15.10.2014 12:32 Uhr in Gesellschaft & Familie von Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina
Akademien fordern Konsequenzen aus der Ebolavirus-Epidemie
Kurzfassung: Akademien fordern Konsequenzen aus der Ebolavirus-EpidemieIn der Stellungnahme fordern die Akademien folgende Konsequenzen: Zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie besteht ein dringender Bedarf an Impfstof ...
[Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina - 15.10.2014] Akademien fordern Konsequenzen aus der Ebolavirus-Epidemie
In der Stellungnahme fordern die Akademien folgende Konsequenzen: Zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie besteht ein dringender Bedarf an Impfstoffen und antiviralen Medikamenten. Um diesen Bedarf zu decken, muss kurzfristig die Weiterentwicklung von experimentell wirksamen Impfstoffen oder Therapeutika für die klinische Anwendung beschleunigt werden. Dem Vorsorgeprinzip entsprechend muss die Entwicklung auch dann weiter verfolgt werden, wenn ein Erreger vorerst wieder verschwunden ist; denn ein erneuter Ausbruch wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stattfinden. Zum Vorsorgeprinzip gehört auch, dass bei Verfügbarkeit von wirksamen Impfstoffen und antiviralen Medikamenten diese bei einem erneuten Ausbruch in aus-reichenden Mengen vorgehalten werden. Um auf zukünftige Ausbrüche besser vorbereitet zu sein, ist die medizinische und die sozialwissenschaftliche Forschung zu stärken.
Anlass
Am 8. August rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Grund des Ebolavirus-Ausbruchs in Westafrika den internationalen Gesundheitsnotstand aus. Die WHO hob dabei besonders hervor,
1.dass es sich bei dem Ausbruch um ein außergewöhnliches Ereignis handele, das die öffentliche Gesundheit anderer Staaten in erheblichem Maß bedrohe,
2.dass angesichts der hohen krankmachenden Wirkung des Erregers, seiner leichten Übertragbarkeit unter den lokalen Bedingungen und den darniederliegenden Gesundheitssystemen der betroffenen Länder eine weitere Ausbreitung verheerende Folgen hätte und
3.dass deswegen Maßnahmen zur Eindämmung des Ausbruchs auf internationaler Ebene dringend geboten seien.
Dieser Einschätzung schloss sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer Deklaration vom 18. September 2014 an, in der die Epidemie als Bedrohung für Frieden und Sicherheit auf der Welt bezeichnet wird.
Der aktuelle Ebolavirus-Ausbruch
Seit der Entdeckung des Ebolavirus im Jahr 1976 kam es immer wieder zu Ausbrüchen, die in der Regel auf abgelegene Gegenden Zentralafrikas beschränkt waren und nie mehr als 500 Fälle betrafen. Von diesen früheren Ausbrüchen unterscheidet sich der aktuelle gravierend. Nachdem die ersten Fälle zu Jahresbeginn 2014 im Südwesten Guineas beobachtet wurden, hat sich die Krankheit rapide ausgebreitet. Neben Guinea sind Sierra Leone und Liberia mit der Millionenstadt Monrovia besonders stark betroffen. Katastrophale hygienische Verhältnisse, der Zusammenbruch der medizinischen Versorgung und mangelnde Aufklärung der Bevölkerung sind einige der Faktoren, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Bis zum 5. Oktober 2014 waren mehr als 8000 Fälle bekannt geworden. Ungefähr die Hälfte der Patienten ist verstorben. Unter den Todesopfern sind Ärzte und Pflegekräfte in großer Zahl. Ein Ende des Ausbruchs ist nicht in Sicht. Von Anfang an wurden die örtlichen Gesundheitssysteme durch internationale Hilfsorganisationen unterstützt. An erster Stelle sind hier "Ärzte ohne Grenzen" und das "Europäische Mobile Labor" zu nennen, die bereits im März 2014 vor Ort waren. Diese Organisationen haben schon sehr früh immer wieder darauf hingewiesen, dass der Ausbruch ohne eine massive Verstärkung der medizinischen und epidemiologischen Hilfe nicht eingedämmt werden kann.
Das Ebolavirus und sein Krankheitsverlauf
Die Erforschung der Filoviren, zu denen neben dem Ebolavirus das Marburgvirus gehört, beginnt mit der Entdeckung des Letzteren im Jahre 1967. Die Untersuchungen, die seitdem in Deutschland auf diesem Gebiet durchgeführt wurden, haben wesentlich zum Verständnis der Natur des Ebolavirus beigetragen und wichtige Ansätze zu Kontroll- und Bekämpfungsmaßnahmen geliefert. Zu nennen sind hier u.a. Verfahren zum Erregernachweis, die entscheidend für die erfolgreiche Arbeit des Europäischen Mobilen Labors beim aktuellen Ausbruch sind. Auch beruht einer der beiden Impfstoffe, die jetzt zur klinischen Erprobung anstehen, auf Entwicklungsarbeiten, die ursprünglich in Deutschland durchgeführt wurden.
