, befinden sich in großer Gefahr.
Der 83-seitige Bericht "Make Their Lives Miserable: Israels Coercion of Eritrean and Sudanese Asylum Seekers to Leave Israel" dokumentiert, wie komplizierte Richtlinien verhindern, dass Asylsuchende aus Eritrea und dem Sudan in Israel so geschützt werden, wie es ihnen unter israelischem und internationalem Recht zusteht. Die israelischen Behörden bezeichnen die Geflüchteten als "Bedrohung", brandmarken sie als "Eindringlinge" und verweigern ihnen den Zugang zu einem fairen und effizienten Asylverfahren. Den daraus resultierenden, unsicheren rechtlichen Status benutzen sie als Vorwand dafür, die Betroffenen widerrechtlich und für unbegrenzte Zeit zu inhaftieren. So zwingen die Behörden Tausende dazu, das Land wieder zu verlassen.
"Menschen in eine Ecke zu drängen und ihnen die Hoffnung auf Schutz zu nehmen, um dann zu behaupten, sie würden Israel freiwillig verlassen, ist eindeutig eine Verletzung von Menschenrechten", sagt Gerry Simpson, Flüchtlings-Experte von Human Rights Watch und Autor des Berichts. "Flüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan haben in Israel die Wahl, in ständiger Angst zu leben, den Rest ihres Lebens in einer abgelegenen Hafteinrichtung zu verbringen oder, unter dem Risiko dort verhaftet und gefoltert zu werden, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren."
Seit dem Jahr 2006 sind sehr viele Menschen über die ägyptische Sinai-Halbinsel nach Israel gekommen, weil sie vor schweren Menschenrechtsverletzungen in Eritrea und dem Sudan geflüchtet sind. Als Israel seine Grenze zu Ägypten im Dezember 2012 praktisch geschlossen hat, waren bereits etwa 37.000 Menschen aus Eritrea und 14.000 aus dem Sudan in das Land gekommen.
In den vergangenen acht Jahren haben die israelischen Behörden zahlreiche Zwangsmaßnahmen ergriffen, um den Flüchtlingen das Leben "zu erschweren" und die "Illegalen dazu zu ermutigen, wieder zu gehen", wie es der ehemalige Innenminister Eli Yishai beziehungsweise sein Nachfolger Gideon Saar ausdrückte. Diese Maßnahmen umfassen zeitlich unbegrenzte Inhaftierung, Hürden im Zugang zum Asylverfahren, die Ablehnung von 99,9 Prozent aller Asylgesuche, widersprüchliche Richtlinien darüber, ob die Betroffenen arbeiten dürfen, und einen stark eingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Seit Juni 2012 haben die israelischen Behörden Tausende Personen aus Eritrea und dem Sudan für unbegrenzte Zeit inhaftiert, die irregulär, also nicht an einem offiziellen Grenzübergang, in das Land gekommen sind. Das israelische Oberste Gericht urteilte im September 2013, dass derartige Inhaftierungen rechtswidrig sind. Daraufhin benannten die israelischen Behörden ihre Inhaftierungspolitik um und begannen, Eritreer und Sudanesen zwangsweise in einem "Wohnzentrum" in Holot unterzubringen. Es befindet sich in der abgelegenen Negev-Wüste, und die Lebensbedingungen entsprechen denen in einem Gefängnis, obwohl die Einrichtung anders bezeichnet wird.
Ein 21-Jähriger aus Eritrea, der als einer der ersten in Holot inhaftiert wurde, berichtete im Januar 2014: "Das Leben in Holot ist genau wie in [der israelischen Hafteinrichtung] Saharonim, wo ich die letzten 14 Monate festgehalten wurde. Sehr viele Leute hier haben psychische Probleme, weil sie schon so lange in Haft sind. Ich habe große Angst, dass ich auch welche bekomme. Ich bin schon zu lange im Gefängnis."
Ende August 2014 waren knapp 2.000 Personen aus Eritrea und dem Sudan in Holot, darunter mehr als 1.000, die Asylanträge gestellt haben. In Saharonim lebten knapp 1.000. Die übrigen 41.000 Menschen aus Eritrea und dem Sudan müssen ständig befürchten, nach Holot gebracht zu werden.
Die Inhaftierungen in Holot verletzen das völkerrechtliche Verbot willkürlicher Haft, weil Menschen an einem bestimmten Ort festgehalten werden, an dem sie nicht ihren normalen beruflichen und sozialen Aktivitäten nachgehen können. Darüber hinaus dient die Inhaftierung keinem legitimen Zweck. Stattdessen werden die Betroffenen unter dem Vorwand einer Einwanderungsbestimmung für unbegrenzte Zeit festgehalten. Die israelischen Behörden begründen ihre Entscheidung, eine Person zu inhaftieren, nicht auf der Basis des Einzelfalls. Die Betroffenen haben praktisch keine Möglichkeit, ihre Inhaftierung anzufechten.
Nur Personen, die als Flüchtlinge anerkannt werden, können die Hafteinrichtungen verlassen. Allerdings verweigern die israelischen Behörden Schutzsuchenden aus Eritrea und dem Sudan systematisch den Zugang zu einem fairen und effizienten Asylverfahren. Bis Ende des Jahres 2012 weigerten sich die Behörden, diese Asylanträge überhaupt anzunehmen, weil die Geflüchteten angeblich als geschützte Gruppe in Israel toleriert würden. Diese Politik wendet die Regierung gegenüber Menschen aus bestimmten Ländern an.
