Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferverträgen
- Pressemitteilung der Firma Bundesgerichtshof (BGH), 13.07.2011
Pressemitteilung vom: 13.07.2011 von der Firma Bundesgerichtshof (BGH) aus Karlsruhe
Kurzfassung: Der Bundesgerichtshof hat heute erneut über die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in einem Fernwärmeliefervertrag entschieden. Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer ...
[Bundesgerichtshof (BGH) - 13.07.2011] Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferverträgen
Der Bundesgerichtshof hat heute erneut über die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in einem Fernwärmeliefervertrag entschieden.
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, restliche Zahlung für die Lieferung von Fernwärme für die Jahre 2006 bis 2008. Die Klägerin erhöhte in diesem Zeitraum sowohl den Grundpreis als auch den Arbeitspreis wiederholt, dem trat die Beklagte entgegen und nahm Zahlungen nur auf der Basis der Ende des Jahres 2005 geltenden Preise vor. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Preisänderungen wirksam sind. Insoweit enthält der Vertrag Preisanpassungsformeln, die neben einem Lohnfaktor auf verschiedene vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Indizes abstellen. Dieses sind für den verbrauchsabhängigen Arbeitspreis ein Heizöl- und Gaspreisindex und für den Grundpreis der Erzeugerpreisindex für das investitionsgüterproduzierende Gewerbe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Die dagegen gerichtete Revision der beklagten Fernwärmekundin hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass Preisanpassungsklauseln nur dann gemäß § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF* (entspricht Abs. 4 nF) zulässig sind, wenn sie neben einem Marktelement auch ein Kostenelement enthalten. Nur hierdurch wird sichergestellt, dass neben der Kostenentwicklung auf dem Wärmemarkt auch die konkreten Erzeugungskosten und daneben die Kosten für die Bereitstellung von Fernwärme (etwa Transport, Verteilung) bei einer Preisanpassung angemessen berücksichtigt werden.
Dies erfordert, dass als Bemessungsgröße für den verbrauchsabhängigen Arbeitspreis ein Indikator gewählt wird, der an die tatsächliche Entwicklung der konkreten Bezugskosten des bei der Wärmeerzeugung überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft. Eine Orientierung an den konkreten Kosten fehlt hingegen, wenn – wie hier – alleine auf Preisindizes für eingesetzte Energieträger abgestellt wird. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn sichergestellt ist, dass sich die konkreten Energiebezugskosten im Wesentlichen – wenn auch mit gewissen Spielräumen – in gleicher Weise entwickeln wie der Index. Da von den Vorinstanzen hierzu bislang keine Feststellungen getroffen worden sind, ist das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.
Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass die Verwendung des Erzeugerpreisindexes in der Preisanpassungsformel für den Grundpreis zur pauschalisierten Erfassung der Investitions- und Vorhaltekosten des Energieversorgers im Grundsatz keinen Bedenken begegnet. Da § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF nicht verlangt, dass sich die Tarife spiegelbildlich zu der Kostenstruktur des Energieversorgers entwickeln, ist eine derartige Pauschalisierung dann zulässig, wenn sich hierdurch der Gesamtpreis nicht von den kostenmäßigen Zusammenhängen löst und wenn das von § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF geforderte angemessene Verhältnis von Markt- und Kostenelement beim Gesamtpreis gewahrt bleibt. Auch hierzu muss das Berufungsgericht nach der Zurückverweisung noch weitere Feststellungen treffen.
*§ 24 AVBFernwärmeV: Abrechnung, Preisänderungsklauseln (in der vorliegend anwendbaren Fassung (aF); in der Neufassung vom 4. November 2010 ist diese Bestimmung in Abs. 4 enthalten)
…
(3) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.
Urteil vom 13. Juli 2011– VIII ZR 339/10
LG Zwickau - Urteil vom 17. November 2009 - 5 O 66/09
OLG Dresden - Urteil vom 30. November2010 - 9 U 64/10
Karlsruhe, den 13. Juli 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Der Bundesgerichtshof hat heute erneut über die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in einem Fernwärmeliefervertrag entschieden.
