09.10.2015 16:42 Uhr in Gesellschaft & Familie von Bertelsmann Stiftung
Volle Hörsäle - leere Werkbänke: Studium läuft Ausbildung den Rang ab
Kurzfassung: Volle Hörsäle - leere Werkbänke: Studium läuft Ausbildung den Rang abDie Berufsausbildung bangt um Nachwuchs. Geburtenschwache Jahrgänge lassen die Zahl der Azubis zusätzlich sinken. Nicht aufzu ...
[Bertelsmann Stiftung - 09.10.2015] Volle Hörsäle - leere Werkbänke: Studium läuft Ausbildung den Rang ab
Die Berufsausbildung bangt um Nachwuchs. Geburtenschwache Jahrgänge lassen die Zahl der Azubis zusätzlich sinken. Nicht aufzuhalten scheint dagegen der Ansturm auf die Hochschulen. Mit wie vielen Azubis und Studenten ist 2030 zu rechnen? Unsere neue Studie hat verschiedene Szenarien entwickelt.
Wenn sich der Trend zum Studium aus den vergangenen zehn Jahren ungebrochen fortsetzt, werden in Deutschland 2030 nur noch etwas mehr als 400.000 junge Menschen eine betriebliche Ausbildung beginnen - ein Rückgang um 17 Prozent. Die Hochschulen hingegen werden trotz des demographischen Wandels und der deshalb sinkenden Zahl an Schulabgängern kaum Studienanfänger einbüßen. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die die Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat.
2013 verzeichnete Deutschland eine Zäsur in der nachschulischen Bildung: Erstmals begannen mehr junge Menschen ein Studium als eine Berufsausbildung. Diese Entwicklung scheint vorerst unumkehrbar: Unsere Studie berechnete neben der Fortschreibung der bisherigen Trends einen realistischen Korridor, in dem sich die Neigung zu Studium oder betrieblicher Ausbildung in den nächsten 15 Jahren entwickeln könnte. Allen Szenarien ist gemeinsam: Die Schere zwischen Studien- und Ausbildungsanfängern wird bis 2030 weiter auseinandergehen.
Vielen Branchen droht in Kürze ein Fachkräftemangel
Die geburtenschwachen Jahrgänge stellen die Betriebe vor weitaus größere Herausforderungen als die Hochschulen. Bereits im vergangenen Jahr blieben knapp 40.000 Lehrstellen unbesetzt. Ein weiterer Rückgang der Azubi-Zahlen könnte in vielen Branchen einen Fachkräftemangel auslösen oder beschleunigen, weil sich zugleich geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand verabschieden. Schätzungen zufolge werden bis 2030 rund 10,5 Millionen Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung oder Fachabschluss (Meister/Techniker) aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
Währenddessen bleibt der Run auf die Hochschulen ungebrochen. Hält der Trend zum Studium an, werden die Erstsemesterzahlen bis 2030 um lediglich knapp fünf Prozent sinken. Der Anteil der Abiturienten, die ein Studium aufnehmen, wird zwar nicht mehr nennenswert steigen. Allerdings erwerben immer mehr Schüler eine Studienberechtigung. Außerdem werden die deutschen Hochschulen immer attraktiver für ausländische Studierende.
Berufsausbildung und Studium müssen stärker verknüpft werden
Den stärksten Zulauf können voraussichtlich Studiengänge mit hoher Praxisorientierung verzeichnen. Bis zum Jahr 2030 ist mit einem Anstieg auf mehr als 43 Prozent zu rechnen. Auch die dualen Studiengänge werden immer beliebter. Rund 21.000 junge Menschen nahmen 2013 ein entsprechendes Studium auf. Bis 2030 wird sich ihre Zahl nach Berechnungen der Studie auf 38.000 pro Jahr erhöhen.
"Der Trend zur Akademisierung ist nicht zu stoppen. Der gesamte nachschulische Bildungsbereich muss sich verändern und anpassen."
Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung
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Die traditionell strikte Trennung zwischen akademischer und betrieblicher Ausbildung gelte es zu überwinden, zumal der Arbeitsmarkt diese klare Abgrenzung längst aufweiche, so Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung. Dräger plädiert daher für eine stärkere Verzahnung und Durchlässigkeit der Bildungswege: "Wir sollten Berufsausbildung und Studium nicht gegeneinander ausspielen, sondern stärker miteinander verknüpfen." Geschehen könne dies durch wechselseitige Anerkennung von Leistungen, mehr Hochschulangebote für beruflich Qualifizierte, mehr praxisorientierte Studiengänge und neue Modelle. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt etwa die Einführung einer zweijährigen Kombination aus Studium und Ausbildung, an deren Ende drei Optionen offenstehen: Fortführung der Berufsausbildung, des Studiums oder Aufnahme eines dualen Studiums.
