Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung. Wir denken an morgen!

  • Pressemitteilung der Firma SPD, 05.09.2011
Pressemitteilung vom: 05.09.2011 von der Firma SPD aus Berlin

Kurzfassung: Der SPD-Parteivorstand hat in seiner heutigen Sitzung folgendes Papier zum Thema "Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung. Wir denken an morgen!" beschlossen: I. Zur aktuellen Lage in Deutschland und in Europa 1. Die Lage der öffentlichen ...

[SPD - 05.09.2011] Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung. Wir denken an morgen!


Der SPD-Parteivorstand hat in seiner heutigen Sitzung folgendes Papier zum Thema "Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung. Wir denken an morgen!" beschlossen:


I. Zur aktuellen Lage in Deutschland und in Europa

1. Die Lage der öffentlichen Finanzen und die Herausforderungen für die Politik

Die anhaltende internationale Debatte um den Euro und die Schuldenkrise in Europa und in den USA hat in den letzten Monaten eine neue, nie zuvor gekannte Dramatik erhalten. Dabei stehen sich Politik auf der einen und Finanzmärkte auf der anderen Seite gegenüber: Während sich die Politik von Krisensitzung zu Krisensitzung, von Gipfel zu Gipfel hangelt, an deren jeweiligem Ende stets Erklärungen und Maßnahmenpakete stehen, die hastig verabschiedet und parlamentarisch legitimiert werden, bewegen sich die globalen Finanzmärke davon meist unbeeindruckt längst in einem eigenen Tempo, mit eigenen Vorgaben und ohne jede Rücksicht auf die Folgen für das Allgemeinwohl und die Demokratie. Diese Finanzmärkte sind seit der zurückliegenden globalen Krise völlig außer Kontrolle, auch weil die internationale Staatengemeinschaft zu einem entschiedenen gemeinsamen Handeln bisher nicht in der Lage ist. Tatsächlich sind zahlreiche Aktivitäten der Finanzmarktindustrie zu einer Bedrohung für die globale Gesellschaft und für die Demokratie geworden.

Dabei ist klar: Euro-Länder, die ihre öffentliche Verschuldung nicht mehr im Griff haben, müssen konsequente Konsolidierungsprogramme beschließen und durchsetzen, um so ihren Teil zur Lösung der Staatsverschuldungskrise zu leisten. Auch in Deutschland müssen die öffentlichen Haushalte gemäß der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse so schnell wie möglich konsolidiert werden. Die internationale Staatengemeinschaft hat allerdings auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass aus der Finanzkrise von
2008/2009 und der nachfolgenden Schuldenkrise seit 2010 keine länderübergreifende Wirtschafts- und Sozialkrise und damit eine politische Demokratiekrise in Europa werden. Dies verlangt vor allem eine gemeinsame Auffassung und Haltung darüber, ob in Zukunft demokratisch legitimierte Politik oder die Finanzmärkte das letzte Wort haben über das Schicksal ganzer Staaten und damit von Millionen Menschen. Vor nichts anderem als dieser Bewährungsprobe steht demokratische Politik derzeit weltweit. Die SPD stellt sich dieser Herausforderung. Dabei wissen wir, dass gerade jetzt mehr internationale Abstimmung und mehr gemeinsames Handeln als je zuvor nötig sind. Es ist falsch, dass Politik in der Globalisierung machtlos geworden ist. Sie muss nur bereit sein, ihre Macht und ihren gestalterischen Einfluss auch gemeinsam und über die Grenzen der Nationalstaaten hinweg zu nutzen. Auch deshalb ist die europäische Einigung heute so wichtig.

Die öffentliche Verschuldung nicht nur in Deutschland ist auch aufgrund der notwendigen Banken-Rettungspakete enorm angestiegen. Hatte Deutschland 2008 gesamtstaatlich noch einen ausgeglichenen Haushalt und eine Neuverschuldung des Bundes von lediglich 11,5 Mrd. Euro, betrug die Neuverschuldung 2009 allein beim Bund 34,1 Mrd. Euro! Auch der deutsche Schuldenstand stieg rapide, insbesondere durch die Übernahme der neu errichteten Abwicklungsanstalten für Banken durch den Staat, von 73,5 Prozent auf 83,2 Prozent des BIP, im Falle Irlands etwa noch weitaus dramatischer von unter 50 Prozent auf mehr als 100 Prozent des BIP. Nun gilt es, diese Verschuldung zurückzuführen – und dabei auch die Verursacher und Nutznießer der Krise gebührend zu beteiligen.

