Viren und ihre Aktivität im Blick

Kurzfassung: Viren und ihre Aktivität im BlickWas passiert, wenn Viren in den Körper des Menschen gelangen? Wie reagiert das Immunsystem, was setzen die Viren dagegen? Wie übernehmen Viren das Kommando in einer ...
[Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 10.03.2015] Viren und ihre Aktivität im Blick
Was passiert, wenn Viren in den Körper des Menschen gelangen? Wie reagiert das Immunsystem, was setzen die Viren dagegen? Wie übernehmen Viren das Kommando in einer Zelle und wie versucht sich diese dagegen zu wehren? Was genau passiert in der Zelle, wenn die Viren sich dauerhaft einnisten oder sich massenhaft vermehren?
Solche Fragen rund um den Infektionsprozess geht der neue Virologie-Professor Lars Dölken (37) mit einem systembiologischen Ansatz an. Das heißt: Er interessiert sich zuerst für das große Ganze. Dölken erforscht, wie sich im zeitlichen Verlauf der Infektion in den Zellen das Muster der Genaktivierung und der Besatz mit RNA, Proteinen und anderen Molekülen verändert.
Herausfinden lässt sich das mit modernen Techniken der Hochdurchsatz-Sequenzierung und Proteom-Analyse in enger Zusammenarbeit mit der Bioinformatik. Nach diesem Schritt geht es daran, besonders interessante Einzelaspekte der Virusinfektion aufzuspüren und zu erforschen - immer mit Blick auf die Chancen, vielleicht Wege zu neuen Medikamenten oder Impfungen zu finden.
Infektion im Viertelstundentakt beobachten
Dölken, der seit 1. März 2015 den Lehrstuhl für Virologie an der Uni Würzburg innehat, nennt einige eindrucksvolle Ergebnisse seiner Arbeit. So dauert es nur acht Stunden, bis eine mit Herpes-simplex-Viren infizierte Zelle zu 80 Prozent Virenproteine produziert. Ein anderes Beispiel: das Zytomegalie-Virus. Sobald es eine Zelle befallen hat, verändern sich mindestens 25 Prozent der Genaktivitäten.
Drastische Dinge passieren also in den infizierten Zellen. Der zeitliche Ablauf einer Virusinfektion lässt sich dank Dölkens Forschung heute viel genauer analysieren. Dölken hat die Methodik soweit verfeinert, dass er im Viertelstundentakt beobachten kann, wie sich bei einer Infektion zum Beispiel die RNA- und die Proteinausstattung der Zelle verändern. Das gelang, indem er spezielle Verfahren zur Vorbehandlung der Analyseproben entwickelte.
Herpesviren: Lippenbläschen und Geburtsdefekte
Ein Schwerpunkt von Dölkens Forschung liegt auf den Herpesviren. Davon gibt es acht verschiedene Typen, die den Menschen infizieren und ein breites Spektrum von Krankheiten auslösen können - von harmlosen Lippenbläschen bis hin zu lebensbedrohlichen Krebserkrankungen. Ist man erst einmal infiziert, nisten sich alle Herpesviren dauerhaft in bestimmten Körperzellen ein und bleiben dort meist für lange Zeit ruhig. Leider können sie aber jederzeit reaktivieren, etwa wenn das Immunsystem vorübergehend schwächelt.
Das Zytomegalie-Virus zum Beispiel kann verschiedenste Zellen des Körpers infizieren. Häufig wird es bei Menschen aktiv, deren Immunsystem durch eine Chemotherapie oder eine Organtransplantation geschwächt ist. Schwere Darmentzündungen oder Erblindungen können die Folgen sein. "Außerdem ist das Virus die häufigste virale Ursache von Geburtsdefekten", sagt Professor Dölken. Eines von 1.000 Neugeborenen sei betroffen; die Symptome reichen von Gehörschäden im frühen Kindesalter bis hin zu generalisierten, lebensbedrohlichen Infektionen.
Lebenslauf von Lars Dölken
Lars Dölken, Jahrgang 1977, ist in Freiburg im Breisgau aufgewachsen. Er studierte Medizin an der Universität Greifswald und an der Universität von Otago in Dunedin (Neuseeland). "Ich wollte immer in die Forschung", sagt er. Doch nach dem Studium der Klinik ganz den Rücken kehren, das wollte er nicht. Auch aus diesem Grund entschied er sich für die Virologie.
Nach der Promotion forschte Dölken ab 2005 als Post-Doc in der Virologie am Max-von-Pettenkofer-Institut der LMU München. Dort schloss er auch die Weiterbildung zum Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsbiologie sowie seine Habilitation ab. 2011 wechselte er als Lecturer für Transfusions- und Transplantationsvirologie, unterstützt durch ein prestigeträchtiges Fellowship des britischen Medical Research Council (MRC), an die University of Cambridge nach England. Zum März 2015 folgte er dann dem Ruf auf den Würzburger Lehrstuhl für Virologie.