Ebolaviren werden vom Tier auf den Menschen übertragen. Flughunde sind vermutlich das natürliche Reservoir, aus dem die Viren stammen. Die Zaire-Spezies des Virus, die für den westafrikanischen Ausbruch verantwortlich ist, verursacht eine besonders schwere Form von hämorrhagischem Fieber. Das Krankheitsgeschehen beruht in erster Linie auf massiver Virusvermehrung und auf Fehlregulation der Immunabwehr. Hauptsymptome sind Fieber, Durchfall, Erbrechen, Gerinnungsstörungen sowie schließlich Multiorganversagen und Schock. Erste Untersuchungen der Erbsubstanz haben gezeigt, dass sich der Erreger von früheren Varianten durch zahlreiche Genveränderungen (Mutationen) unterscheidet, deren Bedeutung jedoch unbekannt ist.
Experimentelle Medikamente und Impfstoffe
Impfstoffe und Medikamente, die für die Anwendung beim Menschen zugelassen sind, gibt es noch nicht. Daher haben Interventionsmöglichkeiten, die sich noch in einem experimentellen Stadium befinden und teilweise schon vor mehr als 10 Jahren entwickelt wurden, besondere Bedeutung bekommen. Zu diesen gehören u.a. Antivirus-Medikamente auf der Basis von Nukleinsäuremolekülen (siRNA) und therapeutisch einsetzbare Antikörper sowie Impfstoffe, die auf rekombinanten Viren beruhen. Unter dem Druck der Ereignisse wurden jetzt erste klinische Studien mit diesen im Tierversuch gut wirksamen Impfstoffen und Therapeutika in Angriff genommen. Die Entwicklung von der experimentellen Stufe bis zur klinischen Anwendbarkeit ist zweifellos aufwendig und langwierig. Wenn dieser Prozess jedoch früher in Gang gebracht worden wäre, hätten vermutlich zahlreiche Leben gerettet werden können.
Konsequenzen
Eine Ebolavirus-Epidemie dieses Ausmaßes stellt nicht nur die unmittelbar betroffenen Länder, sondern auch die internationale Gemeinschaft insgesamt vor ganz neue Herausforderungen. Deutschland kommt hier zusammen mit anderen Industrieländern eine besondere Rolle zu. Einige der wichtigsten Konsequenzen sind:
Internationale Zusammenarbeit und Kapazitäten stärken
(I)Jeder Ausbruch erfordert die unverzügliche und koordinierte Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf der Grundlage international vereinbarter Strategien. Um in Notfallsituationen schnell über den Einsatz experimenteller Medikamente und Impfstoffe entscheiden zu können, müssen adäquate Regeln und Prozesse etabliert werden.
(II)Die personellen und institutionellen Kapazitäten der Gesundheitssysteme in weniger entwickelten Ländern müssen, angepasst an die kulturellen Gegebenheiten, weiter etabliert und nachhaltig verbessert werden. Auch in den sogenannten hochentwickelten Ländern muss intensiv darüber nachgedacht werden, ob die vorhandenen Kapazitäten noch zeitgemäß und vor allem zukunftsgerecht sind. Die Bevölkerung in den von der Ebolavirus-Epidemie besonders betroffenen Ländern muss über das Wesen von Infektionen aufgeklärt werden. Der kulturelle Kontext spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch bei Regierungen und anderen Entscheidungsträgern muss das Problembewusstsein gestärkt werden. Wichtig dafür sind Erkenntnisse aus sozial- und kulturwissenschaftlichen Studien sowie Herangehensweisen, die über rein medizinische Maßnahmen hinausgehen.
Medizinische und sozialwissenschaftliche Forschung ausbauen
(III)Im nationalen und internationalen Rahmen muss eine detaillierte infektionsbiologische Charakterisierung des aktuellen Erregers durchgeführt werden. Forschung sollte insbesondere zur pathogenen Wirkung verschiedener Ebola-Stämme, zur Übertragbarkeit, zur Wirtsanpassung und zur Ökologie der Erreger erfolgen - auch vor dem Hintergrund weltweiter Klimaveränderungen, des anhaltenden Urbanisierungstrends sowie der ständig zunehmenden internationalen Personenmobilität.
