21.10.2014 12:10 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Forschungszentrum Ozeanränder
Kleinste Schritte, größte Wirkung
Kurzfassung: Kleinste Schritte, größte WirkungVor etwa sechs- bis neuntausend Jahren herrschte in den unteren Wasserschichten des östlichen Mittelmeers Sauerstoffmangel. Es bildeten sich Faulschlämme, sogenann ...
[Forschungszentrum Ozeanränder - 21.10.2014] Kleinste Schritte, größte Wirkung
Vor etwa sechs- bis neuntausend Jahren herrschte in den unteren Wasserschichten des östlichen Mittelmeers Sauerstoffmangel. Es bildeten sich Faulschlämme, sogenannte Sapropele, die heute in Meeresablagerungen aus jener Epoche als dunkle Lagen gut erkennbar sind. Ein Team um den Biogeochemiker Dr. Lars Wörmer untersuchte jetzt einen nur sechs Zentimeter kurzen Abschnitt eines solchen Sedimentkerns. Im Fokus standen dabei organische Moleküle, sogenannte Lipid-Biomarker. Diese Zellbausteine stammen von einzelligen Meeresorganismen, sogenannten Archaeen, die bis heute in allen Ozeanen leben. Als sie starben, wurden deren Überreste und mit ihnen die Lipide am Meeresboden abgelagert. Heute nutzen Klimaforscher die in den Sedimenten enthaltenen Lipide als Indikatoren, die stellvertretend für direkte Messungen, Informationen über vorzeitliche Umweltbedingungen im Meer liefern.
"Bislang mussten wir, wenn es um Lipide ging, unsere Proben aufwändig für die Messprozedur vorbereiten", sagt MARUM-Mitarbeiter Dr. Lars Wörmer. "Außerdem benötigten wir vergleichsweise viel Probenmaterial, was auf Kosten der zeitlichen Auflösung unserer Ergebnisse ging." Jetzt kooperierte das Forscherteam mit der auf dem Bremer Universitätscampus ansässigen Firma Bruker Daltonik GmbH. Gemeinsam nahm man die nur wenige Zentimeter große Sedimentprobe aus dem Mittelmeer mit einem speziellen Laser unter die Lupe, der mit einem Massenspektrometer gekoppelt war. Auf diese Weise "tasteten" die Wissenschaftler das kleine Stückchen Sediment mit mehr als 4.000 Messungen ab. Dabei lagen die Messpunkte nur jeweils winzige 250 Tausendstel Millimeter voneinander entfernt.
Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen: "Unsere Messungen liefern Informationen über die damals herrschenden Meerwasserbedingungen. Und zwar mit bislang unerreichter zeitlicher Auflösung", sagt Lars Wörmer, Erstautor des PNAS-Artikels. "Während wir mit herkömmlichen Methoden nur eine Auflösung von Jahrhunderten erzielen, bietet uns die neue Methode Informationen, die jeweils nur vier Jahre auseinander liegen." Wörmer und Kollegen konzentrierten sich auf zwei verwandte Lipide, deren Verhältnis zueinander mit der Oberflächentemperatur des Meerwassers variiert.
"Vier Jahre - das mag für Laien nach einem groben Raster klingen", sagt Prof. Kai-Uwe Hinrichs, Leiter der Arbeitsgruppe Organische Geochemie am MARUM. "Aber uns ermöglicht das völlig neue Einblicke in vergangene Umweltereignisse." So entdeckten die PNAS-Autoren durch weitere Analysen, dass vor Jahrtausenden das Klima und damit die Bildung der Faulschlämme im östlichen Mittelmeer durch schwankende Intensitäten der Sonneneinstrahlung beeinflusst wurden. "Der Rhythmus, in dem die Meerwassertemperaturen und andere Bedingungen im Meer vor einigen Jahrtausenden schwankten, ist vom sogenannten de Vries-Zyklus geprägt", sagt Hinrichs. Dieser solare Zyklus hat eine mittlere Periode von etwa 210 Jahren und bestimmte mit über das Auf und Ab von Temperatur und Niederschlag im Mittelmeerraum. Diese Faktoren prägten wiederum die Sauerstoffverhältnisse im Meerwasser und waren damit entscheidende Vorbedingungen für die Bildung von Faulschlämmen.
"In den kommenden Monaten und Jahren wollen wir die neue Methode auf weitere Biomarker ausdehnen, um mehr über die ökologischen Verhältnisse im vorzeitlichen Ozean zu erfahren", sagt Prof. Hinrichs. "Wir wollen aber auch Ablagerungen aus Meeresgebieten mit besonders hohen Sedimentationsraten untersuchen. Damit werden wir eine zeitliche Auflösung im Bereich von Monaten erreichen!"
Veröffentlichung:
Lars Wörmer, Marcus Elvert, Jens Fuchser, Julius Sebastian Lipp, Pier Luigi Buttigieg, Matthias Zabel, Kai-Uwe Hinrichs: Ultra-high-resolution paleoenvironmental records via direct laser-based analysis of lipid biomarkers in sediment core samples
In: Proceedings of the National Academy of Sciences, Early Online Edition, 20. Oktober 2014: http://www.pnas.org/content/early/2014/10/15/1405237111.abstract
Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Albert Gerdes
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65540
Email: agerdes@marum.de
Vor etwa sechs- bis neuntausend Jahren herrschte in den unteren Wasserschichten des östlichen Mittelmeers Sauerstoffmangel. Es bildeten sich Faulschlämme, sogenannte Sapropele, die heute in Meeresablagerungen aus jener Epoche als dunkle Lagen gut erkennbar sind. Ein Team um den Biogeochemiker Dr. Lars Wörmer untersuchte jetzt einen nur sechs Zentimeter kurzen Abschnitt eines solchen Sedimentkerns. Im Fokus standen dabei organische Moleküle, sogenannte Lipid-Biomarker. Diese Zellbausteine stammen von einzelligen Meeresorganismen, sogenannten Archaeen, die bis heute in allen Ozeanen leben. Als sie starben, wurden deren Überreste und mit ihnen die Lipide am Meeresboden abgelagert. Heute nutzen Klimaforscher die in den Sedimenten enthaltenen Lipide als Indikatoren, die stellvertretend für direkte Messungen, Informationen über vorzeitliche Umweltbedingungen im Meer liefern.
