RÖSLER-Interview für "Spiegel Online (01.09.2011)

  • Pressemitteilung der Firma FDP, 01.09.2011
Pressemitteilung vom: 01.09.2011 von der Firma FDP aus Berlin

Kurzfassung: Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab "Spiegel Online" das folgende Interview. Die Fragen stellten ROLAND NELLES und SEVERIN WEILAND. Frage: Herr Rösler, wann ziehen Sie den Schlussstrich unter die ...

[FDP - 01.09.2011] RÖSLER-Interview für "Spiegel Online" (01.09.2011)


Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister DR. PHILIPP RÖSLER gab "Spiegel Online" das folgende Interview. Die Fragen stellten ROLAND NELLES und SEVERIN WEILAND.

Frage: Herr Rösler, wann ziehen Sie den Schlussstrich unter die Ära Westerwelle?

RÖSLER: Ich habe einen Schlussstrich unter diese Debatte gezogen. Am Dienstag in Bensberg. Und die nach vorn und an Sachthemen ausgerichtete Debatte dort bei der Fraktionsklausur hat gezeigt, dass wir uns auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren. Wenn wir uns an unseren Aufgaben als Regierungspartei bewähren wollen, brauchen wir eine geschlossene FDP. Das Führungsteam der FDP aus Parteispitze, Fraktionsspitze und Regierungsmitgliedern trägt eine große Verantwortung. Guido Westerwelle gehört zu diesem Team. Und das wird auch so bleiben.

Frage: Die Altkanzler Kohl und Schmidt stellen fest, Paris und London könnten sich auf Berlin nicht mehr verlassen. Diese Kritik richtet sich auch gegen Ihren Außenminister Westerwelle. Wie sehr schmerzt den FDP-Chef eine solche Rüge?

RÖSLER: Zu solcher Sorge besteht überhaupt kein Anlass. Unsere Partner in der westlichen Welt können sich zu hundert Prozent auf Deutschland verlassen. Meinungsunterschiede im Bündnis hat es auch zu Helmut Kohls und Helmut Schmidts Zeiten, schon vorher und auch nachher gegeben. Haben sie das Bündnis geschwächt? Im Gegenteil. Aktuell weise ich auf die Debatte in der Euro-Zone hin. Da haben Frankreich und Deutschland schließlich sehr konstruktive Vorschläge gemeinsam gemacht.

Frage: In der Libyen-Frage war von deutscher Verlässlichkeit nicht viel zu erkennen: Kanzlerin Merkel und Westerwelle wollten den Alliierten gegen Gaddafi nicht militärisch helfen. Der Außenminister vermied es sogar, den Verbündeten für ihren Erfolg Respekt zu zollen. Dies tat er erst nach Ihrer ausdrücklichen Intervention. Wann ist zwischen Ihnen und Westerwelle das Vertrauen endgültig aufgebraucht?

RÖSLER: Keiner sollte diesen Vorrat an gegenseitigem Vertrauen unterschätzen. Es liegt in der Natur der Sache: Der Parteivorsitzende spricht für die Partei. Ich habe in dieser Frage Verantwortung übernommen und die Linie festgelegt. Guido Westerwelle hat sie mit seinem Zeitungsbeitrag nachgezogen. Darum sehe ich keine Notwendigkeit für weitere Debatten.

Frage: Wie oft kann sich der deutsche Außenminister eine solche Demütigung durch seinen Vorsitzenden wie in der Libyen-Frage noch erlauben?

RÖSLER: Niemand sollte das so sehen. Unterschiedliche Positionen gehören nun einmal zur politischen Kultur. Wir haben in einem Punkt verschiedene Ansichten gehabt. Das wurde geklärt, die Debatte beendet, und ein Nachkarten ist gänzlich überflüssig.

Frage: Ganz offenkundig waren sie in Sorge, dass Westerwelle im westlichen Bündnis einen Sonderweg steuert. Wie wollen sie in Zukunft verhindern, dass er dies wieder tut?

RÖSLER: Die Position der FDP ist einheitlich und klar - nämlich dass wir fest im westlichen Bündnis stehen. Und das bestimmt unser Handeln in Regierungsverantwortung.

Frage: Die Grünen nennen den Außenminister eine "lahme Ente". Wie wollen Sie mit Westerwelle für die FDP in den kommenden zwei Jahren bis zur Bundestagswahl punkten?

RÖSLER: Verschonen Sie mich mit den Grünen. Joschka Fischer sollte sich entsinnen, welche schwer wiegenden Fehler er mitverantwortet, die uns heute teuer zu stehen kommen – ich denke nur an die Aufweichung der Defizitkriterien in der Euro-Zone. Mit seiner maßlosen Kritik disqualifiziert sich Joschka Fischer nachträglich als Außenminister selbst.

