RÖSLER-Interview für "Capital (18.08.2011)
- Pressemitteilung der Firma FDP, 18.08.2011
Pressemitteilung vom: 18.08.2011 von der Firma FDP aus Berlin
Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab dem "Capital" (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten DR. ARNE DELFS und CLAUDIO DE LUCA: Frage: Herr Rösler, die FDP und die ...
[FDP - 18.08.2011] RÖSLER-Interview für "Capital" (18.08.2011)
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab dem "Capital" (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten DR. ARNE DELFS und CLAUDIO DE LUCA:
Frage: Herr Rösler, die FDP und die katholische Kirche standen sich bislang nicht sonderlich nahe. Nun haben die Liberalen mit Ihnen erstmals einen gläubigen Katholiken als Parteichef. Geht es der FDP so dreckig, dass sie jetzt schon Trost im Glauben suchen muss?
RÖSLER: Unser Neubeginn hat nichts zu tun mit einem persönlichen Bekenntnis. Ich habe mich vor elf Jahren taufen lassen. Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Seit drei Jahren gehöre ich dem Zentralkomitee der Katholiken an. Ich habe dieses Amt nicht übernommen, um später FDP-Chef werden zu können.
Frage: Warum haben Sie sich im Alter von 27 Jahren ausgerechnet für die katholische Kirche entschieden?
RÖSLER: Ich habe als kleines Kind in einem katholischen Waisenhaus gelebt. Dennoch hat früher Religion für mich keine wirklich große Rolle gespielt. Als Jungliberaler bin ich der Kirche sogar eher kritisch begegnet. Ich habe dann nach dem Medizinstudium mein praktisches Jahr in einem kirchlichen Krankenhaus absolviert und viel Leid und Sterben, aber auch tiefen Halt im Glauben gesehen. Als ich von den Schwestern wissen wollte, wie sie mit all dem zurechtkommen, haben die nur gesagt: Wir sind ein christliches Haus. Das hat mich beeindruckt.
Frage: Aber deshalb muss man doch nicht gleich katholisch werden…
RÖSLER: Mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau habe ich mich nach diesem Erlebnis oft und lange über Glauben unterhalten. Sie war in der katholischen Kirche sehr engagiert als Messdienerin. Von da an bin ich auch in die Kirche gegangen. Ich habe erlebt, dass der Glaube den Menschen ungeahnte Kraft geben kann.
Frage: Der Katholizismus hat auch viele dunkle Seiten: Kindesmissbrauch, die Rolle der Frau, der absolute Machtanspruch des Papstes. Das muss doch gerade für Liberale ein Problem sein.
RÖSLER: Ich sehe da immer wieder Unterschiede zwischen Basis und Kirchenführung. Und ich erkenne die Kraft der Basis, auch deren Einfluss auf Dauer. Aber klar ist: Anders als eine Partei ist eine Kirche eben nicht demokratisch aufgebaut. Ich engagiere mich ganz bewusst wegen meines Glaubens in der Gemeinschaft der Kirche und nicht zuerst aus basisdemokratischem Antrieb.
Frage: Ihr Parteifreund Daniel Bahr hat gesagt, die FDP habe ebenso wie die Kirche Erfahrung mit dem Thema Auferstehung. Derzeit liegen die Liberalen in Umfragen bei drei Prozent. Wird es da nicht langsam Zeit für ein neues kleines Wunder?
RÖSLER: Der Spruch stammt ursprünglich von Guido Westerwelle. Gemeint ist unser Erkenntnisgewinn beim Auf und Ab in der öffentlichen Anerkennung. Als Liberale sind wir Anhänger der Aufklärung und hoffen nicht auf Wunder. Wir arbeiten beharrlich an unserem Wiederaufstieg. Und wir wissen, dass wir den nur durch solides und seriöses Arbeiten schaffen werden.
Frage: Der Papst wird zum Auftakt seines Deutschlandbesuchs eine Rede im Bundestag halten. Er wolle dabei auch auf die europäische Schuldenkrise eingehen, heißt es. Halten Sie ihn da für kompetent?
RÖSLER: Man sollte die Kirche nie unterschätzen, auch wenn es um politische Ereignisse geht. Sie hat einen einzigartigen Fundus von Werten und Erfahrungen. Hans-Dietrich Genscher hat mir vermittelt, welche zentrale Rolle die Kirche bei der Öffnung des Ostens und beim Aufbrechen der sozialistischen Strukturen gespielt hat. Die Kirche kann Wege ebnen, ohne die Tagesnachrichten zu bestimmen.
