Gemeindefinanzen – quo vadis?

  • Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 26.10.2011
Pressemitteilung vom: 26.10.2011 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin

Kurzfassung: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) schlägt in seinem aktuellen Wochenbericht vor, die vom Bund geplante Gemeindefinanzreform durch eine pauschale Pro-Kopf-Finanzierung der Städte und Gemeinden zu ergänzen. Die ...

[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 26.10.2011] Gemeindefinanzen – quo vadis?


Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) schlägt in seinem aktuellen Wochenbericht vor, die vom Bund geplante Gemeindefinanzreform durch eine pauschale Pro-Kopf-Finanzierung der Städte und Gemeinden zu ergänzen. Die DIW-Finanzexperten Martin Simmler und Florian Walch haben in ihrer Studie die finanziellen Folgen einer Gemeindefinanzreform für die Gemeinden berechnet. Sie kommen zu dem Schluss, dass das bisher diskutierte Reformmodell der Bundesregierung daran scheitert, dass es vielen Kommunen keine finanzielle Grundausstattung gewährleisten kann. Außerdem ignoriert es die verzerrenden Anreize des kommunalen Finanzausgleichs. Dagegen könnte eine pauschale Pro-Kopf-Finanzierung durch den Bund die finanzielle Situation der Gemeinden maßgeblich verbessern. Nicht nur die durchschnittlichen Einnahmen der Gemeinden würden sich erhöhen, vor allen Dingen würde eine gleichmäßigere Verteilung des Steueraufkommens erreicht.

Die Modelrechnungen zeigen, dass sich bei einer Reform der Gemeindefinanzen im Jahr 2003 rund 80 Prozent der Gemeinden im Vergleich zum geltenden Recht für den Zeitraum 2003 bis 2008 besser gestellt hätten. Große Gemeinden und Städte würden zusätzlich zur Pauschalfinanzierung weiterhin von der Besteuerung der Kapitalgesellschaften profitieren. Martin Simmler fügt hinzu: "Eine aufgabenorientierte Mittelausstattung hätte auch den Vorteil, dass sie jeder Gemeinde denselben Wert für ihre öffentlichen Leistungen zumisst. Das würde in den Gemeinden für einen gewissen Anreiz sorgen, wirtschaftlich zu haushalten."

Das Reformmodell der Bundesregierung sah vor, die Gewerbesteuer aufzugeben und den Gemeinden stattdessen eine Zuschlagsteuer auf Einkommen- und Körperschaftssteuer sowie einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer einzuräumen. Dies wurde jedoch nach über einjährigen Verhandlungen von den Gemeinden abgelehnt. "Es ist ein Angebot, dass die Kommunen nicht überzeugen konnte", erläutert Simmler, da "eine kommunale Zuschlagsteuer auf die Körperschaftsteuer ähnliche Verteilungswirkungen wie die Gewerbesteuer hätte". Die Simulationsrechnungen zeigten zudem, dass von der Einführung einer Zuschlagsteuer zur Einkommensteuer vor allem größere Städte profitieren würden.

"Eine Reform der kommunalen Finanzen ist auf mittlere Sicht unvermeidbar", sagt DIW-Finanzexperte Martin Simmler. Bisher finanzieren sich die Gemeinden neben Gebühren und Abgaben fast zu Hälfte über Steuern. Ertragsabhängige Steuern, die stark von der Konjunktur abhängig sind, machen rund 40 Prozent der Einnahmen aus. Gemessen am durchschnittlichen Pro-Kopf-Aufkommen aus Steuern sind die großen Städte mit hohen Gewerbesteuereinnahmen die Profiteure des aktuellen Systems. "Dass das für diese Gemeinden dauerhaft von Vorteil ist, darf allerdings bezweifelt werden, da die Gewerbesteuer stark volatil ist", erklärt Simmler. "Ein Ausgleich über den Konjunkturzyklus hinweg gelingt nur selten."


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