28.05.2015 09:38 Uhr in Gesellschaft & Familie von Bundesverfassungsgericht
Altershöchstgrenzen für die Einstellung in den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig
Kurzfassung: Altershöchstgrenzen für die Einstellung in den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen verfassungswidrigPressemitteilung Nr. 34/2015 vom 28. Mai 2015Beschluss vom 21. April 20152 BvR 1322/12, 2 ...
[Bundesverfassungsgericht - 28.05.2015] Altershöchstgrenzen für die Einstellung in den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig
Pressemitteilung Nr. 34/2015 vom 28. Mai 2015
Beschluss vom 21. April 2015
2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12
Das Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen beinhaltet keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen. Die in der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 vorgesehenen Regelungen der Altershöchstgrenze sind daher mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Beschluss entschieden. Zwei Verfassungsbeschwerden hat der Senat stattgegeben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zugleich hat der Senat die materiellen Anforderungen an Einstellungshöchstaltersgrenzen konkretisiert: Sie sind grundsätzlich zulässig, um ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit zu gewährleisten. Der Gesetzgeber verfügt insoweit über einen Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen sich unter anderem aus den Anforderungen des Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer sind angestellte Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen. Sie begehren die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, obwohl sie das 40. Lebensjahr bereits vollendet und damit die nach der maßgeblichen Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze für die Einstellung überschritten haben.
Der Beschwerdeführer des Verfahrens 2 BvR 1322/12 ist 1963 geboren und studierte von 1991 bis 1997 Malerei und Grafik. Nach Anerkennung seines Diploms als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Berufskollegs wurde er im Jahr 2004 im öffentlichen Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen angestellt. Von 2005 bis 2007 absolvierte er den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst und schloss diesen mit der Zweiten Staatsprüfung ab. Anschließend wurde er als angestellter Lehrer beschäftigt. Im Jahr 2009 stellte er einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, den die Bezirksregierung ablehnte.
Die 1959 geborene Beschwerdeführerin des Verfahrens 2 BvR 1989/12 legte 1984 die Erste und 1987 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt ab. Nach Kindererziehungszeiten war sie ab 1992 als Lehrkraft im katholischen Ersatzschuldienst tätig. Seit 2001 ist die Beschwerdeführerin im Schuldienst des Landes angestellt. 2009 stellte sie - zum zweiten Mal - einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, den die Bezirksregierung ablehnte.
In beiden Fällen blieben die Klagen vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die maßgeblichen Regelungen der Laufbahnverordnung, nach denen die Einstellung aufgrund des erreichten Lebensalters verweigert werden kann, verstoßen gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Die darauf beruhenden gerichtlichen und behördlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG.
1. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht der Exekutive zu überlassen. Eine Delegation von Entscheidungen auf den Verordnungsgeber kann dem Gesetzesvorbehalt genügen, wenn der parlamentarische Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft und die Ermächtigungsgrundlage hinreichend bestimmt ist. Die parlamentarische Leitentscheidung ist an den rechtsstaatlichen Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen. Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Je erheblicher diese in die Rechtsstellung des Betroffenen eingreift, desto höhere Anforderungen müssen an den Bestimmtheitsgrad der Ermächtigung gestellt werden. Schon aus der Ermächtigung muss daher erkennbar und vorhersehbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Auch wenn Art. 80 Abs. 1 GG für landesgesetzliche Verordnungsermächtigungen nicht unmittelbar anwendbar ist, sind die aus ihm folgenden Grundsätze auch für die Landesgesetzgebung verbindlich.
Soweit es um Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes geht, trifft Art. 33 Abs. 2 GG eine die Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ergänzende Regelung. Hiernach wird jedem Deutschen das Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährleistet; dies gilt unbeschränkt und vorbehaltlos. Eine Regelung, die den Lebensbereich vorbehaltloser Grundrechte oder grundrechtsgleicher Rechte ordnen will, bestimmt und konkretisiert notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken. Es ist vorrangig Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers, die Abwägung und den Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und anderen in der Verfassung geschützten Belangen vorzunehmen. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz beim Zugang zum Beamtenverhältnis bedürfen demnach grundsätzlich einer (parlaments-)gesetzlichen Grundlage.