(IV)Sozial- und kulturwissenschaftlicher Forschung kommt mit Blick auf die Handhabung zukünftiger Ausbrüche eine wachsende Bedeutung zu. Darüber hinaus sollte die Behandlung von Patienten mit hochpathogenen Viren in der Ausbildung von medizinischem Personal ein stärkeres Gewicht erhalten.
Bestehende Ansätze bei Impfstoffen und Medikamenten schnell in die Praxis bringen
(V)Um dem dringenden Bedarf an Impfstoffen und Medikamenten Rechnung zu tragen, muss die Weiterentwicklung von experimentell wirksamen Impfstoffen und Therapeutika für die klinische Anwendung beschleunigt werden. Sie muss auch dann verfolgt werden, wenn der Erreger wieder verschwunden ist. Das Vorsorgeprinzip hat Priorität. National und international müssen Möglichkeiten geschaffen werden, damit Versuche mit potenziellen Impfstoff-Kandidaten an nicht-menschlichen Primaten unter Hochsicherheits(BSL 4)-Bedingungen durchgeführt werden können.
(VI)Die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten kann nicht nur marktwirtschaftlichen Prinzipien unterliegen. Gefordert sind hier die öffentlichen Hände der Staatengemeinschaft, Stiftungen und nichtstaatliche Organisationen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass bei Verfügbarkeit von wirksamen Impfstoffen und antiviralen Medikamenten diese bei einem erneuten Ausbruch in ausreichenden Mengen vorgehalten werden müssen.
Arbeitsgruppe
Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk, Philipps-Universität Marburg, Institut für Virologie (Leitung)
Prof. Dr. Stephan Becker, Philipps-Universität Marburg, Institut für Virologie
Prof. Dr. Detlev Ganten, Charité Universitätsmedizin, Berlin
Prof. Dr. Bernhard Fleischer, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin , Hamburg
Prof. Dr. Jörg Hacker, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Prof. Dr. Reinhard F. Hüttl, Präsident der acatech - Deutsche Akademie für Technikwissenschaften
Prof. Dr. Thomas C. Mettenleiter, Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Insel Riems
Prof. Dr. Alfred Pühler, Universität Bielefeld, Center for Biotechnology - CeBiTec
Prof. Dr. Günter Stock, Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften
Prof. Dr. Volker ter Meulen, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Institut für Virologie
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina
Jägerberg 1
06108 Halle (Saale)
Telefon: 0345 - 47 239 - 800
Telefax: 0345 - 47 239 - 809
Mail: presse@leopoldina.org
URL: http://www.leopoldina.org/de/home/
In der Stellungnahme fordern die Akademien folgende Konsequenzen: Zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie besteht ein dringender Bedarf an Impfstoffen und antiviralen Medikamenten. Um diesen Bedarf zu decken, muss kurzfristig die Weiterentwicklung von experimentell wirksamen Impfstoffen oder Therapeutika für die klinische Anwendung beschleunigt werden. Dem Vorsorgeprinzip entsprechend muss die Entwicklung auch dann weiter verfolgt werden, wenn ein Erreger vorerst wieder verschwunden ist; denn ein erneuter Ausbruch wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stattfinden. Zum Vorsorgeprinzip gehört auch, dass bei Verfügbarkeit von wirksamen Impfstoffen und antiviralen Medikamenten diese bei einem erneuten Ausbruch in aus-reichenden Mengen vorgehalten werden. Um auf zukünftige Ausbrüche besser vorbereitet zu sein, ist die medizinische und die sozialwissenschaftliche Forschung zu stärken.
Anlass
Am 8. August rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Grund des Ebolavirus-Ausbruchs in Westafrika den internationalen Gesundheitsnotstand aus. Die WHO hob dabei besonders hervor,
1.dass es sich bei dem Ausbruch um ein außergewöhnliches Ereignis handele, das die öffentliche Gesundheit anderer Staaten in erheblichem Maß bedrohe,
2.dass angesichts der hohen krankmachenden Wirkung des Erregers, seiner leichten Übertragbarkeit unter den lokalen Bedingungen und den darniederliegenden Gesundheitssystemen der betroffenen Länder eine weitere Ausbreitung verheerende Folgen hätte und
3.dass deswegen Maßnahmen zur Eindämmung des Ausbruchs auf internationaler Ebene dringend geboten seien.
Dieser Einschätzung schloss sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer Deklaration vom 18. September 2014 an, in der die Epidemie als Bedrohung für Frieden und Sicherheit auf der Welt bezeichnet wird.
