Pick-up - Wann hört man endlich mit dem Unsinn auf?
- Pressemitteilung der Firma NOWEDA eG - Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland, 03.08.2011
Pressemitteilung vom: 03.08.2011 von der Firma NOWEDA eG - Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland aus Essen
Kurzfassung: Essen - Nichts weniger als die Abschaffung der sogenannten "Pick-up-Stellen" fordert die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland in ihrer August-Ausgabe. Die Möglichkeit für den Patienten, selbst verschreibungspflichtige, hoch wirksame ...
[NOWEDA eG - Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland - 03.08.2011] Pick-up - Wann hört man endlich mit dem Unsinn auf?
Essen - Nichts weniger als die Abschaffung der sogenannten "Pick-up-Stellen" fordert die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland in ihrer August-Ausgabe. Die Möglichkeit für den Patienten, selbst verschreibungspflichtige, hoch wirksame Arzneimittel in ausländischen Versandapotheken zu bestellen und sie in Drogeriemärkten, Tankstellen, Reinigungen oder Blumenläden abzuholen, wo sie unkontrolliert "zwischengeparkt" werden, ist nicht nur Arzneimittelexperten ein Dorn im Auge. Auch viele Politiker haben die Gefahren, die von diesem ungesicherten Weg der Arzneimittelbeschaffung ausgehen, erkannt. Dennoch scheint das längst überfällige Verbot nicht in Sicht zu sein. Innen- und Justizministerium blockieren die Entscheidung aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Der Leitartikel der Ausgabe August greift das Thema auf und erläutert die Hintergründe.
Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland erscheint monatlich mit einer Auflage von 1 Million Exemplaren und ist deutschlandweit kostenlos in Apotheken erhältlich.
"PICK-UP" UND KEIN ENDE?
Für eine gute Lösung muss man kämpfen
Die deutsche Bevölkerung hat im Augenblick nicht viel zu lachen. Kein richtiger Sommer. Unsere Fußball-Nationalmannschaft der Frauen im Viertelfinale ausgeschieden. Griechenland im Schuldenchaos. Italien, Irland, Portugal, Spanien im Fadenkreuz der Spekulanten. Unsicherheit auf den Finanzmärkten. Die, die es haben und können, tauschen ihre Euros in Schweizer Franken um. Die Kanzlerin beruhigt die Sparer – so die Bild-Zeitung. Und macht sie damit noch nervöser?
In Zeiten wie diesen sollte die Politik eigentlich alles tun, um Unsicherheit zu vermeiden. Tut sie das?
An den Finanzmärkten jedenfalls nicht. "Die große Enttäuschung" überschrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 17. Juli ihren Artikel über den unsicher und unglücklich agierenden Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Enttäuscht kann man auch sein über andere, die Unsicherheit der Sicherheit vorziehen. Zum Beispiel über Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Frau Leutheusser-Schnarrenberger weigert sich standhaft, eine wichtige Vereinbarung im Koalitionsvertrag von 2009 zwischen CDU/CSU und FDP zu erfüllen. Die Vereinbarung hatte eine Wiederherstellung der höchstmöglichen Sicherheit bei der Abgabe von Arzneimitteln zum Ziel. Insbesondere die FDP, Leutheusser-Schnarrenbergers eigene Partei, hatte dies immer vehement gefordert, als sie noch nicht an der Regierung war.
Erinnern wir uns: Bei der überflüssigen und schädlichen Freigabe des Versandhandels von Arzneimitteln durch die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) im Jahre 2004 war der Gedanke der Arzneimittelsicherheit auf der Strecke geblieben. Denn einmal freigegeben trieb der Versandhandel von Medikamenten schnell seltsame Blüten. Dubiose Internetapotheken buhlten um die Gunst der Verbraucher. Die konnten seriöse nicht von unseriösen Versandapotheken unterscheiden. Gefälschte Medikamente fanden via Bestellung per Internet ihren Weg zu deutschen Patienten. Darüber klagte zunehmend der Zoll. Der muss in immer größerem Umfang Arzneimittelfälschungen aufspüren und beschlagnahmen. Und schließlich wucherten schon bald "Rezeptsammel- und Abholstellen" für Medikamente – neudeutsch "Pick-up-Stellen" – in Drogeriemärkten, Tankstellen, Reinigungen und Blumenläden vor sich hin.
