Neue Schätzungen des DIW Berlin: Das reichste Prozent der Deutschen besitzt mehr als 30 Prozent des Privatvermögens

Kurzfassung: Neue Schätzungen des DIW Berlin: Das reichste Prozent der Deutschen besitzt mehr als 30 Prozent des Privatvermögens Datenlage sehr unsicher - DIW-Forscher legen Simulationsrechnungen vor - In allen ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 11.02.2015] Neue Schätzungen des DIW Berlin: Das reichste Prozent der Deutschen besitzt mehr als 30 Prozent des Privatvermögens

Datenlage sehr unsicher - DIW-Forscher legen Simulationsrechnungen vor - In allen Szenarien liegt das Vermögen der reichsten Deutschen deutlich höher als in bisherigen Statistiken - Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt den neuen DIW-Schätzungen zufolge ein Drittel statt ein Fünftel des gesamten Privatvermögens - Die reichsten 0,1 Prozent besitzen demnach 14 bis 16 Prozent
Wie reich sind die Superreichen wirklich? Auf diese Frage lässt sich nicht nur in Deutschland nur schwer eine Antwort finden. Amtliche Steuerdaten gibt es fast nirgendwo. Und in Stichproben und Umfragen sind Milliardäre und Multimillionäre aufgrund ihrer geringen Zahl in der Regel nicht repräsentiert. Gleichzeitig sind die sogenannten Top-Vermögen der Superreichen beträchtlich und genauere Angaben wären für eine zielgenaue Gestaltung der Steuer- und Sozialpolitik hilfreich. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat deswegen im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung in einem aufwendigen Verfahren das Vermögen der reichsten Deutschen geschätzt und mit den vorhandenen Datenquellen zur Vermögensverteilung kombiniert. Da als Grundlage die nur bedingt überprüfbare Milliardärsliste des Forbes-Magazins dient, rechneten die DIW-Verteilungsexperten Christian Westermeier und Markus Grabka mit zwei verschiedenen Szenarien. Beide bleiben mit Unsicherheiten behaftet, deuten jedoch darauf hin, dass die reichsten Deutschen über wesentlich mehr Vermögen verfügen, als in Statistiken wie dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) oder der Bundesbank-Studie "Private Haushalte und ihre Finanzen" ausgewiesen wird. Das reichste Prozent der Bevölkerung hält den neuen DIW-Schätzungen zufolge nicht - wie im SOEP ausgewiesen - rund ein Fünftel des gesamten Privatvermögens im Land, sondern rund ein Drittel. Der Anteil der reichsten 0,1 Prozent wird für das Jahr 2012 sogar dreimal so hoch geschätzt. Das Gesamtvermögen der Deutschen steigt durch die Hinzuschätzung im Jahr 2012 von 6,3 Billionen Euro auf bis zu 9,3 Billionen Euro. Der Forbes-Liste zufolge hielten im Jahr 2013 allein die 55 deutschen Dollar-Milliardäre rund 230 Milliarden Euro Nettovermögen.
"Die Datenlage ist sehr schwierig", fassen Westermeier und Grabka die Herausforderung der Analyse zusammen. "Die Chance, dass einer der wenigen deutschen Milliardäre oder Multimillionäre in einer repräsentativen Befragung auftaucht, geht gegen null. Erfahrungen aus einer amerikanischen Studie zeigen darüber hinaus, dass die Auskunftsbereitschaft mit der Höhe des Vermögens sinkt." Aus offiziellen Daten lässt sich das Privatvermögen der Superreichen in Deutschland nicht ablesen - anders als in Ländern, in denen es etwa eine Vermögensteuer gibt. "Wir müssen die Top-Vermögen also schätzen. Als quasi einzige Datengrundlage stehen dafür sogenannte Millionärs- oder Milliardärslisten zur Verfügung wie sie etwa von Wirtschaftsmagazinen aufgestellt werden." Die DIW-Forscher stützten sich bei ihrer Analyse auf die als zuverlässigste geltende dieser Listen, die des US-Magazins Forbes. Sie verzeichnet alle Menschen mit einem geschätzten Vermögen von mehr als einer Milliarde Dollar und führte im Jahr 2013 mehr als 50 Deutsche auf. In anderen Statistiken liegen die größten deutschen Privatvermögen deutlich niedriger: Im SOEP bei "nur" knapp 50 Millionen Euro, in der Studie der Deutschen Bundesbank bei knapp 80 Millionen. Da die Forbes-Liste bei einem Abgleich mit amerikanischen Steuerdaten Tendenzen zeigte, die Vermögen eher zu hoch zu bewerten, und Umfragedaten die Mittelschicht im Vergleich zu sehr reichen Haushalten oft relativ stärker repräsentieren, glichen die beiden DIW-Forscher die Forbes-Angaben mit verschiedenen anderen Statistiken ab und errechneten für ihre Simulation des Top-Vermögensbereichs verschiedene Szenarien.
"Der Unterschied zwischen unserer Gesamtschätzung und den anderen verfügbaren Daten ist in allen Szenarien erheblich", so das Fazit der Forscher. Während die reichsten 0,1 Prozent der deutschen Haushalte laut SOEP im Jahr 2012 rund fünf Prozent des Gesamtvermögens besaßen, sind es nach der neuen Hinzuschätzung zwischen 14 und 16 Prozent. "Der statistisch geschätzte Wert hat sich damit in etwa verdreifacht." Der Anteil des reichsten Prozents der deutschen Haushalte steigt von 18 Prozent auf Basis des SOEP auf mehr als 30 Prozent (je nach Szenario zwischen 31 und 34 Prozent). Die reichsten zehn Prozent vereinigen den Schätzungen zufolge 63 bis 74 Prozent des Privatvermögens im Land auf sich - statt wie bisher angenommen "nur" 60 Prozent. Das Gesamtvermögen der Deutschen liegt nach der Hinzuschätzung um rund drei Billionen Euro höher.

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