Frage: Steht der Papst für Sie auch über Angela Merkel?
RÖSLER: Angela Merkel ist Regierungschefin und zugleich Parteivorsitzende. Das Oberhaupt der katholischen Kirche agiert auf einem ganz anderen Feld. Und auch die Mitgliedszahlen sind nicht vergleichbar (lacht).
Frage: Wie beeinflusst der Glaube konkret Ihre Politik?
RÖSLER: Als Politiker ist es wichtig, dass man sein Handeln auf einem Fundament erkennbarer Werte aufbaut. Wer einem Glauben folgt, kann sich dabei keine Diskrepanz leisten. Für mich sind mein christliches und mein liberales Wertegerüst sehr gut vereinbar. Die jüngste Bestätigung des Grundwertes der Freiheit durch die deutschen Bischöfe hat mich deshalb tief bewegt. Sie tun dies ja nicht der FDP zuliebe, sondern für unser gesellschaftliches Zusammenleben. Mir hilft der Glaube zudem, bei allem auf dem Boden zu bleiben. Es ist gut zu wissen, dass es einen gibt, der über uns steht.
Frage: Die FDP galt bislang als wenig gottesfürchtig. Was wird mit Ihnen jetzt anders? Pilgert die Partei künftig geschlossen zum Kirchentag?
RÖSLER: Es wird niemanden überraschen: Durch die Wahl eines bekennenden Katholiken zum Parteivorsitzenden hat sich die Grundausrichtung der FDP nicht geändert. Als Liberale hinterfragen wir Autoritäten ständig, angefangen bei uns selbst. Aber eine liberale Partei, die selbstverständlich davon überzeugt ist, dass sie mehr Menschen mobilisieren kann, als die derzeitigen Umfragen widerspiegeln, sollte auch die Diskussion mit allen gesellschaftlichen Gruppen pflegen. Das gilt für die Kirchen genauso wie etwa für die Gewerkschaften. Ich glaube, diese Diskussion ist etwas zu kurz gekommen in den vergangenen Jahren. Und wir nehmen sie jetzt auf.
Frage: Ihr Generalsekretär Christian Lindner hat den Begriff vom "mitfühlenden Liberalismus" geprägt. War die FDP bislang zu kaltherzig?
RÖSLER: Dieser Begriff ist 2008 entstanden. Damals hatten wir das Gefühl, die FDP werde nicht als wertegebunden wahrgenommen. Gerade uns Jüngere hat das umgetrieben. Damals ahnten wir nicht, dass wir drei Jahre später selbst die Verantwortung für diese Frage übernehmen würden.
Frage: Als besonders warmherzig gilt die FDP noch immer nicht …
RÖSLER: Der Punkt ist doch: Wir sind freiheitsliebende Mitgestalter einer humanen Gesellschaft. Zur Freiheit zählt für uns von jeher die Verantwortung. Beides sind Themen, mit denen sich auch die Kirchen intensiv auseinandersetzen. Solidarität wird heute – zu unrecht – nicht automatisch mit der FDP in Verbindung gebracht, wie es früher für Liberale sehr wohl galt. Wir müssen uns deswegen nicht neu erfinden, aber wir müssen das, wofür wir stehen, erkennbarer nach außen tragen.
Frage: Bislang ist davon aber wenig zu spüren. Der erhoffte Schub durch die neue Führungsspitze ist verpufft.
RÖSLER: Wir sind noch keine drei Monate im Amt. Wunderheilung gehört nicht zu unserem Repertoire. Es geht leider schnell, Vertrauen zu verlieren. Es zurückzugewinnen dauert ungleich länger. Ich habe mir keine Illusionen gemacht, als ich die Aufgabe übernommen habe. Aber ich habe festes Vertrauen in den Rückhalt durch konsequent eigenverantwortlich denkende Menschen in unserer Gesellschaft, die liberale Grundüberzeugungen teilen.
Frage: Suchen Sie noch ab und zu den Rat von Guido Westerwelle, oder ist das Kapitel für die FDP abgeschlossen?
RÖSLER: Außenminister Guido Westerwelle gehört zu unserem Führungsteam. Wir pflegen eine vertrauensvolle Beziehung. Das war vor dem Wechsel so, und das ist heute so. Auch andere erfahrene Parteifreunde wie etwa Rainer Brüderle bringen sich ein, um uns aus dem Tief herauszuhelfen. Unsere Bundestagsfraktion hat dabei ein besonderes Potenzial.
