27.04.2015 12:01 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Bundesregierung

Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten 'Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft'

Kurzfassung: Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten "Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft"Zum Auftakt der Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten des Bundes, der Länder und der Kommun ...
[Bundesregierung - 27.04.2015] Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten "Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft"

Zum Auftakt der Bundeskonferenz der Integrationsbeauftragten des Bundes, der Länder und der Kommunen am 27. und 28. April 2015 in Mainz erklärt die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoguz:
"Die Gesundheit ist das wohl wichtigste Gut für jeden einzelnen von uns. Aber nicht alle der 81 Millionen Menschen in unserem Land können gleichermaßen vom hohen Standard unseres Gesundheits- und Pflegewesens profitieren: Wir haben noch immer strukturelle Probleme bei der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung von Menschen, die vor vielen Jahrzehnten einwanderten und ihren Nachkommen. Besonders viele Informationsdefizite lassen sich bei denjenigen feststellen, die erst kurz in unserem Land sind. Das hat häufig Auswirkungen auf Kinder, wenn ihre Eltern die Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrnehmen. Das zentrale Thema, über das ich mich heute und morgen mit den Integrationsbeauftragten der Länder und Kommunen austauschen werde, wird deshalb "Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft" sein.
Aktuell ist die Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen ein drängendes Problem in den Gemeinden - auch wegen der weiterhin hohen Zahl von Asylbewerbern. Asylbewerber und Geduldete sind in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts von der regulären Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. In manchen Bundesländern erhalten Flüchtlinge nur eine minimale Notfallversorgung: Nicht selten bleiben Erkrankungen so unerkannt oder werden chronisch. Einzelne tragische Geschehnisse in Flüchtlingsunterkünften zeigen, dass dies zu schweren Schädigungen oder sogar zu Todesfällen führen kann. Das Problem ist, dass Verwaltungsangestellte im Vorwege entscheiden sollen, ob ein Arztbesuch notwendig ist, dafür sind sie aber gar nicht ausgebildet. Daher halte ich es für einen guten Weg, wenn alle Bundesländer die in Bremen und Hamburg genutzte Chipkarte nach dem Bremer Modell einführen würden. Mit dieser Chipkarte können Asylbewerber zum Arzt gehen - und zwar ohne vorherige umständliche Beantragung eines Krankenscheins beim Sozialamt. Das ist human und unbürokratisch. Und die Praxis zeigt, dass sich mancherorts dadurch sogar Verwaltungskosten sparen lassen.
Aber auch bei der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung von Menschen mit Einwanderungsgeschichte, die schon länger in Deutschland leben, besteht Handlungsbedarf. So nehmen Menschen mit Einwanderungsbiografie seltener Präventionsangebote wie Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch. Auch müssen wir uns fragen, ob unsere Gesundheitseinrichtungen (noch) zu unserer Einwanderungsgesellschaft passen. Sind Deutschlands Krankenhäuser, Arztpraxen und ambulante Dienste allen gleichberechtigt zugänglich? Ärzte und Mitarbeiter müssen für den Umgang mit einer vielfältigen Patientenschaft sensibilisiert werden. Hier ist mehr interkulturelle Öffnung notwendig. Auch die Bereitstellung von Übersetzungen und Dolmetschleistungen trägt zur Verbesserung der Situation bei, denn mangelnde Sprachkenntnisse können zu Unter-, Über- oder Fehlversorgung führen. Dies kann zum einen schwerwiegende gesundheitliche Folgen für die Betroffenen haben, aber auch zu nachträglichen kostenintensiven Behandlungen führen, die unnötig unser Gesundheitssystem belasten.
Handlungsbedarf besteht zudem im Pflegebereich: Es wird zukünftig mehr ältere Menschen mit Einwanderungsgeschichte geben, die auf kulturell sensible Angebote angewiesen sind. Häufig sind dieser Zielgruppe auch die Zugänge zu den Leistungen, z.B. zu den Pflegestufen gar nicht bekannt. Mehr und bessere Aufklärung ist hier erforderlich. Dies gilt im Übrigen für alle in unserer Gesellschaft - ob mit oder ohne Einwanderungsgeschichten."

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