DIW Berlin erwartet Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent
- Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 04.01.2011
Pressemitteilung vom: 04.01.2011 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin
Kurzfassung: Experten sehen Wachstum auf solider Basis, aber keinen Anlass zur Euphorie Die deutsche Wirtschaft bleibt auch 2011 und 2012 auf dem Wachstumspfad. Allerdings werden die Wachstumsraten im Vergleich zum letzten Jahr deutlich zurückgehen, sagte ...
[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 04.01.2011] DIW Berlin erwartet Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent
Experten sehen Wachstum auf solider Basis, aber keinen Anlass zur Euphorie
Die deutsche Wirtschaft bleibt auch 2011 und 2012 auf dem Wachstumspfad. Allerdings werden die Wachstumsraten im Vergleich zum letzten Jahr deutlich zurückgehen, sagte DIW–Konjunkturexperte Ferdinand Fichtner: "2010 lag das Wachstum bei etwa 3,7 Prozent. Das wird sich nicht wiederholen." Für 2011 prognostiziert das DIW Berlin ein Wachstum von 2,2 Prozent, 2012 rechnen die Experten mit 1,3 Prozent. "Beim Wachstum 2010 spielten Aufholeffekte eine große Rolle", so Fichtner. Die werde es in den nächsten Jahren so nicht mehr geben. In diesem Jahr wird die Wirtschaftsleistung von mehreren Faktoren zugleich angeschoben: Vom Außenhandel, von den Bau– und den Ausrüstungsinvestitionen und vom privaten Konsum.
Weitere Entspannung der Lage auf dem Arbeitsmarkt
Die deutsche Wirtschaft ist ohne Massenentlassungen durch die Krise gekommen. "Die Lage ist aber nicht so günstig, wie sie aussieht", sagte Fichtner. "Von der Krise betroffen waren vor allem die Vollzeitbeschäftigten. Die Beschäftigung in diesem Bereich erholt sich nur langsam." Der kräftige Anstieg der Erwerbstätigenzahl im Lauf des Jahres 2010 ist zu einem großen Teil durch mehr Teilzeitstellen zustande gekommen. Auch in diesem Jahr wächst die Beschäftigung, allerdings mit abgeschwächtem Tempo. Die Arbeitslosigkeit nimmt entsprechend weiter ab; sie wird im Jahresdurchschnitt aber bei mehr als drei Millionen liegen.
Staatsverschuldung steigt weiter: Kein Spielraum für Steuersenkungen
Die weitere Steigerung der Wirtschaftsleistung sorgt auch für eine deutliche Verbesserung der öffentlichen Finanzen: Während die Sozialausgaben sinken, steigen die Einnahmen aus Körperschaft– und Gewerbesteuer und füllen so die Staatskassen. Für 2011 und 2012 rechnen die Konjunkturforscher des DIW Berlin mit einer Neuverschuldung von 2,4 und 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Maastricht–Kriterien würden damit eingehalten.
DIW–Präsident Klaus F. Zimmermann warnte aber vor Euphorie: "Die Staatsschulden steigen weniger als befürchtet, aber sie steigen. Die deutsche Schuldenquote dürfte alles in allem mittlerweile bei über 80 Prozent liegen. Die Konsolidierung schreitet nicht so voran, wie sie es angesichts des starken Wirtschaftswachstums sollte." Die Regierung sollte deshalb die Gelegenheit nutzen: "Einen Spielraum für Steuerentlastungen gibt es nicht. Stattdessen müssen alle Ausgaben auf den Prüfstand." Zimmermann nannte unter anderem die Subventionen für Steinkohle und Landwirtschaft und die Zuschläge für Sonntags– und Nachtarbeit. Außerdem sollte die Regierung auch über Möglichkeiten zur Verbesserung der Einnahmen nachdenken: "Die Umsatzsteuer braucht eine grundlegende Reform. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz sollte überprüft werden, und auch über eine weitere Erhöhung des allgemeinen Mehrwertsteuersatzes muss zur langfristigen Sanierung der Staatshaushalte nachgedacht werden."
