20.11.2014 15:33 Uhr in Medien & Presse von Reporter ohne Grenzen e.V.
Journalistin Gao Yu sofort freilassen
Kurzfassung: Journalistin Gao Yu sofort freilassenReporter ohne Grenzen fordert die sofortige Freilassung der chinesischen Journalistin Gao Yu. Die 70-Jährige wurde Ende April wegen "Weitergabe von Staatsgeheimni ...
[Reporter ohne Grenzen e.V. - 20.11.2014] Journalistin Gao Yu sofort freilassen
Reporter ohne Grenzen fordert die sofortige Freilassung der chinesischen Journalistin Gao Yu. Die 70-Jährige wurde Ende April wegen "Weitergabe von Staatsgeheimnissen" verhaftet und ist seither im Gefängnis. Am Freitag soll in Peking ihr Prozess beginnen.
"Ein unter Zwang aufgezeichnetes vermeintliches Geständnis vor Prozessbeginn im Fernsehen auszustrahlen, spricht jeglicher Rechtsstaatlichkeit Hohn und ist unerträglich für ein führendes Mitglied der internationalen Gemeinschaft", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
Gao Yu gehört zu den renommiertesten Journalisten Chinas und wurde mehrmals mit internationalen Auszeichnungen geehrt. In der Vergangenheit war sie unter anderem stellvertretende Chefredakteurin der von Dissidenten herausgegebenen Economics Weekly. Zuletzt hat sie als freie Autorin für verschiedene Internetveröffentlichungen und Rundfunksender gearbeitet, darunter auch die Deutsche Welle. Gao gilt als gut in die Dissidentenszene vernetzt. Zwei Wochen nach ihrem Verschwinden am 24. April wurde sie Anfang Mai im chinesischen Staatsfernsehen CCTV mit einem erzwungenen Schuldeingeständnis vorgeführt.
Gao hat die Staatsanwaltschaft aufgefordert, das Geständnis nicht im Prozess zu verwenden. Bei einer Voranhörung am vergangenen Montag machte sie laut ihrem Anwalt geltend, sie habe es nur aufgrund von Drohungen gegen ihren Sohn Zhao Meng abgelegt. Auch Zhao war unter dem Vorwurf des Verrats von Staatsgeheimnissen verhaftet worden, kam jedoch Ende Mai wieder frei.
Die Behörden werfen Gao vor, sie habe sich ein geheimes Parteidokument verschafft und an eine Webseite im Ausland weitergegeben. Dabei dürfte es sich um das sogenannte Dokument Nr. 9 handeln, das vor den Gefahren universeller Menschenrechte und eines "westlichen" Verständnisses von Pressefreiheit für die Herrschaft der Kommunistischen Partei warnt. Die fragliche Publikation bestreitet jedoch, das Dokument von Gao erhalten zu haben. Die Festnahme Gaos reiht sich in eine Repressionswelle vor dem 25. Jahrestag der gewaltsamen Niederschlagung der Studentenproteste von 1989 ein; drei Tage nach ihrem Verschwinden hätte sie an einer Gedenkveranstaltung teilnehmen sollen.
Gao saß schon in der Vergangenheit mehrmals in Haft: Als Unterstützerin der Proteste von 1989 wurde sie kurz vor der gewaltsamen Niederschlagung der Bewegung verhaftet und verbrachte danach 15 Monate im Gefängnis. 1993 kam sie - schon damals wegen Verrats geheimer politischer Dokumente - für mehr als sechs Jahre in Haft.
Hartes Vorgehen gegen Dissidenten und kritische Journalisten
Die chinesische Führung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping ist in den vergangenen Monaten mit neuer Härte gegen Dissidenten und kritische Journalisten vorgegangen. Auf internationale Empörung stieß etwa die Verurteilung des uigurischen Bloggers und Wirtschaftswissenschaftlers Ilham Tohti zu lebenslanger Haft wegen "Separatismus". Tohti setzte sich mit seiner Webseite Uighurbiz.net seit 2005 für den Dialog zwischen der muslimischen Minderheit und den Han-Chinesen ein und war weithin als gemäßigte Stimme anerkannt. Insgesamt sitzen in China derzeit mindestens 29 Journalisten und 74 Blogger wegen ihrer Arbeit in Haft - so viele wie in keinem anderen Land der Welt.
Mit massiver Zensur hat die chinesische Regierung seit Ende September die Berichterstattung über die sogenannten Occupy-Central-Proteste in Hongkong unterdrückt. So gut wie keine chinesische Zeitung berichtete über die Demonstrationen für mehr Demokratie. Fotos, Links und Mitteilungen in den sozialen Netzwerken wurden noch weitaus schärfer zensiert als Berichte zum 25. Jahrestag des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens - dem bislang am schärfsten unterdrückten Thema. Beim Kurznachrichtendienst Weibo wurden Begriffe wie "Hongkong", "Polizei" und "Sonnenschirm" unterdrückt. Das soziale Netzwerk Instagram, auf dem sich leicht Fotos und Videos teilen lassen, wurde blockiert - Facebook, Youtube und Twitter sind es längst.
Reporter ohne Grenzen hat zuletzt auch die Kooperation der Deutschen Welle mit dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV kritisiert und an DW-Intendant Peter Limbourg appelliert, die Zusammenarbeit aufzukündigen. CCTV ist Teil der staatlichen Verwaltung für Radio, Film und Fernsehen und Teil des Repressionsapparates gegenüber kritischen Journalisten.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 175 von 180 Ländern.