Schließlich sind für das Erfordernis einer Regelung des parlamentarischen Gesetzgebers auch die europarechtlichen Ausformungen des Verbots der Altersdiskriminierung durch die Richtlinie 2000/78/EG der Europäischen Union in den Blick zu nehmen. Diese unionsrechtlichen Anforderungen verstärken das verfassungsrechtliche Erfordernis, dass der parlamentarische Gesetzgeber zur Beantwortung der Frage der Einführung und Ausgestaltung von beamtenrechtlichen Höchstaltersgrenzen berufen ist, weil die Rechtfertigung von Art und Maß einer Ungleichbehandlung auch danach eine Abwägung mit anderen legitimen Zielen erfordert.
2. 5 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG) ist vor diesem Hintergrund keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen.
a) Einstellungshöchstaltersgrenzen stellen einen schwerwiegenden Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG und grundsätzlich auch in Art. 33 Abs. 2 GG dar. Sie schließen ältere Bewerber regelmäßig ohne Rücksicht auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung vom Beamtenverhältnis aus und führen auf diese Weise zu einer eignungswidrigen Ungleichbehandlung von einiger Intensität. Da sie Zugangsbedingungen zum Beamtenverhältnis festlegen, kommt ihnen - ebenso wie Ruhestandsgrenzen - statusbildende Funktion zu.
b) Die pauschale Ermächtigung zur Regelung des Laufbahnwesens der Beamten in 5 Abs. 1 Satz 1 LBG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage nicht. Weder die Norm selbst noch ihr systematischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften noch die Gesetzgebungsmaterialien lassen erkennen, dass der nordrhein-westfälische Gesetzgeber sich Gedanken über die Einführung von Einstellungshöchstaltersgrenzen und ihre grundrechtliche Eingriffsrelevanz gemacht hat. Es fehlt daher bereits im Ansatz an einer parlamentarischen Leitentscheidung.
3. Daher kann die Frage der materiellen Verfassungsmäßigkeit der konkret vom Landesgesetzgeber bestimmten Altersgrenzen dahinstehen. Angesichts der bereits länger bestehenden rechtlichen Unsicherheiten hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Einstellungshöchstaltersgrenzen sei aber auf Folgendes hingewiesen:
a) Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Das Lebensalter ist ein eignungsimmanentes Kriterium, wenn ein Beamter mit Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze typischerweise den Anforderungen eines Amtes nicht mehr genügt. Dies kann etwa bei den Einsatzkräften in Militär, Polizeivollzugsdienst und Feuerwehr der Fall sein. Bei der vorliegend zu beurteilenden, allgemeinen Einstellungshöchstaltersgrenze von 40 Jahren für Lehrer spielt die körperliche Leistungsfähigkeit dagegen keine Rolle.
b) Einstellungshöchstaltersgrenzen dienen - von den oben genannten Einsatzberufen abgesehen - eignungsfremden Zwecken und sollen außerhalb des Leistungsgrundsatzes liegende Ziele verwirklichen. Solche Belange können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Schranken können sich im Beamtenrecht etwa aus Art. 33 Abs. 5 GG ergeben, soweit sie durch Sinn und Zweck des konkreten Dienst- und Treueverhältnisses des Beamten gefordert werden oder der Gewährleistung der mit Verfassungsrang ausgestatteten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums dienen. Das gilt insbesondere für das Lebenszeitprinzip und das Alimentationsprinzip.
