25.09.2014 13:00 Uhr in Medien & Presse von CDU
Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der 'Stuttgarter Zeitung'
Kurzfassung: Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der "Stuttgarter Zeitung"Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der "Stuttgarter Zeitung" (heutig ...
[CDU - 25.09.2014] Interview von CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der "Stuttgarter Zeitung"
Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der "Stuttgarter Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Armin Käfer.
Stuttgarter Zeitung: Herr Tauber, Sie wirken immer sehr entspannt. Dabei hätten Sie doch Sorgen genug. Rechts der CDU macht es sich die AfD bequem. In der Mitte stirbt mit der FDP eine Machtoption für die Union.
Peter Tauber: Es hilft nichts, die Hände in die Luft zu werfen und orientierungslos im Kreis zu laufen. Ob und wie sich die AfD entwickelt, ist spannend zu beobachten.
Stuttgarter Zeitung: Na, im Revier der Union. Wo sonst?
Tauber: Das trifft es so pauschal nicht. In Brandenburg etwa hat sie sich eher an die Wähler der Linkspartei gewandt. In Sachsen hat sie mit klassischen Themen wie dem der inneren Sicherheit durchaus CDU-Wähler angesprochen. Wenn man sich ihre Funktionäre anschaut, zeichnet sich eine starke Tendenz nach ganz rechts ab. Momentan gibt es viele Anzeichen für eine klassische Protestpartei. Aber natürlich müssen wir uns als CDU fragen, wie wir Wähler, die wir an die AfD verloren haben, wieder erreichen können.
Stuttgarter Zeitung: Haben Sie da schon eine Antwort?
Tauber: Beim Thema innere Sicherheit beispielsweise haben wir mit dem Asylkompromiss und mit den Maßnahmen gegen den Missbrauch von Sozialleistungen unter dem Deckmantel der Freizügigkeit Antworten gegeben. Leuten, die sich aus Verärgerung von uns abwenden, reicht das aber häufig nicht. Die wollen sehen, dass sich konkret etwas ändert. Ehe solche Maßnahmen greifen, braucht es aber Zeit. Alle zurückzugewinnen wird ohnehin nicht gelingen. In der Europapolitik etwa werden wir nur jene wieder für die CDU begeistern, die wir davon überzeugen, dass unser Kurs richtig ist. Denn unsere Europapolitik werden wir nicht ändern.
Stuttgarter Zeitung: Heißt das, dass Sie einen Teil Ihres früheren Wählerpotenzials schlichtweg aufgegeben haben?
Tauber: Die aktuellen Umfragen zeigen ein erstaunliches Bild. Ein Jahr nach der Bundestagswahl liegt die Union stabil über 40 Prozent. Offenbar sind unsere Wähler mit ihrer Entscheidung zufrieden. Warum sollten wir unseren Kurs ändern?
Stuttgarter Zeitung: Die FDP scheint sich aufzulösen. Sie hinterlässt ein liberales Vakuum. Das gibt es aber auch in der CDU, wie manche Ihrer Parteifreunde beklagen. Was tun Sie, um dieses Vakuum zu füllen?
Tauber: Grundsätzlich glaube ich, dass wir eine liberale Partei in Deutschland brauchen. Die Impulse, die von der FDP ausgegangen sind, können andere Parteien nicht einfach übernehmen. Was die Wirtschaftspolitik betrifft, so treibt uns das sehr um. Wir haben im ersten Jahr der großen Koalition wichtige sozialpolitische Vorhaben umgesetzt. Jetzt müssen wir dringend etwas dafür tun, dass diese sozialen Leistungen künftig weiter finanziert werden können. Die Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen in die Infrastruktur rücken wir jetzt in den Vordergrund. Da wird die Union den Wirtschaftsminister antreiben, damit er nicht den Blick für die richtige Weichenstellung verliert.
Stuttgarter Zeitung: Womit wollen Sie ihn treiben?
Tauber: Wir werden etwa bei der Digitalen Agenda darauf schauen, dass wir den richtigen Schwerpunkt auf die Innovation legen und nicht nur auf die "Abwehr" amerikanischer Großkonzerne. Statt der wiederholten Kritik an Google, die nichts ändert, sollten wir uns fragen, was wir tun müssen, damit der nächste große Internetkonzern in Europa entsteht.
