Ventil im Samenleiter - Schnapsidee oder Revolution?

Ventil im Samenleiter - Schnapsidee oder Revolution?
Kurzfassung: Das Konzept ist naheliegend, doch erst ein Berliner Tischler macht Nägel mit Köpfen: Mit einem Samenleiterventil will er die Empfängnisverhütung in ein neues Zeitalter katapultieren.
[Dr. med. Alexander Moschkowitsch - 05.02.2016] Alle praktikablen Empfängnisverhütungsmethoden haben ihre spezifischen Nachteile, die meist auf Kosten der Frauen gehen. Die Mehrheit der Paare verhütet nämlich nach wie vor mit der Pille, deren hormonelle Auswirkungen vielen Frauen zu schaffen machen. "Ein vergleichbares Mittel für den Mann gibt es trotz jahrzehntelanger Forschungen nicht", sagt Urologe Dr. Alexander Moschkowitsch mit Standorten in Berlin-Schöneberg und Tempelhof. Von seiner Seite bleibt bislang nur der große Schnitt: eine Vasektomie, also eine Durchtrennung der Samenleiter. Für diese Lösung sprechen die hohe Verhütungswahrscheinlichkeit und die Nebenwirkungsfreiheit, zudem wird das sexuelle Erleben ebenso wenig wie bei der Pille getrübt (wie es viele Kondomnutzer empfinden). Doch auch diese Methode hat einen Nachteil, der viele Männer davor zurückschrecken lässt: Die Fruchtbarkeit lässt sich bei Weitem nicht in allen Fällen wiederherstellen, falls man es sich nach ein paar Jahren anders überlegt.

Warum nicht stattdessen einfach ein Ventil in die beiden Samenleiter einbauen, mit dem sich die männliche Fruchtbarkeit einfach "an- und ausdrehen" lässt? Diesen Gedanken hatte ein Berliner Tischler bereits vor vielen Jahren. Nach Konsultation verschiedener Mediziner, die ihn zum Teil als Fachfremden nicht ernst genommen, zum Teil aber auch unterstützt haben, meldete er schließlich ein Patent auf seine Idee an. Und seit einiger Zeit trägt er als erste Testperson zwei Ventile in sich, die er von außen durch die Hodensackhaut betätigen kann. Das Ergebnis überzeugt ihn offenbar ebenso wie den Urologen, der ihm die Ventile eingesetzt hat.

Steht also eine Revolution in der Empfängnisverhütung an? Nicht alle Urologen teilen den Optimismus des laienmedizinischen Erfinders. So wird etwa vor Abstoßungsreaktionen des Körpers gewarnt. Das Ventilmaterial ist jedoch vieltausendfach erprobt und wird beispielsweise auch für Stents verwendet. Kritischer ist eventuell ein anderes Risiko, das Experten sehen: Durch Operationsnarben könnten Wulste entstehen, die den Samenfluss unterbrechen, auch bei geöffnetem Ventil. Überdies könnte das Ventil verkleben, wenn es länger nicht benutzt wird.

Es gibt also noch einige Unbekannte in der Gleichung. Ein Urologe möchte noch in der ersten Jahreshälfte 2016 einen Versuch mit 25 Testpersonen starten. An Interessenten mangelt es nicht. Im Laufe der nächsten Monate sollte also klarer werden, ob es in Zukunft einen "Ein/Aus-Schalter" für die männliche Zeugungsfähigkeit geben wird.
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