DIW fordert grundlegende Reform der Riester-Rente: 'Rendite oft so schlecht wie beim Sparstrumpf'

  • Pressemitteilung der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 23.11.2011
Pressemitteilung vom: 23.11.2011 von der Firma Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin aus Berlin

Kurzfassung: Schlechte Rendite, hohe Gebühren, intransparente Kalkulationsgrundlagen: Für die ersten zehn Jahre der Riester-Rente zieht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) eine enttäuschende Bilanz. "Die Riester-Produkte haben sich ...

[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin - 23.11.2011] DIW fordert grundlegende Reform der Riester-Rente: "Rendite oft so schlecht wie beim Sparstrumpf"


Schlechte Rendite, hohe Gebühren, intransparente Kalkulationsgrundlagen: Für die ersten zehn Jahre der Riester-Rente zieht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) eine enttäuschende Bilanz. "Die Riester-Produkte haben sich seit ihrer Einführung zu Ungunsten der Sparer entwickelt", sagt die DIW-Expertin für Verbraucherpolitik Kornelia Hagen. Dafür seien insbesondere eine unzureichende Regulierung der Kalkulationsregeln und eine Verschlechterung der staatlichen Zertifizierung verantwortlich.

Bislang haben auch nur knapp 40 Prozent der Anspruchsberechtigten einen Riestervertrag abgeschlossen. Im unteren Einkommensbereich sind es sogar deutlich weniger. "Damit die Riester-Rente wirklich die Altersvorsorge für alle – so wie ihre Intention war – verbessert, muss sie dringend grundlegend reformiert werden", so Hagens Fazit. Gemeinsam mit ihren Kollegen Johannes Geyer vom DIW Berlin und dem Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein (mittlerweile tätig beim Bund der Versicherten e.V.) hat sie die Riester-Rente umfassend untersucht und die Ergebnisse im neuen DIW Wochenbericht vorgestellt.

Eine Analyse der Inanspruchnahme der Riester-Rente für die Jahre 2004 bis 2010 von Johannes Geyer zeigt, dass nicht nur Geringverdiener, sondern auch Personen mit niedrigem Bildungsabschluss und Migrationshintergrund seltener riestern als der Durchschnitt der Bevölkerung. So ist etwa der Anteil der Riester-Sparer unter westdeutschen Männern mit Hochschulabschluss mit gut 35 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe mit niedrigem Bildungsabschluss. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen steigt außerdem die Wahrscheinlichkeit, einen Riestervertrag zu besitzen, mit der Zahl der Kinder.

Kornelia Hagen und Axel Kleinlein zeigen in einer Auswertung der Qualität der Riester-Produkte, dass diese systematisch zu Ungunsten der Verbraucher gestaltet sind. Das Gesamtfazit der Forscher fällt entsprechend ernüchternd aus: "Riester-Sparer erzielen in vielen Fällen nur so viel Rendite, als hätten sie ihr Kapital im Sparstrumpf gesammelt", sagt Hagen. Und viele 2011 vereinbarte Riesterverträge, so berechneten die Forscher, führen zu einer schlechteren Rendite als noch 2001 geschlossene Verträge. "Eine 35-jährige Frau, die heute einen Riestervertrag abschließt, muss - wird die Rendite auf die garantierte Rentenleistung und Überschüsse bezogen - mindestens 77 Jahre werden, um allein das herauszubekommen, was sie selbst eingezahlt und was sie an Zulagen vom Staat erhalten hat. Möchte diese Frau auch einen Inflationsausgleich und höhere Zinsen erwirtschaften, müsste sie sogar ihren 109. Geburtstag erleben", veranschaulicht Hagen.

Für die Verschlechterung gibt es diverse Gründe: Ein großes Problem sieht die DIW-Expertin etwa in der Kalkulation mit hohen Lebenserwartungen "Die Kalkulation mit unterschiedlichen Lebenserwartungen kann die Renditeleistung stark beeinträchtigen", so Hagen. "Dass der Staat für Vorsorgeprodukte, die er fördert, keine allgemein verbindlichen Kalkulationsgrundlagen vorgibt, ist nicht nachzuvollziehen".

Angesichts der Mängel im System der Riester-Rente fordert das DIW Berlin grundlegende Strukturreformen. Vor allem sollten die Transparenz und Vergleichbarkeit erhöht werden, etwa durch standardisierte Kosteninformationen, eine inhaltlich bewertende Zertifizierung der Riester-Produkte und nachvollziehbaren Kalkulationsgrundlagen. Außerdem müssten Wechselkosten wegfallen.


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