RÖSLER-Interview für die "Stuttgarter Zeitung

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 19.08.2011
Pressemitteilung vom: 19.08.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Stuttgarter Zeitung" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ARMIN KÄFER, THOMAS MARON und ROLAND PICHLER: Frage: "Ohne Fortune" ...

[FDP - 19.08.2011] RÖSLER-Interview für die "Stuttgarter Zeitung"


Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Stuttgarter Zeitung" (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ARMIN KÄFER, THOMAS MARON und ROLAND PICHLER:

Frage: "Ohne Fortune" oder: "Der Glanzlose" – so lauten die Schlagzeilen zu Ihren ersten 100 Tagen als FDP-Vorsitzender und Wirtschaftsminister. Haben sie sich den Start so schwer vorgestellt?

RÖSLER: Ich sehe das gelassen. Dass wir uns in einer schwierigen Situation befinden, ist offensichtlich. Als ich im Mai zum Parteichef gewählt wurde, war mir klar, dass es einige Zeit dauern wird, um aus dieser Krise heraus zu kommen. Ich habe mich deshalb auf eine Art Marathonlauf eingestellt, bei dem wir jetzt erst die ersten Kilometer hinter uns haben. Mir geht es um die Zielankunft. Jeder weiß, wie rasch es geht, Vertrauen zu enttäuschen. Umso langwieriger ist es dann, neues Vertrauen wieder aufzubauen. Ich kann die besseren Zeiten auch kaum erwarten. Aber aus dieser Lage kommen wir nur heraus, wenn wir seriös arbeiten - und auch die notwendige Geduld aufbringen.

Frage: Was hat sich denn an der Lage der FDP seit ihrer Wahl verbessert?

RÖSLER: Ich musste ins laufende Geschäft einsteigen, was nicht ganz leicht war, weil wichtige Themen anstanden. Die Energiewende zum Beispiel, das Versorgungsgesetz im Gesundheitsbereich und die offenen Fragen bei der Inneren Sicherheit. Ich hatte auf einmal drei Aufgaben zu bewältigen: die des Vizekanzlers, die des Wirtschaftsministers beim Thema Energieumbau oder Euro-Stabilisierung und die des Parteivorsitzenden in Verhandlungen mit den Koalitionspartnern etwa über die Steuerentlastung. Gemeinsam mit dem Generalsekretär ging es mir auch um die Verstärkung der Parteizentrale und die Arbeit an unserem neuen liberalen Grundsatzprogramm. Auf all diesen Feldern sind wir ein gutes Stück voran gekommen.

Frage: Ihnen war wichtig, das Wirtschaftsministerium zu führen. Die XXL-Aufschwungzeiten gehen jetzt aber zu Ende. Das macht Ihnen die Arbeit auch nicht leichter.

RÖSLER: Richtig ist, dass das Wachstum eine Pause macht. Umso wichtiger ist es, gerade jetzt das Wachstum zu verstetigen. Wachstum ist die Basis für den Wohlstand in unserer Gesellschaft. Damit es weiter aufwärts geht, brauchen wir weitere Reformen.

Frage: Werden die Zeiten jetzt rauer oder ist das nur ein Zwischentief?

RÖSLER: Wir haben erwartet, dass sich das Wachstum abschwächt. Im Frühjahr hat die Bundesregierung ein Wachstum von 2,6 Prozent für das laufende Jahr prognostiziert. Ich bin sicher, dass wir am Jahresende ein Wachstum erreichen, dass deutlich macht, wie stark die deutsche Wirtschaft ist. Gleichwohl unterstreichen die aktuellen Daten, wie wichtig weitere politische Maßnahmen sind, die das Wachstum stützen. Eine der Hauptaufgaben ist es, dass wir uns um den Fachkräftemangel in vielen Unternehmen kümmern. Uns fehlen in Deutschland über 150.000 Fachkräfte allein in den technischen Berufen. Das zeigt, dass wir Nachholbedarf haben. Gerade auch Mittelständler sind betroffen. Von ihnen höre ich immer wieder die Erwartung, dass wir handeln. Beim Fachkräftemangel müssen wir auch über eine erleichterte Zuwanderung sprechen. Leider sind wir hier immer noch nicht zu einem befriedigenden Ergebnis gekommen. Deutschland braucht mehr qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Bei der Zuwanderung erwarte ich von der Union Bewegung.