Perspektiven an der Uni Würzburg
"Es ist ein guter Zeitpunkt, jetzt nach Würzburg zu kommen", sagt Lars Dölken. Der Grund: Hier zeichnen sich neue Forschungsaktivitäten ab, die interessante Möglichkeiten der Zusammenarbeit bieten werden. Eine Max-Planck-Forschungsgruppe für Systemimmunologie ist derzeit im Aufbau, und in der Nordbayern-Initiative des Freistaats ist ein Helmholtz-Institut zum Thema Infektionskrankheiten geplant. Dieses Feld ist ohnehin ein Schwerpunkt an der Universität; das hiesige Zentrum für Infektionsforschung genießt seit langem international höchste Anerkennung.
Dölkens Methodenspektrum eignet sich nicht nur für die Virologie, sondern auch für die Zellbiologie oder die Immunologie. Mit diesen Gebieten will er in Würzburg neue Kooperationen auf den Weg bringen. Ein weiterer Punkt für die Zukunft: "Die Hochdurchsatz-Technologien sollen auch in die Virusdiagnostik einfließen", so Dölken. Damit sei in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu rechnen.

Kontakt
Prof. Dr. Lars Dölken
Lehrstuhl für Virologie
Universität Würzburg
T (0931) 31-88185
lars.doelken@vim.uni-wuerzburg.de
Weitere Informationen
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Als die Universität 1582 gegründet wurde, nahm sie ihren Betrieb mit einer Theologischen sowie einer Philosophischen Fakultät auf und verfügte bald auch über eine Juristische und Medizinische Fakultät. Im Jahre 1878 gliederte sich ihre Philosophische Fakultät in zwei Sektionen, in einen philosophisch-historischen und einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich.Erst 1937 verselbständigte sich die mathematisch-naturwissenschaftliche Sektion zu einer eigenen fünften Fakultät. Als nach dem 2. Weltkrieg die Lehr- und Forschungsarbeit wieder fortgesetzt wurde, blieb es bei dem vorherigen Stand. 1968 wurde die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät in zwei selbständige Abteilungen geteilt, in die Juristische und die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät. Die Universität besaß nun sechs Fakultäten. Ab 1972 schloß sich mit der Eingliederung der früher eigenständigen Pädagogischen Hochschule die Erziehungswissenschaft als siebte Fakultät an. Infolge der Hochschulreform 1974 wurde die Universität in insgesamt 13 Fakultäten umorganisiert. Die Erziehungswissenschaft wurde 1977 aufgelöst und den restlichen zwölf Fakultäten eingegliedert.Einer der Hauptgründe für die Attraktivität der Würzburger Universität ist zweifellos das auf 12 Fakultäten verteilte breite Fächerspektrum, das nahezu alle traditionellen Gebiete einer alten Universität umfaßt. In ihrer nun über 400jährigen Geschichte zählte sie stets zu den durchschnittlich großen deutschen Universitäten. Zu von Virchows und Röntgens Zeiten lag die Gesamtzahl der Studierenden an der Alma Julia zwischen 700 und 1000 Studenten, noch vor 40 Jahren bei 2500; heute gehört sie mit rund 20.000 Studenten zu den vier großen Universitäten Bayerns. Ihnen stehen 350 Professoren und rund 2700 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber.Mit 3.000 Studierenden bilden die Mediziner heute die größte Einzelfakultät. Die Hälfte aller in Würzburg Studierenden gehört jedoch den geisteswissenschaftlichen Bereichen an. Davon zählen 380 zur Katholisch-Theologischen Fakultät, etwas mehr als 520 zur Philosophischen Fakultät I, jeweils rund 3.000 zu den Philosophischen Fakultäten II und III. Bei den Juristen sind über 2.600 Studenten immatrikuliert und bei den Wirtschaftswissenschaftlern rund 2.000. Biologen und Chemiker bringen es jeweils auf rund 1.200 Studierende, die Fakultät für Mathematik und Informatik auf etwas über 1.000, Physiker und Erdwissenschaftler bleiben jeweils unter der 1.000er-Grenze.Die Naturwissenschaften streben räumlich seit den 50er Jahren in die Außenbezirke der Stadt. Die Auslagerung begann mit den Botanikern, die ihre Institute zum Dallenberg verlegten, und setzte sich in den 60er und 70er Jahren mit dem Aufbau der Universität Am Hubland fort. Chemikern und Pharmazeuten, Mineralogen und Kristallstrukturforschern, Physikern und Astronomen stehen heute dort, zusammen mit Mathematikern und Informatikern, hochmoderne Institutsgebäude und leistungsfähige Labors, Seminarräume und Hörsäle zur Verfügung. Während sich die Fachbereiche Philosophie I und III sowie die Juristen und Wirtschaftswissenschaftler noch in der Stadt befinden, teils in der fürstbischöflichen Residenz, teils in der Universität am Sanderring, teils im Stadtgebiet verstreut, ist die Philosophische Fakultät II in einen Neubau Am Hubland ausgewandert.
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