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, restliche Zahlung für die Lieferung von Fernwärme für die Jahre 2006 bis 2008. Die Klägerin erhöhte in diesem Zeitraum sowohl den Grundpreis als auch den Arbeitspreis wiederholt, dem trat die Beklagte entgegen und nahm Zahlungen nur auf der Basis der Ende des Jahres 2005 geltenden Preise vor. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Preisänderungen wirksam sind. Insoweit enthält der Vertrag Preisanpassungsformeln, die neben einem Lohnfaktor auf verschiedene vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Indizes abstellen. Dieses sind für den verbrauchsabhängigen Arbeitspreis ein Heizöl- und Gaspreisindex und für den Grundpreis der Erzeugerpreisindex für das investitionsgüterproduzierende Gewerbe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Die dagegen gerichtete Revision der beklagten Fernwärmekundin hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass Preisanpassungsklauseln nur dann gemäß § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF* (entspricht Abs. 4 nF) zulässig sind, wenn sie neben einem Marktelement auch ein Kostenelement enthalten. Nur hierdurch wird sichergestellt, dass neben der Kostenentwicklung auf dem Wärmemarkt auch die konkreten Erzeugungskosten und daneben die Kosten für die Bereitstellung von Fernwärme (etwa Transport, Verteilung) bei einer Preisanpassung angemessen berücksichtigt werden.
Dies erfordert, dass als Bemessungsgröße für den verbrauchsabhängigen Arbeitspreis ein Indikator gewählt wird, der an die tatsächliche Entwicklung der konkreten Bezugskosten des bei der Wärmeerzeugung überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft. Eine Orientierung an den konkreten Kosten fehlt hingegen, wenn – wie hier – alleine auf Preisindizes für eingesetzte Energieträger abgestellt wird. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn sichergestellt ist, dass sich die konkreten Energiebezugskosten im Wesentlichen – wenn auch mit gewissen Spielräumen – in gleicher Weise entwickeln wie der Index. Da von den Vorinstanzen hierzu bislang keine Feststellungen getroffen worden sind, ist das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.
Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass die Verwendung des Erzeugerpreisindexes in der Preisanpassungsformel für den Grundpreis zur pauschalisierten Erfassung der Investitions- und Vorhaltekosten des Energieversorgers im Grundsatz keinen Bedenken begegnet. Da § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF nicht verlangt, dass sich die Tarife spiegelbildlich zu der Kostenstruktur des Energieversorgers entwickeln, ist eine derartige Pauschalisierung dann zulässig, wenn sich hierdurch der Gesamtpreis nicht von den kostenmäßigen Zusammenhängen löst und wenn das von § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF geforderte angemessene Verhältnis von Markt- und Kostenelement beim Gesamtpreis gewahrt bleibt. Auch hierzu muss das Berufungsgericht nach der Zurückverweisung noch weitere Feststellungen treffen.
*§ 24 AVBFernwärmeV: Abrechnung, Preisänderungsklauseln (in der vorliegend anwendbaren Fassung (aF); in der Neufassung vom 4. November 2010 ist diese Bestimmung in Abs. 4 enthalten)
…
(3) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.
Urteil vom 13. Juli 2011– VIII ZR 339/10
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Über Bundesgerichtshof (BGH):
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das oberste Gericht der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, d.h. der Zivil- und Strafrechtspflege, die in den unteren Instanzen von den zur Zuständigkeit der Länder gehörenden Amts-, Land- und Oberlandesgerichten ausgeübt wird.
Im Anschluss an die Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 wurde am 1. Oktober 1950 der Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingerichtet.
Der Bundesgerichtshof ist – bis auf wenige Ausnahmen – Revisionsgericht. Er hat vor allem die Sicherung der Rechtseinheit durch Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und die Fortbildung des Rechts zur Aufgabe.
Der Bundesgerichtshof ist in 12 Zivilsenate und fünf Strafsenate mit insgesamt 127 Richterinnen und Richtern aufgegliedert. Hinzu kommen acht Spezialsenate, nämlich die Senate für Landwirtschafts-, Anwalts-, Notar-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen, der Kartellsenat und das Dienstgericht des Bundes.
Firmenkontakt:
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