Frage: Wie wollen Sie die CSU überzeugen?

RÖSLER: Auch die Unternehmen in Bayern leiden unter Fachkräftemangel. Aber leider haben viele in der Union noch nicht erkannt, dass eine qualifizierte Zuwanderung gerade aus wirtschaftlichen Gründen vernünftig und notwendig ist. Denn den Bedarf an Fachkräften werden wir nicht allein im Inland decken können. Für diese Position werden wir Liberalen weiter kämpfen.

Frage: Wird das Wirtschaftsministerium überflüssig, wenn die Weichen künftiger Wirtschaftspolitik künftig in Brüssel oder in EU-Räten gestellt werden?

RÖSLER: Die deutsche Wirtschaftspolitik wird auch künftig vom deutschen Wirtschaftsminister bestimmt. Abgesehen davon ist es durchaus sinnvoll, die Wirtschafts- und Finanzpolitik besser zu koordinieren. Da ist europaweit noch einiges zu tun, etwa beim Binnenmarkt für Dienstleistungen oder bei der Entbürokratisierung. Aber ich lege auch Wert darauf, die deutschen Besonderheiten zu beachten. Unsere einzigartige Exportstärke muss gewahrt bleiben. Außerdem gibt es bei uns einen Grundkonsens. Egal wer in Deutschland Wirtschaftsminister war und wer immer mir irgendwann nachfolgt: Das Fundament unseres Handelns ist die Soziale Marktwirtschaft. Das unterscheidet uns von anderen. Die französische Wirtschaftspolitik zum Beispiel orientiert sich stärker an staatlichen Vorgaben. Deshalb muss man sich jetzt zunächst einmal auf die Grundlagen einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik verständigen. Das ist der Grund, warum ich mich erfolgreich für eine Stabilitätsunion mit Schuldenbremsen und einer regelmäßigen Überprüfung der Wettbewerbsfähigkeit in den Euroländern eingesetzt habe.

Frage: Wenn sich ein Grundkonsens in Sachen Stabilität herstellen ließe, wäre dann die Voraussetzung für Eurobonds erfüllt? So ähnlich hat das ja Finanzminister Schäuble definiert. Sehen sie das genauso?

RÖSLER: Die Bundesregierung hat sich eindeutig gegen Eurobonds ausgesprochen. Allerdings sehe ich mit Sorge, dass in Teilen der Union anders gedacht wird. Die FDP jedenfalls wird nicht akzeptieren, dass deutsche Steuerzahler für die Schulden anderer Länder aufkommen. Mit Eurobonds hätten schwache Länder keine Anreize mehr, ihre Staatsfinanzen zu sanieren, eine Schuldenbremse in ihre Verfassung aufzunehmen und für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit zu sorgen. Die Lasten und die Risiken müsste Deutschland in Form höherer Zinsen tragen. Es kämen Kosten in Milliardenhöhe auf uns zu. Das ist für Deutschland nicht akzeptabel.

Frage: Das heißt: Ihr Nein zu Eurobonds ist kategorisch? Sie würden eher die Koalition platzen lassen, als Eurobonds zu akzeptieren?

RÖSLER: Die Haltung der Bundesregierung ist eindeutig und geschlossen. Richtig ist: Die FDP hat eine klare Haltung. Wir stehen dafür, dass es mit dieser Koalition keine Eurobonds gibt. Die Menschen hätten auch kein Verständnis dafür, wenn sie die Zeche für die Schulden anderer zahlen müssten.

Frage: Die FDP ist der Garant, dass keine europapolitischen Sünden begangen werden?

RÖSLER: Das ist so. Wir sind gegen Eurobonds, ohne Wenn und Aber, ohne Zwischentöne.

Frage: Ist die angestrebte Transaktionssteuer ganz nach Ihrem Geschmack?

RÖSLER: Unsere Zustimmung zu einer Transaktionssteuer gibt es - wenn überhaupt - nur dann, wenn diese in allen 27 EU-Ländern erhoben wird. Die Eurozone darf gegenüber den anderen EU-Partnern nicht benachteiligt werden.

Frage: Deshalb wird Großbritannien wohl nie zustimmen. Ist die Finanztransaktionsteuer damit nicht schon tot?