Mit dem vielfach gesicherten und sicheren Weg der Arzneimittelversorgung über die Apotheke haben diese Pick-up-Stellen nicht das Geringste zu tun. In Pick-up-Stellen sammelt man die Rezepte von Kunden ein und schickt sie zu einem Versandhändler. Nach Tagen kommen die Arzneimittel in der Abholstelle an, nicht selten unvollständig. Und dann lagern dort selbst hochwirksame, verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne jegliche gesetzliche Vorschriften und Kontrollen durch die Behörden bis zu ihrer Abholung.
Letztere Entwicklung hatten selbst die kritischsten Experten nicht erwartet. Wie schrieb noch die Bundesregierung in ihrem "Magazin für Soziales, Familie und Bildung" im Januar 2008? "... hierzulande (können) Patientinnen und Patienten Medikamente im Internet bestellen und nach Hause liefern lassen." Nach Hause, wohlgemerkt, nicht in den Blumenladen. Das wollte niemand.
Und so wurde man sich in den Koalitionsverhandlungen auf beiden Seiten schnell einig.
"Wir werden die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen, indem wir die Abgabe von Arzneimitteln in den sogenannten Pick-up-Stellen verbieten." So steht es wörtlich auf Seite 87 im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009.
Zuständig für das Verbot der Pick-up-Stellen ist das Gesundheitsministerium. Der damalige Gesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) nahm daher im März 2010 das geplante Verbot in ein "Eckpunktepapier" auf. Das legte er dem Kabinett vor. Ende April 2010 stimmte das Kabinett zu. Von Einwänden war nichts zu hören. Einen entsprechenden Passus, die Pick-up-Stellen zu verbieten, brachte Rösler dann in den Entwurf des "Arzneimittelneuordnungsgesetzes" (AMNOG) ein. Den schickte er zur Abstimmung an die anderen Ministerien.
Doch jetzt kam "Sperrfeuer" aus dem Innenministerium und aus dem Justizministerium. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnte das geplante Verbot der Pick-up-Stellen rundweg ab. Es verstoße gegen die "Berufsfreiheit". Unter Berufsfreiheit verstand sie die Freiheit der wenigen Versandapotheken, an welchen exotischen Orten auch immer Rezeptsammel- und Arzneimittelabholstellen einzurichten. Das Justizministerium hatte zwar schon einige Male verfassungsrechtliche Bedenken dieser Art gegen ein Verbot der Pick-up-Stellen geäußert, doch geschah das noch unter einer SPD-Ministerin.
Die Gefahr, dass eine gesetzliche Regelung gegen das Grundgesetz verstößt, ist so gering nicht. Ehemalige Gesundheitsminister und -ministerinnen hatten wenig Probleme mit dem Durchpeitschen von Gesetzen, die aus ihrer Sicht politisch notwendig, verfassungsrechtlich jedoch möglicherweise bedenklich waren. Allerdings gab es einen entscheidenden Unterschied: Entweder hatten die "Verfassungsministerien" – Innen- und Justizressort – ihre Bedenken nur zaghaft formuliert oder die Gesundheitsminister waren politisch in einer stärkeren Position.
Rösler warf schnell das Handtuch – zu schnell? Im Juni 2010 bedauerte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums gegenüber dem Branchendienst "APOTHEKE ADHOC", dass es im Rahmen der Ressortabstimmung zu keiner Einigung gekommen sei. Damit sei das Pick-up-Verbot endgültig gestorben. Seltsam war in diesem Zusammenhang die Begründung: Innen- und Justizministerium hätten in der Abholung von Arzneimitteln in Drogeriemärkten keine Gefahr für die sichere Arzneimittelversorgung erkennen können. Wie das? Was die Experten des Bundesgesundheitsministeriums, zuständig für eine sichere und gesicherte Arzneimittelversorgung, geprüft, erkannt und gesetzestechnisch formuliert hatten, durften die anderen beiden Ministerien – offensichtlich abgestimmt – einfach vom Tisch wischen? Auf diese Ohrfeige für die Juristen des Gesundheitsministeriums hätte man eine harte argumentative Reaktion erwartet – doch die blieb aus.