Als Zweck der Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte wird im Wesentlichen die Gewährleistung eines ausgewogenen zeitlichen Verhältnisses zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit genannt. Darin kommt zum Ausdruck, dass sich die Alimentation des Beamten im Ruhestand nur rechtfertigt, wenn dessen Arbeitskraft dem Dienstherrn zuvor über einen längeren Zeitraum uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat. Einstellungshöchstaltersgrenzen können im Zusammenspiel mit den Ruhestandsgrenzen - insbesondere im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung und die wachsenden Versorgungslasten der öffentlichen Haushalte - eine wesentliche Grundlage für die Finanzierbarkeit und Funktionsfähigkeit des beamtenrechtlichen Versorgungssystems darstellen und damit der Sicherung des Alimentations- und des Lebenszeitprinzips dienen. Für die hier widerstreitenden Grundsätze von Art. 33 Abs. 2 und Abs. 5 GG ist daher praktische Konkordanz herzustellen.
c) Beachtet der Gesetzgeber diese Voraussetzungen, so kann der Eingriff in Art. 33 Abs. 2 GG durch Einstellungshöchstaltersgrenzen grundsätzlich gerechtfertigt sein. Der wirtschaftliche Wert der Altersversorgung lässt sich nicht exakt zahlenmäßig bestimmen, denn neben der Dauer der Aufbauphase während der aktiven Dienstzeit ist er abhängig von der Dauer der Auszahlungsphase, der Besoldungsgruppe des Beamten, der Anrechnung von Rentenansprüchen und weiterer Faktoren. Aufgrund dieser Unwägbarkeiten ist dem Gesetzgeber bei der Einführung und Ausgestaltung von Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte ein Gestaltungsspielraum einzuräumen, dessen Umfang sich unter anderem aus den Grenzen von Art. 33 Abs. 2 GG sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt. Zudem hat er die Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG zu beachten.
d) Das Erfordernis einer ausgewogenen Altersstruktur ist hingegen als Argument zur Rechtfertigung von Einstellungshöchstaltersgrenzen vorliegend weitgehend ungeeignet. Die Altersstruktur hängt von der Zahl der im Haushalt vorgesehenen Stellen und der Zahl der Neueinstellungen in einem bestimmten Zeitraum ab. Eine ausgewogene Altersstruktur kann folglich eher durch ein variables Einstellungsalter gesichert werden.
Bundesverfassungsgericht
Schloßbezirk 3
76131 Karlsruhe
Deutschland
Telefon: 0721/91010
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Mail: bverfg@bundesverfassungsgericht.de
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Beschluss vom 21. April 2015
2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12
Das Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen beinhaltet keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen. Die in der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 vorgesehenen Regelungen der Altershöchstgrenze sind daher mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute verkündetem Beschluss entschieden. Zwei Verfassungsbeschwerden hat der Senat stattgegeben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zugleich hat der Senat die materiellen Anforderungen an Einstellungshöchstaltersgrenzen konkretisiert: Sie sind grundsätzlich zulässig, um ein ausgewogenes zeitliches Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit zu gewährleisten. Der Gesetzgeber verfügt insoweit über einen Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen sich unter anderem aus den Anforderungen des Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer sind angestellte Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen. Sie begehren die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, obwohl sie das 40. Lebensjahr bereits vollendet und damit die nach der maßgeblichen Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze für die Einstellung überschritten haben.
Der Beschwerdeführer des Verfahrens 2 BvR 1322/12 ist 1963 geboren und studierte von 1991 bis 1997 Malerei und Grafik. Nach Anerkennung seines Diploms als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Berufskollegs wurde er im Jahr 2004 im öffentlichen Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen angestellt. Von 2005 bis 2007 absolvierte er den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst und schloss diesen mit der Zweiten Staatsprüfung ab. Anschließend wurde er als angestellter Lehrer beschäftigt. Im Jahr 2009 stellte er einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, den die Bezirksregierung ablehnte.