Deutsche Exportwirtschaft findet wieder zu alter Stärke
Der Außenhandel bleibt ein Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft. 2010 sind die Ausfuhren um rund zehn Prozent gewachsen, 2011 rechnet das DIW Berlin mit einem weiteren Anstieg um sechs Prozent. "Die Exportwirtschaft erreicht im Prognosezeitraum wieder ein Produktionsniveau wie vor der Krise", sagte Ferdinand Fichtner. Verantwortlich dafür ist vor allem die Nachfrage aus den Schwellenländern, die von der Krise nicht so stark betroffen waren wie die Industrieländer. Mittlerweile gehen knapp 20 Prozent der deutschen Exporte in Schwellenländer.
Weltweit erwarten die DIW–Forscher für 2011 und 2012 ein Wirtschaftswachstum von 4,2 und 4,5 Prozent. Besonders im Euroraum gibt es weiterhin große Unterschiede im Wirtschaftswachstum von Kern– und Peripheriestaaten. "Die Krisen in Ländern wie Griechenland oder Spanien sind das Ergebnis struktureller Probleme", sagte Christian Dreger, Leiter der Konjunkturabteilung am DIW Berlin. Zurzeit unterstützt die Europäische Zentralbank die Peripheriestaaten mit besonders niedrigen Zinsen, für Länder wie Deutschland seien die Zinsen aber mittlerweile zu niedrig, so Dreger weiter. "Langfristig wird die EZB deshalb die Zinsen anheben müssen."
Eurokrise: Krisenmechanismen greifen nicht
Besonders kritisch sehen die DIW–Experten die Maßnahmen zur Lösung der Eurokrise. DIW–Präsident Zimmermann sagte: "Die Eurokrise ist zunächst eine Staatsschuldenkrise und damit die Krise einzelner Mitgliedsstaaten. Ob Eurobonds oder Rettungsschirm, viele der vorgeschlagenen oder ergriffenen Maßnahmen sind nur Liquiditätshilfen. Das ist ein Zeichen von Ratlosigkeit und kann die Probleme keinesfalls lösen." Durch die Hilfen würde der Druck auf die Regierungen der Krisenländer gelockert, endlich die strukturellen Probleme anzugehen. Wichtig wäre deshalb, sie mit harten Auflagen zu verbinden. Entscheidend sei außerdem die Einführung von formellen Mechanismen mit klaren Regeln zur Überwindung solcher Krisen. "Dazu gehört eine strenge Kontrolle der Fiskalpolitik der europäischen Staaten durch eine unabhängige europäische Institution und eine Umschuldung der bedrängten Staaten, die nicht nur den Steuerzahler, sondern vor allem die beteiligten privaten Kreditgeber ins Boot nimmt", sagte Zimmermann.
Der am 16. Dezember 2010 beschlossene Europäische Stabilitätsmechanismus ist für Zimmermann deshalb eine verpasste Gelegenheit: "Der Beschluss enthält einige gute Ansätze. Aber die Regelungen für die zukünftige Beteiligung der Banken an den Rettungsaktionen sind nicht klar genug. Das wird wieder für Verunsicherung auf den Finanzmärkten sorgen, mit den entsprechenden negativen Folgen für die betroffenen Staaten und den gesamten Euroraum."
Pressestelle
Renate Bogdanovic
Susanne Marcus
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Mohrenstraße 58
10117 Berlin
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Experten sehen Wachstum auf solider Basis, aber keinen Anlass zur Euphorie
Die deutsche Wirtschaft bleibt auch 2011 und 2012 auf dem Wachstumspfad. Allerdings werden die Wachstumsraten im Vergleich zum letzten Jahr deutlich zurückgehen, sagte DIW–Konjunkturexperte Ferdinand Fichtner: "2010 lag das Wachstum bei etwa 3,7 Prozent. Das wird sich nicht wiederholen." Für 2011 prognostiziert das DIW Berlin ein Wachstum von 2,2 Prozent, 2012 rechnen die Experten mit 1,3 Prozent. "Beim Wachstum 2010 spielten Aufholeffekte eine große Rolle", so Fichtner. Die werde es in den nächsten Jahren so nicht mehr geben. In diesem Jahr wird die Wirtschaftsleistung von mehreren Faktoren zugleich angeschoben: Vom Außenhandel, von den Bau– und den Ausrüstungsinvestitionen und vom privaten Konsum.