Eine der wichtigsten Voraussetzung zur Rückführung der Neuverschuldung ist qualitatives Wachstum. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bekennen uns zu einer wachstumsorientierten Konsolidierungspolitik: Wir wollen gezielt Investitionen fördern, aktive Konjunkturpolitik betreiben, den Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland ausbauen und die Binnennachfrage insbesondere durch die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde steigern. Denn gezieltes, nachhaltiges Wachstum ist immer noch der beste Garant für solide Finanzen!

2. Die Situation der öffentlichen Infrastruktur in Deutschland.

Schon lange wird in vielen Diskussionen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft Klage geführt über den Zustand der öffentlichen Infrastruktur unseres Landes. Vor allem der Zustand des deutschen Bildungssystems, seine unbefriedigende Qualität im internationalen Maßstab, aber auch die schlechte personelle, bauliche und technische Ausstattung unserer Schulen und Hochschulen werden bemängelt. Ob PISA Studie oder internationale Hochschulrankings – Deutschland rangiert seit vielen Jahren nur im internationalen Mittelfeld. Unser Bildungssystem ist trotz umfangreicher Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen nicht ausreichend finanziert. Voraussetzung für auch künftig hohe Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Stärke sind daher erhebliche finanzielle Anstrengungen für Bildung im kommenden Jahrzehnt. Mit mittelmäßigen Bildungsausgaben ist kein erstklassiges Bildungssystem zu finanzieren. Daher wollen wir für Bildung so viel Geld bereit stellen wie die Spitze der erfolgreichen Staaten.

Die Städte und Gemeinden in unserem Land stehen mittlerweile vielerorts an der Grenze ihrer Handlungsfähigkeit. Dies erleben die Bürgerinnen und Bürger in Ost und West, Nord und Süd: Nachdem fast alle Kommunen durch notwendig gewordene Haushaltssanierungsprogramme in den letzten eineinhalb Jahrzehnten ihre "freiwilligen Ausgaben" zusammengestrichen haben, geht es bei vielen Kommunen an die Substanz: Sie haben häufig längst ihre kommunale Selbständigkeit verloren und schließen ihre kulturellen und sozialen Einrichtungen und Angebote. Die Herausforderungen des demographischen Wandels und der Integration von zugewanderten Neubürgerinnen und Neubürgern kann ein Großteil unserer Kommunen mangels ausreichender finanzieller Handlungsspielräume nicht angemessen bewältigen. Dies aber ist nötig, um die vitalen Integrationsfunktionen für die Menschen vor Ort erlebbar zu gewährleisten. Der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft darf keinen weiteren Schaden nehmen. Die soziale Gesellschaft beginnt aber in einer sozialen Stadt! Daher brauchen wir handlungsfähige, solide finanzierte Kommunen. Deutschland hat einen enormen Investitionsbedarf. Die öffentlichen und privaten Investitionsquoten sind unterdurchschnittlich, die Energiewende verlangt nach neuen Zukunftsinvestitionen. Hierfür müssen wir die notwendigen Mittel bereitstellen.

Zu diesen Entwicklungen beigetragen hat die stetige Schwächung der öffentlichen Einnahmebasis: Die gesamtwirtschaftliche Steuerquote ist in Deutschland im Zeitraum von 1975 bis 2011 von 24 Prozent auf 21 Prozent gesunken. Das heißt: Selbst unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Wachstums des BIP standen im Jahr 2009 nach Abzug der Zinsen und des Zuschusses zu den Sozialversicherungen 25 Prozent weniger Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur zur Verfügung als im Jahr 1990.

3. Arbeitseinkommen und Vermögen in Deutschland.
Umfangreich vorliegende nationale und internationale Vergleichsuntersuchungen beweisen: Die soziale Spaltung in Deutschland hat dramatisch zugenommen. Über die letzten Jahrzehnte hinweg wurden die Reichen reicher und die Armen ärmer. Das gilt zuerst für die Einkommen aus Arbeit, deren Verteilung sich erheblich auseinander entwickelt hat. Noch extremer ist die soziale Unwucht bei den Vermögen: Zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland verfügen gemäß Berechnungen des DIW über zwei Drittel des Vermögens, dagegen verfügen mehr als zwei Drittel der Bevölkerung nur über einen Anteil am Gesamtvermögen von weniger als zehn Prozent. Die vielfach gerühmte Begrenzung der Ungleichheit durch die Soziale Marktwirtschaft ist inzwischen zunehmend wirkungslos und hat diesen Negativ-Trend nicht stoppen können.

