Beschlüsse des EU-Gipfels: Überraschend großzügig, überraschend unkonkret
- Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 22.07.2011
Pressemitteilung vom: 22.07.2011 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin
Kurzfassung: Kommentar von Ansgar Belke und Christian Dreger "Die Beschlüsse des Gipfels überraschen hinsichtlich des Ausmaßes und der Großzügigkeit der finanziellen Unterstützung Griechenlands durch den Steuerzahler. Private Investoren hingegen werden ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 22.07.2011] Beschlüsse des EU-Gipfels: Überraschend großzügig, überraschend unkonkret
Kommentar von Ansgar Belke und Christian Dreger
"Die Beschlüsse des Gipfels überraschen hinsichtlich des Ausmaßes und der Großzügigkeit der finanziellen Unterstützung Griechenlands durch den Steuerzahler. Private Investoren hingegen werden unserer Einschätzung nach nicht hinreichend einbezogen, um die griechischen Staatsschulden mittelfristig tragbar zu machen. Die gefundene Lösung beinhaltet als Option zwar auch angemessene Maßnahmenpakete wie einen Rückkauf griechischer Anleihen durch den EFSF. Die entscheidenden Bedingungen hierfür - etwa ein vorab festgelegter Abschlag beim Anleiherückkauf, der eine Verringerung der Zinsen für Griechenland überflüssig machen würde - müssen aber noch festgelegt werden. Nur dann gehen die Maßnahmen annähernd in Richtung eines von uns schon seit dem letzten Jahr geforderten Schuldenschnitts im Rahmen eines Europäischen Währungsfonds, d.h. eines geordneten Insolvenzverfahrens.
Zu begrüßen ist, dass eine den Schuldenschnitt begleitende Rekapitalisierung der griechischen Banken nicht mehr ausgeschlossen wird. Der Zug kann aber wegen der fehlenden Konkretisierungen immer noch in die falsche Richtung fahren. Sollte der EFSF Anleihen von Ländern ankaufen, die nicht in Hilfsprogrammen stecken und wie Italien und Spanien wesentlich größer sind, käme dies einer Einführung von Eurobonds durch die Hintertür gleich.
Der Gipfel hätte sich zu einem drastischeren Schuldenschnitt durchringen und die Beteiligung des privaten Sektors verpflichtend gestalten müssen. Hedgefonds, die den Großteil der Anleihen halten, sind voraussichtlich nicht dabei. Ihr Anlagekalkül ist es, schlechte Papiere zu erwerben und zum Nennwert erstattet zu bekommen. Ein kräftiger Schuldenschnitt und eine verbindliche Einbeziehung der Privaten hätte diese Rechnung durchkreuzt. Beides wären überzeugendere Maßnahmen gewesen, um die Schuldenkrise zu entschärfen und die Staatsfinanzen Griechenlands wieder auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Die griechische Wirtschaft schrumpft derzeit auch wegen der Konsolidierung um vier bis fünf Prozent pro Jahr. Sie braucht konkrete Wachstumsimpulse, damit das Land wieder auf die Beine kommt. Geleistet hat der Gipfel nur ein weiterhin vages Bekenntnis zu einem wie auch immer gearteten Wachstums- und Investitionsprogramm. Eine Chance wurde vertan.
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"Die Beschlüsse des Gipfels überraschen hinsichtlich des Ausmaßes und der Großzügigkeit der finanziellen Unterstützung Griechenlands durch den Steuerzahler. Private Investoren hingegen werden unserer Einschätzung nach nicht hinreichend einbezogen, um die griechischen Staatsschulden mittelfristig tragbar zu machen. Die gefundene Lösung beinhaltet als Option zwar auch angemessene Maßnahmenpakete wie einen Rückkauf griechischer Anleihen durch den EFSF. Die entscheidenden Bedingungen hierfür - etwa ein vorab festgelegter Abschlag beim Anleiherückkauf, der eine Verringerung der Zinsen für Griechenland überflüssig machen würde - müssen aber noch festgelegt werden. Nur dann gehen die Maßnahmen annähernd in Richtung eines von uns schon seit dem letzten Jahr geforderten Schuldenschnitts im Rahmen eines Europäischen Währungsfonds, d.h. eines geordneten Insolvenzverfahrens.
Zu begrüßen ist, dass eine den Schuldenschnitt begleitende Rekapitalisierung der griechischen Banken nicht mehr ausgeschlossen wird. Der Zug kann aber wegen der fehlenden Konkretisierungen immer noch in die falsche Richtung fahren. Sollte der EFSF Anleihen von Ländern ankaufen, die nicht in Hilfsprogrammen stecken und wie Italien und Spanien wesentlich größer sind, käme dies einer Einführung von Eurobonds durch die Hintertür gleich.
Der Gipfel hätte sich zu einem drastischeren Schuldenschnitt durchringen und die Beteiligung des privaten Sektors verpflichtend gestalten müssen. Hedgefonds, die den Großteil der Anleihen halten, sind voraussichtlich nicht dabei. Ihr Anlagekalkül ist es, schlechte Papiere zu erwerben und zum Nennwert erstattet zu bekommen. Ein kräftiger Schuldenschnitt und eine verbindliche Einbeziehung der Privaten hätte diese Rechnung durchkreuzt. Beides wären überzeugendere Maßnahmen gewesen, um die Schuldenkrise zu entschärfen und die Staatsfinanzen Griechenlands wieder auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Die griechische Wirtschaft schrumpft derzeit auch wegen der Konsolidierung um vier bis fünf Prozent pro Jahr. Sie braucht konkrete Wachstumsimpulse, damit das Land wieder auf die Beine kommt. Geleistet hat der Gipfel nur ein weiterhin vages Bekenntnis zu einem wie auch immer gearteten Wachstums- und Investitionsprogramm. Eine Chance wurde vertan.
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