Im Februar 2013 gestattete Israel einer bedeutenden Zahl von Menschen aus Eritrea und dem Sudan, Asyl zu beantragen. Aber bis zum März 2014 haben die Behörden nur etwas mehr als 450 Anträge von inhaftierten Personen geprüft. Israelischen Anwälten von Flüchtlingen zufolge gibt es keine Hinweise darauf, dass auch nur ein einziger Antrag von einer Person geprüft wurde, die in einem Dorf oder in einer Stadt in Israel lebt. Knapp 100 Prozent der Anträge wurde abgelehnt.
All diese Maßnahmen stellen Flüchtlinge aus Eritrea und dem Sudan vor die Wahl, lebenslang in Israel inhaftiert zu sein oder in ein Land zurückzukehren, in dem sie verfolgt werden oder auf andere Art in Gefahr sind.
Sieben Flüchtlinge, die in den Sudan zurückgekehrt sind, berichteten, dass sie Israel aus Angst vor endloser Haft verlassen haben. In der sudanesischen Hauptstadt Khartum wurden sie verhaftet und verhört. Drei von ihnen wurden über einen langen Zeitraum festhalten. Einer wurde gefoltert, ein anderer in Einzelhaft gesteckt und der Dritte wegen Hochverrats angeklagt.
Ein sudanesisches Gesetz schreibt vor, dass die Einreise nach Israel mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet wird. Aus diesem Grund haben sudanesische Staatsbürger in Israel einen so genannten Sur Place-Asylanspruch - ihre begründete Angst vor Verfolgung resultiert aus Ereignissen oder Handlungen nach ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsland.
Über das Schicksal der Menschen, die nach Eritrea zurückgekehrt sind, liegen keine Informationen vor. Allerdings ist erwiesen, dass die Behörden in Eritrea in der Vergangenheit Personen misshandelt haben, die aus anderen Ländern zurückgekehrt sind.
Menschen aus Eritrea befürchten aus guten Gründen, verfolgt und bestraft zu werden, wenn sie den zeitlich unbegrenzten Kriegsdienst umgehen. Deswegen und wegen anderer Menschenrechtsverletzungen haben dem UN-Flüchtlingskommissariat zufolge im Jahr 2013 weltweit 83 Prozent aller Asylsuchende aus Eritrea eine Form von Schutz erhalten. Diese Zahl steht im starken Kontrast zu den 0,1 Prozent in Israel.
Eritreer und Sudanesen, die aus Angst vor unbegrenzter Haft aus Israel in ihre Herkunftsländer zurückkehren, sollen als Refoulement-Opfer betrachtet werden. Refoulement ist im Völkerrecht die erzwungene Rückführung eines Flüchtlings oder Asylsuchenden, "auf welche Art auch immer", an einen Ort, an dem ihm Verfolgung droht, oder irgendeiner Person an einen Ort, an dem sie möglicherweise gefoltert oder auf andere Art unmenschlich und erniedrigend behandelt wird.
"Israelische Beamte sagen, dass sie den ‚Eindringlingen das Leben so schwer machen wollen, dass sie das Land verlassen, und behaupten dann, sie seien aus freien Stücken in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt", sagt Simpson. "Das Völkerrecht stellt klar, dass wenn Israel Eritreern und Sudanesen mit lebenslanger Haft droht, sie nicht freiwillig Israel verlassen und nicht freiwillig Gefahren in ihrem Heimatland in Kauf nehmen."
Seit dem Jahr 2008 händigen die israelischen Behörden Personen aus Eritrea und dem Sudan "vorläufige Entlassungsgenehmigungen" aus. Diese müssen alle paar Monate erneuert werden. Passiert dies nicht rechtzeitig, drohen den betroffenen Flüchtlingen Verhaftung, Inhaftierung und Verlust ihrer Arbeitsplätze, weil es mit Bußgeldern bestraft wird, Arbeitnehmer ohne Genehmigungen einzustellen. Ende des Jahres 2013 haben die Behörden den Zugang zum Verlängerungsverfahren stark eingeschränkt. Das führt zu chaotischen Zuständen, weil sehr viele Betroffene verzweifelt versuchen, ihre Genehmigungen zu erneuern. Verteter der Flüchtlinge sagten, dass dadurch entstehender Stress und der Mangel an überlebensnotwendigen Ressourcen massiv dazu beigetragen haben, dass viele das Land verlassen wollten.
Der Bericht untersucht auch die widersprüchliche und unklare Arbeitserlaubnispolitik in Israel, wegen der sehr viele Menschen aus Eritrea und dem Sudan nicht arbeiten können und in ständiger Angst leben, mittellos zu werden. Auch das hat, zusammen mit den Hürden beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, den Druck erhöht, Israel zu verlassen.
Israel soll alle Sudanesen im Land als Flüchtlinge anerkennen und Asylgesuche von Personen aus Eritrea entsprechend der UNHCR-Richtlinien prüfen.
Da es Jahre dauer würde, Zehntausende Asylgesuche fair und im Einklang mit internationalen Asylrechtsstandards zu prüfen und auf Grund der verbreiteten Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern sollen die israelischen Behörden außerdem allen Menschen aus Eritrea und dem Sudan einen sicheren, zeitlich begrenzten Aufenthaltsstatus verleihen, der alle 12 Monate erneuert werden kann. Dieser Status kann aufgehoben werden, sobald sich die Situation in den Herkunftsländern soweit verbessert hat, dass die Flüchtlinge sicher und unter Wahrung ihrer Menschenwürde dorthin zurückkehren können.
"Die israelischen Behörden sind anscheinend wild entschlossen, gewaltige Ressourcen darauf zu verwenden, Tausende widerrechtlich zu inhaftieren und die zahllosen Asylanträge nur zu prüfen, um sie alle abzulehnen", so Simpson. "Israel soll seinen Verpflichtungen nachkommen und diese Menschen schützen. Auch sollen sie in Israel arbeiten und vorübergehend dort leben dürfen."
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