Die Abkoppelung der Finanzmärkte von der realen Wertschöpfung durch Arbeit ist ein wesentliches Element der aktuellen Krise, die sich auch massiv auf Einkommens- und Vermögensverteilung auswirkt. Eine angemessene Bezahlung von Arbeit und ein sozialer Zusammenhalt, der sich auch in einer Begrenzung von sozialer Ungleichheit ausdrückt, ist für uns eine zentrale Frage der Gerechtigkeit.

Noch immer gilt: Besser Qualifizierte erhalten in der Regel besser bezahlte Jobs, deren Vergütung in den letzten 20 Jahren auch überdurchschnittlich angestiegen ist. Vor allem bei den Top-Verdienern hat es gravierende überproportionale Gehaltszuwächse gegeben, die auch mit einem hohen Bildungsniveau nicht begründbar sind. Auf der anderen Seite der Einkommensskala haben schlecht bezahlte Jobs massiv zugenommen, so dass mittlerweile mehr als ein Fünftel der abhängig Beschäftigten im Niedriglohnsektor arbeiten. Besonders alleinstehende Geringverdiener und Alleinerziehende tragen zudem überdurchschnittlich zur Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme bei. Damit verstärkt sich zusätzlich die vorhandene soziale Ungleichheit in der Gesellschaft. Dem gegenüber werden wiederum Vermögen in Deutschland äußerst gering besteuert. Das gilt auch für die Vererbung großer Vermögen. Diese Entwicklung begreift die SPD als ernste Herausforderung für Politik und Gesellschaft.

II. Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung: Wir denken an morgen!

Vor diesem Hintergrund legt die SPD einen Vorschlag vor, wie mit einem nationalen Pakt für Bildung und Entschuldung Deutschland über einen Zeitraum von fünf Jahren zukunftsfähiger wird. Jährliche Einsparungen und Mehreinnahmen sind für 2012 bis 2016 berechnet.

Das Konzept umfasst Vorschläge zum weiteren wirtschafts- und sozialverträglichen Abbau von Subventionen, die Modernisierung der Verwaltung sowie eine moderate Erhöhung der Steuerbelastung für sehr hohe Einkommen und Vermögen. Neben Mitteln für Zukunftsinvestitionen wirken wir so der wachsenden Ungleichheit in Deutschland entgegen.

Dabei gibt es klare Prioritäten:

1. Schuldenabbau,
2. Bildungsinvestitionen,
3. Stärkung der sozialen und kulturellen Handlungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden,
4. Investitionen in Forschung und Entwicklung, Infrastruktur und Energiewende.

Alle Vorschläge, die wir machen, sind gegenfinanziert und stehen unter dem Vorbehalt, dass die Einnahmesituation sich nicht wesentlich ändert. Für Sozialdemokraten gilt aber in jedem Fall: Wir machen keine Steuersenkungen und keine Politik auf Pump!
Fest steht: Eine gut funktionierende Infrastruktur, gute Schulen und ein hohes Maß an öffentlicher Sicherheit setzen eine angemessene und solide Einnahmebasis in den öffentlichen Haushalten voraus. Daneben benötigen wir eine Ausgabenpolitik, welche Steuermehreinnahmen zum Abbau der Neuverschuldung nutzt.

