Sommergrundlinien 2011

  • Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 06.07.2011
Pressemitteilung vom: 06.07.2011 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin

Kurzfassung: Exportindustrie punktet im Wettbewerb Privater Konsum gewinnt an Fahrt Beschäftigungsaufbau setzt sich fort Löhne dürften kräftig steigen Trotz steigender Einnahmen aufgrund hoher Schulden keine Spielräume für ...

[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 06.07.2011] Sommergrundlinien 2011


Exportindustrie punktet im Wettbewerb Privater Konsum gewinnt an Fahrt Beschäftigungsaufbau setzt sich fort Löhne dürften kräftig steigen Trotz steigender Einnahmen aufgrund hoher Schulden keine Spielräume für Steuersenkungen 6. Juli 2011. Die deutsche Konjunktur wird nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auch 2011 kaum an Fahrt verlieren. Trotz einer leichten Abkühlung im zweiten Quartal prognostizieren die DIW-Experten 3,2 Prozent Wachstum für das gesamte Jahr 2011. Auch im nächsten Jahr wird die Wirtschaft mit 1,8 Prozent nach der DIW-Prognose noch deutlich wachsen. "Motor des Wachstums sind nach wie vor die Exporte. Doch auch von den inländischen Investitionen gehen starke Impulse aus", sagte DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. "Die Wachstumsdynamik schwächt sich zwar ab, steht aber auf einer zunehmend breiteren Basis. Denn aufgrund der günstigen Arbeitsmarktlage und steigender Löhne dürfte der Aufschwung mehr und mehr auch beim privaten Konsum ankommen", so Fichtner weiter.

Exporte: Spezialisierung zahlt sich aus

Die deutsche Wirtschaft profitiert besonders von der Spezialisierung auf hochwertige Industriegüter, die von den wachstumsstarken Schwellenländern, insbesondere von China, kräftig nachgefragt werden. Die hohe Spezialisierung und technologische Kompetenz dürfte die Exportwirtschaft auch vor den Folgen eines etwaigen Anstiegs des Eurokurses schützen, da die Nachfrage nach hochwertigen Industriegütern auch bei einem Preisanstieg nur wenig sinkt. "Selbst bei einem anhaltend starken Euro kann weiterhin mit einer kräftigen Exportnachfrage gerechnet werden", erläuterte DIW-Kuratoriumsvorsitzender Bert Rürup die vielversprechenden Aussichten Deutschlands auf den Weltmärkten. "Zwar dürfte sich im weiteren Verlauf des Jahres die weltwirtschaftliche Entwicklung etwas abkühlen. Die deutschen Exporte werden davon aber nicht sehr stark betroffen sein."

Abeitsmarkt: Erholung setzt sich fort

Das erfreulich starke Wirtschaftswachstum verbessert auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter. Der spürbare Beschäftigungsaufbau setzt sich bis ins kommende Jahr fort, die Arbeitslosigkeit sinkt weiter. "Wir erwarten, dass die Arbeitslosenquote dieses Jahr im Schnitt bei sieben Prozent liegen wird und damit deutlich unter den fast acht Prozent im letzten Jahr", sagte DIW-Konjunkturexperte Simon Junker. Auch nächstes Jahr wird sich die Situation am Arbeitsmarkt noch einmal verbessern. Die Löhne werden nach DIW-Erwartungen dieses und vor allem nächstes Jahr kräftig steigen. "Die Spielräume der Unternehmen sind angesichts der kräftigen Produktionssteigerungen beachtlich", erläuterte Junker. "Vor allem in den exportorientierten Branchen sollten die Gewinne weiter kräftig wachsen. Davon dürften auch die Beschäftigten profitieren." Das DIW erwartet für 2011 durchschnittliche Pro-Kopf-Lohnsteigerungen von knapp zweieinhalb Prozent, für nächstes Jahr von fast drei Prozent.

Öffentliche Finanzen: Einnahmen sprudeln dank guter Konjunktur

Die gute Konjunktur verbessert die Lage der Staatsfinanzen deutlich. So fallen die Ausgaben für Arbeitslosengeld, während gleichzeitig die Steuereinnahmen und Sozialbeiträge kräftig anziehen. Im Ergebnis wird sich in diesem Jahr das öffentliche Defizit nach Einschätzung des DIW auf 1,7 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts fast halbieren und im nächsten Jahr unter die Ein-Prozent-Marke fallen. Pläne für Steuersenkungen lehnen die DIW-Experten gleichwohl ab: "Die Verbesserungen des Staatshaushalts sind fast nur der guten Konjunktur zu verdanken. Die Politik hat bisher durch Konsolidierungen nur sehr wenig beigetragen", erklärte Ferdinand Fichtner. "Jetzt die Steuern zu senken, ist angesichts der hohen öffentlichen Verschuldung, der Vorgaben der Schuldenbremse, aber auch angesichts zukünftiger Belastungen zum Beispiel für die Euro-Rettung oder die Energiewende, kaum zu verantworten."

Weltwirtschaft: nur leichte Abkühlung

Die Weltwirtschaft bleibt weiterhin auf Expansionskurs, kühlt sich aber etwas ab. "Die erste Jahreshälfte war zwar noch sehr kräftig, im weiteren Jahresverlauf wird die Weltwirtschaft aber eine ruhigere Gangart einschlagen", so Ferdinand Fichtner. Die Impulse der Konjunkturprogramme lassen nach und die Spielräume für weitere fiskalische Maßnahmen sind vielerorts weitgehend ausgeschöpft, die Geldpolitik vor allem in den Schwellenländern wird angesichts hoher Inflationsraten zunehmend restriktiv. Zusätzliche Risiken für die weltwirtschaftliche Entwicklung erwachsen aus der anhaltenden Schuldenkrise im Euroraum und der Möglichkeit eines US-Haushaltsnotstands.

Europäische Geldpolitik weiter vor Herausforderungen

Die Euroländer driften in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zurzeit auseinander. Zwar wachsen Deutschland kräftig und Frankreich moderat; Spanien und Italien stagnieren jedoch unverändert und der Ausblick für Griechenland ist düster. "Die Europäische Zentralbank ist somit in einer sehr schwierigen Situation", erläuterte Ferdinand Fichtner. "Die derzeitige Geldpolitik ist allenfalls für die südeuropäischen Mitgliedsländer der Währungsunion angemessen, nicht aber für die übrigen Länder, in denen deutlich höhere Zinsen angebracht wären." Zudem habe die Glaubwürdigkeit der EZB während der Euro-Schuldenkrise gelitten. "Die EZB wäre gut beraten, sich wieder auf die Sicherung der Preisstabilität zu konzentrieren und sich aus der Rettung der südeuropäischen Krisenländer etwas mehr herauszuhalten", so Fichtner weiter.
Bei der Rettung Griechenlands sind nach Einschätzung der DIW-Konjunkturexperten weitere Kapitalspritzen nicht zielführend. "Griechenlands Schulden sind so hoch, dass das Land unter der Zinsbelastung zusammenbricht", gab Ferdinand Fichtner zu bedenken. "Auch ein weiterer Rettungsschirm kann da keine Abhilfe schaffen. Griechenland braucht einen Schuldenschnitt, nur dann hat es eine Chance auf eine selbstständige Erholung von der Krise. Auch das jetzt beschlossene Hilfsprogramm reicht nicht aus, um dem Land eine langfristige Perspektive zu geben", kritisierte Fichtner die letzte Woche getroffene Vereinbarung zwischen deutscher Bundesregierung und Finanzwirtschaft.


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