Bundesgerichtshof verhandelt über Kündigung eines Pressegrossisten durch den Bauer-Verlag

  • Pressemitteilung der Firma Bundesgerichtshof (BGH), 10.05.2011
Pressemitteilung vom: 10.05.2011 von der Firma Bundesgerichtshof (BGH) aus Karlsruhe

Kurzfassung: Bundesgerichtshof verhandelt über Kündigung eines Pressegrossisten durch den Bauer-Verlag Die Bauer Media Group gehört u.a. mit den Titeln "Bravo", "Auf einen Blick", "TV-Movie", und "Neue Post" zu den führenden deutschen und europäischen ...

[Bundesgerichtshof (BGH) - 10.05.2011] Bundesgerichtshof verhandelt über Kündigung eines Pressegrossisten durch den Bauer-Verlag


Die Bauer Media Group gehört u.a. mit den Titeln "Bravo", "Auf einen Blick", "TV-Movie", und "Neue Post" zu den führenden deutschen und europäischen Zeitschrif-tenverlagen. Sie hat zum 28. Februar 2009 den Presse-Grosso-Vertriebsvertrag mit der verlagsunabhängigen Heinz-Ulrich Grade KG gekündigt. Seither vertreibt Bauer ihre Zeitschriften in dem bisher von diesem Grosso-Unternehmen versorgten Gebiet, nämlich dem Kreis Pinneberg und Teilen der Kreise Steinburg, Stormarn und Sege-berg, über eine hundertprozentige Tochtergesellschaft selbst. Hiergegen wendet sich das Grosso-Unternehmen mit seiner Klage und begehrt, weiterhin ausschließlich – hilfsweise konkurrierend – mit sämtlichen Presseerzeugnissen des Bauer-Verlags beliefert zu werden.

Der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften ist in Deutschland mindestens seit den 1970er Jahren auf der Grundlage des Presse-Grosso-Systems organisiert. Der Pressegroßhandel bezieht Zeitungen und Zeitschriften von den Verlagen und liefert diese an die rund 120.000 Verkaufsstellen des Einzelhandels. Die Unternehmen des Pressegrosso sind weit überwiegend mittelständisch strukturierte, von den Verlagen unabhängige Unternehmen. Derzeit gibt es etwa 70 Pressegrossisten, die in ihrem jeweiligen Vertriebsgebiet in der Regel das ausschließliche Vertriebsrecht für die Presseerzeugnisse der einzelnen Verlage besitzen. Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist auf diese Weise durch ein Netz von Grosso-Gebietsmonopolen abgedeckt.

Der Verband Deutscher Zeitschriften-Verleger (VDZ), deren Mitglied die Bauer Media Group ist, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Bundes-verband Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten e.V. (Grosso-Ver-band), dem das klagende Grosso-Unternehmen angehört, haben sich am 19. August 2004 auf Anregung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit und der Bundes-beauftragten für Kultur und Medien in einer Gemeinsamen Erklärung "zugunsten der Überallerhältlichkeit und Vielfalt des Presseangebots in Deutschland" zum "bewähr-ten" Grosso-Vertriebssystem "einmütig bekannt" und dabei unter anderem die Prinzi-pien der gebietsbezogenen Alleinauslieferung und der Neutralität des Pressegrosso gegenüber den Verlagen bekräftigt. Weiter wird in der Gemeinsamen Erklärung betont, dass die Verlage in der Wahl ihrer Vertriebswege grundsätzlich frei seien; bei "zu begründenden nachhaltigen Leistungsmängeln und anderen sachlich gerechtfer-tigten Gründen" müssten sie die Möglichkeit haben, die Geschäftsbeziehung zu dem betreffenden Grossisten zu kündigen.

Das Oberlandesgericht hat die Kündigung des Grosso-Vertriebsvertrags mit dem Unternehmen Grade als wirksam erachtet und – anders als das Landgericht – einen Belieferungsanspruch mit Presseerzeugnissen des Bauer-Verlags verneint. Es hat angenommen, die Bauer Vertriebs KG sei weder aus kartellrechtlichen Gründen noch im Hinblick auf die Gemeinsame Erklärung daran gehindert, die Belieferung des Grosso-Unternehmens einzustellen und den Vertrieb einem anderen, verlagsab-hängigen Grossisten zu übertragen.

Dagegen wendet sich das Grosso-Unternehmen mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision.

Nach einer Pressemitteilung des Grosso-Verbands vom 18. Februar 2011 hat die Bauer Vertriebs KG eine Klage erhoben, mit der sie begehrt, dem Verband aus kartellrechtlichen Gründen untersagen zu lassen, für seine Mitglieder einheitliche Konditionen mit den Verlagen zu verhandeln und die einzelnen Grosso-Unternehmen aufzufordern, individuelle Verhandlungen mit der Bauer Vertriebs KG zu verweigern. Dieses Verfahren ist derzeit erstinstanzlich beim Landgericht Köln anhängig und nicht Gegenstand der Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof am 24. Mai 2011.


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