Einbürgerung: Verhalten und kulturelle Anpassung sollten entscheidend sein

  • Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 03.08.2011
Pressemitteilung vom: 03.08.2011 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin

Kurzfassung: Neue DIW-Studie zeigt: Die Deutschen stehen dem Thema Einbürgerung positiver und zugleich differenziert gegenüber "Wer darf Deutsche oder Deutscher werden?"- Auf diese Frage antworten die Deutschen inzwischen anders als noch in den 90er Jahren. ...

[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 03.08.2011] Einbürgerung: Verhalten und kulturelle Anpassung sollten entscheidend sein


Neue DIW-Studie zeigt: Die Deutschen stehen dem Thema Einbürgerung positiver und zugleich differenziert gegenüber
"Wer darf Deutsche oder Deutscher werden?"- Auf diese Frage antworten die Deutschen inzwischen anders als noch in den 90er Jahren. Immer mehr Bundesbürger ohne Migrationshintergrund ("Deutsche") sind der Meinung, dass vor allem das Verhalten für die Einbürgerung ausschlaggebend sein sollte. Hingegen halten weniger Deutsche die "ethnisch deutsche Abstammung" für das entscheidende Kriterium. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Der Anteil der Menschen, die sogenannte "zivil-kulturelle" Voraussetzungen für wichtiger halten – also etwa die Beherrschung der Sprache oder die Anpassung an den Lebensstil – lag 2006 bei 57 Prozent (West) und 54 Prozent (Ost) und ist damit rund drei Mal so hoch wie im Jahr 1996. Im Jahr 2006 hielten nur vier Prozent (West) bzw. drei Prozent (Ost) der Befragten die "ethnisch deutsche Abstammung" für besonders wichtig.

"Ein Rückgang der Fremdenfeindlichkeit im Land ist mit diesem Wandel nicht automatisch verbunden", erläutert DIW-Forscherin Ingrid Tucci, die die Studie gemeinsam mit Claudia Diehl von der Universität Göttingen verfasst hat. "Personen, die das Verhalten und die kulturelle Anpassung der Migranten als entscheidendes Kriterium für die Staatsbürgerschaft erachten, weisen genauso oft stark fremdenfeindliche Einstellungen auf wie Personen, die die ethnische Zugehörigkeit für bedeutsamer halten." Drei Erkenntnisse sprechen jedoch dafür, dass die Deutschen sich dem Thema Zuwanderung geöffnet haben: Die Anzahl der Deutschen mit stark fremdenfeindlichen Einstellungen ist im Untersuchungszeitraum zurückgegangen, es machen sich weniger Menschen als früher große Sorgen über Zuwanderung, und 80 Prozent der Befragten bezeichnen Deutschland heute als Einwanderungsland.
Für die Studie haben die beiden Autorinnen Daten der DIW-Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) ausgewertet und mit Daten aus der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) ergänzt. Das SOEP zeigt, dass noch im Jahr 1999 mehr als ein Drittel aller Bundesbürger ohne Migrationshintergrund sehr besorgt wegen des Themas Zuwanderung waren. Zehn Jahre später lag der Anteil nur noch bei einem Viertel. Menschen, die einfache Routine-Jobs ausführen, machen sich weiterhin überdurchschnittlich große Sorgen über Zuwanderung.
Die ALLBUS-Daten zeigen, dass die Anzahl der Menschen mit stark ausländerfeindlichen Einstellungen zwischen 1996 und 2006 in Westdeutschland von neun auf vier Prozent und in Ostdeutschland gar von 15 auf vier Prozent zurückging. "Auffällig ist, dass deutlich weniger Befragte den Aussagen zustimmten, die in Deutschland lebenden Ausländer würden den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen oder Probleme auf dem Wohnungsmarkt verursachen", erläutert Tucci.
"Der Rückgang der stark ausländerfeindlichen Einstellungen ist nicht dem Wandel des Zugehörigkeitsverständnisses zuzuschreiben", erklärt Tucci. "Denn anders, als man vielleicht erwartet hätte, weisen die Verfechter zivil-kultureller Einbürgerungsvoraussetzungen nahezu ebenso häufig stark fremdenfeindliche Einstellungen auf wie die Befürworter der traditionellen Einbürgerungskriterien."

Einen Einfluss auf die Einstellung der Deutschen zu den Themen Zuwanderung und Staatsangehörigkeit, so Tucci und Diehl, könnten die Gesetzesänderungen der vergangenen Jahre gehabt haben. "Kurz gesagt hat das Kriterium der deutschen Abstammung in den letzten Jahren an Bedeutung verloren, während andere Kriterien wie Beherrschung der deutschen Sprache und Anpassung an den deutschen Lebensstil landesweit an Gewicht gewonnen haben." Die Forscherinnen führen dies unter anderem auf die Änderungen des Staatsbürgerschaftsrechts zurück.

Stichwort SOEP
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland und erhebt seit 1984 für Westdeutschland und seit 1990 für Ostdeutschland Daten zur sozialen und wirtschaftlichen Situation privater Haushalte. Das SOEP ist Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland und wird unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft (WGL) von Bund und Ländern gefördert. Angesiedelt ist das SOEP am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Für das SOEP befragen jedes Jahr etwa 600 Interviewerinnen und Interviewer vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung mehr als 20 000 Menschen in rund 11 000 Haushalten. Die so erhobenen Daten geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit. Forscherinnen und Forscher im In- und Ausland nutzen die SOEP-Daten für ihre Studien. Bis heute sind mehr als 6 000 Veröffentlichungen auf Basis der SOEP-Daten erschienen.


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