WESTERWELLE-Interview für "Bild (26.04.2011)

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 26.04.2011
Pressemitteilung vom: 26.04.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO WESTERWELLE gab "Bild" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte JAN W. SCHÄFER. Frage: Die Freiheitsbewegungen in Ägypten und Tunesien sind ins Stocken ...

[FDP - 26.04.2011] WESTERWELLE-Interview für "Bild" (26.04.2011)


Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister DR. GUIDO
WESTERWELLE gab "Bild" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte JAN W. SCHÄFER.
Frage: Die Freiheitsbewegungen in Ägypten und Tunesien sind ins Stocken geraten, in Libyen herrscht Bürgerkrieg. Drohen die Revolutionen zu scheitern?
WESTERWELLE: Wer denkt, die Revolutionen in unserer Nachbarschaft seien bereits abgeschlossen, der irrt. Wir Europäer müssen jetzt beherzt handeln, damit auf den arabischen Frühling ein Sommer folgt – und kein Zurück in den Winter. Ich bin sehr besorgt über die Gewalt in Syrien und fordere Präsident Assad dringend auf, die Bürger- und Menschenrechte zu respektieren.
Frage: Die NATO könnte Gaddafi mit Bodentruppen stürzen. Warum lehnen Sie das ab?
WESTERWELLE: Wir fordern von Oberst Gaddafi, den Krieg gegen sein eigenes Volk zu beenden. Deswegen haben wir auf harte Sanktionen und die Befassung des internationalen Strafgerichtshofs gedrängt. Wir müssen den Druck auf das Regime aufrecht erhalten und gleichzeitig die Weichen für ein friedliches und freies Libyen ohne Gaddafi stellen.
Frage: Aber damit stoppen Sie das Blutvergießen nicht!
WESTERWELLE: Wir haben von Anfang an klar gesagt, dass sich Deutschland an dem Kampfeinsatz nicht beteiligt. Die Grenzen des Militärischen werden sichtbar. Wir brauchen eine schnelle politische Lösung, gerade um die Zivilbevölkerung zu schützen. Es braucht den Druck der gesamten Völkergemeinschaft, damit Gaddafi einen Waffenstillstand endlich einhält.
Frage: Wird Deutschland Flüchtlinge aus Nordafrika aufnehmen?
WESTERWELLE: Wenn Menschen aus dem Krieg flüchten, muss Europa helfen. Viele Menschen verlassen ihre Heimat in Nordafrika aber aus wirtschaftlichen Gründen. Sie brauchen vor Ort Chancen und Perspektiven, um beim Aufbau ihrer Länder zu helfen.
Frage: Auch die Euro-Zone steckt in einer schweren Krise. Aus Finnland kommen jetzt sogar Drohungen, sich am künftigen Rettungsschirm ESM nicht mehr zu beteiligen!
WESTERWELLE: Ich gehe davon aus, dass Zusagen eingehalten werden. Die anderen Euro-Staaten verlassen sich darauf.
Frage: Soll der Bundestag künftig das letzte Wort haben, ob überschuldete Euro-Staaten Hilfen aus dem Rettungsschirm bekommen?
WESTERWELLE: Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments und darf keinesfalls ausgehebelt werden. Als langjähriger Parlamentarier verstehe ich die entsprechenden Mahnungen der Abgeordneten sehr gut. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine gute Lösung hinbekommen. Wir brauchen eine stabile Währung in einem starken Europa. Das liegt im deutschen Interesse, schon wenn ich nur an unsere Arbeitsplätze denke.
Frage: Sie wurden von Ihrer eigenen Partei gedrängt, den FDP-Vorsitz abzugeben. Sind Sie jetzt ein Außenminister auf Abruf?
WESTERWELLE: Nach zehn Jahren als FDP-Vorsitzender habe ich entschieden, auf dem Parteitag im Mai nicht wieder zu kandidieren. Jetzt konzentriere ich meine ganze Kraft auf das Amt als Außenminister. Die Umwälzungen und Entwicklungen in Europa und der Welt sind fordernd genug.
Frage: Sind Sie enttäuscht von den Parteifreunden, die Sie zum Rückzug gedrängt haben?
WESTERWELLE: Ich habe meine Entscheidung selbst getroffen.
Frage: Philipp Rösler soll neuer FDP-Chef werden. Müssen weitere personelle Änderungen an Partei- und Fraktionsspitze folgen?
WESTERWELLE: Ich habe großes Vertrauen, dass die künftige Führung erfolgreich arbeiten wird. Ich werde sie dabei unterstützen.
Frage: Befürchten Sie einen Linksschwenk der FDP?
WESTERWELLE: Die FDP hat ihren Anteil daran, dass diese Koalition sehr erfolgreich arbeitet und es Deutschland heute so gut geht wie seit Anfang der 90er-Jahre nicht mehr. Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Nettolöhne steigen wie seit anderthalb Jahrzehnten nicht. Andere Länder beneiden uns um diesen Erfolgskurs.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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