Weitere Entspannung der Lage auf dem Arbeitsmarkt
Die deutsche Wirtschaft ist ohne Massenentlassungen durch die Krise gekommen. "Die Lage ist aber nicht so günstig, wie sie aussieht", sagte Fichtner. "Von der Krise betroffen waren vor allem die Vollzeitbeschäftigten. Die Beschäftigung in diesem Bereich erholt sich nur langsam." Der kräftige Anstieg der Erwerbstätigenzahl im Lauf des Jahres 2010 ist zu einem großen Teil durch mehr Teilzeitstellen zustande gekommen. Auch in diesem Jahr wächst die Beschäftigung, allerdings mit abgeschwächtem Tempo. Die Arbeitslosigkeit nimmt entsprechend weiter ab; sie wird im Jahresdurchschnitt aber bei mehr als drei Millionen liegen.
Staatsverschuldung steigt weiter: Kein Spielraum für Steuersenkungen
Die weitere Steigerung der Wirtschaftsleistung sorgt auch für eine deutliche Verbesserung der öffentlichen Finanzen: Während die Sozialausgaben sinken, steigen die Einnahmen aus Körperschaft– und Gewerbesteuer und füllen so die Staatskassen. Für 2011 und 2012 rechnen die Konjunkturforscher des DIW Berlin mit einer Neuverschuldung von 2,4 und 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Maastricht–Kriterien würden damit eingehalten.
DIW–Präsident Klaus F. Zimmermann warnte aber vor Euphorie: "Die Staatsschulden steigen weniger als befürchtet, aber sie steigen. Die deutsche Schuldenquote dürfte alles in allem mittlerweile bei über 80 Prozent liegen. Die Konsolidierung schreitet nicht so voran, wie sie es angesichts des starken Wirtschaftswachstums sollte." Die Regierung sollte deshalb die Gelegenheit nutzen: "Einen Spielraum für Steuerentlastungen gibt es nicht. Stattdessen müssen alle Ausgaben auf den Prüfstand." Zimmermann nannte unter anderem die Subventionen für Steinkohle und Landwirtschaft und die Zuschläge für Sonntags– und Nachtarbeit. Außerdem sollte die Regierung auch über Möglichkeiten zur Verbesserung der Einnahmen nachdenken: "Die Umsatzsteuer braucht eine grundlegende Reform. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz sollte überprüft werden, und auch über eine weitere Erhöhung des allgemeinen Mehrwertsteuersatzes muss zur langfristigen Sanierung der Staatshaushalte nachgedacht werden."
Deutsche Exportwirtschaft findet wieder zu alter Stärke
Der Außenhandel bleibt ein Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft. 2010 sind die Ausfuhren um rund zehn Prozent gewachsen, 2011 rechnet das DIW Berlin mit einem weiteren Anstieg um sechs Prozent. "Die Exportwirtschaft erreicht im Prognosezeitraum wieder ein Produktionsniveau wie vor der Krise", sagte Ferdinand Fichtner. Verantwortlich dafür ist vor allem die Nachfrage aus den Schwellenländern, die von der Krise nicht so stark betroffen waren wie die Industrieländer. Mittlerweile gehen knapp 20 Prozent der deutschen Exporte in Schwellenländer.
Weltweit erwarten die DIW–Forscher für 2011 und 2012 ein Wirtschaftswachstum von 4,2 und 4,5 Prozent. Besonders im Euroraum gibt es weiterhin große Unterschiede im Wirtschaftswachstum von Kern– und Peripheriestaaten. "Die Krisen in Ländern wie Griechenland oder Spanien sind das Ergebnis struktureller Probleme", sagte Christian Dreger, Leiter der Konjunkturabteilung am DIW Berlin. Zurzeit unterstützt die Europäische Zentralbank die Peripheriestaaten mit besonders niedrigen Zinsen, für Länder wie Deutschland seien die Zinsen aber mittlerweile zu niedrig, so Dreger weiter. "Langfristig wird die EZB deshalb die Zinsen anheben müssen."
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