Stuttgarter Zeitung: Streben Sie auch bei Leiharbeit, Zeitarbeit und Werkverträgen eine Liberalisierung an?
Tauber: Was im Koalitionsvertrag steht, werden wir umsetzen. Es geht eher um neue Ideen aus der SPD, bei denen wir darauf achten werden, dass sie der Wettbewerbsfähigkeit nicht schaden. Ich denke da an den Vorschlag der Arbeitsministerin Nahles, Sanktionen für jugendliche Hartz-IV-Empfänger abzuschaffen. Das wollen wir so nicht. Das gilt auch für den Vorstoß der Bauministerin Hendricks, wieder einen Heizkostenzuschuss einzuführen. Wir brauchen keine neuen Transferleistungen.
Stuttgarter Zeitung: Die SPD denkt in Thüringen darüber nach, einem linken Ministerpräsidenten in den Sattel zu verhelfen. Welche alternativen Machtoptionen hat eigentlich die CDU? Ist Schwarz-Grün noch eine Perspektive - angesichts der Führungsschwäche und der Orientierungslosigkeit der Grünen im Bund?
Tauber: Bei den Grünen gibt es verschiedene Entwicklungen. Wie der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann sich beim Asylrecht verhalten hat, verdient unseren Respekt. Er hat die Parteipolitik beiseitegelassen und einen pragmatischen Kompromiss gesucht, auch im Interesse seines eigenen Bundeslandes. Er hat bewiesen, dass er jenseits dogmatischer Ziele verantwortlich zu handeln weiß. Auf diese Weise ließen sich gemeinsame Projekte finden. Leider gibt es bei den Grünen auch andere Stimmen. Schwarz-Grün ist für uns kein Selbstzweck.
Stuttgarter Zeitung: Kretschmann spricht in Baden-Württemberg ja auch CDU-Wähler an. Auf der anderen Seite ergeht es vielen ihrer Anhänger so wie Erwin Teufel: Sie fühlen sich in der CDU zunehmend heimatlos.
Tauber: Die CDU bietet allen eine Heimat, die sich am christlichen Menschenbild orientieren, die die soziale Marktwirtschaft für den richtigen ordnungspolitischen Rahmen halten und die sich zu unserem Vaterland bekennen. Die Wahrheit ist aber, dass die CDU des Jahres 2014 nicht mehr die CDU von 1992 ist. Damals bin ich eingetreten. Es wird niemand ernsthaft erwarten, dass die CDU sich seit damals nicht in gleicher Weise verändert hat, wie sich auch unser Land ständig verändert. Eine moderne Volkspartei muss sich mit dem Land entwickeln. Wir dürfen nur nie vergessen, wo unsere Wurzeln liegen.
Stuttgarter Zeitung: Zurück zur CDU von Helmut Kohl und Erwin Teufel wäre kein Erfolgsrezept?
Tauber: Ich glaube, dass es kein Erfolgsrezept wäre, weil sich auch die Entwicklung unseres Landes nicht zurückdrehen lässt in jene Zeit. Kohl und Teufel haben in ihrer Zeit die Antworten gegeben, die es brauchte und die anders waren als die ihrer Vorgänger. Wir sind aufgerufen, die richtigen Antworten für heute zu geben. Wir richten den Blick nach vorne. Mit den Konzepten von gestern gewinnt man die Zukunft nicht.
Stuttgarter Zeitung: Bei der Debatte über das Asylrecht im Bundesrat hat der Ministerpräsident aus Kiel gesagt, das Boot sei noch lange nicht voll. Wie viel Platz ist denn noch im Boot?
Tauber: Der Ministerpräsident würde im Gespräch mit seinen Bürgermeistern hören, welche großen Probleme sie haben, Flüchtlinge unterzubringen und vor allem zu integrieren. Es reicht nicht, jemandem ein Bett aufzustellen. Es geht auch darum, dass das Zusammenleben in der Gemeinschaft funktioniert.
Stuttgarter Zeitung: Sehen Sie da eine Grenze der Belastungsfähigkeit erreicht?