War die unendliche Geschichte um ein Verbot der "Pick-up-Stellen" damit zu Ende? Mitnichten. Während Rösler sich offensichtlich nicht gegen die Bedenken der Justizministerin stemmen wollte oder konnte, ließen die Bundesländer nicht locker: Anfang September 2010 plädierte der Gesundheitsausschuss des Bundesrates dafür, das Pick-up-Verbot erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Ende September 2010 folgte auch der Bundesrat diesem Beschluss und forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. Reaktion gleich Null. Im Juni 2011 schließlich verabschiedeten die Gesundheitsminister aller Bundesländer einstimmig einen Antrag, die Bundesregierung möge den Bezug von Arzneimitteln über Pick-up-Stellen unmöglich machen und damit endlich die entsprechende Koalitionsvereinbarung umsetzen.
Das macht nachdenklich. Auch die Bundesländer beschäftigen gute Verfassungsjuristen. Offensichtlich ist man auf Länderseite nicht überzeugt, dass ein Pick-up-Verbot unbedingt verfassungsfeindlich ist. Oder ist es vorstellbar, dass sich Gesundheitsausschuss, Bundesrat und Gesundheitsminister der Länder Scheindiskussionen liefern und Abstimmungsergebnisse für die Galerie produzieren? Alles nur Show? Nein, man meint es ernst. Man will ein Verbot der Pick-up-Stellen. Doch das Justizministerium bewegt sich keinen Millimeter. Leutheusser-Schnarrenberger gegen den Rest der Welt?
So muss es denn andere Erklärungen für die erstarrte Situation geben. Zwei Gründe fallen dazu ein. Zum einen sind Machtspiele zwischen den Ministerien denkbar. Leutheusser-Schnarrenberger gegen Rösler – und jetzt Bahr. Das wäre fatal. Fatal, weil es eine notwendige Entscheidung blockiert. Doch zum anderen ist auch denkbar, dass bei allen Beteiligten inzwischen dieser letzte politische Wille fehlt, das Verbot der Pick-up-Stellen durchzusetzen. Fürchtet man den Aufschrei der großen Drogerieketten?
Bevor es womöglich zu noch abstruseren Lösungen kommt, wie der generellen Freigabe von Rezeptsammelstellen an jeder Straßenecke, sollten die drei beteiligten Ministerien in sich gehen und endlich die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages ohne Wenn und Aber umsetzen. Dazu bedarf es einer Güterabwägung. "Berufsfreiheit" ist die Freiheit des einzelnen, ein Gewerbe zu betreiben. "Arzneimittelsicherheit" hingegen geht alle Menschen an. Was ist wohl das höhere Gut?
Abgesehen davon – manchmal muss man in der Politik auch etwas wagen. Und kämpfen.
Der neue Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ist ein Kämpfer. Und er hat den Koalitionspartner an seiner Seite. Wie drückte es der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn, in einem Interview gegenüber der "Berliner Zeitung" am 4. August 2010 aus? "Lieber scheitere ich vor dem Verfassungsgericht, als dass es heißt, wir hätten es nicht ernsthaft versucht."
SCHWARZER PETER
Ein Kommentar der Redaktion
Schwarzer Peter ist ein beliebtes Kartenspiel. Besonders für Kinder. Man versucht, den "Schwarzen Peter" schnell und unbemerkt weiterzugeben. Wer ihn als letzter hat, der verliert und kriegt eine schwarze Nase.