Die 1959 geborene Beschwerdeführerin des Verfahrens 2 BvR 1989/12 legte 1984 die Erste und 1987 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt ab. Nach Kindererziehungszeiten war sie ab 1992 als Lehrkraft im katholischen Ersatzschuldienst tätig. Seit 2001 ist die Beschwerdeführerin im Schuldienst des Landes angestellt. 2009 stellte sie - zum zweiten Mal - einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, den die Bezirksregierung ablehnte.
In beiden Fällen blieben die Klagen vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Die maßgeblichen Regelungen der Laufbahnverordnung, nach denen die Einstellung aufgrund des erreichten Lebensalters verweigert werden kann, verstoßen gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Die darauf beruhenden gerichtlichen und behördlichen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG.
1. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht der Exekutive zu überlassen. Eine Delegation von Entscheidungen auf den Verordnungsgeber kann dem Gesetzesvorbehalt genügen, wenn der parlamentarische Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft und die Ermächtigungsgrundlage hinreichend bestimmt ist. Die parlamentarische Leitentscheidung ist an den rechtsstaatlichen Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen. Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Je erheblicher diese in die Rechtsstellung des Betroffenen eingreift, desto höhere Anforderungen müssen an den Bestimmtheitsgrad der Ermächtigung gestellt werden. Schon aus der Ermächtigung muss daher erkennbar und vorhersehbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Auch wenn Art. 80 Abs. 1 GG für landesgesetzliche Verordnungsermächtigungen nicht unmittelbar anwendbar ist, sind die aus ihm folgenden Grundsätze auch für die Landesgesetzgebung verbindlich.
Soweit es um Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes geht, trifft Art. 33 Abs. 2 GG eine die Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ergänzende Regelung. Hiernach wird jedem Deutschen das Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährleistet; dies gilt unbeschränkt und vorbehaltlos. Eine Regelung, die den Lebensbereich vorbehaltloser Grundrechte oder grundrechtsgleicher Rechte ordnen will, bestimmt und konkretisiert notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken. Es ist vorrangig Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers, die Abwägung und den Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und anderen in der Verfassung geschützten Belangen vorzunehmen. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz beim Zugang zum Beamtenverhältnis bedürfen demnach grundsätzlich einer (parlaments-)gesetzlichen Grundlage.
Schließlich sind für das Erfordernis einer Regelung des parlamentarischen Gesetzgebers auch die europarechtlichen Ausformungen des Verbots der Altersdiskriminierung durch die Richtlinie 2000/78/EG der Europäischen Union in den Blick zu nehmen. Diese unionsrechtlichen Anforderungen verstärken das verfassungsrechtliche Erfordernis, dass der parlamentarische Gesetzgeber zur Beantwortung der Frage der Einführung und Ausgestaltung von beamtenrechtlichen Höchstaltersgrenzen berufen ist, weil die Rechtfertigung von Art und Maß einer Ungleichbehandlung auch danach eine Abwägung mit anderen legitimen Zielen erfordert.
2. 5 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG) ist vor diesem Hintergrund keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen.
a) Einstellungshöchstaltersgrenzen stellen einen schwerwiegenden Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG und grundsätzlich auch in Art. 33 Abs. 2 GG dar. Sie schließen ältere Bewerber regelmäßig ohne Rücksicht auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung vom Beamtenverhältnis aus und führen auf diese Weise zu einer eignungswidrigen Ungleichbehandlung von einiger Intensität. Da sie Zugangsbedingungen zum Beamtenverhältnis festlegen, kommt ihnen - ebenso wie Ruhestandsgrenzen - statusbildende Funktion zu.
b) Die pauschale Ermächtigung zur Regelung des Laufbahnwesens der Beamten in 5 Abs. 1 Satz 1 LBG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage nicht. Weder die Norm selbst noch ihr systematischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften noch die Gesetzgebungsmaterialien lassen erkennen, dass der nordrhein-westfälische Gesetzgeber sich Gedanken über die Einführung von Einstellungshöchstaltersgrenzen und ihre grundrechtliche Eingriffsrelevanz gemacht hat. Es fehlt daher bereits im Ansatz an einer parlamentarischen Leitentscheidung.