Das allein wird aber nicht ausreichen, um die aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Fachkräfte zu ersetzen. Die Studie regt daher an, Zuwanderern, Flüchtlingen, Studienabbrechern und bislang als nicht ausbildungsreif geltenden Schulabgängern den Zugang zur betrieblichen Ausbildung zu erleichtern.
"Die betriebliche Ausbildung muss für neue Zielgruppen möglich und attraktiv werden."
Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung
Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Str. 256
33311 Gütersloh
Deutschland
Telefon: +49 5241 81-81147
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Die Berufsausbildung bangt um Nachwuchs. Geburtenschwache Jahrgänge lassen die Zahl der Azubis zusätzlich sinken. Nicht aufzuhalten scheint dagegen der Ansturm auf die Hochschulen. Mit wie vielen Azubis und Studenten ist 2030 zu rechnen? Unsere neue Studie hat verschiedene Szenarien entwickelt.
Wenn sich der Trend zum Studium aus den vergangenen zehn Jahren ungebrochen fortsetzt, werden in Deutschland 2030 nur noch etwas mehr als 400.000 junge Menschen eine betriebliche Ausbildung beginnen - ein Rückgang um 17 Prozent. Die Hochschulen hingegen werden trotz des demographischen Wandels und der deshalb sinkenden Zahl an Schulabgängern kaum Studienanfänger einbüßen. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die die Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat.
2013 verzeichnete Deutschland eine Zäsur in der nachschulischen Bildung: Erstmals begannen mehr junge Menschen ein Studium als eine Berufsausbildung. Diese Entwicklung scheint vorerst unumkehrbar: Unsere Studie berechnete neben der Fortschreibung der bisherigen Trends einen realistischen Korridor, in dem sich die Neigung zu Studium oder betrieblicher Ausbildung in den nächsten 15 Jahren entwickeln könnte. Allen Szenarien ist gemeinsam: Die Schere zwischen Studien- und Ausbildungsanfängern wird bis 2030 weiter auseinandergehen.
Vielen Branchen droht in Kürze ein Fachkräftemangel
Die geburtenschwachen Jahrgänge stellen die Betriebe vor weitaus größere Herausforderungen als die Hochschulen. Bereits im vergangenen Jahr blieben knapp 40.000 Lehrstellen unbesetzt. Ein weiterer Rückgang der Azubi-Zahlen könnte in vielen Branchen einen Fachkräftemangel auslösen oder beschleunigen, weil sich zugleich geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand verabschieden. Schätzungen zufolge werden bis 2030 rund 10,5 Millionen Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung oder Fachabschluss (Meister/Techniker) aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
Währenddessen bleibt der Run auf die Hochschulen ungebrochen. Hält der Trend zum Studium an, werden die Erstsemesterzahlen bis 2030 um lediglich knapp fünf Prozent sinken. Der Anteil der Abiturienten, die ein Studium aufnehmen, wird zwar nicht mehr nennenswert steigen. Allerdings erwerben immer mehr Schüler eine Studienberechtigung. Außerdem werden die deutschen Hochschulen immer attraktiver für ausländische Studierende.
Berufsausbildung und Studium müssen stärker verknüpft werden
Den stärksten Zulauf können voraussichtlich Studiengänge mit hoher Praxisorientierung verzeichnen. Bis zum Jahr 2030 ist mit einem Anstieg auf mehr als 43 Prozent zu rechnen. Auch die dualen Studiengänge werden immer beliebter. Rund 21.000 junge Menschen nahmen 2013 ein entsprechendes Studium auf. Bis 2030 wird sich ihre Zahl nach Berechnungen der Studie auf 38.000 pro Jahr erhöhen.
"Der Trend zur Akademisierung ist nicht zu stoppen. Der gesamte nachschulische Bildungsbereich muss sich verändern und anpassen."
Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung
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Die traditionell strikte Trennung zwischen akademischer und betrieblicher Ausbildung gelte es zu überwinden, zumal der Arbeitsmarkt diese klare Abgrenzung längst aufweiche, so Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung. Dräger plädiert daher für eine stärkere Verzahnung und Durchlässigkeit der Bildungswege: "Wir sollten Berufsausbildung und Studium nicht gegeneinander ausspielen, sondern stärker miteinander verknüpfen." Geschehen könne dies durch wechselseitige Anerkennung von Leistungen, mehr Hochschulangebote für beruflich Qualifizierte, mehr praxisorientierte Studiengänge und neue Modelle. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt etwa die Einführung einer zweijährigen Kombination aus Studium und Ausbildung, an deren Ende drei Optionen offenstehen: Fortführung der Berufsausbildung, des Studiums oder Aufnahme eines dualen Studiums.
Das allein wird aber nicht ausreichen, um die aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Fachkräfte zu ersetzen. Die Studie regt daher an, Zuwanderern, Flüchtlingen, Studienabbrechern und bislang als nicht ausbildungsreif geltenden Schulabgängern den Zugang zur betrieblichen Ausbildung zu erleichtern.
"Die betriebliche Ausbildung muss für neue Zielgruppen möglich und attraktiv werden."
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