Die DAZ (Deutsche Apothekerzeitung) hatte zu ihrem 150-jährigen Jubiläum am 1. Juli 2011 Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) eingeladen. Im Podiumsgespräch hat der Minister gesagt, er sei bereit, das "Pick-up"-Problem zu lösen. Allerdings sollten die Apotheker Vorschläge machen, wie man das angehen könne.
Kriegen die Apotheker jetzt eine schwarze Nase?
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Essen - Nichts weniger als die Abschaffung der sogenannten "Pick-up-Stellen" fordert die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland in ihrer August-Ausgabe. Die Möglichkeit für den Patienten, selbst verschreibungspflichtige, hoch wirksame Arzneimittel in ausländischen Versandapotheken zu bestellen und sie in Drogeriemärkten, Tankstellen, Reinigungen oder Blumenläden abzuholen, wo sie unkontrolliert "zwischengeparkt" werden, ist nicht nur Arzneimittelexperten ein Dorn im Auge. Auch viele Politiker haben die Gefahren, die von diesem ungesicherten Weg der Arzneimittelbeschaffung ausgehen, erkannt. Dennoch scheint das längst überfällige Verbot nicht in Sicht zu sein. Innen- und Justizministerium blockieren die Entscheidung aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Der Leitartikel der Ausgabe August greift das Thema auf und erläutert die Hintergründe.
Die Neue Allgemeine Gesundheitszeitung für Deutschland erscheint monatlich mit einer Auflage von 1 Million Exemplaren und ist deutschlandweit kostenlos in Apotheken erhältlich.
"PICK-UP" UND KEIN ENDE?
Für eine gute Lösung muss man kämpfen
Die deutsche Bevölkerung hat im Augenblick nicht viel zu lachen. Kein richtiger Sommer. Unsere Fußball-Nationalmannschaft der Frauen im Viertelfinale ausgeschieden. Griechenland im Schuldenchaos. Italien, Irland, Portugal, Spanien im Fadenkreuz der Spekulanten. Unsicherheit auf den Finanzmärkten. Die, die es haben und können, tauschen ihre Euros in Schweizer Franken um. Die Kanzlerin beruhigt die Sparer – so die Bild-Zeitung. Und macht sie damit noch nervöser?
In Zeiten wie diesen sollte die Politik eigentlich alles tun, um Unsicherheit zu vermeiden. Tut sie das?
An den Finanzmärkten jedenfalls nicht. "Die große Enttäuschung" überschrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 17. Juli ihren Artikel über den unsicher und unglücklich agierenden Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Enttäuscht kann man auch sein über andere, die Unsicherheit der Sicherheit vorziehen. Zum Beispiel über Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Frau Leutheusser-Schnarrenberger weigert sich standhaft, eine wichtige Vereinbarung im Koalitionsvertrag von 2009 zwischen CDU/CSU und FDP zu erfüllen. Die Vereinbarung hatte eine Wiederherstellung der höchstmöglichen Sicherheit bei der Abgabe von Arzneimitteln zum Ziel. Insbesondere die FDP, Leutheusser-Schnarrenbergers eigene Partei, hatte dies immer vehement gefordert, als sie noch nicht an der Regierung war.
Erinnern wir uns: Bei der überflüssigen und schädlichen Freigabe des Versandhandels von Arzneimitteln durch die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) im Jahre 2004 war der Gedanke der Arzneimittelsicherheit auf der Strecke geblieben. Denn einmal freigegeben trieb der Versandhandel von Medikamenten schnell seltsame Blüten. Dubiose Internetapotheken buhlten um die Gunst der Verbraucher. Die konnten seriöse nicht von unseriösen Versandapotheken unterscheiden. Gefälschte Medikamente fanden via Bestellung per Internet ihren Weg zu deutschen Patienten. Darüber klagte zunehmend der Zoll. Der muss in immer größerem Umfang Arzneimittelfälschungen aufspüren und beschlagnahmen. Und schließlich wucherten schon bald "Rezeptsammel- und Abholstellen" für Medikamente – neudeutsch "Pick-up-Stellen" – in Drogeriemärkten, Tankstellen, Reinigungen und Blumenläden vor sich hin.