Deutsche Sektion von Reporters sans frontières
Friedrichstraße 231
10969 Berlin
Deutschland
Telefon: +49 (0) 30 202 15 10 - 0
Telefax: +49 (0) 30 202 15 10 - 29
Mail: presse@reporter-ohne-grenzen.de
URL: http://www.reporter-ohne-grenzen.de
Reporter ohne Grenzen fordert die sofortige Freilassung der chinesischen Journalistin Gao Yu. Die 70-Jährige wurde Ende April wegen "Weitergabe von Staatsgeheimnissen" verhaftet und ist seither im Gefängnis. Am Freitag soll in Peking ihr Prozess beginnen.
"Ein unter Zwang aufgezeichnetes vermeintliches Geständnis vor Prozessbeginn im Fernsehen auszustrahlen, spricht jeglicher Rechtsstaatlichkeit Hohn und ist unerträglich für ein führendes Mitglied der internationalen Gemeinschaft", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
Gao Yu gehört zu den renommiertesten Journalisten Chinas und wurde mehrmals mit internationalen Auszeichnungen geehrt. In der Vergangenheit war sie unter anderem stellvertretende Chefredakteurin der von Dissidenten herausgegebenen Economics Weekly. Zuletzt hat sie als freie Autorin für verschiedene Internetveröffentlichungen und Rundfunksender gearbeitet, darunter auch die Deutsche Welle. Gao gilt als gut in die Dissidentenszene vernetzt. Zwei Wochen nach ihrem Verschwinden am 24. April wurde sie Anfang Mai im chinesischen Staatsfernsehen CCTV mit einem erzwungenen Schuldeingeständnis vorgeführt.
Gao hat die Staatsanwaltschaft aufgefordert, das Geständnis nicht im Prozess zu verwenden. Bei einer Voranhörung am vergangenen Montag machte sie laut ihrem Anwalt geltend, sie habe es nur aufgrund von Drohungen gegen ihren Sohn Zhao Meng abgelegt. Auch Zhao war unter dem Vorwurf des Verrats von Staatsgeheimnissen verhaftet worden, kam jedoch Ende Mai wieder frei.
Die Behörden werfen Gao vor, sie habe sich ein geheimes Parteidokument verschafft und an eine Webseite im Ausland weitergegeben. Dabei dürfte es sich um das sogenannte Dokument Nr. 9 handeln, das vor den Gefahren universeller Menschenrechte und eines "westlichen" Verständnisses von Pressefreiheit für die Herrschaft der Kommunistischen Partei warnt. Die fragliche Publikation bestreitet jedoch, das Dokument von Gao erhalten zu haben. Die Festnahme Gaos reiht sich in eine Repressionswelle vor dem 25. Jahrestag der gewaltsamen Niederschlagung der Studentenproteste von 1989 ein; drei Tage nach ihrem Verschwinden hätte sie an einer Gedenkveranstaltung teilnehmen sollen.
Gao saß schon in der Vergangenheit mehrmals in Haft: Als Unterstützerin der Proteste von 1989 wurde sie kurz vor der gewaltsamen Niederschlagung der Bewegung verhaftet und verbrachte danach 15 Monate im Gefängnis. 1993 kam sie - schon damals wegen Verrats geheimer politischer Dokumente - für mehr als sechs Jahre in Haft.
Hartes Vorgehen gegen Dissidenten und kritische Journalisten
Die chinesische Führung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping ist in den vergangenen Monaten mit neuer Härte gegen Dissidenten und kritische Journalisten vorgegangen. Auf internationale Empörung stieß etwa die Verurteilung des uigurischen Bloggers und Wirtschaftswissenschaftlers Ilham Tohti zu lebenslanger Haft wegen "Separatismus". Tohti setzte sich mit seiner Webseite Uighurbiz.net seit 2005 für den Dialog zwischen der muslimischen Minderheit und den Han-Chinesen ein und war weithin als gemäßigte Stimme anerkannt. Insgesamt sitzen in China derzeit mindestens 29 Journalisten und 74 Blogger wegen ihrer Arbeit in Haft - so viele wie in keinem anderen Land der Welt.
Mit massiver Zensur hat die chinesische Regierung seit Ende September die Berichterstattung über die sogenannten Occupy-Central-Proteste in Hongkong unterdrückt. So gut wie keine chinesische Zeitung berichtete über die Demonstrationen für mehr Demokratie. Fotos, Links und Mitteilungen in den sozialen Netzwerken wurden noch weitaus schärfer zensiert als Berichte zum 25. Jahrestag des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens - dem bislang am schärfsten unterdrückten Thema. Beim Kurznachrichtendienst Weibo wurden Begriffe wie "Hongkong", "Polizei" und "Sonnenschirm" unterdrückt. Das soziale Netzwerk Instagram, auf dem sich leicht Fotos und Videos teilen lassen, wurde blockiert - Facebook, Youtube und Twitter sind es längst.
Reporter ohne Grenzen hat zuletzt auch die Kooperation der Deutschen Welle mit dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV kritisiert und an DW-Intendant Peter Limbourg appelliert, die Zusammenarbeit aufzukündigen. CCTV ist Teil der staatlichen Verwaltung für Radio, Film und Fernsehen und Teil des Repressionsapparates gegenüber kritischen Journalisten.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 175 von 180 Ländern.
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