3. Daher kann die Frage der materiellen Verfassungsmäßigkeit der konkret vom Landesgesetzgeber bestimmten Altersgrenzen dahinstehen. Angesichts der bereits länger bestehenden rechtlichen Unsicherheiten hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Einstellungshöchstaltersgrenzen sei aber auf Folgendes hingewiesen:
a) Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Das Lebensalter ist ein eignungsimmanentes Kriterium, wenn ein Beamter mit Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze typischerweise den Anforderungen eines Amtes nicht mehr genügt. Dies kann etwa bei den Einsatzkräften in Militär, Polizeivollzugsdienst und Feuerwehr der Fall sein. Bei der vorliegend zu beurteilenden, allgemeinen Einstellungshöchstaltersgrenze von 40 Jahren für Lehrer spielt die körperliche Leistungsfähigkeit dagegen keine Rolle.
b) Einstellungshöchstaltersgrenzen dienen - von den oben genannten Einsatzberufen abgesehen - eignungsfremden Zwecken und sollen außerhalb des Leistungsgrundsatzes liegende Ziele verwirklichen. Solche Belange können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Schranken können sich im Beamtenrecht etwa aus Art. 33 Abs. 5 GG ergeben, soweit sie durch Sinn und Zweck des konkreten Dienst- und Treueverhältnisses des Beamten gefordert werden oder der Gewährleistung der mit Verfassungsrang ausgestatteten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums dienen. Das gilt insbesondere für das Lebenszeitprinzip und das Alimentationsprinzip.
Als Zweck der Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte wird im Wesentlichen die Gewährleistung eines ausgewogenen zeitlichen Verhältnisses zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit genannt. Darin kommt zum Ausdruck, dass sich die Alimentation des Beamten im Ruhestand nur rechtfertigt, wenn dessen Arbeitskraft dem Dienstherrn zuvor über einen längeren Zeitraum uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat. Einstellungshöchstaltersgrenzen können im Zusammenspiel mit den Ruhestandsgrenzen - insbesondere im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung und die wachsenden Versorgungslasten der öffentlichen Haushalte - eine wesentliche Grundlage für die Finanzierbarkeit und Funktionsfähigkeit des beamtenrechtlichen Versorgungssystems darstellen und damit der Sicherung des Alimentations- und des Lebenszeitprinzips dienen. Für die hier widerstreitenden Grundsätze von Art. 33 Abs. 2 und Abs. 5 GG ist daher praktische Konkordanz herzustellen.
c) Beachtet der Gesetzgeber diese Voraussetzungen, so kann der Eingriff in Art. 33 Abs. 2 GG durch Einstellungshöchstaltersgrenzen grundsätzlich gerechtfertigt sein. Der wirtschaftliche Wert der Altersversorgung lässt sich nicht exakt zahlenmäßig bestimmen, denn neben der Dauer der Aufbauphase während der aktiven Dienstzeit ist er abhängig von der Dauer der Auszahlungsphase, der Besoldungsgruppe des Beamten, der Anrechnung von Rentenansprüchen und weiterer Faktoren. Aufgrund dieser Unwägbarkeiten ist dem Gesetzgeber bei der Einführung und Ausgestaltung von Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte ein Gestaltungsspielraum einzuräumen, dessen Umfang sich unter anderem aus den Grenzen von Art. 33 Abs. 2 GG sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt. Zudem hat er die Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG zu beachten.
d) Das Erfordernis einer ausgewogenen Altersstruktur ist hingegen als Argument zur Rechtfertigung von Einstellungshöchstaltersgrenzen vorliegend weitgehend ungeeignet. Die Altersstruktur hängt von der Zahl der im Haushalt vorgesehenen Stellen und der Zahl der Neueinstellungen in einem bestimmten Zeitraum ab. Eine ausgewogene Altersstruktur kann folglich eher durch ein variables Einstellungsalter gesichert werden.
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