Längst fällig: Die Pille für das Wildschwein

Die Jagd hat versagt - es ist Zeit umzudenken
Kurzfassung: Wildschweine werden in Deutschland so intensiv und so rücksichtslos bejagt, wie nie. Bei der Wildschweinjagd kennt der Staat fast keine Tabus mehr. Dennoch wachsen die Wildschweinbestände seit Jahrzehnten kontinuierlich. Wildtierschutz Deutschland fordert die Politik auf umzudenken und zumindest in Problemzonen die Pille für das Wildschwein einzusetzen.
Längst fällig: Die Pille für das Wildschwein Jahr für Jahr mehr Wildschweine - es wird Zeit über die Pille für das Wildschwein nachzudenken
[Wildtierschutz Deutschland e.V. - 08.01.2018] Die "Schwarzwildstrecke"- zu Deutsch: die Zahl der von Jägern erschossenen Wildschweine - hat sich im Zehn-Jahresdurchschnitt in Deutschland seit dem Jagdjahr 1991/92 bis heute mehr als verdoppelt. Sie ist seitdem von durchschnittlich 211.888 in 1991/92 auf über eine halbe Million in 2015/16 kontinuierlich gestiegen.

Obwohl seit etlichen Jahren die Intensität der Wildschweinbejagung zunimmt, nehmen die Bestände keineswegs ab, sie werden vielmehr kontinuierlich größer. Das hat viele Gründe: gutes Nahrungsangebot, milde Winter, verstärkter Maisanbau, Zerstörung der Familienverbände durch die Jagd, Ausgleich von Bestandsverlusten durch mehr Geburten.

Damit wachsen auch die Klagen über Schäden aus der Landwirtschaft und zunehmend aus den Peripherien der Städte. Schäden wohlgemerkt, die den Einzelnen hart treffen können, aber bei weitem kein volkswirtschaftlich relevantes Ausmaß annehmen. Umgelegt auf die gesamte Bundesrepublik könnten sämtliche Wildschäden mit umgerechnet etwa einem Euro pro Bürger pro Jahr ausgeglichen werden.

Einer weiteren Intensivierung der Jagd auf Wildschweine - wie sie jetzt von Jägern und Jägerfreunden in der Politik aufgrund des Auftretens der Afrikanischen Schweinepest in Teilen Osteuropas gefordert wird - sind allerdings Grenzen gesetzt, sowohl im räumlichen Sinne (Problem der Jagd in städtischen Regionen), als auch aus ethischen Gründen aus Tierschutzgründen: Die Aufhebung von Schonzeiten, das Abschießen von Leitbachen, eine verstärkte Jagd auf Frischlinge und eine zunehmende Anzahl von Drückjagden stoßen nicht nur in der Bevölkerung auf Akzeptanzprobleme, auch im Kreis der Jägerschaft gibt es Widerstände.

Impfstoffe haben die EU-Zulassung - keine hormonelle Belastung

Eine Lösung, die Landwirtschaft, Gemeinden und Städten helfen könnte, liegt in der Empfängnisverhütung bei Wildschweinen. Von der Jägerschaft wird diese Maßnahme allerdings skeptisch beurteilt.

Als Hauptargument gegen eine Empfängnisverhütung wird angeführt, dass mit Sexualhormonen versetztes Wildfleisch nicht mehr zum Verzehr geeignet ist. Eine zweite Befürchtung zielt auf das Szenario, dass die "Pille für das Wildschwein" flächendeckend ausgebracht wird, und danach die Fortpflanzung vollständig und vor allem unkontrolliert zusammenbricht. Beide Argumente lassen sich jedoch sehr schnell widerlegen:

Neuere Präparate zur Fortpflanzungskontrolle basieren nicht mehr auf Hormonen, sondern auf Antikörpern (körpereigene Eiweißmoleküle). Markterprobte Impfstoffe z.B. gegen das Hypophysenhormon GnRH haben bereits die EU-Zulassung für die Verwendung bei Tieren, die für die Nahrungsmittelproduktion vorgesehen sind und sind deshalb auch vollkommen unbedenklich im Hinblick auf die Verwertung des Wildbrets von geimpften Wildschweinen. Gelegentlich geäußerte Bedenken hinsichtlich hormoneller Belastungen können vollkommen aus dem Weg geräumt werden, da diese Medikamente keine hormonelle Wirkung ausüben.

