Interview von Hermann Gröhe auf 'sueddeutsche.de'

  • Pressemitteilung der Firma CDU, 06.10.2011
Pressemitteilung vom: 06.10.2011 von der Firma CDU aus Berlin

Kurzfassung: Auf "sueddeutsche.de" ist heute folgendes Interview mit CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erschienen. Die Fragen stellte Oliver Das Gupta. sueddeutsche.de: Herr Gröhe, können Sie erklären, warum der erweiterte Euro-Rettungsschirm EFSF sinnvoll ...

[CDU - 06.10.2011] Interview von Hermann Gröhe auf "sueddeutsche.de"


Auf "sueddeutsche.de" ist heute folgendes Interview mit CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erschienen. Die Fragen stellte Oliver Das Gupta.

sueddeutsche.de: Herr Gröhe, können Sie erklären, warum der erweiterte Euro-Rettungsschirm EFSF sinnvoll ist?

Gröhe: Der Schirm sorgt dafür, Hilfe und Eigenanstrengungen des Krisenlandes in der richtigen Balance zu halten. Nur wenn ein Land auch bereit ist, notwendige Veränderungen vorzunehmen, wird Hilfe gewährt und kann letztlich auch wirken. Ganz im Gegensatz zu Euro-Bonds, die die CDU ablehnt. Dabei würden Schulden vergemeinschaftet, die Entscheidung über eine Kreditaufnahme bliebe aber in nationaler Verantwortung. Nicht gerade ein großer Anreiz, zu sparen. Das Ergebnis ist am Ende nur eine höhere Verschuldung.

sueddeutsche.de: Aber der EFSF bedeutet doch auch eine Vergemeinschaftung der Schulden - Deutschland muss so oder so zahlen.

Gröhe: Wir haften letztlich für das, was wirklich konkret eingesetzt wird.

sueddeutsche.de: Fakt ist: Deutschland bürgt und haftet damit für 211 Milliarden Euro.

Gröhe: Der Garantierahmen muss in der Tat groß sein, damit man uns zutraut, eine weitere krisenhafte Zuspitzung zu schultern. Aber Deutschland haftet nur mit dem, was konkret "freigeschaltet" wurde: Das betrifft Hilfen für Portugal und Irland innerhalb des Rettungsschirmes. Hinzu kommen Hilfen für Griechenland mit einem eigenen Paket. Deutschland haftet - aber es haftet konditioniert. Inzwischen hat das auch die SPD begriffen und rudert von den Euro-Bonds weg, weil sie nicht das Problem lösen. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen.

sueddeutsche.de: Und wie heißt dieses Übel?

Gröhe: Wir haben es mit einer Verschuldungskrise zu tun. Die kriegt man nicht in den Griff, indem man die Schuldenlast einfach vergemeinschaftet. Jedes Land muss seine Verschuldung abbauen - so wie wir es in Deutschland in Angriff genommen haben. Allerdings dürfen wir uns über den zeitlichen Rahmen nichts vormachen: Erst bei "Neuverschuldung Null" beginnt der Abbau der Altschulden. Und der wird Jahrzehnte dauern.

sueddeutsche.de: Außenminister Westerwelle forderte in einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung, eine EU mit "echtem Biss" im Umgang mit den überschuldeten Euro-Staaten. Müssen die Einzelstaaten Souveränität abgeben, damit die EU durchgreifen kann?

Gröhe: Momentan haben wir das Prinzip "Hilfe gegen Auflagen", um die Krise möglichst gut zu meistern. Darüber hinaus müssen wir Lehren aus der Krise ziehen: Die Währungsunion muss Bestandteil einer wirklichen politischen Union Europas werden. Wir brauchen mehr Europa. Aber nicht mehr Zentralismus. Wir müssen auf europäischer Ebene das Subsidiaritätsprinzip konsequent umsetzen.

sueddeutsche.de: Was heißt das konkret?

Gröhe: Jede Gemeinde, jede Stadt, die andauernd gegen die Grundsätze ordentlicher Haushaltsführung verstößt, muss hinnehmen, dass die Kommunalaufsicht in ihr Selbstverwaltungsrecht mitunter massiv eingreift. Ein ähnlicher Gedanke muss auch auf europäischer Ebene gegenüber denjenigen greifen, die nicht zur Eigenkorrektur fähig sind. Für mich ist klar: Wenn ein Land dauerhaft seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann oder will, die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgehalten sind, muss es manche Souveränitätsrechte abtreten oder zumindest in Kauf nehmen, dass sie eingeschränkt werden.

sueddeutsche.de: Das würde den Charakter der EU verändern. Wäre es nicht an der Zeit, offensiv darüber die diskutieren, wie dieses Europa künftig aussehen soll?