Frage: Wie schon Ihr Vorgänger Westerwelle setzen Sie auf das Thema Steuersenkung. Was ist christlich daran, die Steuern zu drücken und gleichzeitig die Staatsverschuldung hochzutreiben?
RÖSLER: Die Grundlage ist, dass wir die Schulden abbauen. Und, wie man sieht: Wir schaffen das deutlich schneller, als die Schuldenbremse vorgibt. Steuersenkungen bezwecken, dass die Bürger selbst entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben. Daraus entstehen auch Wachstumskräfte. Nach meiner Überzeugung – christlicher wie liberaler – handelt der Mensch eigenverantwortlich. Deshalb sollten wir ihn so weit wie möglich von einengenden Steuern entlasten.
Frage: Wäre es nicht noch christlicher, den Spitzensteuersatz für Topverdiener anzuheben, wie es jetzt die Union vorschlägt?
RÖSLER: Mit dem so genannten Spitzensteuersatz werden vor allem inhabergeführte Unternehmen besteuert. Also etwa der kleine Handwerkerbetrieb um die Ecke. Eine Erhöhung würde also den deutschen Mittelstand treffen und so Wachstum und Arbeitsplätze vieler Menschen gefährden. Bei der Diskussion um den Spitzensteuersatz geht es also gerade nicht um die Reichen und die Superreichen.
Frage: Fakt ist aber, dass von niedrigen Einkommenssteuersätzen auch Topverdiener profitieren, die kein eigenes Unternehmen haben.
RÖSLER: Wer richtig reich ist, dem dürften unsere deutschen Steuersätze ohnehin egal sein; der zahlt seine Steuern doch zumeist leider gar nicht mehr in Deutschland. Eine Steuererhöhung aber, die genau jene in der Mitte trifft, die eigentlich entlastet werden sollten - das ist mit der FDP nicht zu machen.
Frage: Wäre es unchristlich gewesen, den Griechen nicht zu helfen?
RÖSLER: Wir sind keine barmherzigen Samariter. Die Griechen müssen ihre Schulden in den Griff kriegen, und da hat die Regierung Papandreou inzwischen einiges auf den Weg gebracht. Außerdem müssen die Griechen wettbewerbsfähiger werden. Und hierin sehe ich eine Verantwortung als Wirtschaftsminister. Kurzfristig haben wir mit den Rettungspaketen das System stabilisiert. Langfristig müssen wir Griechenland helfen, sich selbst aus der Schuldenkrise zu befreien.
Frage: Das sehen viele in Ihrer Bundestagsfraktion offenbar anders. Nicht alle werden dem zweiten Rettungspaket zustimmen.
RÖSLER: Es ist Aufgabe, Recht und Pflicht von Abgeordneten des Deutschen Bundestags, kritisch nachzufragen, Argumente abzuwägen und verantwortungsbewusst zu entscheiden. Das macht sich keiner leicht. Schließlich gibt es ja kein Lehrbuch zur Rettung der Gemeinschaftswährung. Eines ist aber gewiss: Die FDP ist in besonderer Weise der Stabilität des Euro verpflichtet. Wir winken nichts durch, aber wir blockieren auch keine vernünftige Lösung.
Frage: Die Hauptrolle bei der Eurorettung spielt, zumindest im deutschen Kabinett, der Finanzminister. Angeblich reden Sie mit Wolfgang Schäuble nicht mehr, seitdem er ein vertrauliches Gespräch mit Ihnen öffentlich gemacht hat. Sind Sie überempfindlich?
RÖSLER: Die wichtigen Ressorts Finanzen und Wirtschaft kooperieren eng und vertrauensvoll miteinander. Das haben wir in der Debatte um das Euro-Rettungspaket bewiesen, der eine enge Abstimmung zugrunde lag. Wer eine solche Verantwortung trägt, muss sich auf das Wesentliche konzentrieren und darf sich nicht mit Nebengeräuschen beschäftigen.
Frage: Wir haben eher den Eindruck, Sie werden gerade zum Juniorpartner degradiert.
RÖSLER: Ich lege Wert auf das Grundprinzip, dass sich Union und FDP in dieser Koalition auf gleicher Augenhöhe begegnen. Anders ist Zusammenarbeit nicht möglich. Ansonsten gibt mir mein Glaube die nötige Gelassenheit, nicht jedes kritische Wort gleich als persönlichen Angriff zu werten.
Frage: Sehen Sie diese Demut auch bei Ihrem christdemokratischen Koalitionspartner?
