Südsudan: Referendum darf Blick auf humanitäre Krise nicht verstellen - Region erlebt schwersten Kala Azar-Ausbruch seit acht Jahren
- Pressemitteilung der Firma Ärzte ohne Grenzen, 17.12.2010
Pressemitteilung vom: 17.12.2010 von der Firma Ärzte ohne Grenzen aus Berlin
Kurzfassung: Juba/Berlin, 16. Dezember 2010. Wenige Wochen vor dem Referendum zur Unabhängigkeit des Südsudans am 9. Januar 2011 kämpft die Region gegen den größten Kala Azar-Ausbruch seit acht Jahren. Seine Stärke ist nur ein Symptom für die umfassende ...
[Ärzte ohne Grenzen - 17.12.2010] Südsudan: Referendum darf Blick auf humanitäre Krise nicht verstellen - Region erlebt schwersten Kala Azar-Ausbruch seit acht Jahren
Juba/Berlin, 16. Dezember 2010. Wenige Wochen vor dem Referendum zur Unabhängigkeit des Südsudans am 9. Januar 2011 kämpft die Region gegen den größten Kala Azar-Ausbruch seit acht Jahren. Seine Stärke ist nur ein Symptom für die umfassende medizinische und humanitäre Krise, in der sich der Südsudan befindet. Zugang zu medizinischer Versorgung gibt es praktisch nicht, es herrscht chronische Mangelernährung, regelmäßig brechen vermeidbare Krankheiten aus und Unsicherheit führt zu Vertreibungen. Die Menschen brauchen dringend Nahrung, Unterkünfte und medizinische Versorgung. "Dafür ist eine nachhaltige und stabile Reaktion der Regierung und der internationalen Gemeinschaft nötig", sagt Rob Mulder, Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in der Region. "Während die Welt auf das nahende Referendum blickt, darf die südsudanesische Bevölkerung nicht vergessen werden, die von einer Notsituation in die andere gerät", so Mulder weiter. "Es wird noch Jahre dauern bis das Gesundheitssystem im Südsudan ganz aufgebaut ist."
Kala Azar, oder viszerale Leishmaniose, ist eine durch Sandfliegen übertragene Infektionskrankheit, die das Immunsystem angreift und tödlich verlaufen kann. Sie tritt vor allem in armen, abgelegenen und instabilen Regionen mit unzureichender medizinischer Versorgung auf. Im Südsudan ist die Krankheit endemisch. Bis Ende November hat Ärzte ohne Grenzen in den Bundesstaaten Upper Nile, Unity and Jonglei mehr als 2.300 Patienten behandelt. Das sind acht Mal so viele wie in den ersten elf Monaten des Jahres 2009.
Der Ausbruch wurde durch die dieses Jahr besonders schwere Mangelernährung im Südsudan begünstigt. Von Januar bis Ende Oktober behandelten Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan rund 13.800 schwer Mangelernährte, 20 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2009 und sogar 50 Prozent mehr als in den ersten zehn Monaten 2008.
Für das Referendum werden Zehntausende Südsudanesen aus dem Norden und anderen Regionen in den Süden zurückkehren, wo auch Krankheiten, wie Malaria, Masern, Meningitis und Tuberkulose endemisch sind. Durch ihre Rückkehr werden die ohnehin schon knappen Nahrungs- und Wasserreserven noch knapper und der Zugang zu den wenigen Gesundheitseinrichtungen wird für den einzelnen noch schwieriger.
Außerdem ist die Unsicherheit im Südsudan noch immer allgegenwärtig. Im Jahr 2010 wurden, bedingt durch die Gewalt zwischen den verschiedenen Stämmen, Rebellengruppen wie der LRA (Lord's Resistance Army) und neuen Milizen, mehr als 900 Tote und 215.000 Vertriebene gemeldet.
Ärzte ohne Grenzen leistet seit 1979 medizinische Nothilfe im Sudan. Derzeit hat die Organisation 27 Projekte in 13 Bundesstaaten des Landes. Die Mitarbeiter leisten medizinische Nothilfe und arbeiten unter anderem in Ernährungs- und chirurgischen Programmen, in der Kinder- und Geburtshilfe, behandeln Kala Azar und bieten psychologische Betreuung.
Interviews mit Projektmitarbeitern sind auf Englisch und Französisch möglich. Foto- und Filmmaterial stehen zur Verfügung.
ImmunsystemAbwehrsystem des Körpers
InfektionskrankheitKrankheit, die durch das Eindringen und die Vermehrung von Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten ausgelöst wird.