Gröhe: Genau dies tun wir auf unserem kommenden Bundesparteitag in Leipzig. Gerade von der CDU wie von der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion sind immer wieder wichtige Vorschläge für eine zukünftige politische Union gemacht worden. Und in unserem Grundsatzprogramm bekennen wir uns ganz ausdrücklich zur politischen Union Europas, sprechen von bundesstaatlichen Prinzipien in der Europäischen Union - bei einer fortdauernden Bedeutung der Nationalstaaten. Das ist der Schlüssel für ein starkes Europa! Denn eines muss uns klar sein: Nur wenn Europa seine Stärke in der Welt behauptet, werden wir unsere Interessen und Ideale in einer globalisierten Welt wirksam vertreten können.

sueddeutsche.de: Vielen ist Europa schon stark genug. Was sagen sie den Skeptikern, denen der Gedanke an mehr Macht für Brüssel ein Graus ist?

Gröhe: Denen rate ich intensiver über die Konsequenzen eines schwachen Europas nachzudenken. Beispiel Finanzmarktregulierung. Eine nationale Lösung hat kaum einen Effekt, wir müssen zumindest EU-weit vorgehen, um ein spürbares Ergebnis erreichen zu können. Generell gilt: Europa sollte stärker werden, aber sich gleichzeitig weniger um alle Details kümmern. Jetzt geht es vor allem um die notwendige Ergänzung der Währungsunion um stärkere politische Leitplanken.

sueddeutsche.de: Momentan herrscht in Deutschland und anderswo in der EU nicht gerade Europa-Euphorie.

Gröhe: Wir brauchen die Zustimmung der Bevölkerung. Dabei steht uns zweifellos gewaltige Überzeugungsarbeit bevor. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen. Wir brauchen mehr Bürgernähe und Transparenz in der europäischen Politik. So sollte die Arbeit beispielsweise des Europaparlaments in unseren Medien eine größere Rolle spielen. Ich bin sicher: Die Menschen wissen, dass wir wichtige staatliche Aufgaben, etwa beim Schutz der Inneren und Äußeren Sicherheit, nur gemeinschaftlich wahrnehmen können.

sueddeutsche.de: Steht am Ende doch eine Konföderation?

Gröhe: Europa ist etwas ganz Eigenes. Auch der Begriff "Vereinigte Staaten von Europa" hilft nicht, weil man sofort an die USA denkt. Aber die Identität eines Polen, Portugiesen oder Deutschen wird sich in ihrer Eigenständigkeit von der eines Texaners oder New Yorkers immer unterscheiden: vor allem durch Sprache und Nationalgeschichte. Aber: Diese Krise muss zu veränderten Vertragsgrundlagen der EU führen. Wir müssen bestimmte europäische Institutionen stärken.

sueddeutsche.de: Die Alternative wäre eine Nationalisierung der Politik - jeder macht sein Ding?

Gröhe: So ist es. Damit einhergehen würde ein Bedeutungsverlust der einzelnen europäischen Staaten - und natürlich auch Europas insgesamt in der Welt.

sueddeutsche.de: Großbritannien sieht die Stärkung der EU besonders skeptisch, vom Euro ganz zu schweigen: Außenminister William Hague nannte den Euro unlängst sogar "Wahnsinn". Was tun, wenn man nicht alle EU-Partner mitnehmen kann? Wäre ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten die Lösung?

Gröhe: Es gibt auch andere Stimmen aus Großbritannien. Und es gibt auch das Beispiel der Schweiz, die sogar als Nicht-EU-Mitglied freiwillig seinen Franken an den Euro bindet. Der Euro-Raum muss jetzt eine Vorreiterrolle bei der Vertiefung übernehmen. Im Übrigen hatten die Väter des Euros durchaus auch im Sinn, dass die gemeinsame Währung auch der weiteren Vertiefung der politischen Zusammenarbeit den Weg ebnet. Der Euro-Raum ist politische Avantgarde.


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