Ein Großteil der jetzt zur Strecke gebrachten Wildschweine wird übrigens nicht einmal verwertet, weil es durch die verstärkten jagdlichen Maßnahmen zum Teil gar keinen Markt für Wildbret vom Wildschwein mehr gibt. Zumindest in Mecklenburg-Vorpommern werden die Kadaver aus den Drückjagden direkt in die Tierkörperbeseitigung gefahren.

Wirksamkeit durch "Retard-Mechanismen" etwa 12 Monate

Die Impfstoffe arbeiten mit Antikörpern bzw. induzieren die Antikörperbildung gegen das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH). Dieses Hormon reguliert die Bildung der Gonadotropine, die ihrerseits die Bildung von Testosteron beim männlichen und Östrogenen beim weiblichen Tier induzieren. Die Unterdrückung der Hormonproduktion im Hoden bzw. Eierstock inaktiviert die Spermien bzw. Eizellbildung. Die Dauer der Wirksamkeit wird derzeit auf ca. 12 Monate geschätzt, erfordert jedoch eine Auffrischung der Impfung nach 4 bis 6 Wochen. Diese Boosterimpfung könnte jedoch durch den Einsatz besonderer Verpackungen (»Retard«-Mechanismen) überflüssig werden und damit auch für Wildtiere anwendbar werden.

Punktueller Einsatz in Problemzonen

Das Argument einer flächendeckenden Verabreichung kann ebenfalls widerlegt werden, da eine Impfung im herkömmlichen Sinne nur über den direkten Kontakt zum Tier erfolgen kann. Ein weit gestreuter Köder ist hier vollkommen ungeeignet und würde die Aufnahme der Wildschweinpille durch andere Tiere nicht verhindern können. Deshalb können Maßnahmen zur Fortpfanzungskontrolle nur punktuell (z.B. im Umfeld von Siedlungsgebieten, in Gebieten mit nachweislich hoher Wildschweindichte, im Umkreis von Massentierhaltungsbetrieben) durchgeführt werden.

Sichere Verabreichungsmethode

Während das Medikament bereits seit langem marktreif ist, bedarf eine sichere Verabreichung an Wildschweine (an anderen nicht frei lebenden Tierarten wurde es bereits erfolgreich erprobt) noch einer wissenschaftlichen Begleitforschung. Dazu sind allerdings Forschungsgelder in Höhe von 400 - 600.000 Euro erforderlich, die seitens der vorwiegend jagdlich besetzten Umweltministerien bisher nicht zur Verfügung gestellt wurden.

Neben einer sicheren Verabreichungsmethode, die gewährleisten soll, dass Impfköder an bestimmten Orten kontinuierlich angeboten werden und ausschließlich von Wildschweinen aufgenommen werden, sind u.a. auch mögliche Auswirkungen hinsichtlich des Revierverhaltens geimpfter Tiere, deren Akzeptanz innerhalb ihrer Familienverbände und das Sozialverhalten der entsprechenden Rotten zu erforschen. Ein Monitoring kann hier beispielsweise über GPS-Halsbänder unterstützt werden.

Als mögliche Vorteile einer Empfängnisverhütung beim Wildschwein sind zu nennen:

Zuverlässige und tierschutzgerechte Bestandsregulierung

Vermeidung einer übermäßigen Beunruhigung des Wildes durch intensive Jagd (z.B. revierübergreifende Bewegungsjagden, Aufhebung von Schonzeiten, u.a.)

Hohe Standorttreue der Wildschweine, weniger Abwanderung in Stadtgebiete

Kein »Vakuumeffekt« (keine leeren Reviere, die durch neue Rotten besetzt werden), weniger Wanderung, weniger Wildunfälle, geringere Gefahr der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest

Kontrollierte und konstante Bestände

Effektive Möglichkeit der immunologischen Behandlung von Tieren (sofern Impfstoffe zur Verfügung stehen)

Einsatz auch in befriedeten Gebieten (Städten) möglich.