RÖSLER: Zumindest ist die Frage berechtigt, wie groß das Interesse Großbritanniens sein wird, den Euro zu retten, wenn die eigene Währung das Pfund ist. Warum sollte sich also London eine solche Steuer aufbürden? Gleichwohl ist es jetzt die Aufgabe der Finanzminister, eine solche Steuer für alle 27 EU-Länder zu entwickeln. Und an dieser Aufgabe wird man sie auch messen.

Frage: Fallen Sie Herrn Schäuble damit nicht in den Rücken, denn er will eine solche Steuer notfalls auch nur in der Eurozone einführen?

RÖSLER: Ihre Frage zeigt, wie wichtig ein Wirtschaftsminister mit liberalem Parteibuch ist, wenn es um Standorte und Arbeitsplätze in Deutschland geht.

Frage: Ist das Nein der FDP zur Steuer im Euroraum unumstößlich?

RÖSLER: Ja, aber es gibt hier im Übrigen auch keine Meinungsverschiedenheit mit der Bundeskanzlerin.

Frage: Europa erlebt eine Vertrauenskrise. Wäre es da nicht wichtiger, die Haushalte zu sanieren, statt Steuersenkungen zu versprechen? Zumal das Wachstum und damit der Spielraum für Entlastungen geringer werden.

RÖSLER: Es war meine Forderung, in allen Eurostaaten eine Schuldenbremse zu verankern. Und genau das haben Deutschland und Frankreich jetzt vereinbart. Das zeigt, welchen Stellenwert die Haushaltssanierung für uns Liberale hat. Außerdem haben wir immer gesagt, dass unser Wachstum beides ermöglicht: Haushaltskonsolidierung und Entlastung. Wir haben vereinbart, vorhandene Spielräume zu nutzen, um die Lohnzusatzkosten zu senken und jene zu entlasten, die das Wachstum erarbeitet haben. Das ist auch ökonomisch vernünftig, weil wir damit die Kaufkraft im Inland stärken und das Wachstum verstetigen.

Frage: Trotz Lohnerhöhungen und rückläufiger Arbeitslosigkeit lässt wegen der Eurokrise die Kauflaune der Deutschen nach. Wäre der Konjunktur nicht mehr geholfen, diese Sorge zu mindern, indem sie den Haushalt so schnell wie möglich konsolidieren?

RÖSLER: Die Kauflaune hängt im Wesentlichen mit den Sorgen der Menschen zusammen. Viele treibt die enorme Verschuldung in einigen anderen europäischen Staaten um. Deshalb haben wir mit den deutsch-französischen Vereinbarungen für eine neue Stabilitätskultur die richtigen Signale gesetzt. Bei den Entlastungen ist das Wachstumspotenzial die Grundlage. Die Zahlen werden im Herbst festgelegt. Das ist seriös und nachvollziehbar.

Frage: In der FDP gibt es manche, die offenbar so frustriert sind, dass sie mit dem Ausstieg aus der Koalition liebäugeln. Haben Sie Verständnis für diesen Frust?

RÖSLER: Ich habe mit dieser Koalition gute Erfahrungen gemacht. Es hat sich – und das wurde auch Zeit - ein kooperatives Verhältnis entwickelt bei allen, die Verantwortung haben. Und ich trage Sorge dafür als Parteivorsitzender, dass wir auch als Partei dieser Verantwortung gerecht werden. Es ist nicht unsere Aufgabe, über Ausstiegsszenarien zu philosophieren. Wir haben wahrlich anspruchsvolle Probleme anzupacken und zu lösen. Darauf konzentriert sich meine Partei, und dann wird sie auch erfolgreich sein.

Frage: In der Union gibt es doch auch Lockerungsübungen in Richtung SPD. Da diskutieren manche über eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes.

RÖSLER: Wir wissen, dass gerade bei Personenunternehmen der Spitzensteuersatz der Tarif ist, zu dem das Unternehmen besteuert wird. Eine Erhöhung würde diese Unternehmen benachteiligen. Das werden wir verhindern, weil uns die Belange des Mittelstands als Motor unseres Aufschwungs wichtig sind. Ich bin der Union dankbar, weil dies mit dieser Debatte noch schärfer deutlich wird. Das zeigt, wie wichtig die FDP ist.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

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Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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