RÖSLER: Auch die Union weiß, dass eine gute Zusammenarbeit nur gelingen kann, wenn man sich gegenseitig respektiert.
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Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab dem "Capital" (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten DR. ARNE DELFS und CLAUDIO DE LUCA:
Frage: Herr Rösler, die FDP und die katholische Kirche standen sich bislang nicht sonderlich nahe. Nun haben die Liberalen mit Ihnen erstmals einen gläubigen Katholiken als Parteichef. Geht es der FDP so dreckig, dass sie jetzt schon Trost im Glauben suchen muss?
RÖSLER: Unser Neubeginn hat nichts zu tun mit einem persönlichen Bekenntnis. Ich habe mich vor elf Jahren taufen lassen. Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Seit drei Jahren gehöre ich dem Zentralkomitee der Katholiken an. Ich habe dieses Amt nicht übernommen, um später FDP-Chef werden zu können.
Frage: Warum haben Sie sich im Alter von 27 Jahren ausgerechnet für die katholische Kirche entschieden?
RÖSLER: Ich habe als kleines Kind in einem katholischen Waisenhaus gelebt. Dennoch hat früher Religion für mich keine wirklich große Rolle gespielt. Als Jungliberaler bin ich der Kirche sogar eher kritisch begegnet. Ich habe dann nach dem Medizinstudium mein praktisches Jahr in einem kirchlichen Krankenhaus absolviert und viel Leid und Sterben, aber auch tiefen Halt im Glauben gesehen. Als ich von den Schwestern wissen wollte, wie sie mit all dem zurechtkommen, haben die nur gesagt: Wir sind ein christliches Haus. Das hat mich beeindruckt.
Frage: Aber deshalb muss man doch nicht gleich katholisch werden…
RÖSLER: Mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau habe ich mich nach diesem Erlebnis oft und lange über Glauben unterhalten. Sie war in der katholischen Kirche sehr engagiert als Messdienerin. Von da an bin ich auch in die Kirche gegangen. Ich habe erlebt, dass der Glaube den Menschen ungeahnte Kraft geben kann.
Frage: Der Katholizismus hat auch viele dunkle Seiten: Kindesmissbrauch, die Rolle der Frau, der absolute Machtanspruch des Papstes. Das muss doch gerade für Liberale ein Problem sein.
RÖSLER: Ich sehe da immer wieder Unterschiede zwischen Basis und Kirchenführung. Und ich erkenne die Kraft der Basis, auch deren Einfluss auf Dauer. Aber klar ist: Anders als eine Partei ist eine Kirche eben nicht demokratisch aufgebaut. Ich engagiere mich ganz bewusst wegen meines Glaubens in der Gemeinschaft der Kirche und nicht zuerst aus basisdemokratischem Antrieb.
Frage: Ihr Parteifreund Daniel Bahr hat gesagt, die FDP habe ebenso wie die Kirche Erfahrung mit dem Thema Auferstehung. Derzeit liegen die Liberalen in Umfragen bei drei Prozent. Wird es da nicht langsam Zeit für ein neues kleines Wunder?
RÖSLER: Der Spruch stammt ursprünglich von Guido Westerwelle. Gemeint ist unser Erkenntnisgewinn beim Auf und Ab in der öffentlichen Anerkennung. Als Liberale sind wir Anhänger der Aufklärung und hoffen nicht auf Wunder. Wir arbeiten beharrlich an unserem Wiederaufstieg. Und wir wissen, dass wir den nur durch solides und seriöses Arbeiten schaffen werden.
Frage: Der Papst wird zum Auftakt seines Deutschlandbesuchs eine Rede im Bundestag halten. Er wolle dabei auch auf die europäische Schuldenkrise eingehen, heißt es. Halten Sie ihn da für kompetent?
RÖSLER: Man sollte die Kirche nie unterschätzen, auch wenn es um politische Ereignisse geht. Sie hat einen einzigartigen Fundus von Werten und Erfahrungen. Hans-Dietrich Genscher hat mir vermittelt, welche zentrale Rolle die Kirche bei der Öffnung des Ostens und beim Aufbrechen der sozialistischen Strukturen gespielt hat. Die Kirche kann Wege ebnen, ohne die Tagesnachrichten zu bestimmen.
Frage: Steht der Papst für Sie auch über Angela Merkel?
RÖSLER: Angela Merkel ist Regierungschefin und zugleich Parteivorsitzende. Das Oberhaupt der katholischen Kirche agiert auf einem ganz anderen Feld. Und auch die Mitgliedszahlen sind nicht vergleichbar (lacht).