Die langjährigen und intensivsten Bemühungen die Wildschweinbestände durch jagdliche Möglichkeiten zu regulieren, gehen nicht auf - trotz des Einsatzes von Frischlingsfallen, trotz der Aufhebung von Schonzeiten, trotz der Zunahme von Drückjagden. Stattdessen - oder vielleicht auch deshalb? - scheint der Bestand der Wildschweine immer neue Höhen zu erreichen. Es ist an der Zeit, über Alternativen zur zu großen Teilen tierquälerischen Jagd nachzudenken.
Weitere Informationen
Wildtierschutz Deutschland e.V.
Wildtierschutz Deutschland e.V. Wildtierschutz Deutschland ist eine gemeinnützige Tierschutzorganisation. Unser Kernthema lautet "Wildtiere in Deutschland". Dazu gehört zum einen die finanzielle Unterstützung von zahlreichen Wildtierauffangstationen, zum anderen die Abschaffung der Hobbyjagd.

Derzeit engagieren wir uns in Tierschutzprojekten für die Aufnahme, Versorgung und Auswilderung von Füchsen, von Mardern und Marderartigen und je eine Eichhörnchen- und eine Igelstation. Alleine hier werden Jahr für Jahr viele hundert Wildtiere aufgenommen und zum überwiegenden Teil wieder ausgewildert. Auf einem Gnadenhof in Bayern finden Tiere Platz, die zum Beispiel aufgrund eines Leidens nicht mehr auswilderungsfähig sind.

Auf der anderen Seite setzen wir uns für die Abschaffung der Hobbyjagd ein. Das machen wir, indem wir die Öffentlichkeit über die tierquälerischen Praktiken und den ökologischen Unsinn des Freizeitfaktors Jagd informieren. Wir widerlegen die Propaganda von Jagdverbänden und anderen Lobbyisten anhand von wissenschaftlichen Studien und setzen uns bei den zuständigen Ministerien für eine Änderung der Jagdgesetzgebung ein. Einige unserer Forderungen sind in den vergangenen Jahren in die Gesetzgebung eingeflossen.

Wildtierschutz Deutschland arbeitet im Gegensatz zu vielen anderen Organisationen gänzlich ohne Personalkosten, sodass der Großteil uns zugehender Spenden direkt in unsere Tierschutzprojekte fließt. Mitarbeiter sowohl beim Verein als auch bei den unterstützten Organisationen arbeiten ausschließlich ehrenamtlich. Der Autor, Lovis Kauertz, ist Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins.

Webseite: www.wildtierschutz-deutschland.de Facebook: www.facebook.com/wildtierschutz
Wildtierschutz Deutschland e.V., Herr Lovis Kauertz
Am Goldberg 5 5, 55435 Gau-Algesheim, Deutschland
Tel.: 01777230086; https://www.wildtierschutz-deutschland.de
Weitere Meldungen dieses Unternehmens
Erfolgreiche Pressearbeit eBook
Pressearbeit
Eine Pflichtlektüre für mehr Sichtbarkeit durch Pressemitteilungen.
Pressekontakt Herr Lovis Kauertz

Wildtierschutz Deutschland e.V.
Am Goldberg 5 5
55435 Gau-Algesheim
Deutschland

E-Mail:
Web:
Tel:
01777230086
Fax:
Drucken Weiterempfehlen PDF
Schlagworte
Permanentlinks https://www.prmaximus.de/133223

https://www.prmaximus.de/pressefach/wildtierschutz-deutschland-e.v.-pressefach.html
Die Pressemeldung "Längst fällig: Die Pille für das Wildschwein" unterliegt dem Urheberrecht. Jegliche Verwendung dieses Textes, auch auszugsweise, erfordert die vorherige schriftliche Erlaubnis des Autors. Autor der Pressemeldung "Längst fällig: Die Pille für das Wildschwein" ist Wildtierschutz Deutschland e.V., vertreten durch Lovis Kauertz.