Verhandlung in Sachen "Privatisierung des Maßregelvollzugs'

  • Pressemitteilung der Firma Bundesverfassungsgericht, 17.08.2011
Pressemitteilung vom: 17.08.2011 von der Firma Bundesverfassungsgericht aus Karlsruhe

Kurzfassung: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am 25. Oktober 2011, 10.00 Uhr, im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts, Dienstsitz "Waldstadt", Rintheimer Querallee 11, 76131 Karlsruhe, über die Verfassungsbeschwerde eines ...

[Bundesverfassungsgericht - 17.08.2011] Verhandlung in Sachen "Privatisierung des Maßregelvollzugs"


Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

25. Oktober 2011, 10.00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Dienstsitz "Waldstadt",
Rintheimer Querallee 11, 76131 Karlsruhe,

über die Verfassungsbeschwerde eines Maßregelvollzugspatienten, der sich
gegen die Anordnung und zwangsweise Durchführung einer besonderen
Sicherungsmaßnahme (Einschluss) durch Bedienstete einer mit der
Durchführung des Maßregelvollzugs beliehenen Gesellschaft privaten
Rechts wendet. Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob und
gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen bei der Anwendung von
Zwangsmaßnahmen im Maßregelvollzug der Einsatz von Bediensteten
beliehener Privater zulässig ist.

Die Maßregelvollzugseinrichtung, in der der Beschwerdeführer
untergebracht ist, wurde im Jahr 2007 auf der Grundlage des § 2 Sätze 3
bis 6 des hessischen Maßregelvollzugsgesetzes in eine gemeinnützige
Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Anteile teils
beim Landeswohlfahrtsverband, teils bei einer weiteren GmbH liegen, die
sich ihrerseits zu 100 % in der Hand des Landeswohlfahrtsverbandes
befindet. Das Land Hessen hat der gGmbH durch Beleihungsvertrag die
Aufgabe übertragen, die als Maßregeln der Besserung und Sicherung
angeordneten Unterbringungen gemäß § 61 Nr. 1 und 2 StGB im eigenen
Namen für das Land Hessen zu vollziehen und ihr die dazu erforderlichen
hoheitlichen Befugnisse, einschließlich der Befugnis zu den nach dem
Hessischen Maßregelvollzugsgesetz zulässigen Grundrechtseingriffen,
verliehen.

Der Beschwerdeführer wurde nach einem aggressiven Ausbruch von
Mitarbeitern der gGmbH ohne vorherige Information der Klinikleitung
gewaltsam in Einschluss genommen. Er beantragte vor den Fachgerichten
erfolglos die Feststellung, dass die Maßnahme rechtswidrig gewesen sei,
weil nur Beamte einen solchen Grundrechtseingriff anordnen und
durchführen dürften.

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt er unter anderem, der Eingriff sei
unter Verstoß gegen das Demokratieprinzip sowie gegen Art. 33 Abs. 4 GG
erfolgt, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige
Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem
öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen - das heißt:
Beamten -, zu übertragen ist.

Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang an diese
Pressemitteilung.


Hinweis
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Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung
teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich oder telefonisch an

Herrn Oberamtsrat Stadtler
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: 0721/9101-400
Fax: 0721 9101-461

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon-
oder Faxnummer anzugeben.


Akkreditierungshinweise für die mündliche Verhandlung am 25. Oktober 2011


Akkreditierung

Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis spätestens 20. Oktober
2011, 12.00 Uhr, unter Bekanntgabe der E-Mail-Adresse zu akkreditieren
(Fax Nr. 0721 9101-461). Die Anträge werden in der Reihenfolge des
Eingangs berücksichtigt. Akkreditierungen, die nach Ablauf der Frist
bzw. per E-Mail eingehen, werden nicht berücksichtigt. Nach Ablauf der
Akkreditierungsfrist wird eine Bestätigung per E-mail versandt.

Allgemeines

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 42 Sitzplätze
zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der
Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der
Presseempore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung
der Anwesenheit der Beteiligten in den dafür vorgesehenen Presseraum
begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht
gestattet.

Im Presseraum findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt.
Hier stehen 32 Sitzplätze zur Verfügung. 230 V-Anschlüsse für Laptops
sowie ein analoger Telefonanschluss sind vorhanden.

Das Telefonieren im Sitzungssaal ist nicht gestattet. Mobiltelefone sind
auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt
werden. Medienvertretern kann die Nutzung von Laptops im Offline-Betrieb
gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder
Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen

1. Foto-, Film-, und Tonaufnahmen sind zulässig bis zum Abschluss der
Feststellung der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten durch den
Vorsitzenden des Senats. Danach haben Fotografen und Kamerateams den
Sitzungssaal einschließlich der Presseempore zu verlassen. Zum
Aufenthalt stehen die Pressenischen vor dem Sitzungssaalbereich sowie
ein Medienvertreterraum zur Verfügung.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams
(ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit
jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier
Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen
(Pool-Bildung).

Die Platzvergabe für die Poolführerschaft erfolgt nach der
Reihenfolge des Fax-Eingangs. Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder"
bleibt den Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen selbst
überlassen.

Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich auf entsprechende
Aufforderung hin, gefertigte Film und Fotoaufnahmen anderen Rundfunk-
und TV-Anstalten sowie Fotoagenturen zur Verfügung zu stellen.

2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen,
Kameraleute und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des
Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt
hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden
Anweisungen der Sitzungsamtsmeister sind Folge zu leisten. Foto- und
Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuschlosen Apparaten ohne
Blitzlicht gestattet.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause
sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit
Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal
lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere
Aufnahmen stehen die Pressenischen vor dem Sitzungssaalbereich zur
Verfügung.

Fahrzeuge der Radio- und Fernsehteams sowie Techniker

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte
Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.

Falls Standplätze benötigt werden, ist deren Anzahl bereits bei der
Akkreditierung mit anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des
Antrags vergeben.

Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt:

Kennzeichen, Fahrzeug-Typ, Fabrikat, Abmessungen (LxBxH in m), Gewicht
und evtl. Bedarf an Strom, der über das Bundesverfassungsgericht bezogen
werden soll. Ebenso sind Namen, Geburtsdatum und Personalausweisnummer
der entsprechenden Techniker mitzuteilen.

Namen und Fahrzeugdaten der Teams sind bis spätestens 12.00 Uhr am
Vortag der mündlichen Verhandlung per Fax zu übersenden (Fax Nr.
0721/9101-461). Nach Fristablauf oder per E-Mail eingegangene Daten
werden nicht berücksichtigt.

==> Die entsprechenden Formulare zur Akkreditierung der Radio- und
Fernsehteams sowie der Fahrzeuge finden sie als pdf-Datei auf der
Homepage des Bundesverfassungsgerichts unter
www.bundesverfassungsgericht.de.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00
bis 18:00 Uhr sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und
9:00 Uhr möglich.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle
ausschließlich in den Pressekabinen sowie im Foyer möglich.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17a BVerfGG in Verbindung mit
den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts.


Verhandlungsgliederung

A. Einführende Stellungnahmen (je 10 Minuten)

B. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, insbesondere Beschwerdebefugnis

C. Begründetheit der Verfassungsbeschwerde
I. Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Eingriffsgrundlage
(§ 5 Abs. 3 HessMVollzG i. V. m. § 2 Satz 3-6 HessMVollzG)
- Maßstäbe
1. Art. 33 Abs. 4 GG
a) Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse
b) Ausnahmevorbehalt
aa) Quantitativer Gehalt
bb) Qualitativer Gehalt / Bedeutung der Angewiesenheit auf
die Sicherungsfunktionen des Einsatzes von Beamten /
Bedeutung etwaiger kompensierender
schutzzwecksichernder Rahmenbedingungen
2. Demokratieprinzip
a) Hinreichendes Legitimationsniveau
b) Parlamentarische Kontrollrechte
3. Sonstige Privatisierungsschranken (Gewaltmonopol,
Rechtsstaatsprinzip, grundrechtliche Schutzpflichten)
4. Reichweite des Gesetzesvorbehalts
- Beleihung als solche
- Aufsicht
- Sonstige wesentliche Modalitäten und Rahmenbedingungen
- Parlamentsvorbehalt für vertragliche Grundlagen
II. Subsumtionsgesichtspunkte
1. Faktische Bedingungen im Maßregelvollzug
- Angewiesenheit auf die Sicherungsfunktionen des
Beamteneinsatzes
- Vergleich Strafvollzug und Maßregelvollzug
- Traditionen hinsichtlich des Beamteneinsatzes im Maßregel-
vollzug
2. Rahmenbedingungen für den privatisierten Maßregelvollzug
u.a.:
- Regelungsdichte
- Aufsicht
- Gesellschaftsrechtliche Einwirkungsmöglichkeiten
- Staatliche Bestellung Eingriffsbefugter
- Sicherung der Beobachtbarkeit und Thematisierung von Mängeln
- Qualitätssicherung
- Transparenz vertraglicher Grundlagen
- Gewährleistungsverantwortung (u. a. bei Streiks)
III. Rechtsfolgen


Kontakt:
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefonzentrale: 0721/9101-0
Fax: 0721/9101-382
Mail: bverfg@bundesverfassungsgericht.de

Über Bundesverfassungsgericht:
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Das gilt vor allem für die Durchsetzung der Grundrechte.
Zur Beachtung des Grundgesetzes sind alle staatlichen Stellen verpflichtet. Kommt es dabei zum Streit, kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Seine Entscheidung ist unanfechtbar. An seine Rechtsprechung sind alle übrigen Staatsorgane gebunden.
Die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts hat auch politische Wirkung. Das wird besonders deutlich, wenn das Gericht ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht ist aber kein politisches Organ. Sein Maßstab ist allein das Grundgesetz. Fragen der politischen Zweckmäßigkeit dürfen für das Gericht keine Rolle spielen. Es bestimmt nur den verfassungsrechtlichen Rahmen des politischen Entscheidungsspielraums. Die Begrenzung staatlicher Macht ist ein Kennzeichen des Rechtsstaats.

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