RÖSLER-Interview für die "Ostsee-Zeitung (17.08.2011)

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 17.08.2011
Pressemitteilung vom: 17.08.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Ostsee-Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten JAN EMENDÖRFER, THOMAS PULT und DR. REINHARD ZWEIGLER: Frage: Herr ...

[FDP - 17.08.2011] RÖSLER-Interview für die "Ostsee-Zeitung" (17.08.2011)


Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Ostsee-Zeitung" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten JAN EMENDÖRFER, THOMAS PULT und DR. REINHARD ZWEIGLER:

Frage: Herr Rösler, warum sträuben Sie sich gegen gemeinsame Anleihen der Euro-Länder, die für Entspannung auf den Märkten sorgen und Spekulationen gegen bestimmte hoch verschuldete Staaten verhindern könnten?

RÖSLER: Das wird so nicht funktionieren. Die so genannten Euro-Bonds bekämpfen nicht die Ursachen der übergroßen Verschuldung, ändern nichts an der verfehlten Haushalts- und Wirtschaftspolitik dieser Staaten, sondern verteilen vor allem deren Risiko. Wenn wir gemeinsame Anleihen auflegen würden, würde das für Deutschland eine erhebliche Verschlechterung bedeuten. Die Zinsen würden sofort steigen. Es gibt Berechnungen, die besagen: etwa 40 Milliarden Euro jährlich mehr. Das werden wir im Interesse der Steuerzahler, auch der mittelständischen Wirtschaft und Arbeitsplätze in Deutschland nicht zulassen.

Frage: Werden Sie die Koalition platzen lassen, wenn die Kanzlerin in den nächsten Tagen doch Euro-Bonds zustimmen sollte?

RÖSLER: Ich habe keine derartigen Sorgen, weil diese Ablehnung der Euro-Bonds von der gesamten Koalition getragen wird. Die FDP ist und bleibt ein verlässlicher Koalitionspartner, der zu seiner Verantwortung steht. Wir verlassen nicht unseren Arbeitsplatz, nur weil es die Opposition gern sähe. Wir wissen und handeln danach: Euro-Bonds wären schlecht für Deutschland und für Europa. Im Übrigen: Die EU-Verträge lassen gar keine gemeinsamen Anleihen zu. Die ganze Debatte geht in die Irre.

Frage: Wenn keine Euro-Bonds - was dann, weitere Milliarden Euro für den Rettungsschirm, der immer weiter gespannt werden muss?

RÖSLER: Zunächst einmal müssen die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels vom 21. Juli zur Stabilisierung des Euro und zum Rettungsschirm EFSF vom Bundestag umgesetzt werden. Darüber hinaus ist es notwendig und wir fordern es mit Nachdruck, dass jeder Euro-Staat eine Schuldenbremse in seine Verfassung aufnimmt. Ausufernden Ausgaben muss Einhalt geboten werden. Und wir brauchen eine Art Test der Wettbewerbsfähigkeit. Das heißt, ein unabhängiges Gremium muss den betreffenden Staaten dabei helfen, die Leistungsfähigkeit ihrer Wirtschaft zu erhöhen. Auch Sanktionen müssen möglich sein.

Frage: Wollen Sie einen EU-Wirtschaftsminister?

RÖSLER: Darum geht es nicht, sondern wir brauchen automatisch greifende Regeln, damit Haushaltsdisziplin gewahrt und Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden.

Frage: Nun warten die Finanzmärkte jedoch nicht, bis die Euro-Staaten sich zusammen gerauft haben.

RÖSLER: Die Märkte beurteilen völlig zu recht die langfristige Entwicklung der einzelnen Haushalte und die jeweilige Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft. Um eine dauerhafte Stabilisierung zu bekommen, muss man die Verschuldung wirksam begrenzen und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.

Frage: Vor einem Vierteljahr haben Sie in Rostock als neuer FDP-Chef zum Aufbruch geblasen, die FDP wolle liefern. Warum ist der Aufbruch verpufft?

RÖSLER: Wir haben solide geliefert. Das Ergänzungsgesetz zur Terrorismusbekämpfung etwa, Löschen statt Sperren beim Kampf gegen Delikte im Internet. Wir verbessern die Versorgung mit Ärzten auf dem Lande. Wir haben das geplante technische und bürokratische Datenerfassungs-Monster Elena beseitigt.

Frage: Aber die FDP dümpelt weiter unter fünf Prozent herum. Wie wollen Sie den Wiedereinzug der Liberalen in den Schweriner Landtag schaffen?

RÖSLER: Wir sind in einer schwierigen Situation, aus der wir nicht von heute auf morgen herauskommen. Wir müssen Fleiß und liberale Geradlinigkeit genauso an den Tag legen wie Geduld. Vor uns steht harte Kärrnerarbeit. Wir nehmen die Sorgen der Menschen sehr ernst. Als Wirtschaftsminister brennt mir auf den Nägeln, dass wir zu wenige und zu wenig gut ausgebildete junge Leute ins Berufsleben schicken können. Wir brauchen eine viel höhere Qualität in der Bildung. Wir brauchen endlich bessere Vergleichbarkeit in den Bildungsinhalten und -abschlüssen in ganz Deutschland! Wenn junge Familien berufsbedingt den Wohnort wechseln, sollen sie sich keine Sorgen machen müssen, dass ihre Kinder in der neuen Schule benachteiligt sind. Und wenn ich mir den Nordosten anschaue, der leider die höchste Arbeitslosigkeit unter den Flächenländern hat, dann muss sich die Wirtschaftspolitik viel stärker auf den Mittelstand konzentrieren, auf dessen Innovationskraft, denn dort werden die Arbeitsplätze geschaffen.