Solide Finanzpolitik heißt für uns konkret:

1. Wir bauen in wirtschaftlich guten Zeiten konsequent Schulden ab. Im Gegensatz zu CDU/CSU und FDP werden wir die Schuldenbremse sicher einhalten!
• Dafür nutzen wir alle konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen.
• Darüber hinaus nutzen wir auch die Einnahmen aus Steuererhöhungen in Höhe von 5,4 Mrd. Euro pro Jahr komplett für das Ziel der konsequenten Einhaltung der Schuldenbremse und eines ausgeglichenen Bundeshaushalts. (Ca. 1,7 Mrd. Euro/Bund durch Rücknahme der Steuererleichterungen des "Hoteliersgesetzes" sowie ca. 1,8 Mrd. Euro Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent ab 100.000 Euro Jahresverdienst für Alleinverdiener sowie 1,7 Mrd. Euro aus der Erhöhung der Brennelementesteuer)
Fazit: Mit dieser klaren Bindung von Steuermehreinnahmen aus wirtschaftlichem Wachstum und Erhöhung des Spitzensteuersatzes an die Absenkung der Neuverschuldung halten wir die "Schuldenbremse" unserer Verfassung ein und schaffen zugleich eine Risikovorsorge für mögliche Einbrüche in der wirtschaftlichen Entwicklung.

2. Wir investieren in die Zukunft unseres Landes: 27 Mrd. Euro für Bildung und Kommunen - finanziert aus Einsparungen, dem Abbau von überflüssigen Subventionen und der Wiedereinführung der Vermögensteuer für die Länder.
• Der Bund muss jährlich aufsteigend deutlich mehr in den Aufbau des weltweit besten Bildungs- und Betreuungsangebots in Deutschland investieren, um 2016 zusätzlich 10 Mrd. Euro an Bundesmitteln bereit zu stellen. Dafür müssen Bund, Länder und Gemeinden zusammen arbeiten. Deshalb wollen wir die Verfassung ändern und das bisherige Kooperationsverbot aufheben. Damit wollen wir den Ländern und Gemeinden helfen, die Gebühren für Kindertagesstätten ebenso abzuschaffen wie die Studiengebühren,
den flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen mit ausreichend Personal zu schaffen und die Schulen und Universitäten zu sanieren und auszubauen.
• Durch die Wiedereinführung der Vermögensteuer und die Reform der Erbschaftssteuer erhalten die Länder - parallel zu den zusätzlichen Finanzhilfen des Bundes in Höhe von 10 Mrd. Euro jährlich - auch eigene neue finanzielle Spielräume in der gleichen Größenordnung. Die private Vermögensteuer beinhaltet einen Freibetrag von 1 Mio. Euro. Die betriebliche Vermögensteuer wird so ausgestaltet, dass sie nicht als Substanzsteuer wirkt: Sie erhält einen Freibetrag von 5 Millionen Euro, die
Abgabelast wird auf 30 Prozent des Gewinns beschränkt - wer keinen Gewinn macht, zahlt auch keine Steuern!
• In diesem Zusammenhang braucht Deutschland auch ein Programm "Die zweite Chance": Rund 1,5 Mio. junge Erwachsene im Alter zwischen 20 und 30 Jahren sind ohne jeden Berufsabschluss. 400.000 Jugendliche befinden sich in nichtqualifizierenden Maßnahmen des Übergangs zwischen Schulen und beruflicher Bildung. Mehr als 65.000 Schülerinnen und Schüler verlassen Jahr für Jahr das Schulsystem ohne jeden Abschluss. Gleichzeitig wächst der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft.
• Unsere Städte und Gemeinden sind in Höhe von jährlich 8 bis 9 Mrd. Euro unterfinanziert. Die SPD konnte bei den Verhandlungen über die Regelsatzhöhe des ALG II Anfang 2011 bereits durchsetzen, dass die Kommunen aufwachsend bis 2016 auf ca. 4,9 Mrd. Euro pro Jahr durch den Bund entlastet werden (Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter). Durch das hier vorliegende Finanzierungskonzept erhalten sie nochmals rund 4 Mrd. Euro pro Jahr ab 2016. Damit soll das jährliche strukturelle Defizit
der deutschen Kommunen in Höhe von 8 bis 9 Milliarden Euro pro Jahr endlich ausgeglichen werden.
• Die Infrastruktur des Landes muss weiter ausgebaut werden – dazu gehören Investitionen zur Umsetzung der Energiewende ebenso wie die Förderung von Investitionen und Mittel zur Forschungsförderung. Dafür stehen 3 Mrd. Euro zur Verfügung.

Fazit: Neben dem vordringlichen Schuldenabbau sind Investitionen in Bildung und Betreuung und die Wiederherstellung der sozialen und kulturellen Handlungsfähigkeit unserer Städte, Gemeinden und Landkreise durch sozialdemokratische Politik in den kommenden Jahren notwendig. Diese Modernisierung unserer öffentlichen Institutionen sollen finanziert werden vor allem durch Subventionsabbau und die Wiedereinführung der Vermögensteuer.

