16.09.2014 15:29 Uhr in Kultur & Kunst von Georg-August-Universität Göttingen
Rechnungen aus dem Mittelalter
Kurzfassung: Rechnungen aus dem MittelalterHistoriker dokumentieren Notizbuch der Kirchenbaumeister von St. Jacobi aus dem 15. JahrhundertDer Kirchturm von St. Jacobi prägt die Silhouette der Stadt Göttingen sei ...
[Georg-August-Universität Göttingen - 16.09.2014] Rechnungen aus dem Mittelalter
Historiker dokumentieren Notizbuch der Kirchenbaumeister von St. Jacobi aus dem 15. Jahrhundert
Der Kirchturm von St. Jacobi prägt die Silhouette der Stadt Göttingen seit vielen Jahrhunderten. Seit 2009 wurde der Turm aufwändig restauriert. Zeitgleich zum Ende der Sanierung haben Wissenschaftler der Universität Göttingen nun ihre Arbeit an der Edition des Kopial- und Rechnungsbuchs zum Turmbau aus dem 15. Jahrhundert fertiggestellt. Die 120-seitige Edition enthält Rechnungen über den Bau des Turmes seit 1416 sowie alle mit diesem Vorhaben verbundenen Dokumente. Das Buch stellt eine einzigartige Quelle der norddeutschen Kirchen- und Architekturgeschichte dar. Gleichzeitig enthält es den ersten Beleg für die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Göttingen.
Die Arbeit der Forscher vom Institut für Historische Landesforschung brachte überraschende Ergebnisse: So fanden sie beispielsweise den Arbeitsvertrag des Baumeisters Hans Rutenstein, der zuvor in Hildesheim und Duderstadt gearbeitet hatte. Sein Nachfolger Jakob war vermutlich der Meister Jakob von Göttingen, der auch am Turm von St. Andreas in Braunschweig tätig war. "Damit kann der in der Kunstgeschichte immer wieder vermutete Zusammenhang zwischen den Kirchtürmen in Göttingen, Hildesheim und Braunschweig als bewiesen angenommen werden", sagt der Leiter des Instituts, Prof. Dr. Arnd Reitemeier.
Ging die Forschung bislang davon aus, dass ein Baumeister den Bau einer Kirche vollständig betreute, so zeigen die Rechnungen nun das Gegenteil. Die Baumeister und ihre Stellvertreter betreuten mehrere Baustellen gleichzeitig und waren eher selten in Göttingen. Zugleich dokumentierten die Kirchenmeister jede Ausgabe bis ins letzte Detail, weshalb heute die Rekonstruktion der einzelnen Bauphasen möglich ist. Der Bau eines Kirchturms war ein nicht nur technisches, sondern auch ökonomisches Großvorhaben. "Anders als viele heutige Projekte aber erwirtschaftete die Gemeinde mit dem Bau einen Gewinn, denn die Zinszahlungen für das aufgenommene Kapital lagen über den Ausgaben. Auf diese Weise konnten die Leistungen für unvorhergesehene Ausgaben beispielsweise in Folge von Zerstörungen gedeckt werden", so Prof. Reitemeier.
Der Edition ist ein ausführliches Vorwort vorangestellt, das die Einnahmen- und Ausgaben der Kirchenmeister erläutert und in den Kontext sowohl der Baugeschichte als auch der wirtschafts- und sozialhistorischen Forschung einordnet. Die Projektkosten in Höhe von rund 30.000 Euro wurden zur Hälfte von der VGH Stiftung getragen, die andere Hälfte übernahmen die an der Restaurierung des Turmes beteiligten Firmen (Institut für Konservierung und Restaurierung, Fachbüro für Denkmalpflege/Elektro Pröger GmbH, Nüthen Restaurierungen GmbH
Co. KG, Holzbau Walde und Gebr. Lechte HWP GmbH). Die Druckkosten des Werkes hat die Kirchengemeinde finanziert.
Originalveröffentlichung: Josef Dolle: Das Rechnungs- und Kopialbuch der Kirche St. Jacobi in Göttingen. Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen, 184 Seiten, ISBN 978-3-89534-989-8.
Hinweis an die Redaktionen:
Fotos zum Thema haben wir im Internet unter www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=4900 zum Download bereitgestellt.