Frage: In MV gibt es Branchen mit Löhnen unter vier, fünf Euro. Warum sträuben Sie sich gegen Mindestlöhne?

RÖSLER: Ich bin nach wie vor gegen einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn, weil er nicht hilft. Wenn sie ihn zu gering ansetzen, macht er keinen Sinn. Setzen sie ihn zu hoch an, dann werden Arbeitsplätze vernichtet, die in der Wertschöpfung darunter liegen. Die Alternative sind bessere Zuverdienstmöglichkeiten als bisher.

Frage: Wo sehen Sie das wirtschaftliche Potenzial von Mecklenburg-Vorpommern?

RÖSLER: Es liegt hauptsächlich im Mittelstand. Die künftige Landesregierung muss alles dafür tun, dass Unternehmergeist, Freiheit und Verantwortung bei der Führung eines Unternehmens viel stärker angeregt und honoriert werden. Dazu gehören die Stabilisierung bestehender und vor allem die Gründung neuer Unternehmen. Mit der FDP im Landtag richtet sich der Blick immer darauf, bürokratische Hürden abzubauen. Damit etwa junge Menschen die Chance sehen und ergreifen, eine Firma zu gründen. Wir müssen die Potenziale der Hochschulen im Land nutzen. Ich denke, der Nordosten braucht einen neuen Gründergeist.

Frage: Wo liegen die Zukunftsfelder?

RÖSLER: Das Land kann ganz sicher noch viel stärker von den neuen Energietechnologien profitieren. Von der Windenergieerzeugung an Land und zunehmend auf dem Meer. Ein festes Standbein ist der Tourismus. Die Schönheit der Region hält auch Dauerregen stand. Oder die Gesundheitswirtschaft, Medizin- und Biotechnik. Die wirtschaftlichen Potenziale liegen praktisch vor der Haustür. Man muss sie nur heben.

Frage: Der Ausbau der Offshore-Windenergie hängt vom Ausbau der Stromnetze ab, die den Strom ins Land ableiten. Wie schnell sollen neue Trassen entstehen?

RÖSLER: Wir wollen mit dem Netzausbau-Beschleunigungsgesetz die Planung und Realisierung von zehn auf vier Jahre reduzieren. Der Bund übernimmt teilweise länderübergreifend Raumordungs- und Planfeststellungsverfahren. Nach einer Studie brauchen wir in den nächsten Jahren rund 4000 Kilometer neue Stromnetze. Das heißt, die Herkulesarbeit liegt noch vor uns. Besonders wichtig ist dabei, dass die Länder im Norden Hand in Hand zusammen arbeiten. Es darf nicht sein, dass die geplante "Windsammelschiene" zwischen MV und Schleswig-Holstein an unterschiedlichen Regeln scheitert. Die Dynamik, mit der nach der Wiedervereinigung Autobahnen und Schienentrassen in den neuen Ländern gebaut wurden, muss heute das Vorbild für die Realisierung der Energiewende sein. Das ist mein Ziel und eine große Aufgabe für die FDP auch hier im Land.

Frage: Wäre die Energiewende dann gescheitert, wenn in einem kalten Winter die Stromversorgung in Deutschland zusammenbricht?

RÖSLER: Der Energieumbau ist äußerst anspruchsvoll – und er wird gelingen. Wir haben ein Konzept, dass Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Netzstabilität gewährleisten wird. Und ich hoffe darauf, dass alle die, die gegen die Kernkraft demonstriert haben, sich nun genau so engagiert für neue Netze und moderne Gas- und Kohlekraftwerke einsetzen werden.

Frage: Sie haben gerade die Neptun-Werft besucht. Seit Jahren kämpfen die Nordic Yards Werften in Rostock und Wismar ums Überleben. Können Sie Hoffnung geben?

RÖSLER: Noch so gute Politik kann keine unternehmerischen Entscheidungen abnehmen. Natürlich sehe ich auch die Auswirkungen auf die betroffenen Beschäftigten. Deren Schicksal ist uns alles andere als gleichgültig. Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht müssen wir der Gefahr begegnen, dass der Verlust eines solchen Unternehmens mit dem Verlust an Know-how verbunden ist. Das wieder aufzubauen, kostet unendlich Mühe und Geld. Die Bundesregierung kämpft deswegen auf europäischer Ebene dafür, für die deutschen Werften das voll zu nutzen - etwa Kredithilfen und Bürgschaften -, was im Rahmen des EU-Beihilferechts möglich ist.

Frage: Ist die vage Ankündigung einer Steuerentlastung für 2013 nicht eine Art politischer Leerverkauf, niemand weiß, welche Entlastung kommt?

RÖSLER: Nein. wir haben vereinbart, noch vor Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2012 ein Konzept zu beschließen. Es ist ein Gebot der Seriosität, dass wir die Wachstumsprognose und die Steuerschätzung im Herbst abwarten werden. Erst dann können wir genau sagen, wie stark und in welcher Form wir untere und mittlere Einkommen entlasten werden.

Frage: Wie hoch darf die Neuverschuldung 2012 ausfallen, bei der Schwarz-Gelb entlastet?

RÖSLER: Netter Versuch, konkrete Zahlen zu erfragen. Ich kann Ihnen aber heute nur sagen, dass unser Wirtschaftswachstum es hergibt, sowohl die Haushaltskonsolidierung fortzusetzen als auch Steuern zu senken. Beides geht, und wir machen es.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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