3. Wir sorgen dafür, dass Arbeit und Fleiß wieder mehr wert sind: statt Subventionen für Billigjobs mehr Sicherheit bei Gesundheit und Rente!
• Durch einen gesetzlichen Mindestlohn und auch durch höhere Tariflöhne.
• Durch das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit – bei Frauen und Männern ebenso wie bei Leiharbeit und fest Beschäftigten. Das stärkt die Kaufkraft und Steuereinnahmen.
• Durch eine BürgerFAIRsicherung im Gesundheitswesen (Mehrkosten: aufwachsend um 300 Millionen Euro/Jahr auf ca. 1,5 Mrd. Euro pro Jahr), finanziert aus der Erhöhung der Abgeltungsteuer auf 30 Prozent.
• Durch einen besseren Schutz vor Altersarmut, indem wir unter anderem die Erwerbsminderungsrente verbessern und künftig wieder Rentenansprüche auch für Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit schaffen (aufwachsend auf ca. 3-5 Mrd. Euro bis 2030).
• Wir wollen, dass Alleinerziehende und Familien mit Kindern überall in Deutschland von den Gebühren für die Kindertagesstätten und für das Studium entlastet werden können. Bildung muss in Deutschland wieder kostenfrei werden - von Anfang an.
• Darüber hinaus setzt sich die SPD das Ziel, vor allem für Geringverdiener und Alleinerzieher mit geringem Einkommen die Belastungen aus den Sozialabgaben zu reduzieren. Wir wissen aus allen internationalen Untersuchungen, dass gerade für diese Bevölkerungsgruppen die Belastungen zu stark sind. (Steuersenkungen wirken dabei nicht entlastend, weil in diesen Einkommensgruppen keine Steuern gezahlt werden müssen.) Angesichts der aktuellen Finanzlage, einer immer noch zu hohen Neuverschuldung und
nicht absehbaren Risiken im Zusammenhang mit dem Konjunkturverlauf und der Stabilität in der Euro-Währungszone wird die SPD dieses Ziel aber erst angehen, wenn in Deutschland ein ausgeglichener Haushalt ohne neue Schulden nachhaltig erreicht wurde.
Fazit: Wir schaffen mehr soziale und demokratische Teilhabe und Gerechtigkeit in allen Arbeits- und Lebensbereichen und stärken damit den Zusammenhalt in unserem Gemeinwesen.

III. Wir setzen den Subventionsabbau fort und sorgen für mehr Steuergerechtigkeit.

1. Maßnahmen zum Subventionsabbau
Um wichtige gesellschaftliche Aufgaben solide und dauerhaft finanzieren zu können, muss der bereits mit dem SPD-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück begonnene Subventionsabbau fortgesetzt werden. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten

bekennen sich dazu, auch über Steuern steuern zu wollen, gesellschaftlich erwünschtes Verhalten zu belohnen, Strukturwandel zu gestalten und für gleiche Lebensbedingungen zu sorgen. Deswegen werden wir steuerliche Sonderregelungen nicht um des Subventionsabbaus selbst willen reduzieren. Aber überall dort, wo selektive Begünstigungen im Steuerrecht nicht zielgerichtet sind, sie keine sozialen Nachteile ausgleichen, sie unnötig sind oder sogar gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten fördern, Strukturwandel und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen erschwert werden, da müssen wir solche Begünstigungen abbauen. Insgesamt sparen wir dabei knapp 15 Mrd. Euro gesamtstaatlich ein, davon 9 Mrd. beim Bund.

Diese Summe errechnet sich wie folgt:

Es muss eine neue breit angelegte Initiative zum so oft geforderten Subventionsabbau, d.h. zum Abbau insbesondere von ökologisch fragwürdigen Subventionen geben. Wir schlagen den Abbau ökologisch schädlicher Subventionen anwachsend auf knapp 4 Mrd.