Kala AzarGefährlichste Form der Infektionskrankheit Leishmaniose, die durch kleine Mücken (Phlebotomen) übertragen wird. Kala Azar greift das Immunsystem an und kann tödlich verlaufen. Betroffen sind jährlich 500.000 Menschen, vor allem in Bangladesch, Brasilien, Indien, Nepal und im Sudan; in letzter Zeit verstärkt auch in einigen Mittelmeerländern.
MalariaHäufigste Tropenkrankheit, die durch die weibliche Anopheles-Mücke übertragen wird. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkranken 300 bis 500 Millionen Menschen jährlich an Malaria, mehr als eine Million Menschen sterben daran. Ärzte ohne Grenzen setzt sich für die Behandlung mit schnell wirksamen und gut verträglichen Kombinationspräparaten auf der Basis des Wirkstoffs Artemisinin (ACT) ein.
MasernDie Krankheit zählt in ärmeren Ländern bei Kindern zu den häufigsten Todesursachen. Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen führen bei Masernausbrüchen flächendeckende Impfungen durch. Der Impfstoff muss während des Transports ununterbrochen gekühlt werden.
MeningitisHirnhautentzündung, die durch unterschiedliche Bakterien oder Viren ausgelöst werden kann. Zu den gefährlichsten Arten gehört die Meningokokken-Meningitis. Südlich der Sahara erstreckt sich vom Senegal im Westen bis nach Äthiopien im Osten der sogenannte "Meningitis-Gürtel", in dem regelmäßig Epidemien auftreten. Bei Ausbruch der Krankheit führen Teams von Ärzte ohne GrenzenÄrzte ohne Grenzen Impfkampagnen durch.
TuberkuloseRund neun Millionen Menschen erkranken jährlich an Tuberkulose, vor allem in ärmeren Ländern. Die Krankheit betrifft vor allem die Lunge, mitunter aber auch andere Organe wie Nieren, Hirnhäute oder Lymphknoten. Tuberkulose ist häufig eine opportunistische Infektion bei HIV/Aids. Eine effektive Behandlung ist möglich, aber langwierig und aufwändig. Zunehmend werden die multiresistente (MDR-TB) sowie die extrem multiresistente Form (XDR-TB) der Tuberkulose diagnostiziert. In diesem Fall sind die Krankheitserreger gegen die meisten Medikamente resistent, und die Patienten müssen 18 bis 24 Monate lang täglich rund 20 Tabletten mit starken Nebenwirkungen einnehmen. Die Behandlung der extrem multiresistenten Form der Tuberkulose (XDR-TB) ist praktisch unmöglich.
Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Pressestelle:
Svenja Kühnel
Tel.: 030 - 700 130 230
svenja.kuehnel@berlin.msf.org
Christiane Winje
Tel.: 030 - 700 130 240
christiane.winje@berlin.msf.org
Juba/Berlin, 16. Dezember 2010. Wenige Wochen vor dem Referendum zur Unabhängigkeit des Südsudans am 9. Januar 2011 kämpft die Region gegen den größten Kala Azar-Ausbruch seit acht Jahren. Seine Stärke ist nur ein Symptom für die umfassende medizinische und humanitäre Krise, in der sich der Südsudan befindet. Zugang zu medizinischer Versorgung gibt es praktisch nicht, es herrscht chronische Mangelernährung, regelmäßig brechen vermeidbare Krankheiten aus und Unsicherheit führt zu Vertreibungen. Die Menschen brauchen dringend Nahrung, Unterkünfte und medizinische Versorgung. "Dafür ist eine nachhaltige und stabile Reaktion der Regierung und der internationalen Gemeinschaft nötig", sagt Rob Mulder, Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in der Region. "Während die Welt auf das nahende Referendum blickt, darf die südsudanesische Bevölkerung nicht vergessen werden, die von einer Notsituation in die andere gerät", so Mulder weiter. "Es wird noch Jahre dauern bis das Gesundheitssystem im Südsudan ganz aufgebaut ist."
Kala Azar, oder viszerale Leishmaniose, ist eine durch Sandfliegen übertragene Infektionskrankheit, die das Immunsystem angreift und tödlich verlaufen kann. Sie tritt vor allem in armen, abgelegenen und instabilen Regionen mit unzureichender medizinischer Versorgung auf. Im Südsudan ist die Krankheit endemisch. Bis Ende November hat Ärzte ohne Grenzen in den Bundesstaaten Upper Nile, Unity and Jonglei mehr als 2.300 Patienten behandelt. Das sind acht Mal so viele wie in den ersten elf Monaten des Jahres 2009.