Frage: Die Kritik an Ihrem Minister kommt von allen Seiten: Selbst die liberal-konservative "Frankfurter Allgemeine Zeitung" stellt fest, Westerwelle werde nur noch weiter "mitgeschleppt".

RÖSLER: Ich sagte vorhin: Ich spreche für meine Partei. Und die ist der Auffassung, dass wir einen guten Außenminister haben.

Frage: War es ein Fehler, sich in Rostock auf dem Bundesparteitag im Mai nicht endgültig von ihm auch als Außenminister zu trennen, so wie es Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum vorgeschlagen hatte?

RÖSLER: Entschuldigen Sie, es war eigentlich nur Herr Baum, der das gesagt hat. Bei allem Respekt vor seiner Lebensleistung, aber aktive liberale Politiker sind anderer Meinung.

Frage: Sie wissen doch selbst, dass viele in Ihrer Partei Westerwelle nicht mehr hören können.

RÖSLER: Ich habe damals so entschieden und hatte den Parteitag dabei hinter mir. Und wir wollen, dass er mit allen seinen Erfahrungen und seinem positiven Potential weiter zum Team gehört.

Frage: Wie viel Autorität hat ein derart vorgeführter Außenminister denn noch - zum Beispiel im eigenen Ministerium?

RÖSLER: Sie wissen wie ich, dass ein guter deutscher Beamter immer in voller Loyalität und Verpflichtung zum Dienstherren steht. Das kann jeder Minister erwarten und selbstverständlich auch Guido Westerwelle. Insofern habe ich mich schon über einige anonyme Äußerungen gewundert.

Frage: Und wie groß ist sein Gewicht noch nach außen, also gegenüber den Kabinettskollegen und im Verhältnis zu den internationalen Partnern?

RÖSLER: Wir haben im Kabinett gestern über die Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes gesprochen. Das ist eine Frage, die neben der Kanzlerin auch den Finanzminister, den Wirtschaftsminister und den Außenminister betrifft. Er hat sich geäußert, und niemand konnte den Eindruck haben, als gäbe es da irgendeinen Mangel an Autorität und Respekt. International wird das nicht anders sein.

Frage: Geben Sie ihm eine Garantie, dass er bis zum Ende 2013 im Amt bleibt?

RÖSLER: Wir arbeiten dafür, dass wir nicht nur diese Legislaturperiode im Amt bleiben, sondern auch nach einem Erfolg 2013 die nächsten vier Jahre. Und damit das gelingt, konzentrieren wir uns auf die Arbeit.

Frage: An diesem Wochenende ist die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern, am 18. September in Berlin. Wenn diese Urnengänge für die FDP schlecht ausgehen, wird dann noch einmal Westerwelles Zukunft diskutiert?

RÖSLER: Wir arbeiten daran, dass die Wahlen gut ausgehen.

Frage: Sie haben gesagt, alle im FDP-Team müssten sich bewähren. Was heißt das?

RÖSLER: Die Menschen erwarten von uns allen in der Regierung Leistung. Diese Erwartung richtet sich an alle Ressorts, also auch an mich, an Guido Westerwelle und an alle Kolleginnen und Kollegen im Kabinett.

Frage: In diesem Monat stehen die wichtigen Abstimmungen über die Euro-Rettung an. Rechnen Sie mit einer eigenen Mehrheit der Koalition im Bundestag?

RÖSLER: Ja. Nach unserer sehr ernsthaften Debatte in der Fraktion: umso mehr. Ich habe Respekt vor den Argumenten der Skeptiker, halte unsere aber gerade jetzt für notwendig und richtig. Wir haben - bei nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung - eine Formulierung verabschiedet, nach der wir eine festgelegte Beteiligung des Parlaments an Rettungsschirm-Entscheidungen bekommen. Das ist noch nicht ein Votum über das Gesamtpaket, das ja noch gar nicht vorliegt, aber es war ein klares und konstruktives Richtungszeichen der FDP.

Frage: Die CDU führt eine Debatte über die Zukunft Europas, es gibt die Idee von den Vereinigten Staaten von Europa. Was ist Ihre Vision?

RÖSLER: Die Union ist – mit Verlaub - noch in der europapolitischen Findungsphase, wir als FDP sind da weiter. Ich sage mit Bedacht: Wir sind der Stabilitätsanker in der Koalition. Wir sind pro-europäisch und verbinden diese Position mit ordnungspolitischer Vernunft.

Frage: Was heißt das konkret - sind Sie für mehr Europa oder für weniger Europa?

RÖSLER: Meine Idee von Europa ist: mehr Integration durch gleiche Regeln, Maßnahmen und Mechanismen, an die sich alle zu halten haben, aber weniger durch zusätzliche Institutionen. Die Zukunft für Europa sehe ich in einer Stabilitätsunion. Im Übrigen: Die USA haben eine gemeinsame, föderale Regierung - aber wie man sieht, scheint eine gemeinsame Regierung nicht vor der Abstufung im Rating zu schützen.