Mit dem vielfach gesicherten und sicheren Weg der Arzneimittelversorgung über die Apotheke haben diese Pick-up-Stellen nicht das Geringste zu tun. In Pick-up-Stellen sammelt man die Rezepte von Kunden ein und schickt sie zu einem Versandhändler. Nach Tagen kommen die Arzneimittel in der Abholstelle an, nicht selten unvollständig. Und dann lagern dort selbst hochwirksame, verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne jegliche gesetzliche Vorschriften und Kontrollen durch die Behörden bis zu ihrer Abholung.
Letztere Entwicklung hatten selbst die kritischsten Experten nicht erwartet. Wie schrieb noch die Bundesregierung in ihrem "Magazin für Soziales, Familie und Bildung" im Januar 2008? "... hierzulande (können) Patientinnen und Patienten Medikamente im Internet bestellen und nach Hause liefern lassen." Nach Hause, wohlgemerkt, nicht in den Blumenladen. Das wollte niemand.
Und so wurde man sich in den Koalitionsverhandlungen auf beiden Seiten schnell einig.
"Wir werden die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen, indem wir die Abgabe von Arzneimitteln in den sogenannten Pick-up-Stellen verbieten." So steht es wörtlich auf Seite 87 im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009.
Zuständig für das Verbot der Pick-up-Stellen ist das Gesundheitsministerium. Der damalige Gesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) nahm daher im März 2010 das geplante Verbot in ein "Eckpunktepapier" auf. Das legte er dem Kabinett vor. Ende April 2010 stimmte das Kabinett zu. Von Einwänden war nichts zu hören. Einen entsprechenden Passus, die Pick-up-Stellen zu verbieten, brachte Rösler dann in den Entwurf des "Arzneimittelneuordnungsgesetzes" (AMNOG) ein. Den schickte er zur Abstimmung an die anderen Ministerien.
Doch jetzt kam "Sperrfeuer" aus dem Innenministerium und aus dem Justizministerium. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnte das geplante Verbot der Pick-up-Stellen rundweg ab. Es verstoße gegen die "Berufsfreiheit". Unter Berufsfreiheit verstand sie die Freiheit der wenigen Versandapotheken, an welchen exotischen Orten auch immer Rezeptsammel- und Arzneimittelabholstellen einzurichten. Das Justizministerium hatte zwar schon einige Male verfassungsrechtliche Bedenken dieser Art gegen ein Verbot der Pick-up-Stellen geäußert, doch geschah das noch unter einer SPD-Ministerin.
Die Gefahr, dass eine gesetzliche Regelung gegen das Grundgesetz verstößt, ist so gering nicht. Ehemalige Gesundheitsminister und -ministerinnen hatten wenig Probleme mit dem Durchpeitschen von Gesetzen, die aus ihrer Sicht politisch notwendig, verfassungsrechtlich jedoch möglicherweise bedenklich waren. Allerdings gab es einen entscheidenden Unterschied: Entweder hatten die "Verfassungsministerien" – Innen- und Justizressort – ihre Bedenken nur zaghaft formuliert oder die Gesundheitsminister waren politisch in einer stärkeren Position.
Rösler warf schnell das Handtuch – zu schnell? Im Juni 2010 bedauerte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums gegenüber dem Branchendienst "APOTHEKE ADHOC", dass es im Rahmen der Ressortabstimmung zu keiner Einigung gekommen sei. Damit sei das Pick-up-Verbot endgültig gestorben. Seltsam war in diesem Zusammenhang die Begründung: Innen- und Justizministerium hätten in der Abholung von Arzneimitteln in Drogeriemärkten keine Gefahr für die sichere Arzneimittelversorgung erkennen können. Wie das? Was die Experten des Bundesgesundheitsministeriums, zuständig für eine sichere und gesicherte Arzneimittelversorgung, geprüft, erkannt und gesetzestechnisch formuliert hatten, durften die anderen beiden Ministerien – offensichtlich abgestimmt – einfach vom Tisch wischen? Auf diese Ohrfeige für die Juristen des Gesundheitsministeriums hätte man eine harte argumentative Reaktion erwartet – doch die blieb aus.
