12.09.2014 14:37 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. IW Köln
Staatsverschuldung: Die Schuldenbremse ist tabu
Kurzfassung: Staatsverschuldung: Die Schuldenbremse ist tabuEs kommt Bewegung in die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Zuerst umwarb der Bundesfinanzminister die Länder mit der Beteiligung an den Einn ...
[Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. IW Köln - 12.09.2014] Staatsverschuldung: Die Schuldenbremse ist tabu
Es kommt Bewegung in die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Zuerst umwarb der Bundesfinanzminister die Länder mit der Beteiligung an den Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag. Nun will er laut Süddeutscher Zeitung die Schuldenbremse für die Länder lockern. Doch an der Bremse zu rütteln wäre fatal. Richtig ist hingegen Schäubles Forderung, dass es wirksame Sanktionen braucht, wenn Bundesländer die Schuldenbremse nicht einhalten.
Die Regeln der Schuldenbremse haben Bund und Länder bereits 2009 ausgehandelt. Demnach darf der Bund ab 2016 nur noch Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen, was aktuell gut 10 Milliarden Euro entspricht. Die Länder haben indes noch bis 2020 Zeit, ihre Defizite abzubauen - dürfen dann aber gar keine strukturelle Neuverschuldung mehr aufbauen. Strukturell bedeutet: ohne konjunkturelle Einflüsse; im Abschwung dürfen also ausnahmsweise Kredite aufgenommen werden, die dann aber im Aufschwung zurückgezahlt werden müssen.
Der besondere Coup an dem langen Vorlauf der Schuldenbremse war: Zum einen gibt der großzügig bemessene Übergangszeitraum den Ländern ausreichend Zeit, ihre Haushalte in den Griff zu bekommen. Zum anderen sind die meisten Politiker, die den Beschluss gefasst haben, zehn Jahre später nicht mehr im Amt und müssen den Beschluss nicht selbst umsetzen.
Gleichzeitig gibt es seit der Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz allerdings Zweifel, ob sie wirklich greifen kann. Denn einerseits mangelt es bisher an Sanktionen, die beim Verletzten des Neuverschuldungsverbots greifen. Deshalb ist die Forderung des Bundesfinanzministers richtig, den Stabilitätsrat, der den Konsolidierungsprozess überwacht, so zu stärken, dass er verbindliche Maßnahmen verordnen und Sanktionen verhängen kann.
Die lange Vorlaufzeit der Schuldenbremse birgt andererseits das Problem, dass diejenigen, die den Beschluss nun umsetzen müssen, die vereinbarten Regeln in Frage stellen - und damit beginnt ausgerechnet Bundesfinanzminister Schäuble. Zwar möchte er zunächst nur einen Teil des Bundesspielraums an die Länder abgeben. Aber die Länder könnten schnell auf die Idee kommen, dass sich die Spielregeln noch stärker zu ihren Gunsten ändern lassen.
Das ist indes keine Option, würde dadurch doch Deutschlands Zukunftsfähigkeit gefährdet - ganz von der Glaubwürdigkeit in anderen Ländern abgesehen. Und: Wenn die Länder Unterstützung durch den Bund benötigen, um die Schuldenbremse einzuhalten, eröffnen die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich dafür genügend Möglichkeiten. Eine Änderung des Grundgesetztes muss aber tabu bleiben.
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Es kommt Bewegung in die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Zuerst umwarb der Bundesfinanzminister die Länder mit der Beteiligung an den Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag. Nun will er laut Süddeutscher Zeitung die Schuldenbremse für die Länder lockern. Doch an der Bremse zu rütteln wäre fatal. Richtig ist hingegen Schäubles Forderung, dass es wirksame Sanktionen braucht, wenn Bundesländer die Schuldenbremse nicht einhalten.
Die Regeln der Schuldenbremse haben Bund und Länder bereits 2009 ausgehandelt. Demnach darf der Bund ab 2016 nur noch Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen, was aktuell gut 10 Milliarden Euro entspricht. Die Länder haben indes noch bis 2020 Zeit, ihre Defizite abzubauen - dürfen dann aber gar keine strukturelle Neuverschuldung mehr aufbauen. Strukturell bedeutet: ohne konjunkturelle Einflüsse; im Abschwung dürfen also ausnahmsweise Kredite aufgenommen werden, die dann aber im Aufschwung zurückgezahlt werden müssen.
Der besondere Coup an dem langen Vorlauf der Schuldenbremse war: Zum einen gibt der großzügig bemessene Übergangszeitraum den Ländern ausreichend Zeit, ihre Haushalte in den Griff zu bekommen. Zum anderen sind die meisten Politiker, die den Beschluss gefasst haben, zehn Jahre später nicht mehr im Amt und müssen den Beschluss nicht selbst umsetzen.
Gleichzeitig gibt es seit der Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz allerdings Zweifel, ob sie wirklich greifen kann. Denn einerseits mangelt es bisher an Sanktionen, die beim Verletzten des Neuverschuldungsverbots greifen. Deshalb ist die Forderung des Bundesfinanzministers richtig, den Stabilitätsrat, der den Konsolidierungsprozess überwacht, so zu stärken, dass er verbindliche Maßnahmen verordnen und Sanktionen verhängen kann.
Die lange Vorlaufzeit der Schuldenbremse birgt andererseits das Problem, dass diejenigen, die den Beschluss nun umsetzen müssen, die vereinbarten Regeln in Frage stellen - und damit beginnt ausgerechnet Bundesfinanzminister Schäuble. Zwar möchte er zunächst nur einen Teil des Bundesspielraums an die Länder abgeben. Aber die Länder könnten schnell auf die Idee kommen, dass sich die Spielregeln noch stärker zu ihren Gunsten ändern lassen.
Das ist indes keine Option, würde dadurch doch Deutschlands Zukunftsfähigkeit gefährdet - ganz von der Glaubwürdigkeit in anderen Ländern abgesehen. Und: Wenn die Länder Unterstützung durch den Bund benötigen, um die Schuldenbremse einzuhalten, eröffnen die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich dafür genügend Möglichkeiten. Eine Änderung des Grundgesetztes muss aber tabu bleiben.
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