Frage: Wie beeinflusst der Glaube konkret Ihre Politik?
RÖSLER: Als Politiker ist es wichtig, dass man sein Handeln auf einem Fundament erkennbarer Werte aufbaut. Wer einem Glauben folgt, kann sich dabei keine Diskrepanz leisten. Für mich sind mein christliches und mein liberales Wertegerüst sehr gut vereinbar. Die jüngste Bestätigung des Grundwertes der Freiheit durch die deutschen Bischöfe hat mich deshalb tief bewegt. Sie tun dies ja nicht der FDP zuliebe, sondern für unser gesellschaftliches Zusammenleben. Mir hilft der Glaube zudem, bei allem auf dem Boden zu bleiben. Es ist gut zu wissen, dass es einen gibt, der über uns steht.
Frage: Die FDP galt bislang als wenig gottesfürchtig. Was wird mit Ihnen jetzt anders? Pilgert die Partei künftig geschlossen zum Kirchentag?
RÖSLER: Es wird niemanden überraschen: Durch die Wahl eines bekennenden Katholiken zum Parteivorsitzenden hat sich die Grundausrichtung der FDP nicht geändert. Als Liberale hinterfragen wir Autoritäten ständig, angefangen bei uns selbst. Aber eine liberale Partei, die selbstverständlich davon überzeugt ist, dass sie mehr Menschen mobilisieren kann, als die derzeitigen Umfragen widerspiegeln, sollte auch die Diskussion mit allen gesellschaftlichen Gruppen pflegen. Das gilt für die Kirchen genauso wie etwa für die Gewerkschaften. Ich glaube, diese Diskussion ist etwas zu kurz gekommen in den vergangenen Jahren. Und wir nehmen sie jetzt auf.
Frage: Ihr Generalsekretär Christian Lindner hat den Begriff vom "mitfühlenden Liberalismus" geprägt. War die FDP bislang zu kaltherzig?
RÖSLER: Dieser Begriff ist 2008 entstanden. Damals hatten wir das Gefühl, die FDP werde nicht als wertegebunden wahrgenommen. Gerade uns Jüngere hat das umgetrieben. Damals ahnten wir nicht, dass wir drei Jahre später selbst die Verantwortung für diese Frage übernehmen würden.
Frage: Als besonders warmherzig gilt die FDP noch immer nicht …
RÖSLER: Der Punkt ist doch: Wir sind freiheitsliebende Mitgestalter einer humanen Gesellschaft. Zur Freiheit zählt für uns von jeher die Verantwortung. Beides sind Themen, mit denen sich auch die Kirchen intensiv auseinandersetzen. Solidarität wird heute – zu unrecht – nicht automatisch mit der FDP in Verbindung gebracht, wie es früher für Liberale sehr wohl galt. Wir müssen uns deswegen nicht neu erfinden, aber wir müssen das, wofür wir stehen, erkennbarer nach außen tragen.
Frage: Bislang ist davon aber wenig zu spüren. Der erhoffte Schub durch die neue Führungsspitze ist verpufft.
RÖSLER: Wir sind noch keine drei Monate im Amt. Wunderheilung gehört nicht zu unserem Repertoire. Es geht leider schnell, Vertrauen zu verlieren. Es zurückzugewinnen dauert ungleich länger. Ich habe mir keine Illusionen gemacht, als ich die Aufgabe übernommen habe. Aber ich habe festes Vertrauen in den Rückhalt durch konsequent eigenverantwortlich denkende Menschen in unserer Gesellschaft, die liberale Grundüberzeugungen teilen.
Frage: Suchen Sie noch ab und zu den Rat von Guido Westerwelle, oder ist das Kapitel für die FDP abgeschlossen?
RÖSLER: Außenminister Guido Westerwelle gehört zu unserem Führungsteam. Wir pflegen eine vertrauensvolle Beziehung. Das war vor dem Wechsel so, und das ist heute so. Auch andere erfahrene Parteifreunde wie etwa Rainer Brüderle bringen sich ein, um uns aus dem Tief herauszuhelfen. Unsere Bundestagsfraktion hat dabei ein besonderes Potenzial.
Frage: Wie schon Ihr Vorgänger Westerwelle setzen Sie auf das Thema Steuersenkung. Was ist christlich daran, die Steuern zu drücken und gleichzeitig die Staatsverschuldung hochzutreiben?