Der aktuelle Ebolavirus-Ausbruch
Seit der Entdeckung des Ebolavirus im Jahr 1976 kam es immer wieder zu Ausbrüchen, die in der Regel auf abgelegene Gegenden Zentralafrikas beschränkt waren und nie mehr als 500 Fälle betrafen. Von diesen früheren Ausbrüchen unterscheidet sich der aktuelle gravierend. Nachdem die ersten Fälle zu Jahresbeginn 2014 im Südwesten Guineas beobachtet wurden, hat sich die Krankheit rapide ausgebreitet. Neben Guinea sind Sierra Leone und Liberia mit der Millionenstadt Monrovia besonders stark betroffen. Katastrophale hygienische Verhältnisse, der Zusammenbruch der medizinischen Versorgung und mangelnde Aufklärung der Bevölkerung sind einige der Faktoren, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Bis zum 5. Oktober 2014 waren mehr als 8000 Fälle bekannt geworden. Ungefähr die Hälfte der Patienten ist verstorben. Unter den Todesopfern sind Ärzte und Pflegekräfte in großer Zahl. Ein Ende des Ausbruchs ist nicht in Sicht. Von Anfang an wurden die örtlichen Gesundheitssysteme durch internationale Hilfsorganisationen unterstützt. An erster Stelle sind hier "Ärzte ohne Grenzen" und das "Europäische Mobile Labor" zu nennen, die bereits im März 2014 vor Ort waren. Diese Organisationen haben schon sehr früh immer wieder darauf hingewiesen, dass der Ausbruch ohne eine massive Verstärkung der medizinischen und epidemiologischen Hilfe nicht eingedämmt werden kann.
Das Ebolavirus und sein Krankheitsverlauf
Die Erforschung der Filoviren, zu denen neben dem Ebolavirus das Marburgvirus gehört, beginnt mit der Entdeckung des Letzteren im Jahre 1967. Die Untersuchungen, die seitdem in Deutschland auf diesem Gebiet durchgeführt wurden, haben wesentlich zum Verständnis der Natur des Ebolavirus beigetragen und wichtige Ansätze zu Kontroll- und Bekämpfungsmaßnahmen geliefert. Zu nennen sind hier u.a. Verfahren zum Erregernachweis, die entscheidend für die erfolgreiche Arbeit des Europäischen Mobilen Labors beim aktuellen Ausbruch sind. Auch beruht einer der beiden Impfstoffe, die jetzt zur klinischen Erprobung anstehen, auf Entwicklungsarbeiten, die ursprünglich in Deutschland durchgeführt wurden.
Ebolaviren werden vom Tier auf den Menschen übertragen. Flughunde sind vermutlich das natürliche Reservoir, aus dem die Viren stammen. Die Zaire-Spezies des Virus, die für den westafrikanischen Ausbruch verantwortlich ist, verursacht eine besonders schwere Form von hämorrhagischem Fieber. Das Krankheitsgeschehen beruht in erster Linie auf massiver Virusvermehrung und auf Fehlregulation der Immunabwehr. Hauptsymptome sind Fieber, Durchfall, Erbrechen, Gerinnungsstörungen sowie schließlich Multiorganversagen und Schock. Erste Untersuchungen der Erbsubstanz haben gezeigt, dass sich der Erreger von früheren Varianten durch zahlreiche Genveränderungen (Mutationen) unterscheidet, deren Bedeutung jedoch unbekannt ist.
Experimentelle Medikamente und Impfstoffe
Impfstoffe und Medikamente, die für die Anwendung beim Menschen zugelassen sind, gibt es noch nicht. Daher haben Interventionsmöglichkeiten, die sich noch in einem experimentellen Stadium befinden und teilweise schon vor mehr als 10 Jahren entwickelt wurden, besondere Bedeutung bekommen. Zu diesen gehören u.a. Antivirus-Medikamente auf der Basis von Nukleinsäuremolekülen (siRNA) und therapeutisch einsetzbare Antikörper sowie Impfstoffe, die auf rekombinanten Viren beruhen. Unter dem Druck der Ereignisse wurden jetzt erste klinische Studien mit diesen im Tierversuch gut wirksamen Impfstoffen und Therapeutika in Angriff genommen. Die Entwicklung von der experimentellen Stufe bis zur klinischen Anwendbarkeit ist zweifellos aufwendig und langwierig. Wenn dieser Prozess jedoch früher in Gang gebracht worden wäre, hätten vermutlich zahlreiche Leben gerettet werden können.
