11.11.2015 13:30 Uhr in Wirtschaft & Finanzen von Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin
Familienarbeitszeit 'reloaded': DIW Berlin präsentiert neue Varianten einer gleichmäßigeren Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit
Kurzfassung: Familienarbeitszeit "reloaded": DIW Berlin präsentiert neue Varianten einer gleichmäßigeren Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit DIW-Studie: Familienarbeitszeit erhöht Vereinbarkeit von Fami ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 11.11.2015] Familienarbeitszeit "reloaded": DIW Berlin präsentiert neue Varianten einer gleichmäßigeren Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit
DIW-Studie: Familienarbeitszeit erhöht Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Pauschalleistung hätte ähnliche Wirkungen wie eine Lohnersatzleistung, wäre aber sozial ausgewogener - Arbeitszeitkorridor statt starrer Vorgabe würde Inanspruchnahme der Familienarbeitszeit erhöhen
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung sein erstmals vor zwei Jahren vorgestelltes Modell einer Familienarbeitszeit weiterentwickelt. Bisher sah das Konzept vor, dass Eltern ein- bis dreijähriger Kinder eine Lohnersatzleistung erhalten, wenn sowohl die Mutter als auch der Vater 32 Stunden pro Woche berufstätig sind und sich die Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Hausarbeit somit gleichmäßig aufteilen. Dies würde dazu führen, dass zwei Prozent der Familien - und damit doppelt so viele wie bisher - ein solches Arbeitszeitmodell wählen. In einer neuen Studie haben die DIW-Ökonomen Kai-Uwe Müller, Michael Neumann und Katharina Wrohlich nun auf Basis eines Mikrosimulationsmodells, das auch das Arbeitsangebotsverhalten von Haushalten berücksichtigt, unter anderem berechnet, wie sich ein flexibler Arbeitszeitkorridor von 28 bis 32 Stunden anstelle einer starren Vorgabe von 32 Stunden auswirken würde. Das Ergebnis: 3,2 Prozent der Familien würden das Angebot nutzen, deutlich mehr als zuvor. Die DIW-Forscher haben zudem - alternativ zur an das bisherige Vollzeiteinkommen gekoppelten Lohnersatzleistung - die Wirkungen einer Pauschalleistung untersucht. Diese würde den Verwaltungsaufwand verringern und wäre sozial ausgewogener: Haushalte mit niedrigen Einkommen bekämen anteilig mehr Geld, Haushalte mit hohen Einkommen weniger.
"Die Reform des Elterngeldes hat zwar einige Verbesserungen mit sich gebracht, allerdings sind viele Familien nach wie vor sehr unzufrieden, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht", sagt Studienautor Kai-Uwe Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat des DIW Berlin. "Viele Mütter würden gerne mehr arbeiten und viele Väter sich gerne mehr um die Familie kümmern. Die Familienarbeitszeit ist ein geeignetes Instrument, diese Wünsche zu erfüllen."
Mehr Arbeitszeit für Mütter, mehr Familienzeit für Väter
Aktuellen Studien zufolge würde fast die Hälfte aller Eltern mit Kindern unter sechs Jahren eine Konstellation wählen, in der beide Partner gleich oder annähernd gleich lange erwerbstätig sind, sofern sie "auf nichts Rücksicht nehmen müssten". Die Realität spricht allerdings meist dagegen, entweder aus finanziellen Gründen oder weil die Arbeitgeber Widerstand leisten. Das vor kurzem eingeführte "ElterngeldPlus" ist ein erster Schritt in Richtung Familienarbeitszeit, dem nach Ansicht der DIW-Ökonomen jedoch weitere folgen müssen. Sie haben daher Anregungen aus der Debatte der vergangenen zwei Jahre aufgegriffen und eine aktualisierte und größere Datenbasis verwendet, um Erweiterungen der Familienarbeitszeit zu simulieren. "Familien brauchen mehr Unterstützung bei der partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit. Mit dieser zweiten Studie und den darin vorgestellten alternativen Varianten hoffen wir, die politische Diskussion um die Ausgestaltung der Familienarbeitszeit zu bereichern", kommentiert Stefanie Elies, Leiterin des Referats Forum Politik und Gesellschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Eine Pauschalleistung in Höhe von monatlich 250 Euro pro Elternteil hätte ähnliche Wirkungen wie eine Lohnersatzleistung mit einer Ersatzrate in Höhe von 65 Prozent. Allerdings würden die Haushalte mit niedrigen Einkommen etwas stärker von der Leistung profitieren, da der pauschale Betrag einem höheren Anteil ihres Einkommens entspräche als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Sowohl eine Lohnersatzleistung als auch eine Pauschalleistung würde die Beschäftigungsquote von Frauen um etwa 0,4 Prozentpunkte und ihr Arbeitsvolumen um ein Prozent erhöhen. Weil die Männer ihre Arbeitszeit nicht so stark reduzieren, wie sie die Frauen erhöhen, stiege das Arbeitsvolumen in den meisten Szenarien auch insgesamt.
Kosten der Familienarbeitszeit sind überschaubar
Die fiskalischen Kosten einer Familienarbeitszeit wären im Vergleich zu anderen familienpolitischen Leistungen wie dem Kinder- oder Elterngeld in jedem Szenario überschaubar. Zwar muss der Staat die Kosten der finanziellen Leistung tragen. "Da aber in fast allen Szenarien das gesamte Arbeitsvolumen sogar steigt, nehmen auf der anderen Seite die Einnahmen aus der Einkommensteuer zu", sagt Katharina Wrohlich, stellvertretende Leiterin der Abteilung Staat am DIW Berlin. "Insgesamt rechnen wir mit Nettogesamtkosten von nicht mehr als 320 Millionen Euro pro Jahr." Falls es mittel- bis langfristig jedoch zu deutlichen Verschiebungen in der Arbeitszeit hin zu dem Modell der Familienarbeitszeit kommt, wäre mit deutlich höheren Kosten zu rechnen.