RÖSLER: Die Grundlage ist, dass wir die Schulden abbauen. Und, wie man sieht: Wir schaffen das deutlich schneller, als die Schuldenbremse vorgibt. Steuersenkungen bezwecken, dass die Bürger selbst entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben. Daraus entstehen auch Wachstumskräfte. Nach meiner Überzeugung – christlicher wie liberaler – handelt der Mensch eigenverantwortlich. Deshalb sollten wir ihn so weit wie möglich von einengenden Steuern entlasten.
Frage: Wäre es nicht noch christlicher, den Spitzensteuersatz für Topverdiener anzuheben, wie es jetzt die Union vorschlägt?
RÖSLER: Mit dem so genannten Spitzensteuersatz werden vor allem inhabergeführte Unternehmen besteuert. Also etwa der kleine Handwerkerbetrieb um die Ecke. Eine Erhöhung würde also den deutschen Mittelstand treffen und so Wachstum und Arbeitsplätze vieler Menschen gefährden. Bei der Diskussion um den Spitzensteuersatz geht es also gerade nicht um die Reichen und die Superreichen.
Frage: Fakt ist aber, dass von niedrigen Einkommenssteuersätzen auch Topverdiener profitieren, die kein eigenes Unternehmen haben.
RÖSLER: Wer richtig reich ist, dem dürften unsere deutschen Steuersätze ohnehin egal sein; der zahlt seine Steuern doch zumeist leider gar nicht mehr in Deutschland. Eine Steuererhöhung aber, die genau jene in der Mitte trifft, die eigentlich entlastet werden sollten - das ist mit der FDP nicht zu machen.
Frage: Wäre es unchristlich gewesen, den Griechen nicht zu helfen?
RÖSLER: Wir sind keine barmherzigen Samariter. Die Griechen müssen ihre Schulden in den Griff kriegen, und da hat die Regierung Papandreou inzwischen einiges auf den Weg gebracht. Außerdem müssen die Griechen wettbewerbsfähiger werden. Und hierin sehe ich eine Verantwortung als Wirtschaftsminister. Kurzfristig haben wir mit den Rettungspaketen das System stabilisiert. Langfristig müssen wir Griechenland helfen, sich selbst aus der Schuldenkrise zu befreien.
Frage: Das sehen viele in Ihrer Bundestagsfraktion offenbar anders. Nicht alle werden dem zweiten Rettungspaket zustimmen.
RÖSLER: Es ist Aufgabe, Recht und Pflicht von Abgeordneten des Deutschen Bundestags, kritisch nachzufragen, Argumente abzuwägen und verantwortungsbewusst zu entscheiden. Das macht sich keiner leicht. Schließlich gibt es ja kein Lehrbuch zur Rettung der Gemeinschaftswährung. Eines ist aber gewiss: Die FDP ist in besonderer Weise der Stabilität des Euro verpflichtet. Wir winken nichts durch, aber wir blockieren auch keine vernünftige Lösung.
Frage: Die Hauptrolle bei der Eurorettung spielt, zumindest im deutschen Kabinett, der Finanzminister. Angeblich reden Sie mit Wolfgang Schäuble nicht mehr, seitdem er ein vertrauliches Gespräch mit Ihnen öffentlich gemacht hat. Sind Sie überempfindlich?
RÖSLER: Die wichtigen Ressorts Finanzen und Wirtschaft kooperieren eng und vertrauensvoll miteinander. Das haben wir in der Debatte um das Euro-Rettungspaket bewiesen, der eine enge Abstimmung zugrunde lag. Wer eine solche Verantwortung trägt, muss sich auf das Wesentliche konzentrieren und darf sich nicht mit Nebengeräuschen beschäftigen.
Frage: Wir haben eher den Eindruck, Sie werden gerade zum Juniorpartner degradiert.
RÖSLER: Ich lege Wert auf das Grundprinzip, dass sich Union und FDP in dieser Koalition auf gleicher Augenhöhe begegnen. Anders ist Zusammenarbeit nicht möglich. Ansonsten gibt mir mein Glaube die nötige Gelassenheit, nicht jedes kritische Wort gleich als persönlichen Angriff zu werten.
Frage: Sehen Sie diese Demut auch bei Ihrem christdemokratischen Koalitionspartner?
RÖSLER: Auch die Union weiß, dass eine gute Zusammenarbeit nur gelingen kann, wenn man sich gegenseitig respektiert.
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Fax: 030 - 28 49 58 42
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Über FDP:
Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.
Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.
Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.
Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.
Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
Firmenkontakt:
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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.
Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.
Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.
Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.
Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.
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