Konsequenzen
Eine Ebolavirus-Epidemie dieses Ausmaßes stellt nicht nur die unmittelbar betroffenen Länder, sondern auch die internationale Gemeinschaft insgesamt vor ganz neue Herausforderungen. Deutschland kommt hier zusammen mit anderen Industrieländern eine besondere Rolle zu. Einige der wichtigsten Konsequenzen sind:
Internationale Zusammenarbeit und Kapazitäten stärken
(I)Jeder Ausbruch erfordert die unverzügliche und koordinierte Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf der Grundlage international vereinbarter Strategien. Um in Notfallsituationen schnell über den Einsatz experimenteller Medikamente und Impfstoffe entscheiden zu können, müssen adäquate Regeln und Prozesse etabliert werden.
(II)Die personellen und institutionellen Kapazitäten der Gesundheitssysteme in weniger entwickelten Ländern müssen, angepasst an die kulturellen Gegebenheiten, weiter etabliert und nachhaltig verbessert werden. Auch in den sogenannten hochentwickelten Ländern muss intensiv darüber nachgedacht werden, ob die vorhandenen Kapazitäten noch zeitgemäß und vor allem zukunftsgerecht sind. Die Bevölkerung in den von der Ebolavirus-Epidemie besonders betroffenen Ländern muss über das Wesen von Infektionen aufgeklärt werden. Der kulturelle Kontext spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch bei Regierungen und anderen Entscheidungsträgern muss das Problembewusstsein gestärkt werden. Wichtig dafür sind Erkenntnisse aus sozial- und kulturwissenschaftlichen Studien sowie Herangehensweisen, die über rein medizinische Maßnahmen hinausgehen.
Medizinische und sozialwissenschaftliche Forschung ausbauen
(III)Im nationalen und internationalen Rahmen muss eine detaillierte infektionsbiologische Charakterisierung des aktuellen Erregers durchgeführt werden. Forschung sollte insbesondere zur pathogenen Wirkung verschiedener Ebola-Stämme, zur Übertragbarkeit, zur Wirtsanpassung und zur Ökologie der Erreger erfolgen - auch vor dem Hintergrund weltweiter Klimaveränderungen, des anhaltenden Urbanisierungstrends sowie der ständig zunehmenden internationalen Personenmobilität.
(IV)Sozial- und kulturwissenschaftlicher Forschung kommt mit Blick auf die Handhabung zukünftiger Ausbrüche eine wachsende Bedeutung zu. Darüber hinaus sollte die Behandlung von Patienten mit hochpathogenen Viren in der Ausbildung von medizinischem Personal ein stärkeres Gewicht erhalten.
Bestehende Ansätze bei Impfstoffen und Medikamenten schnell in die Praxis bringen
(V)Um dem dringenden Bedarf an Impfstoffen und Medikamenten Rechnung zu tragen, muss die Weiterentwicklung von experimentell wirksamen Impfstoffen und Therapeutika für die klinische Anwendung beschleunigt werden. Sie muss auch dann verfolgt werden, wenn der Erreger wieder verschwunden ist. Das Vorsorgeprinzip hat Priorität. National und international müssen Möglichkeiten geschaffen werden, damit Versuche mit potenziellen Impfstoff-Kandidaten an nicht-menschlichen Primaten unter Hochsicherheits(BSL 4)-Bedingungen durchgeführt werden können.
(VI)Die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten kann nicht nur marktwirtschaftlichen Prinzipien unterliegen. Gefordert sind hier die öffentlichen Hände der Staatengemeinschaft, Stiftungen und nichtstaatliche Organisationen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass bei Verfügbarkeit von wirksamen Impfstoffen und antiviralen Medikamenten diese bei einem erneuten Ausbruch in ausreichenden Mengen vorgehalten werden müssen.
Arbeitsgruppe
Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk, Philipps-Universität Marburg, Institut für Virologie (Leitung)
Prof. Dr. Stephan Becker, Philipps-Universität Marburg, Institut für Virologie
Prof. Dr. Detlev Ganten, Charité Universitätsmedizin, Berlin
Prof. Dr. Bernhard Fleischer, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin , Hamburg
Prof. Dr. Jörg Hacker, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Prof. Dr. Reinhard F. Hüttl, Präsident der acatech - Deutsche Akademie für Technikwissenschaften
Prof. Dr. Thomas C. Mettenleiter, Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Insel Riems
Prof. Dr. Alfred Pühler, Universität Bielefeld, Center for Biotechnology - CeBiTec
Prof. Dr. Günter Stock, Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften
Prof. Dr. Volker ter Meulen, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Institut für Virologie
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina
Jägerberg 1
06108 Halle (Saale)
Telefon: 0345 - 47 239 - 800
Telefax: 0345 - 47 239 - 809
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Weitere Informationen
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