24.06.2015 16:04 Uhr in Gesellschaft & Familie von Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. IW Köln
Versprechen gebrochen
Kurzfassung: Versprechen gebrochenGesundheitsminister Gröhe hat seinen Entwurf für die zweite Stufe der Pflegereform vorgelegt. Sie soll 4,4 Milliarden Euro mehr kosten als ursprünglich geplant. Statt für die ...
[Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. IW Köln - 24.06.2015] Versprechen gebrochen
Gesundheitsminister Gröhe hat seinen Entwurf für die zweite Stufe der Pflegereform vorgelegt. Sie soll 4,4 Milliarden Euro mehr kosten als ursprünglich geplant. Statt für die Demografie vorzusorgen - wie es die Politik noch in der ersten Reformstufe versprochen hat -, soll deshalb bereits jetzt auf die Reserven der Pflegekasse zurückgegriffen werden. Das wäre fatal.
Der alte Pflegebegriff steht schon lange in der Kritik - er sei zu stark auf körperliche Beeinträchtigungen ausgerichtet und vernachlässige, dass Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen wie Demenz Pflege brauchen. Mit der Weiterentwicklung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs soll diesem Manko Rechnung getragen werden: Künftig wird der Pflegebedarf nicht mehr in drei Stufen, sondern nach fünf Pflegegraden differenziert erfasst. Unter anderem werden damit notwendige Hilfen zur Teilhabe am sozialen Leben besser berücksichtigt.
Die Umstellung soll niemanden schlechter stellen, der bereits heute auf Leistungen der Pflegeversicherung angewiesen ist. Doch das kostet, wofür der Gesundheitsminister in den nächsten Jahren 4,4 Milliarden Euro aus den Rücklagen der Pflegeversicherung einsetzen will. Doch dieses Geld ist eigentlich zum Ausgleich konjunktureller Einnahmeschwankungen gedacht und als Startkapital für den Demografie-Fonds eingeplant. Zur Erinnerung: Mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz wurde der Beitragssatz Anfang dieses Jahres von 2,05 auf 2,35 Prozent angehoben - unter anderem um jedes Jahr gut eine Milliarde Euro als Vorsorge für den absehbaren Ausgabenanstieg ab Mitte der 2030er-Jahre anzusparen.
Schon im "Jahr 1" will der Gesundheitsminister also Rücklagen antasten, die eigentlich langfristigen Zielen dienen. Einmal mehr bestätigt sich somit die Befürchtung, dass die Sozialversicherung nicht der richtige Ort ist, um Geld anzusparen: Die Versuchung, Mittel für zusätzliche Leistungen zu missbrauchen, ist einfach zu groß. Dabei ließe sich die notwendige Vorsorge auch anders organisieren - wie ein Vorschlag des IW zur Finanzierung des Pflegerisikos zeigt.
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50459 Köln
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Gesundheitsminister Gröhe hat seinen Entwurf für die zweite Stufe der Pflegereform vorgelegt. Sie soll 4,4 Milliarden Euro mehr kosten als ursprünglich geplant. Statt für die Demografie vorzusorgen - wie es die Politik noch in der ersten Reformstufe versprochen hat -, soll deshalb bereits jetzt auf die Reserven der Pflegekasse zurückgegriffen werden. Das wäre fatal.
Der alte Pflegebegriff steht schon lange in der Kritik - er sei zu stark auf körperliche Beeinträchtigungen ausgerichtet und vernachlässige, dass Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen wie Demenz Pflege brauchen. Mit der Weiterentwicklung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs soll diesem Manko Rechnung getragen werden: Künftig wird der Pflegebedarf nicht mehr in drei Stufen, sondern nach fünf Pflegegraden differenziert erfasst. Unter anderem werden damit notwendige Hilfen zur Teilhabe am sozialen Leben besser berücksichtigt.
Die Umstellung soll niemanden schlechter stellen, der bereits heute auf Leistungen der Pflegeversicherung angewiesen ist. Doch das kostet, wofür der Gesundheitsminister in den nächsten Jahren 4,4 Milliarden Euro aus den Rücklagen der Pflegeversicherung einsetzen will. Doch dieses Geld ist eigentlich zum Ausgleich konjunktureller Einnahmeschwankungen gedacht und als Startkapital für den Demografie-Fonds eingeplant. Zur Erinnerung: Mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz wurde der Beitragssatz Anfang dieses Jahres von 2,05 auf 2,35 Prozent angehoben - unter anderem um jedes Jahr gut eine Milliarde Euro als Vorsorge für den absehbaren Ausgabenanstieg ab Mitte der 2030er-Jahre anzusparen.
Schon im "Jahr 1" will der Gesundheitsminister also Rücklagen antasten, die eigentlich langfristigen Zielen dienen. Einmal mehr bestätigt sich somit die Befürchtung, dass die Sozialversicherung nicht der richtige Ort ist, um Geld anzusparen: Die Versuchung, Mittel für zusätzliche Leistungen zu missbrauchen, ist einfach zu groß. Dabei ließe sich die notwendige Vorsorge auch anders organisieren - wie ein Vorschlag des IW zur Finanzierung des Pflegerisikos zeigt.
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