Euro 2016 (Gesamtstaat, 2016; Bundesanteil 2,2 Mrd. Euro) vor. Dazu gehören unter anderem der Abbau der steuerlichen Vergünstigung für Agrardiesel, die Begrenzung der Absetzbarkeit von Kraftstoffkosten bei großen Firmenwagen sowie die Streichung der Begünstigung von Flugbenzin. Ferner schlagen wir den Abbau weiterer ausgewählter Subventionen aufwachsend um 2 Prozent auf 1,5 Mrd. Euro (2016, nur Bundesanteil) vor.
Darüber hinaus ist es für die SPD von zentraler Bedeutung, die Subventionierung von Niedriglöhnen endlich zu beenden. Das ist nicht nur ein Gebot sozialer Gerechtigkeit und ökonomischer Vernunft; die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro würde zudem zu Steuermehreinnahmen und Minderausgaben bei ALG II von über 7,1 Mrd. Euro gesamtstaatlich, (ca. 4,1 Mrd./Bund unter Einbeziehung der Mehreinnahmen bei den Sozialversicherungsträgern) führen.

Durch Abschaffung der Steuerbefreiung für REITS lassen sich bereits im ersten Jahr Mehreinnahmen von über 300 Millionen Euro mobilisieren.

Daneben muss endlich der Umsatzsteuerbetrug auch in der EU konsequenter bekämpft werden. In diesem Zusammenhang lehnt die SPD auch das von CDU/CSU und FDP vorgeschlagene sogenannte "Steuerabkommen" mit der Schweiz ab! Es handelt sich dabei eher um ein "Steuerhinterzieher-Abkommen", bei dem kriminelle Energie beim Steuerbetrug nachträglich noch belohnt werden soll. Durch die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen lassen sich knapp 2 Mrd. Euro/Jahr (Gesamtstaat, Bund: ca. 1 Mrd. Euro) aufbringen.

2. Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit

Über diesen Subventionsabbau hinaus steht fest: In der gegenwärtigen Situation verbieten sich Steuersenkungen! Im Gegenteil, die Verteilung der Steuerlasten in Deutschland ist ungerecht: Hohe Einkommen und Vermögen und Kapitalerträge leisten einen im internationalen Vergleich zu geringen Beitrag für die Finanzierung des Gemeinwesens in Deutschland. Ein gerechtes Steuersystem mit einer moderaten Erhöhung der Steuern für Besserverdienende ist ein Beitrag zum sozialen Patriotismus in unserem Land.

Zudem muss es gelingen, die Verursacher der Finanzkrise an den entstandenen Kosten zur Bewältigung dieser Krise zu beteiligen und die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen nicht weiter zu belasten.

Deswegen wollen wir im Rahmen der Bürgerversicherung den Sonderbeitrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abschaffen und den Beitrag darüber hinaus so bald als möglich um 0,6 Prozent senken. Sozialbeiträge wirken tendenziell regressiv, so dass Beitragssenkungen kleinen und mittleren Einkommen deutlich mehr bringen als Steuersenkungen – über 40 Prozent der Haushalte in Deutschland zahlen unter Berücksichtigung des Kindergeldes keine Einkommensteuern! Unser Ziel bleibt darüber hinaus eine weitere Senkung der Sozialbeiträge für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen.

Wir müssen endlich die Konsequenzen aus den falschen Anreizstrukturen in der Finanzwirtschaft ziehen und mit der von der SPD seit langem vorgeschlagenen Begrenzung der Absetzbarkeit der Managergehälter beginnen – hierdurch lassen sich etwa 200 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen erzielen.

Ohne die Berücksichtigung möglicher Einnahmen aus einer europaweiten Finanztransaktionssteuer lassen sich durch folgende Maßnahmen bereits Mehreinnahmen in Höhe von rund 14 Mrd. Euro/Gesamtstaat (7,6 Mrd./Bund) erzielen:

Wir halten es für notwendig und gerecht, dass die Bezieher höherer Einkommen einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Wir wollen deswegen rund fünf Milliarden Euro (gesamtstaatlich / Bundesanteil: knapp 2,5 Mrd. Euro) bei der Einkommensteuer durch Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent ab einem Einkommen von 100.000 Euro/200.000 Euro zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit des Landes erzielen. Dazu wollen wir nach einer Proportionalzone zwischen 52.885 – dem jetzigen Spitzensteuersatz – und 64.000 Euro eine 3. Progressionszone ab einem Einkommen von 64.000 Euro/128.000 Euro schaffen und das Ehegattensplitting für zukünftige Ehen durch eine Individualbesteuerung mit Unterhaltsabzug umgestalten. Damit wird bis zu einem Einkommen von 64.000 Euro/Einzelveranlagung, 128.000 Euro/Gemeinsame Veranlagung niemand stärker belastet als heute; insgesamt sind weniger als 5 Prozent der Steuerpflichtigen betroffen.