Pressestelle
Sylvie Ahrens-Urbanek
Renate Bogdanovic
Sebastian Kollmann
Mohrenstraße 58
10117 Berlin
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DIW-Studie: Familienarbeitszeit erhöht Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Pauschalleistung hätte ähnliche Wirkungen wie eine Lohnersatzleistung, wäre aber sozial ausgewogener - Arbeitszeitkorridor statt starrer Vorgabe würde Inanspruchnahme der Familienarbeitszeit erhöhen
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung sein erstmals vor zwei Jahren vorgestelltes Modell einer Familienarbeitszeit weiterentwickelt. Bisher sah das Konzept vor, dass Eltern ein- bis dreijähriger Kinder eine Lohnersatzleistung erhalten, wenn sowohl die Mutter als auch der Vater 32 Stunden pro Woche berufstätig sind und sich die Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Hausarbeit somit gleichmäßig aufteilen. Dies würde dazu führen, dass zwei Prozent der Familien - und damit doppelt so viele wie bisher - ein solches Arbeitszeitmodell wählen. In einer neuen Studie haben die DIW-Ökonomen Kai-Uwe Müller, Michael Neumann und Katharina Wrohlich nun auf Basis eines Mikrosimulationsmodells, das auch das Arbeitsangebotsverhalten von Haushalten berücksichtigt, unter anderem berechnet, wie sich ein flexibler Arbeitszeitkorridor von 28 bis 32 Stunden anstelle einer starren Vorgabe von 32 Stunden auswirken würde. Das Ergebnis: 3,2 Prozent der Familien würden das Angebot nutzen, deutlich mehr als zuvor. Die DIW-Forscher haben zudem - alternativ zur an das bisherige Vollzeiteinkommen gekoppelten Lohnersatzleistung - die Wirkungen einer Pauschalleistung untersucht. Diese würde den Verwaltungsaufwand verringern und wäre sozial ausgewogener: Haushalte mit niedrigen Einkommen bekämen anteilig mehr Geld, Haushalte mit hohen Einkommen weniger.
"Die Reform des Elterngeldes hat zwar einige Verbesserungen mit sich gebracht, allerdings sind viele Familien nach wie vor sehr unzufrieden, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht", sagt Studienautor Kai-Uwe Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat des DIW Berlin. "Viele Mütter würden gerne mehr arbeiten und viele Väter sich gerne mehr um die Familie kümmern. Die Familienarbeitszeit ist ein geeignetes Instrument, diese Wünsche zu erfüllen."
Mehr Arbeitszeit für Mütter, mehr Familienzeit für Väter
Aktuellen Studien zufolge würde fast die Hälfte aller Eltern mit Kindern unter sechs Jahren eine Konstellation wählen, in der beide Partner gleich oder annähernd gleich lange erwerbstätig sind, sofern sie "auf nichts Rücksicht nehmen müssten". Die Realität spricht allerdings meist dagegen, entweder aus finanziellen Gründen oder weil die Arbeitgeber Widerstand leisten. Das vor kurzem eingeführte "ElterngeldPlus" ist ein erster Schritt in Richtung Familienarbeitszeit, dem nach Ansicht der DIW-Ökonomen jedoch weitere folgen müssen. Sie haben daher Anregungen aus der Debatte der vergangenen zwei Jahre aufgegriffen und eine aktualisierte und größere Datenbasis verwendet, um Erweiterungen der Familienarbeitszeit zu simulieren. "Familien brauchen mehr Unterstützung bei der partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit. Mit dieser zweiten Studie und den darin vorgestellten alternativen Varianten hoffen wir, die politische Diskussion um die Ausgestaltung der Familienarbeitszeit zu bereichern", kommentiert Stefanie Elies, Leiterin des Referats Forum Politik und Gesellschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Eine Pauschalleistung in Höhe von monatlich 250 Euro pro Elternteil hätte ähnliche Wirkungen wie eine Lohnersatzleistung mit einer Ersatzrate in Höhe von 65 Prozent. Allerdings würden die Haushalte mit niedrigen Einkommen etwas stärker von der Leistung profitieren, da der pauschale Betrag einem höheren Anteil ihres Einkommens entspräche als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Sowohl eine Lohnersatzleistung als auch eine Pauschalleistung würde die Beschäftigungsquote von Frauen um etwa 0,4 Prozentpunkte und ihr Arbeitsvolumen um ein Prozent erhöhen. Weil die Männer ihre Arbeitszeit nicht so stark reduzieren, wie sie die Frauen erhöhen, stiege das Arbeitsvolumen in den meisten Szenarien auch insgesamt.
Kosten der Familienarbeitszeit sind überschaubar
Die fiskalischen Kosten einer Familienarbeitszeit wären im Vergleich zu anderen familienpolitischen Leistungen wie dem Kinder- oder Elterngeld in jedem Szenario überschaubar. Zwar muss der Staat die Kosten der finanziellen Leistung tragen. "Da aber in fast allen Szenarien das gesamte Arbeitsvolumen sogar steigt, nehmen auf der anderen Seite die Einnahmen aus der Einkommensteuer zu", sagt Katharina Wrohlich, stellvertretende Leiterin der Abteilung Staat am DIW Berlin. "Insgesamt rechnen wir mit Nettogesamtkosten von nicht mehr als 320 Millionen Euro pro Jahr." Falls es mittel- bis langfristig jedoch zu deutlichen Verschiebungen in der Arbeitszeit hin zu dem Modell der Familienarbeitszeit kommt, wäre mit deutlich höheren Kosten zu rechnen.
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