Der Ausbruch wurde durch die dieses Jahr besonders schwere Mangelernährung im Südsudan begünstigt. Von Januar bis Ende Oktober behandelten Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan rund 13.800 schwer Mangelernährte, 20 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2009 und sogar 50 Prozent mehr als in den ersten zehn Monaten 2008.
Für das Referendum werden Zehntausende Südsudanesen aus dem Norden und anderen Regionen in den Süden zurückkehren, wo auch Krankheiten, wie Malaria, Masern, Meningitis und Tuberkulose endemisch sind. Durch ihre Rückkehr werden die ohnehin schon knappen Nahrungs- und Wasserreserven noch knapper und der Zugang zu den wenigen Gesundheitseinrichtungen wird für den einzelnen noch schwieriger.
Außerdem ist die Unsicherheit im Südsudan noch immer allgegenwärtig. Im Jahr 2010 wurden, bedingt durch die Gewalt zwischen den verschiedenen Stämmen, Rebellengruppen wie der LRA (Lord's Resistance Army) und neuen Milizen, mehr als 900 Tote und 215.000 Vertriebene gemeldet.
Ärzte ohne Grenzen leistet seit 1979 medizinische Nothilfe im Sudan. Derzeit hat die Organisation 27 Projekte in 13 Bundesstaaten des Landes. Die Mitarbeiter leisten medizinische Nothilfe und arbeiten unter anderem in Ernährungs- und chirurgischen Programmen, in der Kinder- und Geburtshilfe, behandeln Kala Azar und bieten psychologische Betreuung.
Interviews mit Projektmitarbeitern sind auf Englisch und Französisch möglich. Foto- und Filmmaterial stehen zur Verfügung.
ImmunsystemAbwehrsystem des Körpers
InfektionskrankheitKrankheit, die durch das Eindringen und die Vermehrung von Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten ausgelöst wird.
Kala AzarGefährlichste Form der Infektionskrankheit Leishmaniose, die durch kleine Mücken (Phlebotomen) übertragen wird. Kala Azar greift das Immunsystem an und kann tödlich verlaufen. Betroffen sind jährlich 500.000 Menschen, vor allem in Bangladesch, Brasilien, Indien, Nepal und im Sudan; in letzter Zeit verstärkt auch in einigen Mittelmeerländern.
MalariaHäufigste Tropenkrankheit, die durch die weibliche Anopheles-Mücke übertragen wird. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkranken 300 bis 500 Millionen Menschen jährlich an Malaria, mehr als eine Million Menschen sterben daran. Ärzte ohne Grenzen setzt sich für die Behandlung mit schnell wirksamen und gut verträglichen Kombinationspräparaten auf der Basis des Wirkstoffs Artemisinin (ACT) ein.
MasernDie Krankheit zählt in ärmeren Ländern bei Kindern zu den häufigsten Todesursachen. Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen führen bei Masernausbrüchen flächendeckende Impfungen durch. Der Impfstoff muss während des Transports ununterbrochen gekühlt werden.
MeningitisHirnhautentzündung, die durch unterschiedliche Bakterien oder Viren ausgelöst werden kann. Zu den gefährlichsten Arten gehört die Meningokokken-Meningitis. Südlich der Sahara erstreckt sich vom Senegal im Westen bis nach Äthiopien im Osten der sogenannte "Meningitis-Gürtel", in dem regelmäßig Epidemien auftreten. Bei Ausbruch der Krankheit führen Teams von Ärzte ohne GrenzenÄrzte ohne Grenzen Impfkampagnen durch.
TuberkuloseRund neun Millionen Menschen erkranken jährlich an Tuberkulose, vor allem in ärmeren Ländern. Die Krankheit betrifft vor allem die Lunge, mitunter aber auch andere Organe wie Nieren, Hirnhäute oder Lymphknoten. Tuberkulose ist häufig eine opportunistische Infektion bei HIV/Aids. Eine effektive Behandlung ist möglich, aber langwierig und aufwändig. Zunehmend werden die multiresistente (MDR-TB) sowie die extrem multiresistente Form (XDR-TB) der Tuberkulose diagnostiziert. In diesem Fall sind die Krankheitserreger gegen die meisten Medikamente resistent, und die Patienten müssen 18 bis 24 Monate lang täglich rund 20 Tabletten mit starken Nebenwirkungen einnehmen. Die Behandlung der extrem multiresistenten Form der Tuberkulose (XDR-TB) ist praktisch unmöglich.
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