Wir wollen ferner die "Hoteliersgesetze" und die Steuererleichterungen für reiche Erben, Hoteliers und Konzerne zurücknehmen. Damit mobilisieren wir annähernd 5 Milliarden Euro – 1,7 Mrd. für den Bund, 1,6 Mrd. für die Länder und 1,6 Mrd. für die Kommunen.

Wir wollen die Abgeltungsteuer unter Beibehaltung des Optionswahlrechts auf 30 Prozent erhöhen und dadurch knapp 1 Mrd. Euro – davon 400 Mio. Euro/Bund – mobilisieren.

Zusätzlich ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,05 Prozent im Rahmen der Europäischen Union für die SPD ein wichtiges Ziel. Sie ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit und schafft eine Einnahmequelle für Investitionen in Stabilität und Wachstum in Europa. Gleichzeitig kann sie als Instrument zur Korrektur von Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten genutzt werden. Finanztransaktionen werden bisher nicht besteuert. Es ist ein Gebot der steuerlichen Folgerichtigkeit, Finanztransaktionen durch die Erhebung einer Finanztransaktionssteuer zu besteuern. Solange keine internationale oder europäische Regelung gefunden wird, wollen wir eine nationale Börsenumsatzsteuer einführen und damit 3 Mrd. Euro zusätzlich einnehmen.

IV. Weitere Maßnahmen

Dieses Konzept ist durchgerechnet und realistisch. Wir nehmen nur Positionen auf, von deren Umsetzbarkeit wir überzeugt sind.

Denkbar wären darüber hinaus noch weitere Maßnahmen, deren Verwirklichung beachtliche Mehreinnahmen generieren würden, die aber mit faktischen oder politischen Problemen behaftet sind und deshalb noch nicht Minderausgaben oder Mehreinnahmen für ein solides Finanzierungskonzept aufgenommen werden können. Dieses SPD-Finanzkonzept sieht eine strikte Bindung von geplanten politischen Aufgaben und damit verbundenen Mehrausgaben an realistisch und solide berechnete Finanzierungsgrundlagen vor, die keine erhöhte Neuverschuldung erfordern. Deshalb müssen die folgenden Projekte weiter verfolgt werden, konnten aber keinen Eingang in das vorgelegte SPD-Finanzkonzept erfahren:

• Die Reform der Mehrwertsteuer. Das "System" der ermäßigten Mehrwertsteuersätze trägt in sich erhebliche Widersprüche und lässt sich nur noch historisch erklären und rechtfertigen. Wir müssen endlich ernst machen mit einer zukunftsgerichteten und sozial ausgewogenen Systematisierung der Mehrwertsteuersätze. Wir wollen, dass diejenigen Güter und Dienstleistungen mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegt werden, bei denen es sich um Produkte für den täglichen Bedarf der Menschen
handelt oder um solche, die von existenzieller Bedeutung sind. Wünschenswert wäre es, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Nahrungsmittel, Kulturleistungen, den ÖPNV, die Leistungen gemeinnütziger Einrichtungen und für medizinische Erzeugnisse zu konzentrieren und andere, nicht existenzielle Ausnahmen zurücknehmen. Dadurch ließen sich ca. 2,3 Mrd. Euro (Gesamtstaat/1,5 Mrd. Bund) einsparen.
• Gleichfalls nicht eingerechnet in unserem Konzept sind Einsparungen aus der Einführung einer Bundessteuerverwaltung (Schätzung des Bundesrechnungshofes ca. 8 Mrd. Euro) und Mehreinnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene. Im Fall der Einführung der Finanztransaktionssteuer würde die nationale Börsenumsatzsteuer (ca. 3 Mrd. Euro) wegfallen, dafür Mehreinnahmen aus einer Reduzierung des deutschen Beitrags an die EU erwachsen.
• Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden höhere Mehreinnahmen durch die Erhöhung der Steuerquote aufgrund eines insgesamt deutlich höheren Steueraufkommens, welches bereits Grundlage der Finanzplanung der Bundesregierung ist. Es ist davon auszugehen, dass hierdurch weitere Milliarden anfallen.
Je nach Grad der Realisierung dieser zusätzlichen Maßnahmen kann ein Puffer von insgesamt über10 Milliarden Euro verbleiben, um weitere Zukunftsaufgaben – z. B. Pflege, Reform des Familienleistungsausgleichs – zu finanzieren oder einen Konjunkturabschwung auffangen zu können.