Tauber: Ich glaube, es ist richtig, europaweit zu schauen, ob jeder das tut, was er tun kann.
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10785 Berlin
Deutschland
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Die Pressestelle der CDU Deutschlands teilt mit:
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der "Stuttgarter Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Armin Käfer.
Stuttgarter Zeitung: Herr Tauber, Sie wirken immer sehr entspannt. Dabei hätten Sie doch Sorgen genug. Rechts der CDU macht es sich die AfD bequem. In der Mitte stirbt mit der FDP eine Machtoption für die Union.
Peter Tauber: Es hilft nichts, die Hände in die Luft zu werfen und orientierungslos im Kreis zu laufen. Ob und wie sich die AfD entwickelt, ist spannend zu beobachten.
Stuttgarter Zeitung: Na, im Revier der Union. Wo sonst?
Tauber: Das trifft es so pauschal nicht. In Brandenburg etwa hat sie sich eher an die Wähler der Linkspartei gewandt. In Sachsen hat sie mit klassischen Themen wie dem der inneren Sicherheit durchaus CDU-Wähler angesprochen. Wenn man sich ihre Funktionäre anschaut, zeichnet sich eine starke Tendenz nach ganz rechts ab. Momentan gibt es viele Anzeichen für eine klassische Protestpartei. Aber natürlich müssen wir uns als CDU fragen, wie wir Wähler, die wir an die AfD verloren haben, wieder erreichen können.
Stuttgarter Zeitung: Haben Sie da schon eine Antwort?
Tauber: Beim Thema innere Sicherheit beispielsweise haben wir mit dem Asylkompromiss und mit den Maßnahmen gegen den Missbrauch von Sozialleistungen unter dem Deckmantel der Freizügigkeit Antworten gegeben. Leuten, die sich aus Verärgerung von uns abwenden, reicht das aber häufig nicht. Die wollen sehen, dass sich konkret etwas ändert. Ehe solche Maßnahmen greifen, braucht es aber Zeit. Alle zurückzugewinnen wird ohnehin nicht gelingen. In der Europapolitik etwa werden wir nur jene wieder für die CDU begeistern, die wir davon überzeugen, dass unser Kurs richtig ist. Denn unsere Europapolitik werden wir nicht ändern.
Stuttgarter Zeitung: Heißt das, dass Sie einen Teil Ihres früheren Wählerpotenzials schlichtweg aufgegeben haben?
Tauber: Die aktuellen Umfragen zeigen ein erstaunliches Bild. Ein Jahr nach der Bundestagswahl liegt die Union stabil über 40 Prozent. Offenbar sind unsere Wähler mit ihrer Entscheidung zufrieden. Warum sollten wir unseren Kurs ändern?
Stuttgarter Zeitung: Die FDP scheint sich aufzulösen. Sie hinterlässt ein liberales Vakuum. Das gibt es aber auch in der CDU, wie manche Ihrer Parteifreunde beklagen. Was tun Sie, um dieses Vakuum zu füllen?
Tauber: Grundsätzlich glaube ich, dass wir eine liberale Partei in Deutschland brauchen. Die Impulse, die von der FDP ausgegangen sind, können andere Parteien nicht einfach übernehmen. Was die Wirtschaftspolitik betrifft, so treibt uns das sehr um. Wir haben im ersten Jahr der großen Koalition wichtige sozialpolitische Vorhaben umgesetzt. Jetzt müssen wir dringend etwas dafür tun, dass diese sozialen Leistungen künftig weiter finanziert werden können. Die Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen in die Infrastruktur rücken wir jetzt in den Vordergrund. Da wird die Union den Wirtschaftsminister antreiben, damit er nicht den Blick für die richtige Weichenstellung verliert.
Stuttgarter Zeitung: Womit wollen Sie ihn treiben?
Tauber: Wir werden etwa bei der Digitalen Agenda darauf schauen, dass wir den richtigen Schwerpunkt auf die Innovation legen und nicht nur auf die "Abwehr" amerikanischer Großkonzerne. Statt der wiederholten Kritik an Google, die nichts ändert, sollten wir uns fragen, was wir tun müssen, damit der nächste große Internetkonzern in Europa entsteht.