Frage: Experten sagen, der Euro sei nur zu retten, wenn es eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik gibt.

RÖSLER: Das sehe ich ausdrücklich anders. Es ist zwar sinnvoll, die Wirtschaftspolitik in einigen Teilbereichen stärker zu koordinieren, etwa beim Abbau von Bürokratie. Eine Extra-Regierung, die von Brüssel aus alles zentral steuert, kann es aus meiner Sicht nicht geben. Im Übrigen bedeutet gemeinsame Lenkung auch gemeinsame Haftung, zum Bespiel durch Eurobonds. Und die wollen wir definitiv nicht.

Frage: Ihre Vorstellungen von einem Stabilitätsunion in Ehren, aber sie haben beim letzten Treffen von Merkel und Sarkozy keine Rolle gespielt. Die beiden streben eher eine Wirtschaftsregierung an.

RÖSLER: Irrtum. In Europa soll es eine neue Stabilitätskultur geben. Das ist der Kern der deutschen-französischen Vereinbarungen. Bei aller Bescheidenheit: Es war die FDP, die eine Stabilitätsunion immer wieder gefordert hat. Und jetzt wird sie umgesetzt. Spanien will die Schuldenbremse einführen, andere Länder werden folgen. Das ist eine gute Entwicklung.

Frage: Viele Bürger machen sich in der Euro-Debatte sorgen um die Stabilität der Währung. Wie groß ist das Risiko, dass eine Anti-Europa-Partei entsteht?

RÖSLER: Alle etablierten Parteien müssen sich anstrengen, dass es nicht so weit kommt. Ich werbe für scharfe Sanktionen gegen Schuldensünder. Das stärkt unsere gemeinsame Währung und auch die Akzeptanz der Menschen für Europa. Die Stabilitätsunion - das ist der Kompass der FDP.


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Eine Geschichte als Herausforderung.
Der Liberalismus begann seinen historischen Weg als Philosophie der Freiheit und als politische Bewegung für die Rechte des Einzelnen. Die Willkürherrschaft des Absolutismus stand im Widerspruch zur Idee einer freiheitlichen Gesellschaft. Mit dem Verfassungsstaat hat der Liberalismus den Absolutismus überwunden.
Als erste politische Bewegung hat der Liberalismus dem einzelnen Bürger, seiner menschlichen Würde und seinen Menschenrechten der Freiheit und Gleichheit Vorrang vor der Macht des Staates eingeräumt. Schritt für Schritt verwirklichten Liberale den modernen Verfassungsstaat mit individuellen Grundrechten, der freien Entfaltung der Persönlichkeit, dem Schutz von Minderheiten, der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung staatlicher Gewalt.

Der Liberalismus hat als Freiheitsbewegung nicht nur für die Gleichheit vor dem Gesetz gekämpft, sondern auch für Chancengleichheit in der Gesellschaft. Mit der Marktwirtschaft und ihrer sozialen Verpflichtung hat der Liberalismus neue Chancen gegen Existenznot und konservative Erstarrung der gesellschaftlichen Strukturen eröffnet.

Die liberale Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland hat mehr demokratische Stabilität, mehr allgemeinen Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit hervorgebracht, als dies je zuvor in der Geschichte der Fall gewesen ist. Und dennoch ist die Idee der Freiheit den schleichenden Gefahren der Gewöhnung und Geringschätzung ausgesetzt. Weniger Teilhabe am demokratischen Staat, weniger Chancen für ein selbstbestimmtes Leben durch weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, Entmündigungen durch kollektive Zwangssysteme und bevormundende Bürokratie sind neue Bedrohungen der Freiheit.

Liberale haben nach 1945 der Idee der Freiheit zum erneuten Durchbruch verholfen. Die FDP war stets der Motor für Reformen, wenn es um Richtungsentscheidungen zugunsten der Freiheit ging. Nur durch die FDP konnte in den fünfziger Jahren die Soziale Marktwirtschaft gegen die Sozialdemokraten und Teile der Christdemokraten durchgesetzt werden. Nur durch die FDP konnte sich in den siebziger Jahren mehr Bürgerfreiheit gegen konservative Rechts- und Gesellschaftspolitik durchsetzen. Die Liberalen waren Vorreiter für die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft, gegen obrigkeits- staatliche Bevormundung und Engstirnigkeit. Unsere Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung in den achtziger Jahren brachte neue Arbeitsplätze und mehr Wohlstand für mehr Bürger.

Ein großer Teil des Widerstands gegen das sozialistische Staatswesen erwuchs aus der Attraktivität des freiheitlich-liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems. Das in den europäischen Integrationsprozeß eingebettete, vereinte Deutschland ist das freiheitlichste unserer Geschichte.

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