Modelle für knappe Güter: Was steckt hinter kurzfristigen Preisänderungen?

Kurzfassung: Modelle für knappe Güter: Was steckt hinter kurzfristigen Preisänderungen?Gerade hat man im Internet ein verlockendes Angebot für einen Flug von Frankfurt nach New York ausgemacht und möchte weni ...
[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - 20.01.2015] Modelle für knappe Güter: Was steckt hinter kurzfristigen Preisänderungen?
Gerade hat man im Internet ein verlockendes Angebot für einen Flug von Frankfurt nach New York ausgemacht und möchte wenige Minuten später buchen - doch dann wird ein ganz anderer Preis angezeigt. "Solche Angebote wirken auf den ersten Blick wie ein Lotteriespiel - doch dahinter stecken Computerprogramme, die für ein begrenztes Angebot nach dem angemessenen Preis suchen", sagt Prof. Dr. Benny Moldovanu, Sprecher der Bonn Graduate School of Economics (BGSE) und Leiter des Instituts für Mikroökonomik der Universität Bonn.
Zusammen mit seinem Kollegen Prof. Dr. Alex Gershkov von der Hebrew University in Jerusalem (Israel) hat er mit mathematischen Modellen die Hintergründe zur Preisbildung von knappen, kurzlebigen Gütern bei stark fluktuierender Nachfrage untersucht. Zurück zum konkreten Beispiel: Das Ziel der Fluggesellschaften ist, für die Plätze im Flugzeug einen möglichst hohen Preis zu erzielen. "Bei den Flugtickets handelt es sich um ein verderbliches Gut, wie etwa einen Joghurt aus dem Supermarkt", sagt Prof. Moldovanu. Denn es gibt nur eine begrenzte Zahl an Sitzplätzen, und der Flug findet an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit statt - wer also zu lange wartet, hat nichts mehr davon.
Anbieter ziehen Rückschlüsse aus dem Buchungsverhalten
Wie immer in der Marktwirtschaft bestimmt die Nachfrage und das Angebot den Preis. "Die Unternehmen wissen aber im Vorhinein gar nicht, wie viele Interessenten es für einen solchen Flug gibt. Sie versuchen deshalb aus dem Buchungsverhalten Rückschlüsse auf das Kaufinteresse insgesamt zu ziehen", sagt der Ökonomie-Professor der Universität Bonn. Computerprogramme werten deshalb ständig verschiedene Daten aus: Manche Software zählt etwa, wie viele Internetnutzer bestimmte Angebote anklicken.
Bei anderen Anbietern kann man zum Beispiel eingeben, wie viel man für den Flug zu zahlen bereit ist. Liegt das Angebot des Interessenten unter dem vom Computerprogramm zum jeweiligen Zeitpunkt errechneten Preis, bekommt der Käufer nicht den Zuschlag. Sinkt der Preis einige Zeit später, wird dem Bieter automatisch eine Nachricht mit dem neuen Ticketpreis zugestellt. Er kann dann entscheiden, ob er jetzt bucht.
Wie müssen Anreize gestaltet werden?
Viele Computerprogramme nutzen zur Preisgestaltung bereits Daten zum Kundenverhalten. Die beiden Autoren gehen weit darüber hinaus und stellen in ihrem Buch ein an dynamische Verhältnisse angepasstes theoretisches Modell für die optimale Preisfindung und Zuteilung der Güter vor. Prof. Moldovanu ist eine internationale Kapazität auf dem Gebiet des Mechanismus-Design. Es beschäftigt sich damit, wie man die Regeln eines Spiels gestaltet - und zwar so, dass der Gestalter ein von ihm gewünschtes Ziel erreicht.
Ökonomen entwickeln "Lernende" Algorithmen
Da sich die Verbraucher jeweils sehr unterschiedlich verhalten, müssen die Algorithmen ständig an die jeweilige Situation angepasst werden. "Was in dieser Sekunde über das Verbraucherverhalten gelernt wurde, kann schon in der nächsten Sekunde für die optimale Preisbildung herangezogen werden", erläutert Prof. Moldovanu. Die beiden Ökonomen gehen in dem Buch auch auf diese "lernenden Algorithmen" ein. Die theoretischen Modelle dienen generell der Preisfindung auf solch dynamischen Märkten und sind nicht auf Flugtickets beschränkt, sondern liefern Hinweise für alle Güter, die knapp und zeitlich befristet sind: zum Beispiel auch für Konzertkarten, Hotelzimmer, Mietwagen oder saisonale Modeartikel.
Prof. Moldovanu, 1962 in Rumänien geboren, promovierte nach seinem Mathematik- und Ökonomie-Studium in Jerusalem an der Universität Bonn beim Wirtschaftsnobelpreisträger Prof. Dr. Reinhard Selten. 1995 übernahm er eine Professur an der Universität Mannheim, bevor er 2002 nach Bonn zurückkehrte. Er absolvierte zahlreiche Gastaufenthalte in England und den USA, wurde 2001 mit dem Max-Planck-Forschungspreis und 2004 mit dem Gossen-Preis ausgezeichnet. Im selben Jahr wurde er zum Fellow der Econometric Society ernannt - eine seltene Ehre. 2010 erhielt er einen mit 1,1 Millionen Euro dotierten Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC), mit dem er das Forschungsprojekt zur Preisgestaltung finanzierte. Seit 2014 ist Prof. Moldovanu Sprecher der Bonn Graduate School of Economics (BGSE) der Universität Bonn.
Publikation: Alex Gershkov, Benny Moldovanu: Dynamic Allocation and Pricing - A Mechanism Design Approach", Verlag MIT Press, 208 S., 35 US-Dollar (Hardcover)

Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Benny Moldovanu
Sprecher der Bonn Graduate School of Economics (BGSE)
Leiter des Instituts für Mikroökonomik der Universität Bonn
Tel: 0228/736395
739242 (Sekretariat)
E-Mail: mold@uni-bonn.de
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