V. Zusammenfassung

Wir sorgen für solide Finanzen und mehr Gerechtigkeit in Deutschland.
Wir finanzieren unsere Politik für Bildung und die soziale und kulturelle Infrastruktur in unseren Kommunen nicht wie CDU/CSU und FDP auf Pump und über Schulden, sondern

durch eine dauerhafte Gegenfinanzierung. Unser Konzept ist auf fünf Jahre angelegt und weist für die einzelnen Jahre den jeweiligen Finanzbedarf aus.

• Insgesamt ergeben sich damit Einsparungen und Subventionsabbau von (schrittweise aufwachsend bis 2016) jährlich rund 14 Mrd. Euro gesamtstaatlich/9 Mrd. Bund sowie Mehreinnahmen des Bundes in Höhe von jährlich ca. 8 Mrd. Euro durch eine stärkere Belastung von Kapitaleinkünften, Brennelementesteuer und hohen Vermögen und Einkommen (Summe: ca. 37 Mrd. Euro Gesamtstaat/17 Mrd. Bund).
• Demgegenüber stehen Mehrausgaben des Bundes für Bildung, Kommunen und soziale Sicherheit in Höhe von ebenfalls ca. 17 Mrd. Euro pro Jahr (ab 2016). Die Kommunen erhalten nochmals 4 Mrd. Euro/Jahr zusätzlich zur Übernahme der Grundsicherung durch den Bund.
Für die Länder und Gemeinden bedeutet dieses Finanz- und Steuerkonzept (bei zurückhaltender Schätzung der Mehreinnahmen aufgrund des Wirtschaftswachstums) Mehreinnahmen von gut 20 Mrd. Euro.

• Nur wenn neben dem notwendigen Schuldenabbau, Infrastrukturausbau im Bildungs- und Betreuungsbereich und der Wiederherstellung kommunaler Handlungsfähigkeit noch finanzielle Spielräume vorhanden sind, werden wir zielgerichtet vor allem Geringverdiener durch eine steuerfinanzierte Senkung ihrer Sozialversicherungsabgaben entlasten können. Erst wenn wir das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushaltes erreicht und keinerlei Neuverschuldung mehr haben, werden wir dieses Ziel realisieren können. Gerade
um für untere Einkommensgruppen Chancen und Entlastungen zu ermöglichen, haben solide Finanzen Vorfahrt!
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten legen mit diesem Finanzierungskonzept einen durchgerechneten und gegenfinanzierten Politikansatz für ein solidarisches und wirtschaftlich erfolgreiches Gemeinwesen vor. Wir reduzieren die Neuverschuldung, stärken die Investitions- und Innovationskraft und sorgen für mehr Gerechtigkeit in Deutschland. Uns geht es nicht darum, einzelne Interessen und Klientelgruppen zu bedienen. Wir wollen, dass Deutschland stark bleibt, wieder sozial ausbalanciert ist und auch in Zukunft ein Gemeinwesen bleibt. Dafür legen wir mit diesem Finanzierungskonzept die Grundlage.


Sozialdemokratische Partei Deutschlands
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Zukunftsgerecht in Europa

Gerechtigkeit und ein fairer Wettbewerb in einem sozialen Rechtsstaat zeichnen das Zusammenleben in der Europäischen Union aus. Das macht das europäische Sozialstaatsmodell so einzigartig. Es fußt in der europäischen Aufklärung und speist sich aus der europäischen Arbeiterbewegung. Denn im Kern geht es diesem europäische Sozialstaat immer auch um Teilhabe und Mitbestimmung.

Soziale Bürgerrechte, Zugang zu Bildung und gerechte Teilhabe am Wohlstand - dieses Europa ist grundlegend geprägt von der sozialdemokratischen Idee. Diese Grundidee des Sozialstaatmodells wollen wir im Europa der Zukunft beibehalten. Das ist auch der Grundgedanke der Agenda 2010.
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