"Bislang mussten wir, wenn es um Lipide ging, unsere Proben aufwändig für die Messprozedur vorbereiten", sagt MARUM-Mitarbeiter Dr. Lars Wörmer. "Außerdem benötigten wir vergleichsweise viel Probenmaterial, was auf Kosten der zeitlichen Auflösung unserer Ergebnisse ging." Jetzt kooperierte das Forscherteam mit der auf dem Bremer Universitätscampus ansässigen Firma Bruker Daltonik GmbH. Gemeinsam nahm man die nur wenige Zentimeter große Sedimentprobe aus dem Mittelmeer mit einem speziellen Laser unter die Lupe, der mit einem Massenspektrometer gekoppelt war. Auf diese Weise "tasteten" die Wissenschaftler das kleine Stückchen Sediment mit mehr als 4.000 Messungen ab. Dabei lagen die Messpunkte nur jeweils winzige 250 Tausendstel Millimeter voneinander entfernt.
Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen: "Unsere Messungen liefern Informationen über die damals herrschenden Meerwasserbedingungen. Und zwar mit bislang unerreichter zeitlicher Auflösung", sagt Lars Wörmer, Erstautor des PNAS-Artikels. "Während wir mit herkömmlichen Methoden nur eine Auflösung von Jahrhunderten erzielen, bietet uns die neue Methode Informationen, die jeweils nur vier Jahre auseinander liegen." Wörmer und Kollegen konzentrierten sich auf zwei verwandte Lipide, deren Verhältnis zueinander mit der Oberflächentemperatur des Meerwassers variiert.
"Vier Jahre - das mag für Laien nach einem groben Raster klingen", sagt Prof. Kai-Uwe Hinrichs, Leiter der Arbeitsgruppe Organische Geochemie am MARUM. "Aber uns ermöglicht das völlig neue Einblicke in vergangene Umweltereignisse." So entdeckten die PNAS-Autoren durch weitere Analysen, dass vor Jahrtausenden das Klima und damit die Bildung der Faulschlämme im östlichen Mittelmeer durch schwankende Intensitäten der Sonneneinstrahlung beeinflusst wurden. "Der Rhythmus, in dem die Meerwassertemperaturen und andere Bedingungen im Meer vor einigen Jahrtausenden schwankten, ist vom sogenannten de Vries-Zyklus geprägt", sagt Hinrichs. Dieser solare Zyklus hat eine mittlere Periode von etwa 210 Jahren und bestimmte mit über das Auf und Ab von Temperatur und Niederschlag im Mittelmeerraum. Diese Faktoren prägten wiederum die Sauerstoffverhältnisse im Meerwasser und waren damit entscheidende Vorbedingungen für die Bildung von Faulschlämmen.
"In den kommenden Monaten und Jahren wollen wir die neue Methode auf weitere Biomarker ausdehnen, um mehr über die ökologischen Verhältnisse im vorzeitlichen Ozean zu erfahren", sagt Prof. Hinrichs. "Wir wollen aber auch Ablagerungen aus Meeresgebieten mit besonders hohen Sedimentationsraten untersuchen. Damit werden wir eine zeitliche Auflösung im Bereich von Monaten erreichen!"
Veröffentlichung:
Lars Wörmer, Marcus Elvert, Jens Fuchser, Julius Sebastian Lipp, Pier Luigi Buttigieg, Matthias Zabel, Kai-Uwe Hinrichs: Ultra-high-resolution paleoenvironmental records via direct laser-based analysis of lipid biomarkers in sediment core samples
In: Proceedings of the National Academy of Sciences, Early Online Edition, 20. Oktober 2014: http://www.pnas.org/content/early/2014/10/15/1405237111.abstract
Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Albert Gerdes
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65540
Email: agerdes@marum.de
Weitere Informationen
Weitere Meldungen dieses Unternehmens
21.10.2014 Kleinste Schritte, größte Wirkung
23.09.2014 Wie Gebirge Meeresströmungen beeinflussen
26.08.2014 Treibhausgase im Südpolarmeer
11.06.2014 Trockenstress im Tropenwald
Pressefach abonnieren
via RSS-Feed abonnieren
via E-Mail abonnieren
Pressekontakt
Forschungszentrum Ozeanränder
28359 Bremen
Deutschland
Drucken
Weiterempfehlen
PDF
Schlagworte
Forschungszentrum Ozeanränder
28359 Bremen
Deutschland
https://www.prmaximus.de/pressefach/forschungszentrum-ozeanränder-pressefach.html
Die Pressemeldung "Kleinste Schritte, größte Wirkung" unterliegt dem Urheberrecht.
Jegliche Verwendung dieses Textes, auch auszugsweise, erfordert die vorherige schriftliche Erlaubnis des Autors.
Autor der Pressemeldung "Kleinste Schritte, größte Wirkung" ist Forschungszentrum Ozeanränder, vertreten durch .