Stuttgarter Zeitung: Streben Sie auch bei Leiharbeit, Zeitarbeit und Werkverträgen eine Liberalisierung an?
Tauber: Was im Koalitionsvertrag steht, werden wir umsetzen. Es geht eher um neue Ideen aus der SPD, bei denen wir darauf achten werden, dass sie der Wettbewerbsfähigkeit nicht schaden. Ich denke da an den Vorschlag der Arbeitsministerin Nahles, Sanktionen für jugendliche Hartz-IV-Empfänger abzuschaffen. Das wollen wir so nicht. Das gilt auch für den Vorstoß der Bauministerin Hendricks, wieder einen Heizkostenzuschuss einzuführen. Wir brauchen keine neuen Transferleistungen.
Stuttgarter Zeitung: Die SPD denkt in Thüringen darüber nach, einem linken Ministerpräsidenten in den Sattel zu verhelfen. Welche alternativen Machtoptionen hat eigentlich die CDU? Ist Schwarz-Grün noch eine Perspektive - angesichts der Führungsschwäche und der Orientierungslosigkeit der Grünen im Bund?
Tauber: Bei den Grünen gibt es verschiedene Entwicklungen. Wie der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann sich beim Asylrecht verhalten hat, verdient unseren Respekt. Er hat die Parteipolitik beiseitegelassen und einen pragmatischen Kompromiss gesucht, auch im Interesse seines eigenen Bundeslandes. Er hat bewiesen, dass er jenseits dogmatischer Ziele verantwortlich zu handeln weiß. Auf diese Weise ließen sich gemeinsame Projekte finden. Leider gibt es bei den Grünen auch andere Stimmen. Schwarz-Grün ist für uns kein Selbstzweck.
Stuttgarter Zeitung: Kretschmann spricht in Baden-Württemberg ja auch CDU-Wähler an. Auf der anderen Seite ergeht es vielen ihrer Anhänger so wie Erwin Teufel: Sie fühlen sich in der CDU zunehmend heimatlos.
Tauber: Die CDU bietet allen eine Heimat, die sich am christlichen Menschenbild orientieren, die die soziale Marktwirtschaft für den richtigen ordnungspolitischen Rahmen halten und die sich zu unserem Vaterland bekennen. Die Wahrheit ist aber, dass die CDU des Jahres 2014 nicht mehr die CDU von 1992 ist. Damals bin ich eingetreten. Es wird niemand ernsthaft erwarten, dass die CDU sich seit damals nicht in gleicher Weise verändert hat, wie sich auch unser Land ständig verändert. Eine moderne Volkspartei muss sich mit dem Land entwickeln. Wir dürfen nur nie vergessen, wo unsere Wurzeln liegen.
Stuttgarter Zeitung: Zurück zur CDU von Helmut Kohl und Erwin Teufel wäre kein Erfolgsrezept?
Tauber: Ich glaube, dass es kein Erfolgsrezept wäre, weil sich auch die Entwicklung unseres Landes nicht zurückdrehen lässt in jene Zeit. Kohl und Teufel haben in ihrer Zeit die Antworten gegeben, die es brauchte und die anders waren als die ihrer Vorgänger. Wir sind aufgerufen, die richtigen Antworten für heute zu geben. Wir richten den Blick nach vorne. Mit den Konzepten von gestern gewinnt man die Zukunft nicht.
Stuttgarter Zeitung: Bei der Debatte über das Asylrecht im Bundesrat hat der Ministerpräsident aus Kiel gesagt, das Boot sei noch lange nicht voll. Wie viel Platz ist denn noch im Boot?
Tauber: Der Ministerpräsident würde im Gespräch mit seinen Bürgermeistern hören, welche großen Probleme sie haben, Flüchtlinge unterzubringen und vor allem zu integrieren. Es reicht nicht, jemandem ein Bett aufzustellen. Es geht auch darum, dass das Zusammenleben in der Gemeinschaft funktioniert.
Stuttgarter Zeitung: Sehen Sie da eine Grenze der Belastungsfähigkeit erreicht?
Tauber: Ich glaube, es ist richtig, europaweit zu schauen, ob jeder das tut, was er tun kann.
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