War die unendliche Geschichte um ein Verbot der "Pick-up-Stellen" damit zu Ende? Mitnichten. Während Rösler sich offensichtlich nicht gegen die Bedenken der Justizministerin stemmen wollte oder konnte, ließen die Bundesländer nicht locker: Anfang September 2010 plädierte der Gesundheitsausschuss des Bundesrates dafür, das Pick-up-Verbot erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Ende September 2010 folgte auch der Bundesrat diesem Beschluss und forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. Reaktion gleich Null. Im Juni 2011 schließlich verabschiedeten die Gesundheitsminister aller Bundesländer einstimmig einen Antrag, die Bundesregierung möge den Bezug von Arzneimitteln über Pick-up-Stellen unmöglich machen und damit endlich die entsprechende Koalitionsvereinbarung umsetzen.
Das macht nachdenklich. Auch die Bundesländer beschäftigen gute Verfassungsjuristen. Offensichtlich ist man auf Länderseite nicht überzeugt, dass ein Pick-up-Verbot unbedingt verfassungsfeindlich ist. Oder ist es vorstellbar, dass sich Gesundheitsausschuss, Bundesrat und Gesundheitsminister der Länder Scheindiskussionen liefern und Abstimmungsergebnisse für die Galerie produzieren? Alles nur Show? Nein, man meint es ernst. Man will ein Verbot der Pick-up-Stellen. Doch das Justizministerium bewegt sich keinen Millimeter. Leutheusser-Schnarrenberger gegen den Rest der Welt?
So muss es denn andere Erklärungen für die erstarrte Situation geben. Zwei Gründe fallen dazu ein. Zum einen sind Machtspiele zwischen den Ministerien denkbar. Leutheusser-Schnarrenberger gegen Rösler – und jetzt Bahr. Das wäre fatal. Fatal, weil es eine notwendige Entscheidung blockiert. Doch zum anderen ist auch denkbar, dass bei allen Beteiligten inzwischen dieser letzte politische Wille fehlt, das Verbot der Pick-up-Stellen durchzusetzen. Fürchtet man den Aufschrei der großen Drogerieketten?
Bevor es womöglich zu noch abstruseren Lösungen kommt, wie der generellen Freigabe von Rezeptsammelstellen an jeder Straßenecke, sollten die drei beteiligten Ministerien in sich gehen und endlich die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages ohne Wenn und Aber umsetzen. Dazu bedarf es einer Güterabwägung. "Berufsfreiheit" ist die Freiheit des einzelnen, ein Gewerbe zu betreiben. "Arzneimittelsicherheit" hingegen geht alle Menschen an. Was ist wohl das höhere Gut?
Abgesehen davon – manchmal muss man in der Politik auch etwas wagen. Und kämpfen.
Der neue Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ist ein Kämpfer. Und er hat den Koalitionspartner an seiner Seite. Wie drückte es der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn, in einem Interview gegenüber der "Berliner Zeitung" am 4. August 2010 aus? "Lieber scheitere ich vor dem Verfassungsgericht, als dass es heißt, wir hätten es nicht ernsthaft versucht."
SCHWARZER PETER
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Schwarzer Peter ist ein beliebtes Kartenspiel. Besonders für Kinder. Man versucht, den "Schwarzen Peter" schnell und unbemerkt weiterzugeben. Wer ihn als letzter hat, der verliert und kriegt eine schwarze Nase.
Die DAZ (Deutsche Apothekerzeitung) hatte zu ihrem 150-jährigen Jubiläum am 1. Juli 2011 Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) eingeladen. Im Podiumsgespräch hat der Minister gesagt, er sei bereit, das "Pick-up"-Problem zu lösen. Allerdings sollten die Apotheker Vorschläge machen, wie man das angehen könne.
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