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Arnd Reitemeier
Georg-August-Universität Göttingen
Philosophische Fakultät - Institut für Historische Landesforschung
Heinrich-Düker-Weg
37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-21213
E-Mail: arnd.reitemeier@phil.uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/98294.html
Historiker dokumentieren Notizbuch der Kirchenbaumeister von St. Jacobi aus dem 15. Jahrhundert
Der Kirchturm von St. Jacobi prägt die Silhouette der Stadt Göttingen seit vielen Jahrhunderten. Seit 2009 wurde der Turm aufwändig restauriert. Zeitgleich zum Ende der Sanierung haben Wissenschaftler der Universität Göttingen nun ihre Arbeit an der Edition des Kopial- und Rechnungsbuchs zum Turmbau aus dem 15. Jahrhundert fertiggestellt. Die 120-seitige Edition enthält Rechnungen über den Bau des Turmes seit 1416 sowie alle mit diesem Vorhaben verbundenen Dokumente. Das Buch stellt eine einzigartige Quelle der norddeutschen Kirchen- und Architekturgeschichte dar. Gleichzeitig enthält es den ersten Beleg für die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Göttingen.
Die Arbeit der Forscher vom Institut für Historische Landesforschung brachte überraschende Ergebnisse: So fanden sie beispielsweise den Arbeitsvertrag des Baumeisters Hans Rutenstein, der zuvor in Hildesheim und Duderstadt gearbeitet hatte. Sein Nachfolger Jakob war vermutlich der Meister Jakob von Göttingen, der auch am Turm von St. Andreas in Braunschweig tätig war. "Damit kann der in der Kunstgeschichte immer wieder vermutete Zusammenhang zwischen den Kirchtürmen in Göttingen, Hildesheim und Braunschweig als bewiesen angenommen werden", sagt der Leiter des Instituts, Prof. Dr. Arnd Reitemeier.
Ging die Forschung bislang davon aus, dass ein Baumeister den Bau einer Kirche vollständig betreute, so zeigen die Rechnungen nun das Gegenteil. Die Baumeister und ihre Stellvertreter betreuten mehrere Baustellen gleichzeitig und waren eher selten in Göttingen. Zugleich dokumentierten die Kirchenmeister jede Ausgabe bis ins letzte Detail, weshalb heute die Rekonstruktion der einzelnen Bauphasen möglich ist. Der Bau eines Kirchturms war ein nicht nur technisches, sondern auch ökonomisches Großvorhaben. "Anders als viele heutige Projekte aber erwirtschaftete die Gemeinde mit dem Bau einen Gewinn, denn die Zinszahlungen für das aufgenommene Kapital lagen über den Ausgaben. Auf diese Weise konnten die Leistungen für unvorhergesehene Ausgaben beispielsweise in Folge von Zerstörungen gedeckt werden", so Prof. Reitemeier.
Der Edition ist ein ausführliches Vorwort vorangestellt, das die Einnahmen- und Ausgaben der Kirchenmeister erläutert und in den Kontext sowohl der Baugeschichte als auch der wirtschafts- und sozialhistorischen Forschung einordnet. Die Projektkosten in Höhe von rund 30.000 Euro wurden zur Hälfte von der VGH Stiftung getragen, die andere Hälfte übernahmen die an der Restaurierung des Turmes beteiligten Firmen (Institut für Konservierung und Restaurierung, Fachbüro für Denkmalpflege/Elektro Pröger GmbH, Nüthen Restaurierungen GmbH
Co. KG, Holzbau Walde und Gebr. Lechte HWP GmbH). Die Druckkosten des Werkes hat die Kirchengemeinde finanziert.
Originalveröffentlichung: Josef Dolle: Das Rechnungs- und Kopialbuch der Kirche St. Jacobi in Göttingen. Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen, 184 Seiten, ISBN 978-3-89534-989-8.
Hinweis an die Redaktionen:
Fotos zum Thema haben wir im Internet unter www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=4900 zum Download bereitgestellt.
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Georg-August-Universität Göttingen
Philosophische Fakultät - Institut für Historische Landesforschung
Heinrich-Düker-Weg
37073 Göttingen
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E-Mail: arnd.reitemeier@phil.uni-goettingen.de
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